Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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48 —107. Donnerstag, den 7. Juli 
1881. 
— 
Deutsches Neich. 
Die Nachricht von dem Rücktritte des bayerisschen Justiz⸗ 
ninisters Dr. Fäustle wird dementirt. Dieselbe entstand wahr— 
cheinlich dadurch, daß derselbe kein Mandat zum Landtage mehr 
mnimmt. 
* In Betreff der Reichtagswahlen soll der 20. Sep⸗ 
emher in Aussicht genommen sein, doch liegt ein endgiltiger Be— 
chluß hierüber noch nicht vor. 
* Der Kaiser hat seine Kur in Ems, die von dem besten 
Erfolge begleitet war, beendet und sich zur Kaiserin, deren Ge⸗ 
nesung stetig fortschreitet, nach Coblenz begeben. Ueber die Wei— 
erreise des Kaisers verlautet gegenwärtig noch nichts Näheres. 
Ausland. 
Eine im Auswärtigen Amt zu Paris am Dienstag aus 
Bashington eingegangene Depesche spricht große Befürchtung aus, 
naß Garfields Leben nicht werde erhalten werden können. 
Die französische Kammer lehnte am Dienstag Abend den 
Antrag Montjeau's betr. Aufhebung der französischen Botschaft 
zeim Vatikan und ebenso den Antrag auf Herabsetzung des Ge⸗— 
zalts des Botschafters ab. 
In Bulgarien soll eine Verschwörung gegen das Leben 
es Fürsten Alexander entdeckt worden sein. Der rüssische Konsul 
hitrowo telegraphirte die betreffende Nachricht an den Leiter des 
uuswärtigen Ministeriums in St. Petersburg Senator v. Giers. 
Zu Oran (Algerien) hat ein blutiger Zusammenstoß zwi⸗ 
chen spanischen Seeleuten und französischen Soldaten 
Ztatt gefunden. Die spanischen Kolonisten suͤchen ihre Besitzungen 
u jedem Preise zu verkaufen. 
Der Befehlshaber der französischen Truppen vor Sfakes 
Tunis) hat die Weisung erhalten, den Kommandanten des Platzes 
ur Uebergabe der Stadt aufzufordern und im Falle der Weigerung 
der des Widerstandes unverzüglich zun Bombardement zu 
hreiten. Dieser Befehl ist wahrscheinlich schon ausgeführt worden. 
veneral Saussier geht unverzüglich nach Algerien ab, um den 
Iberbefehl zu übernehmen und, falls Albert Grévy zurücktritt, die 
ürgerliche und militärische Oberleitung in die Hand zu nehmen. 
Nach den heute vorliegenden Nachrichten kann kaum mehr 
ezweifelt werden, daß es sich bei dem Atleniat auf den Präsidenten 
harfield wirklich nur um einen Akt persönlicher Rache handelte. 
der Mörder Charles Guiteau war Mitglied der Oneida-Gemein- 
haft, dann unbeschäftigter Advokat in Thicago; er wird allseitig 
ls grundsatzloser Abenteurer bezeichnet, der bis zum Wahnsinn 
ach Berühmtheit strebte. Die hervorragendsten Blaͤtter betrachten 
zuiteau als einen hirnverbrannten unordentlichen Menschen, der 
surch den Mißerfolg in seinen Bewerbungen um eine Stelle völlig 
vahnsfinnig wurde und persönliche Rache gegen das Staatsoberhaupt 
rütete. Die Oneida⸗-Gesellschaft, welche im Jahre 1848 in Nord- 
merika entstand, besteht aus den radikalsten Communisten, die nicht 
ur für die Güter⸗, sondern auch für die Weibergemeinschaft 
hwärmten und ihre Berechtigung dazu sogar aus der Bibel zu 
egründen suchten. Die Frage, ob der Altentäter Guiteau Mit— 
huldige hat, ist noch unentschieden. Ein zur Untersuchung herbei⸗ 
ezogener Geheimpolizist behauptet, daß Mitschuldige deim Verbrecher 
en Revolver gekauft und ihn von der Ankunfl des Präsidenten 
uf dem Bahnhofe unterrichtet hütten. Daß Guiteau Anlage zum 
hahnsinn besitzt, wird, durch einen Brief seines Vaters uͤnd die 
lussage eines Sohnes, wie durch einen in Guiteaus Tasche ge⸗ 
indenen Brief, der von dem Mörder selbst geschrieben war, be— 
ätigt. In dem genannten Briefe hatte Guiteau die Absicht aus- 
edrückt. den Präsidenten zu tödten. 
menhängende Häusercomplex dem Feuer zum Opfer fallen. Nur 
em energischen Eingreifen unserer Feuerwehr, die sogleich mit drei 
Spritzen zur Stelle war, der Nähe des Wassers und dem thalkräf⸗ 
igen Mitwirken eines großen Theiles der hiesigen Bürgerschaft beim 
Vasserreichen ist es zuzuschreiben, daß großes Unheil verhütet wurde. 
-„chon nach halbstündiger angestrengter Arbeit war die Feuerwehr 
zes gefährlichen Elementes schon so weit Herr, daß eine weitere 
ßefahr nicht mehr vorhanden war. Gegen?7 Uhr, nach gänzlicher 
Unterdrückung des Feuers, verließ dieselbe die Brandstelle. Am 
neisten hat das Jungfleisch'sche Haus gelitten, bei den übrigen vom 
Feuer ergriffenen Häusern wurde nur der Dachstuhl beschädigt. 
