Full text: St. Ingberter Anzeiger

graphenleitung an. In dem Stumpfwald bei Eisenberg zün⸗ 
dete er in einem 25jährigen Kiefernbestand, wodurch derselbe auf einem 
Flächenraum von etwa 240 Tagwerk verheert wurde. Auch im 
Walde bei Haardt verursachte der Blitz einen Brand, der bedeu⸗ 
enden Schaden anrichtete. 
4 Wie der „Pf.K.“ vernimmt, wird Hofprediger Stöcker 
aus Berlin wie in Speher, so auf Veranlassung vieler Gewerbe⸗ 
sreibender auch in Lud wigshafen einen Vortrag halten und 
war zu Anfang des kommenden Monats. 
FAlle Freunde unverfälschten Weines werden mit Genug— 
rhuung vernehmen, daß die Weinschmierer von den Gerichten jetzt 
fest am Kragen genommen werden. Am 5. d3. hatten sich vor 
dem Landgerichte Frankenth al die Weinfabrikanten J. Scharff 
und G. Mack von Neustadt wegen Weinfabrikation zu verantwor⸗ 
sen. In den Kellern derselben waren eiwa 100,000 Liter einer 
mitielst Rosinen, Süßholz, Tamarinden, Veilchenwurzeln, Muskat⸗ 
nuß, Weinsteinsäuere und Zucker hergestellten Brühe vorhanden. 
Die Beiden gestanden die Fabrikation auch zu, glaubten sich aber 
dazu, weil sie dafür besteuert waren, berechtigt. Das Gericht war 
aber anderer Meinung und verurtheilte jeden derselben zu 14 Ta— 
gen Gefängniß und 1900 M. Geldstrafe. Der Staatsanwalt 
hatte neben einer höheren Geldstrafe auf 1 Jahr Gefängniß an— 
getragen. 
Kürzlich hielt Prof. Dr. Perrot aus Straßburg 
im Speyerer Handwerkerverein einen Vortrag über den „Nutzen 
des Handwerks und der Innungen.“ Daß der Vortragende, als 
onservativer, für den Innungszwang, die Wiederbelebung der ab⸗ 
gestorbenen Zünfte, plädirte, versteht sich von selbst. Auch gegen 
das Großkapital wurde weidlich losgezogen. Ein Handwerker in 
Ludwigshafen beleuchtet nun in der „Pf. Pr.“ die Ausführungen 
des Hrn. Perrot; dabei sagt der Mann, der genau zu wissen scheint, 
wo den Handwerker der Schuh drüdtt, u. A.: „Daß die Groß⸗ 
Industrie sehr verderblich auf das Handwerk wirkt, ist sicher, aber 
mit Zwangsinuungen, welche das Ideal des Herrn Dr. Perrot 
sind, wird dieser Einfluß nicht aufgehoben. Ich glaube sogar, daß 
das Handwerk, wenn es einmal in den Fesseln des Zunftgesetzes 
liegt, weniger wirksam als heute gegen die Großindustrie ankämpfen 
kann. Der Zunftdünkel und die Nörgeleien werden auch nicht aus— 
bleiben und eher hindernd als fördernd auf das Handwerk wirken. 
Es stehen sich eben zwei direlt entgegengesetzte Elemente gegenüber: 
sier die Anhuͤnger der Gewerbefreiheit und dort die der Zünfte. 
Diese entgegengesetzte Elemente werden so wenig durch die Zwangs⸗ 
nnung versöhnt, wie der Antisemite und Semite, wenn man sie 
in eine Zwangskirche stecken wollte. — Schreiber Dieses, welcher 
selbst Handwerker ist und der Bewegung sehr nahe sieht, ist fest 
aberzeugt, daß es noch wo ganz anders zu reformiren gibt, und 
Dies ist bei — den Handwerkern selbst. Sie sind, man nehme 
mir's nicht übel, viel an ihrer eigenen Lage schuld. Was werfen 
sich da nicht für Fragen auf! Wie steht es mit den Kreditverhält⸗ 
nissen? Wie mit der gewerblichen Buchführung? Wie viele nützen 
zie so rasch verfliegende Zeit richtig aus? Wie viele sündigen bei 
der Ausbildung der Lehrlinge, die so oft als Hausknechte gebraucht 
verden, und dann klagi man über schlechte Arbeiter. Kein Wunder! 
Die Zwangsinnungen werden Dies aber auch nicht anders machen. 
