Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberker Anzeiger. 
*. 
der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal woͤchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. Sonntags mit illustrirter Bei— 
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Dienstag, den 12. Juli 
1881. 
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Deutsches Reich. 
Der kgl. b. Bezirksamtsassesszr in Augsburg Karl Frehr. 
„. Lerchenfeld wurde zur Dienstleistung in das deuische Reichsamt 
»es Innern einberufen. 
Bezüglich des Termins für die Reichstagswahlen ver⸗ 
autet jetzt, daß dieselben im October und nicht, wie bisher vielfach 
mgenommen wurde, im Sepiember stattfinden werden; über den 
Wahltag selbst liegt jedoch ein bestimmter Entschluß der Reichs⸗ 
egierung noch nicht vor. 
Die Wiedergenesung der Kaiserin ist soweit vorgeschritten, 
aß die hohe Frau das Krankenbett auf einige Stunden des Tages 
zereits mit dem Rollstuhle vertauschen konnte. Die Abreise des 
daisers nach Mainau, bezw. Gastein dürfte sonach in aller— 
aüchster Zeit erfolgen. 
Infolge der Verhängung des kleinen Belagerungszustandes 
aber Leipzig sind daselbst bis jetzt' 33 Personen ausgewiesen 
vorden. 
Die Entfestigung der Werke von Sonderburg⸗Düppel, 
oelche in den deutsch⸗dänischen Kriegen eine so hervorragende dtolle 
jespielt haben, ist vom Kaiser genehmigt worden. Der Zeitpunkt 
jes Beginns der Entfestigung steht noch nicht fest. Dafür wird 
xer deutsche Kriegshafen an der Ostsee, Kiel, auch von der 
andseite befestigt. 
Der deutsche Botschafier in Konstantinopel, Graf Hatzfeldt, 
t bis auf Weiteres mit der Wahrnehmung der Geschäfte des 
Staatssekretärs im Auswärtigen Amte betraut worden, gleichzeitig 
vurde derselbe mit der Stellvertretung des Reichskanzlers im Be— 
reiche des auswärtigen Amtes beauftragt. Die definitive Ernennung 
xes Grafen Hatzfeldt zum Staatssecretär im Auswärtigen Amte 
ürfte wohl bald nachfolgen. Der Posten ist seit dem im October 
879 erfolgten Tode des Staatsministers von Bülow unbesetzt. 
Ils Nachfolger für den Grafen Hatzfeldt in Konstantinopel gilt noch 
mmer der jetzige deutsche Gesandte in Athen, Herr v. Radowitz. 
Ausland. 
Die hochoffiziöse Wiener „Montags-Revue“ sagt in einer Be— 
prechung des günstigen Verlaufes der griechischen Frage: Wenn 
3. gelang, eine so komplizirte und durch erbitterten Streit verwirrte 
jrage durch ein Friedenswort Europas zu lösen, so begründet das 
zie Hoffnung, daß das europäische Konzert auch bei anderen Ge— 
egenheiten das Ansehen und Gewicht nicht verleugnen wird, welches 
hm in diesem Augenblicke allseitig zugestanden wird.“ 
In Paris gilt die Situation in Südalgier beständig als 
r gefährlich. Die orleanistischen und bonapartistischen Generale,“ 
chreibt ein radikales Blatt, „lassen Bou⸗Amena nach Belieben 
chalten. Sie hoffen, der Verlust Algiers werde die ihnen verhaßte 
kepublik stürzen. Das ganze Unglück kommt daher, daß Bazaine 
ücht erschossen wurde. Seither halten sich alle Verräther für straflos.“ 
Für Frankreich gestaltet sich der anfänglich wenig beachtete 
lufstand der Araber in Algier sowie die aufständische Vewegung 
n Tunis immer mehr zu einer ernsten Angelegenheit. Der Auf— 
jand in Algier greift immer weiter um sich und es ist noch nicht 
bzusehen, ob es dem neuen commandirenden General in Algier, 
3aufssier, bald gelingen wird, die Aufständischen zu Paaren 
uu treiben, obwohl General Saussier mit weittragenden Vollmachten 
uusgerüstet ist. Auch an der Nordküste von Tunis sind die Fran— 
osen noch nicht Herren der Situation, die Insurgenten in Sfäakes 
eisten trotz des von den französischen Panzerschiffen ausgeführten 
hombardements, noch Widerstand so daß sich die Entsendung weiterer 
cruppen nach der aufständischen Stadt nothwendig gemacht hat. — Die 
nternationale Münzconferenz zu Paris hat am vergangenen dFreitag ihre 
Sitzungen geschlossen und sich bis zum 12. April 1882 vertagt. In 
iner von der Conferenz angenommenen Resolution wird erilärt, 
naß es die Lage der Münzverhältnisse einiger Staaten rech fertige, 
unächst wieder diplomatischen Verhandlungen Raum zu geben. 
Der Mißmuth Englands über die weit ausschauenden 
rele Frankreichs in Nordafrika ist überall ersicht⸗ 
q, wo es sich um die Erörterung dieser Frage handelt. Die 
egierung verhält sich zwar sehr schweigsam. Aber in der Presse 
minnt die Angelegenheit immer mehr Beachtung und die Verge⸗ 
utigung Aegyptens. des Dammes gegen französische Händel in 
Syrien und im Pharaonenlande, tritt wiederum in den Vorder— 
zrund. Man weist diesen Plan zwar salbungsvoll zurück, weil 
nan denselben früher stets zurückgewiesen habe; aber durch die 
viederholte Zurückweisung gewöhnt man sich allmählich an den 
Bedanken. 
