Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberker Anzeiger. 
— — — — — J * — — 
Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
lage) erscheint wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis betragt vierieljährlich 
1AM 40 B einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1I A 60 H, einschließlich 40 Zustellgebuhr. Anzeigen werden mit 10 B, von Auswärts 
mit 15 — für die viergespaltene Zeile Blatischriit oder deren Raum. Neclamen mit 30 4 pro Zeile berechnet. 
M 123. 
Dennerstag, den 4. Auaust 
1881. 
Bestellungen für die Monate August und Sep— 
tember auf den „St. Ingberter Anzeiger“ 
mit illustrirtem Sonntagsblatt werden bei allen k. Poststellen, 
den Postboten, von unsern Austrägern und in der Expedition ent—⸗ 
Jegen genommen. 
Ausland. 
* Die Wahlbewegung in Frankreich ist jetzt, wo die Neu⸗ 
wahlen zur Deputirtenkammer vor der Thüre stehen, in vollem 
Gange. Alle Parteien entfalten eine fieberhafte Thätigkeit und 
besonders die Gambettisten haben eine große Anzahl von Candi-— 
daten aufgestellt, welche nicht nur royalistischen und bonapartistischen 
Gegnern, sondern auch vielen Candidaturen der gemäßigten Linken 
gegenüberstehen. Der Ex-Dictator selbst will in Tours die Tage 
von Cahors wiederholen; der Gemeinderath der erstgenannten Stadt 
ziebt Gambetta am Donnerstag (heute) Abend ein großes Banket, 
auf welchem derselbe seine große politische Rede halten wird. — 
Nach einer der „Agence Havas“ aus Constantinopel zugegangenen 
Mittheilung empfing der Sultan am Sonntag den französischen 
Geschäftsträger Montholon in Audienz, wobei Abdul Hamid dem 
Vertreter Frankreichs seine freundschaftlichen Absichten gegenüber 
Frankreich versicherte und erklärte, er habe dem Gouverneur von 
Tripolis befohlen, alle gegen Frankreich von Tripolis aus gerich— 
leten Umtriebe zu unterdrücken. 
Der Kaiser und die Kaiserin von Rußland haben 
Moskau wieder verlassen und sind, wie der „Regierungsbote“ 
meldet, am 1. ds. Mts. in Nishni Nowgorod eingetroffen. Auf 
dem ganzen Wege von Moskau ab erwartelen in den verschiedenen 
Drien große Volksmassen die Majestäten und begrüßten das Herr— 
scherpaar mit enthusiastischen Kundgebungen. In Nishni Nowgorod 
vohnte der Kaiser der Einweihung der neuerbauten Kathedrale bei, 
welche dem Andenken des verewigten Kaisers Alexander II. geweiht 
st. (Es scheint, daß der Czar eine Rundfahrt durch die Mitte des 
alten Rußlands beginnt, um mit dem „Volk“, d. h. den Bauern 
versönlich Fühlung zu nehmen.) 
Deutsches Reich. 
Der Kaiser von Oesterreich trifft am 5. ds. Abends in 
München ein und reist von dort Sonntag Morgens über Kempten 
und Lindau nach Bregenz. 
Die neulich veröffentlichten Mittheilungen über einen bevor⸗ 
stehenden Personenwechsel im Cabinetssecretariat Sr. Maj. des 
Königs von Bayern, so insbesondere in Betreff des Rücktritis 
des Herrn v. Ziegler, werden aus bester Quelle als vollständig 
aus der Luft gegriffen erklärt. 
Von allen Entideckungen über die Ursache und den Effekt der 
bayerischen Landtagswahlen ist diejenige des Berliner 
storrespondenten der Pariser „France“ die kostbarste dieser Wahl⸗ 
ausfall soll nämlich eine Zuneigung des Volkes zu Oesterreich und 
und die bevorstehende Ablösung Bayerns aus dem deutschen Reiche 
unter künftiger Gravitirung nach Wien bedeuten. Die Münchener 
hätten also angeblich Lust, österreichische Provinzialstädter zu werden. 
Voͤllig so weit ist es noch nicht. 
Nach der „Abztg.“ wird für die beiden bayerischen 
Armeekorps auf Grund der hierwegen erlassenen allerhöchsten 
Verordnung die diesjährige und erste Ausbildung der Ersatzreserve 
J. Kl. während des Zeitraumes vom 22. August bis 30. Okiober 
Statt finden. Bei den Infanterie-Regiementern und Jäger-Batail⸗ 
lonen wird jedes Bataillon eine Kompagnie von Ersaßreservisten 
formiren, die Ersatzreservisten der Fußartillerie werden in den Fest⸗ 
ungen Ingolstadt und Germersheim, sowie Neu⸗Ulm entsprechend 
zeübt werden. 