Zei Linem einzeliien Stück (Gesellen- oder Meisterstüch) läßt sich 
sehr schwer ein Uctheil über die ganze Leistungsfähigkeit überhaupt 
„ilden. Und was die schlechten Gesellen anbelangt, die wären zu 
furiren. Gebt nicht meht Lohn, als sie verdienen, bezahlt aber 
den guten Arbeiter auch gut; macht einen Unterschied, damit es 
aicht borkommt, daß der gute Arbeiter für den schlechten mitarbeitet, 
rhng mehr zu verdienen als dieser. Und kann man den geringen 
Arbeiter nicht brauchen, so schicke man ihn fort; er dürfte bei 
gleichen Beürebungen der Meister nicht leicht dauernde Arbeit finden, 
wvenn er nicht seinen vollen Fleiß und seine volle Geschicklichkeit an⸗ 
dendet. — Wenn der Redner am Schlusse seines Vortrages an 
die Selbsthilfe appellirte, so thue auch ich es an dieser Stelle und 
rufe euch deßhalb zu: „Handwerker, Kollegen! Tretet zusammen, 
organisirt euch, bekämpft durch Wort und Schrift alle realtionären 
Bestrebungen. Haltet fest an den Freiheiten, welche wir schon 
nahezu 100 Jahre besitzen!“ 
Ein wahrhaft fuͤrstliches“ Geschenk ist dem Hofconzertmei⸗ 
ter Otto Hohlfeld in Darmsiadt (auch in der Pfalz bekannt) zu 
Theil geworden. Herr Hohlfeld schreibt darüber einem Freund: 
Ein edler Kunstmäcen hat mir soeben eine unvergleichliche, von 
zen ersten Geigenbauern und Künstlern angest unte und bewunderte 
Stradibarius⸗Geige (erbaut 1719 für 10,000 Mk. gekauft und 
zeschenkt. In fruͤheren Zeiten besaß dieselbe der Mailänder Graf 
Atgenti, welcher sie an den Pariser Geigenbauer Vieulleume ver— 
aufte. Von diesem kam sie in die Hände des Münchener Konzert⸗ 
neisters Abel, von welchem sie mir durch liebe Freundeshand ge— 
kauft wurde.“ 
Die Oberammergauer Passionsdarsteller 
zaben das Schauspiel „Philippine Welser“ von Oskar v. Redwitz 
als „Ferienarbeit“, wie sie sagen, einstudirt und am 29. Juni und 
3. Juli bereits zur Aufführung gebracht. Obwohl die Darsteller 
fast lauter Schniher sind, sollen doch im Spiel sehr wenig „Schni⸗ 
zer“ bemerkbar gewesen sein., Im Laufe des Sommers werden 
noch mehrere Vorstellungen gegeben. 
Letzier Tage haͤt die Strafkammer zu Freiburg im 
Breisgau wieder einigen Weinschmierern ihr Handwerk gekegt. Ein 
zewisser Wilhelm Lehmann aus Mundingen, bei dem man 10 Fässer 
ines aus Wasser‘, Weingeist, Hefe, Zucker und Trester⸗Abguß zu⸗ 
ammengesetzten Gebräues angetroffen, erhielt 193 Monate Gefäng⸗ 
niß und 200 M. Geldstrafe. Die Gebrüder Julius und Gustav 
Weil von Salzburg, die sich damit befaßten, durch ein Gemisch von 
Wasser, Kartoffelzucker, Weinsteinsäure und Weingeist die edle Bachus⸗ 
zabe zu ersetzen, erhielten für diese chemische Thatigkeit je 2 Monate 
Gefängniß nebst 300 M. Geldstrafe. Bei den Letztgenannten kamen 
im Lauf eines Jahres nachgewiesenermaßen kolossale Massen von 
dunstweinbestandtheilen in's Haus, wie 1800 Liter Sprit, 2172 
Liter Weingeist, 1200 Kilogramm Weinsteinsäure ꝛc., woraus über 
36,000 Liier Getränke bereilet werden konnten. (And da soll noch 
im Weine „Wahrheit“ liegen.) 
Im Tode vereini. In Hagen wurde am 27. 
Juni der frühere Metzger Falk Blankenstein begraben, nachdem er 
es bis zum 87. Lebensjahre gebracht hatte. Am folgenden Mor— 
gen ist ihm seine Lebensgefährtin, die ihm stets eine liebevolle 
Gattin war, in den Tod gefolgt. Sie hatte mit ihrem Manne 
jor drei Jahren das seltene Fest der Diamanthochzeit gefeiert und 
ist 84 Jahre alt geworden. Treu wie im Leben, sind sich die 
khegatten auch im Tode treu gedlieden. 
Nach dem „Berliner Tagblatt“ geht ein deutsches Kriegs⸗ 
chiff, wahrschemlich der Aviso „Falke“, auf Veranlassung des Ma⸗ 
ineministers Stosch, zur Aufsuchung der „Vandalia“ ab. (Der 
Bandalia treibt bekanntlich in Starkbeschädigtem Zustande im west— 
ichen Ozean umher.) 
