Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Pus. 
Dienstag, den 26. Juli —1881. 
Deutsches Reich. 
München. Der Kronprinz des deutschen Reiches hat eine 
zrachtvolle in Silber getriebene Schaale als Ehrengabe zum deutschen 
Bundesschießen übersandt. 
In einer der letzten Sitzungen des Generalcomites des 
„Landwirthschaftlichen Vereines in Bayern“ berichtete 
Regierungsdirektor v. Jodlbauer über einen Antrag des Kreis— 
romites von Mittelfranken in Betreff der Errichtung einer unter 
taatlicher Leitung stehender Hagelversicherungs-Anstalt 
nit Zwang zur Versicherungsnahme und wurde beschlossen, daß 
as bezügliche Schreiben dem kgl. Staatsministerium des Innern 
ils Nachtrag zu dem früheren Berichte mit dem Bemerken in Vor⸗ 
age gebracht werden soll, „daß die Durchführung einer 
zwangs-Hagelversicherung zur Zeit nicht 
nöglich erscheint.“ Es ist dieser Beschluß um so be— 
euiungsvoller, als bekanntlich im genannten Ministerium ein 
gesetzentwurf bezüglich der Hagelversicherung zur Vorlage an den 
Landtag vorbereitet wurde. 
Fürst Bismarkk soll sich in Kissingen sehr wohl fühlen 
ind fast ganz von seinem Nervenleiden verschont geblieben sein. 
Deshalb erledigt er denn auch wieder selbst einen großen Theil 
erjenigen Geschäfte, welche bisher in anderen Händen ruhten. 
Auch von Verhandlungen mit der Curie ist neuerdings wieder die 
dede, welche der in Würzburg eingetroffene Cardinal Hergenröther, 
ꝛeziehungsweise ein Mittelsmann, mit dem Fürsten in Kissingen 
ühren soll. Letztere Nachricht ist allerdings mit großer Vorsicht 
rufzunehmen; denn es war schon gar zu ofl die Rede davon, daß 
ꝛer Reichskanzler mit dem Centrum sich zu einigen beabsichtige — 
ben so oft ist aber auch nichts wesentlich Greifbares daraus ge⸗ 
vorden. 
Die Reichsregierung gedenkt jetzt, die Fehler und 
Schwächen, welche sich bis jetzt an dem Arbeiterunfall-Versicherungs⸗ 
jeseze noch gezeigt haben, zu beseitigen und gehi deßhalb an eine 
mergische statistische Durcharbeitung des Entwurfes. Es soll nun 
zas in dieser Beziehung Versäumte nachgeholt und eine Unfall⸗ 
datistik ad hoc geschaffen werden, um über die Berechnung der 
zrämien Klarheit zu erhalten. Zur Erlangung des nöthigen 
atistischen Materials hat der Reichskanzler die Mitwirkung der 
zezirks-Regierungen in Anspruch genommen, um durch die zu— 
andigen Behörden den bez. Betriebs-Unternehmern die für die Er— 
ebung angefertigten Formulare mit dem dringenden Ersuchen, die— 
elben auszufüllen und innerhalb der ersten Dezemberwoche zur 
bholung bereit zu halten, zuzustellen. Aus dieser Zeitbestimmung 
echellt, daß sich der Reichstag im Anhang seiner Session, welcher 
jermuthlich in die erste Hälfte des November fällt, noch nicht mit 
zieser wichtigen Vorlage beschäftigen wird, dieselbe dürfle vielmehr 
rst eingebracht werden, nachdem der preußische Landtag in der 
Zwischenzeit zwischen der ersten und zweiten Hälfte der Reichstags- 
Session seine dringendsten Arbeiten erledigt haben wird. 
Der deutsche Botschafter am großbritannischen Hofe, Graf 
Münster, hat einen Urlaub angetreten. Während seiner Ab— 
vesenheit von London fungiert der Legationsrath Stumm als 
aterimistischer Geschäftsträger. 
Ausland. 
Die Zusammenkunft des deutschen und des öster— 
eichischen Kaisers findet, wie der „Fr. Zig.“ aus Wien 
exichtet wird, bestimmt in den ersten Tagen des August zu Gast⸗ 
an statt. 
Die Franzosen sehen sich durch den Aufstand im Norden 
cunesiens genöthigt, alle wichtigeren Punkte an der tunesischen 
düste zu besetzen. Neben Sfat haben die französischen Collonnen 
ruch die Hafenstadt Gabes und die benachbarte Insel Djerbi besetzt, 
mßerdem steht die Besetzung Susa's und anderer Punkte in naher 
Aussicht. Da sich die Franzosen anschicken, von der Küste aus 
yen Vormarsch in das Innere Tunesiens anzutreten, so wird sich 
—A 
Sesitzergreisung des Landes unterscheiden. Allerdings erscheint das 
borgehen der Franzosen durch die Umstände geboten, denn die 
Jutorität des Bey wird von deu Eingeborenen immer mehr miß—⸗ 
achtet, so daß der Bey in der That gezwungen ist, zu den fran— 
ösischen Bajonetten seine Zuflucht zu nehmen. 