*In diesem Jahre werden bekanntlich die Ersatz-Reservisten 
L. Classe zum ersten Male zu Uebungen eingezogen. Von gewisser 
Seite ist aus diesem Anlaß auf die Kosten hingewiesen worden, 
weiche dem Reiche abermals aus dieser Erhöhung seiner Wehrkraft 
erwachsen, wir aber sollten meinen, daß es sich bei Durchführung 
einer so wichtigen Maßregel wie es die militairische Ausbildung 
der Ersatz⸗-Reserve ist, nicht um die Kosten handeln kann, die 
übrigens nicht allzu hohe sind. Mit der Ausbildung unserer Er⸗ 
jatzreserve thun wir einen wesentlichen Schritt vorwärts in der 
Entwickelung unseres Wehrsystems, in welchem hierdurch eine Lücke, 
die sich immer mehr zeigte, ausgefüllt wird, außerdem wird aber 
die Ausbildung einer so bedeutenden Ersatzreserbe sicherlich die Acht⸗ 
ung, welche das Ausland vor der deutschen Armee hegt, 
noch erhöhen, was für die Erhaltung des Weltfriedens gewiß von 
heilsamen Einflusse ist. (In Bayern werden in diesem Jahre im 
Ganzen 4629 Ersatzreservisten zur Uebung zugezogen.) 
Nachrichten, welche von verschiedenen Seiten eingehen, lassen 
es als möglich erscheinen, daß die Wahlen zum Reichstag 
früher stattfinden, als bisher angenommen wurde. Alle Anstalten 
werden wenigstens in der Art getroffen, daß die Wahlen noch im 
September stattfinden können. (Das Mandat des am 30. Juli 
1878 gewählten Reichstages ist am letzten 80. Juli abgelaufen? 
* Der dem Reichskanzler aus Hamburg zugegangene Droh⸗ 
ovrief ist nebst einem zweiten, dem Fürsten Bismarck aus 
Frankfurt a. M. zugegangenen ähnlichen Schreiben dem 
preußischen Justizminister vorgelegt worden, damit die Staatsan⸗ 
waltschaft Erhebungen über die anonymen Absender anstelle und 
ein gerichtliches Verfahren eingeleitet werde. 
Der deutsche Kaiser wird sich, nachdem am 4. August 
die Zusammenkunft mit dem Kaiser von Oesterreich erfolgt sein 
vwird, am 6. August von Gastein aus direkt zur Kaiserin nach 
Koblenz begeben. Es heißt, daß der Kaiser längere Zeit, vielleicht 
bis zum Anfang des Monats September, dem Beginn der Herbst⸗ 
manover, in Koblenz verweilen wird, so daß in diesem Sommer 
der Kaiser seinen sonst gewohnten Aufenthalt auf Schloß Babels- 
herg nicht nehmen wird. 
Vermischtes. 
* St. Ingbert ,«a4. August. Dem Jahersberichte der hiesigen 
k. Lateinschule für 1880/81 entnehmen wir, daß die Anstalt das 
Schuljahr nit 121 Schülern, darunter 38 Auswärtige, eröffnete. 
Der Confession nach scheiden sich dieselben in 80 Katholiken, 38 
Protestanten nnd 3 Israeliten. Bis zum Schlusse des Schul⸗ 
ahres verblieben in der Anstalt noch 101 Schüler, die sich auf die 
einzelnen Klassen wie folgt vertheilen: J. Klasse 28, I. Klasse 28, 
II. Klasse 20, IV. Klasse 20 und V. Klasse 3. Die Einschreibung 
jür das nächste Schuljahr findet am 28. September, morgens 
h Uhr, statt. Am 29. und 30. September werden die Aufnahms⸗ 
und Nachprüfungen abgehalten. Der regelmäßige Unterricht beginnt 
am 1. Oktober. Wer in die 1. Klasse eintreten will, muß das 
neunte Lebensjahr vollendet, darf aber das zwölfte nicht über— 
schritten haben. Derselbe muß außerdem im Besizze der Kenntnisse 
in der Religion, im Deutschen und im Rechnen sein, die für das 
dierte Schuljahr in der Volksschule vorgeschrieben sind. Arme 
Schüler erhalten Lehrbücher und Schreibutensilien aus den Mitteln 
der Anstalt gestellt. 
* St. Ingbert, 4. August. (Silberne Hochzeit. Gestern 
jeierten Herr Hüttenwerksbesitzer Heinrich Krämer und Ge— 
mahlin auf dem Schlößchen Elsterstein dahier im Kreise von 
Verwandten und Freunden das Fest ihrer silbernen Hochzeit. 
*St. Ingbert, 4. August. Schon öfters haben sich 
Kinder durch Barfußgehen Verletzungen und Krankheiten zugezogen. 
So trat auch gestern ein solcher „Barfüßler,“ ein 8sjähriges Mäd— 
hen eines Glashüttenarbeiters, im Hofe der Glashütte in einen 
zlühenden Glasscherben und verletzte sich am Fuße derart, daß die 
Hilfe des Arztes in Anspruch genommen werden mußte. 
* St. Ingbert, 4. Aug. Die aus dem „Pfälz. Kurier“ 
in verschiedene Blätter übergegangene Nachricht von einem gegen 
die ctienbrauereißZweibrücken wegen Bierfälsch— 
unng angestrengten Prozesse ist, wie uns von einem Mitgliede des 
Aufsichtsrathes mitgetheilt wurde, un richtig. 
Der Herr Abgeordnete C. Schmidt, k. Rath am ober⸗ 
ten Landesgericht, richtet an die Wählerschaft der Stadt Pirma— 
ens folgende Ansprache: „Es ist mir nicht unbekannt geblieben, 
mit welcher Wärme und Energie sich die Vertreter der Bürger⸗ 
chaft von Pirmasens für meine Wiederwahl als Landtagsab ge—