Nachrichten aus Konstantinopel zufolge versicherte die 
Pforte der französischen Regierung, sie werde Nichts versäumen, 
die Gemüther Aiut Tripolis zu beruhigen; die dorthin gesandten 
Truppen sollten blos die Sicherheit aufrecht erhalten. 
Aus Washington wird gemeldet, daß das Befinden 
Barfields sich stetig besset. Wenn die Eiterung der Wunde 
normal verlauft, ist das Beste nicht zu hoffen. Für Frau Garfield 
vird eine National-Subskription veranstaltet, gegen 100,000 Doll. 
ind bereits (10. Juli) gesammelt. 
Vermischtes. 
*St. Ingbert, 12. Juli. Durch Entschließung des 
igl. Cultusministeriums vom 8. ds. Mis. wurde bestimmt, daß an 
ämmtlichen Schulen des Königreichs am nächsten Donnerstag, dem 
Tage der Urwahl zum baierischen Landtage, der Unterricht auszu⸗ 
etzen sei, damit das Lehrerperfonal in der Ausübung seines Wahl⸗ 
rechtes nicht behindert ist. 
*St. Ingbert. Der Verein „Gemüthlichkeit“ mußte 
das von ihm auf verflossenen Sonntag Nachmittag angekündigte 
Waldfest in der Kohldelle in Anbetracht der ungünstigen Witterung 
auf einen späteren Tag verschieben. 
*St. Ingsert. Dem Herrn Standesbeamten hier und 
in Ensheim wurde von der kgl. Oberstaatsanwaltschaft eine 
Belobung für ausgezeichnete Führung der Civilstandsaklten aus— 
gesprochen. 
F In Kirchheimbolanden wurden am Freitag bei 
mehreren Geschäftsleuten und Arbeitern Haussuchungen nach sozial⸗ 
demokratischen Schriften u. s. w. vorgenommen, wobei verschiedene 
Zeitungen und Bücher konfiszirt wurden. 
FT. Wie das tgl. Forstamt Winnweiler mitgetheilt, ist die 
Brandfläche im Stumpfwald, Revier Ramsen, nur 80 
Hektar groß. 
F In Pleisweiler wurden ein Mann und eine Frau, 
die im Verdacht stehen, die vor etwa 6 Wochen verstorbene Ehe⸗ 
rau des ersteren vergiftet zu haben, verhaftet. 
F Herr Commerzienrath und Hüttenwerksbesitzer C. Stumm 
in Neunkirchen hat durch Anschlag am Werksthore unterm 
9. ds. Mts. seinen Arbeitern Folgendes bekannt gegeben: 
„An die Arbeiter. 
Am hiesigen Octe soll sich ein Ableger jener berüchtigten Gewerl⸗ 
pereine gebildet haben, deren englische Vorbilder weit über das Maß der 
ozialdemokratijchen Ansschreitungen hinaus nicht vor den gewaltthätigsten 
berbrechen zur Erreichung ihrer Zwecke zurückgeschreckt sind. Wohl ließ der 
lägliche Erfoig, den der undeutsche Demagoge Hirsch bei uns erzielt hat, die 
Sewerlvereine diese blutigen Wege in Deutschland bis jetzt noch nicht wandeln. 
Aber auch in unserm Vaserlande haben die Gewerkvereine in ihrem beschränk⸗ 
en Kreise das Verhältniß der Arbeiter zu ihren Arbeitgebern vergiftet; fie 
yaben hunderte bis dahin fleißige und solide Arbeiter in Roth und Elend ge⸗ 
türzt und eine noch weit größere Zahl derselben dazu verleitet, ihre muhsam 
rsparten Groschen in Invalidenkassen abzuführen, welche keine Sicherheit für 
die Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen gewähren. Unter der Maske 
er Freiheit“ erstreben die Gewerkvereine gleich ihren sozialdemokratischen 
Henossen die äußerste Knechtung des Einzelnen durch eine von gewissenlosen 
AIgitatoren geleitete Majorität. 
Unter diesen Umständen halte ich es für meine Pflicht, die bisher von 
neiner Firma gegen sozialdemokratische Agitationen gerichteten Bekanntmach⸗ 
ingen auf die Hirsch'schen Gewerkvereine und alle diejenigen, welche dieselben 
airelt oder indirekt unterstützen, ausdrücklich auszudehnen 
Insbesondere fordere ich Euch auf, solgende Wirthschaften nicht zu be⸗ 
uchen, resp. mit folgenden Geschaäftsbetreibenden den Verkehr zu vermeiden: 
Es folgen jetzt 3 Namen von Wirthschaften und 6 Namen don Geschäfts⸗ 
reibenden) 
F Blitzschlag in eine Kirche. In Großschönach im 
Baden schlug vor einigen Tagen der Blitz während des Gottes— 
ienstes in den Kirchthurm ein, fuhr in das Schiff der Kirche, er— 
chlug drei Frauen, entzündete mehreren Mädchen die Kränze auf 
en Köpfen, daß sie lichterloh brannten und verletzte zehn andere 
zersonen leicht und schwer. Der Meßner wurde gelähmt. Der 
z„chwefelgeruch betäubte alle Kirchengänger.