London, 25. Juli. Die Morgenblätter melden, in Liver— 
pool habe die Polizei an Bord zweier von New-York angekommener 
Dampfer zwölf mit Dynamit geladene Höllenmaschinen wegge— 
niommen, welche mit sechs Stunden laufenden Uhrwerken versehen 
ind in Cement⸗Fässern versteckt waren. 
Vermischtes. 
*St. Ingbert, 285. Juli. Heute Morgen gegen 922 
Uhr weckte uns Feuerlärm aus dem Schlafe. Es brannte bei 
Wirth Peter Jung im Eck. Als das Feuer bemerkt wurde, 
tanden die Hintergebäude bereits in hellen Flammen. Die Feuer— 
vehr war zwar bald zur Stelle, doch konnte sich ihre Thätigkeit 
jauptfächlich nur darauf richten, das Vordergebäude mit Wohnhaus 
u retten. Der Tanzsaal, in dem noch Abends vorher bis gegen 
11 Uhr ein Conzert stattgefunden hatte, mit einigen anstoßen den 
däumen, die theils als Trinkzimmer benutzt wurden und theils an 
Schmelzarbeiter Giesen vermiethet waren, sind total zusammenge—⸗ 
zrannt. Für Giesen ist der Schaden ein sehr empfindlicher, da er 
ꝛine Mobilien, vondenen die meisten verbrannt und beschädigt wur—⸗ 
en, nicht versichert hatte. Auch Jung hatte einen Vorrath Heu und 
ztroh, welcher auf den Speicherräumen lagerte und gänzlich ver— 
rannte, nicht ve rsichert. — Schon am Tage vorher. Samstag 
Ibend, war die Feuerwehr alarmirt worden. In einem Speicher⸗ 
immer des Klug'schen Hauses in der Kohlenstraße war in einem 
»aufen Hobelspähne auf bis jetzt noch unaufgeklärte Weise Feuer 
ausgebrochen. Dasselbe wurde jedoch zum Glücke von gegenüber 
VBohnenden rechtzeitig bemerkt und konnte gelöscht werden, ohne daß 
s8 nennenswerthen Schaden angerichtet hatte. — Heute wäre es 
einahe in einem Hause im Josephsthale zum Brande gekommen. 
leine Kinder hatten aus Unwissenheit in der Küche einen Haufen 
„pähne und Reiser angezündet. Das Feuer konnte jedoch, ehe es 
indere Gegenstände ergriff, wieder gelöscht werden. 
* St. Ingbert 25. Juli. Das am Sonntag Nach— 
nittag im Walde bei Neuweiler stattgehabte Gesangsfest des 
Sängerbundes im Sulzbach-Thale war auch von hier ziemlich stark 
esucht, wohl hau ptsächlich darum, weil der hiesige Gesangverein 
„Gemüthlichkeit“ sich aktiv am Feste betheiligte. Das Fest ver— 
ief ohne jede Störung, von bestem Weiter begünstigt, in der an— 
jenehmsten Weise. Sehr beifällig wurden die Vorträge der 
„Gemüthlichkeit“, dem einzigen nichtpreußischen Vereine, der beim 
Feste mitwirkte, aufgenommen. 
*St. Ingbert. Gerkauf) Wie uns mitgetheilt 
vird, hat Herr Peter Hauck, Besitzer der Rohrbacher Mühle, 
eine Mühle an Herrn Bürgermeister Urban Jakob in Rohrbach 
nerkauft. 
* Am Sonntag Morgen hatten die Bewohner des Hirteneck 
ein eigenthümliches Schauspiel. Ein geisteskranker Nagelschmied— 
Jeselle hatte sich auf der Dachfirste eines Hauses dort postirt, riß 
ie Schornsteine nieder und deckte am Dache ab. Bald hatte sich 
eine große Menschenmenge angesammelt und Polizei und Gens— 
darmerie versuchten, den Kranken von seinem hohen Posten herab⸗ 
ubringen. Das war jedoch nicht leicht; denn derselbe vertheidigte 
ich von oben herab mit Backsteinen und Dachziegeln gegen alle 
Angriffe sehr nachdrücklich. Da requirirte man eine Fenerspritze 
ind vor den nassen Strahlen derselben retirirte sich der Belagerte 
lötzlich in den Schornstein, aus dem er dann, schwarz wie ein 
Schornsteinfeger, nicht ohne einige Mühe herausgezogen wurde. 
* Herr Bürgermeister Höh von Gerhardsbrunn hat das 
Abgeordneten⸗Mandat für den Wahlkreis Zweibrücken-Pirmasens, 
den er schon im letzten Landtag vertrat, angenommen; im Wahl⸗ 
reis Homburg⸗Kusel hat demnach Neuwahl eines Abgeordneten 
tattzufinden. Herr K. Sch midt, kgl. Rath am obersten Landes— 
zerichte in München, hat sich noch nicht entschieden, für welchen 
der beiden Wahlkreise, von denen er gewählt ist, — ob für Zwei— 
zrücken⸗Pirmasens oder für Speyer-Frankenthal —, er annimmt. 
hesetzlich hat der Gewählte 8 Tage Bedenkzeit. Der „Pf. K.“ 
laubt zu wissen; daß Herr Schmidt für Speyer-Frankenthal an—