Immerhin ist der Schaden, der durch Feuer und Wasser an den 
perschiedenen Gebäuden verursacht wurde, ein recht fühlbarer. Zum 
Blück haben die meisten der vom Feuer Betroffenen versichert. Auf 
velche Art der Brand enistanden ist, ist bis jetzt noch unaufgeklärt. 
dervorgehoben zu werden verdient noch die Ordnung und Vorsicht, 
nit denen unsere Feuerwehr bei ihren Löschversuchen zu Werke ging; 
»enn nur durch dieselben konnte verhütet werden, daß von den a 
Masse von den Dächern herabstürzenden Ziegeln Niemand ver— 
etzt wurde. 
*— Nach einer schon in vor. Nr. erwähnten Bekanntmachung 
des kgl. Bezirksamtes, die Wahl der Landtags-Abgeordneten betreff., 
heilen wir nachstehend die Zusammensetzung der Urwahlbezirke in 
anserer Nachbarschaft mit: Wahlbezirk Rohrbach: Gem. Rohrbach 
und Hassel, 1986 Einw., 4 Wahlmänner, Wahlkommissär: 
Zr. G. Krieger, kgl. Gerichtsschreiber dahier. Wahlbezirk 
Ensheim: Gem. Ensheim und Eschringen, 2041 Einw., 
bWahlmänner, Wahlkommissär: Hr. Müller, kgl. Amtsanwalt 
hier. Wahlbezirk Ommersheim: Gem. Ommersheim, Ober— 
vürzbach, Heckendalheim und Ormesheim, 2467 
finw., 5 Wahlmänner, Wahlkommissär: Hr. J. Alt, Stadtein— 
nehmer dahier. Wahlbezirk Niederwürzbach: Gem. Nieder— 
vürzbach, Alschbach und Aßweiler, 1873 Einw. 4 
Wahlmänner, Wahlkommissär: Hr. Dr. Wittenmaier, kgl. 
Bezirksarzt in Blieskastel. Wahlbezirk Erfweiler: Gem. Biesin— 
zen, Erfweiler-Ehlingen und Wittersheim, 
1282 Einw. 3 Wahlmänner, Wahlkommissär: Hr. Acker, kgl. 
Steuer⸗ und Gemeindeeinnehmer dahier. Wahlbezirk Blieskastel: 
GBem. Blieskastel, 1683 Einw., 8 Wahlmänner, Wahlkom⸗ 
missär: Hr. Trauth, kgl. Oberamätsrichter in Blieskastel. 
*— In der Nacht von Sonntag auf Montag starb zu 
Zweibrücen nach längerem Leiden der tgl. Landgerichssarzt Herr 
Ir. K. Rausch im Alter von 49 Jahren. Der Verstorbene, 
in weit über die Grenzen Zweibrückens hinaus bekannter und ge⸗ 
uchter Arzt, war früher, ehe er als Bezirksarzt nach Zweibrüden 
xnannt wurde, in unserer Stadt längere Zeit als praktischer und 
düttenarzt thätig und erfreute sich bei der hiesigen Bevölkerung 
iner großen Beliebtheit. Sein früher Tod wird darum auch hier 
allgemein bedauert. 
Die „Zw. Z.“ schreibt unterm 6. Juli aus Zwei— 
rücken: Die ganze Stadt ist empört über die unmenschliche 
Bestrafung eines allerdings strafwürdigen Chevaurlegers. Derselbe 
nußte gestern bei der afrikanischen Hitze über eine Stunde und 
u einer Zeit, wo die Sonne am heißesten brannte, den Helm 
ruf dem Haupte und den Säbel hinten durch die Arme geschoben, 
zamit er ja stets in die stechende Sonne blicken müsse, auf dem 
cxerzierplatze hinstehen, als er nach einiger Zeit ohnmächtig zu 
Boden fiel, wurde er wieder aufgerichtet, um auf derfelben Stelle 
ind in derselben Stellung die Strafe fortzusetzen. Endlich brach 
er vom Sonnenstich getroffen zusammen und wuͤrde dann auͤf einer 
Bahre halbtodt ins Spital verbracht. Abends hieß es, der Mann 
ei gestorben. Diese Nachricht hat sich indeß bis jetzt nicht be— 
tätigt. — Ist eine solche Grausamkeit im bayerischen Heere 
erlaubt? 
F Aus Kaiserslautern berichtet die „K. Z.“: Der 
Schutzengel der Kinder hat am Sonntag auch ein 25 bis Zjähriges 
dind eines hiesigen Fabrikanten beschützt; dasselbe stürzte aus 
dem Fenster des 3. Stodwerkes herab und siel in die Arnee eines 
eben am Hause vorübergehenden Arbeiters, welcher dasselbe un— 
Vermischtes. 
*St. Ingbert. Am Dienstag Nachmittag gegen 126 
ihr riefen die Feuerglocken zu einem Brande, der in dem Hause 
er Frau Wittwe Jungfleisch in der Kohlenstraße ausgebrochen war 
ind sich mit großer Schnelligkeit den Dachstuüͤhlen der 4 zunächst 
elegenen Häuser der Herren J. Woll, P. Schwarz, Albertini und 
üinn mittheilte. Bei dem ziemlich leichten Bau der Häuser und 
er trockenen Witterung schien es fast, als sollte der ganze, zusam⸗