4 Einige Zeit vor dem Ausbruche des Krieges von 1870 
jatte die Fürstin Metternich die Absicht gehabt, ein deutsches Ho⸗ 
pital in Paris erbauen zu lassen. In Folge der politischen 
ẽreignisse mußte diese Idee für einige Zeit fallen gelassen werden. 
stun aber wird dieselbe zur Ausführung gelangen. Der Baron 
dierzardt hat 300,000 Franc als Beitrag zur Herstellung des 
gebaudes gespendet, und Baron Erlanger hat sich bereit erklärt, 
»em Hospitalverein einen Baugtund unentgeldlich zu überlassen. 
7Tschembar im Gouvernement Pensa (Rußland). Gegen 
Ende des vorigen Monats kam hier vor einer Abtheilung des Pen⸗ 
a'schen Bezirlsgerichts ein, seinen Motiven nach merkwürdiger 
Straffall zur Verhandlung. Die beiden Angeklagten, die minder- 
ährigen Bauern Ssidorkin (18 Jahre alt) und Saziebin (19 Jahre 
ili) standen nämlich unter der Anklage, den Bauern Powarenhboff 
Jetödtet zu haben und zwar in der Absicht, sich in den Besitz der 
Netzhaut des Magens des Ermordeten zu setzen, aus der sich nach 
der Möder Ansicht ein solches Licht herstellen lasse, mit dessen Hilfe 
ingehindert Die bstähle ausgeführt werden können. Die Geschwor⸗ 
jenbank fällte ein berurtheilendes Verdikt, auf das hin der Ge— 
cichtshof Gejährige Zwangsarbeitsstrafe aussprach. 
p'In Rußland sind die Ernteaussichten besser, als in 
den letzten zehn Jahren. 
FUnter dem Meere. Eine Anzahl von Kohlengruben 
in England werden unter dem O zean bebaut. In Nordhumber— 
land wird die unter dem Meere zugängliche Quantität Kohlen 
auf 403,000, 000 Tonn en und an der Dudham-Küste auf 
734,500, 000 geschäkt. 
Gemeinnütziges. 
Zum Waschen farbiger wollener Stoffe eignet fich ganz vor⸗ 
uglich die Quillage⸗Rinde, welche man in jeder Droguen⸗Handlung und Apo⸗ 
hete erhält. Man kocht die zerkleinerte Rinde in Regenwasser, klärt das 
Wasser, nachdem es sich abgesetzt hat, ad und kocht die Rinde bei demselben 
Berfahren nochmals. Auf 1 Pfund Rinde rechnet man ungejähr 1 Eimer 
Wasser. Erkaltet wäscht man die Stoffe in der ersteren Lauge und wäscht mit 
der zweiten nach; spuit alsdann und hängt das Zeug, ohne es auszuringen, 
zuf. Die schäumige Lauge nimmt nicht nur alle Flede, besonders Feit⸗ und 
Schweißflecke fort, sondern erhält auch die Farbe des Stoffes. Man bügelt 
die Zeuge, wenn sie noch etwas feucht sind. 
Vorm Einsalzen. Die Methode des Einsalzens, um sowohl Fleisch 
als Gemüse aufzubewahren und vor Verderbniß zu schlitzen ist ein ziemlich 
aller und allgemeiner Gebrauch. Indessen geschieht auf diese Weise die Er⸗ 
haltung der Produlte auf Kosten ihres Nährwerthes. Das Kochfalz, mit wel⸗ 
hem das Fleisch eingerieben wird, verwandelt sich nach einiger Zeit in eine 
zige Flussigkeit, die sogenannte Lake, die ebenfalls alle aus dem Fleischsaste 
wgezogenen nährenden Vestandtheile enthält, welche in der Fleischbruühe vor⸗ 
danden sind. Rach Liebig geht von 8 Centner Fleisch, durch vollständige 
irkung des Salzes, 1Centner für den Lebensprozeß verloren. Das gepoölelte 
Fleisch enthält nur eine schwache, blutbildende Nabrung und ist, wenn es häufig 
zenossen wird, der Gesundheit nachtheilig. 
Um sich der Methode des Einfalzens zu bedienen und dennoch dem 
Fleische die nährenden Vestandtheile zu erhalten, kocht man es vielfach auf, 
rhe es in Salz oder Salzlake gelegt wird, wodurch das Rleisch nicht allein 
hmackhhafier, sondern auch werthvoller bleibt. Man thut das Fleisch zu die⸗ 
jem Zwece in kochendes Wasser, läßßt es einige Male auflochen, Überreibt es 
dann Josori womögüich mit heiß gemachtem Salze und schichtet es mit Salz 
ein oder übergießt es mit Lake. Für Rindfleischstücken, Ochsenzungen u. s. w. 
isz wohlschme end, dieser Lake eiwas Zucker hinzuzuthun. auf 3 Liter Wasser