St. Ingberler AAnzeiger.
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Sonntag, den 14. August
1881.
Deutsches Reich.
* Der Begegnung zwischen Kaiser Wil helm und Kaiser
Franz Jo sef ist nunmehr die Zusammenkunft des österreichischen
herrschers mit dem König von Sach sen in München, mit
dem Großherzog von Baden auf Mainau und dem König
on Württemberg in Friedrichshafen gefolgt. Ein
dichter Schleier liegt noch über diesen fürftlichen Besprechungen,
den zu lüften, ein müssiges Beginnen wäre; jedenfalls constatirt
iber der herzliche Charakter, den all' diese fürstlichen Begegnungen
rugen, die freundschaftlichen Beziehungen, die schon seit langem
wischen dem österreichischen Kaiser und den angesehensten deutschen
gundesfürsten obwolten und welche unter allen Umständen ihren
Werth beibehalten.
Der Kronprinz des deutschen Reiches wird, wie verlau⸗
et. zu Ende der dritten Augustwoche England verlassen, Truppen⸗
hesichtigungen in Süddeutschland vornehmen und jedenfalls der am
30. d. M. stattfindenden Herbstparade des Gardecorps beiwohnen.
Generalfeldmarschall Graf Molkte ist nach Schweden ge⸗
reist, wo er auf Schloß Drottningholm als Gast des schwedischen
doönigspaares einige Tage verweilen wird. Der Feldmarschall be—
hjerrscht sowohl die schwedische als die dänische Sprache voll⸗!
ommen. —
In einem Streite mit der fortschrittlichen Presse und denjenigen
Blaͤttern, welche sich in dem Fahrwasser derselben bewegen, faßt
die „Provinzial⸗Korrespondenz“ „die Grundzüge des Programms
der verbündeten Regierungen, das sind die Ziele der
Bolitik des Reichskanzlers“ in folgender Weise zusammen: „Es
zilt eine nationale Wiedergeburt und innere Erstarkung Deuisch⸗
ands auf gesunden wirthschaftlichen Grundlagen5. die wirthschaft⸗
iche Unabhängigkeit Deutschlands vom Auslande, die Siarkung
er Finauzkraft des Reiches durch eine gerechtere Vertheilung der
Steuerlasten, die Erleichterung der Aufbringung der nothwendigen
ffentlichen Abgaben durch Ausbildung des Sysiems der indirekien
Steuern unter entsprechender Verminderung der direkten Abgaben,
zie Befreiung der Gemeinden von einem wesentlichen Theil der
ffentlichen Schul⸗, Armenpflege und anderer Lasten, die Förder⸗
ing der landwirthschaftlichen und industriellen Gewerbe, die Für—⸗
sorge für das Wohl des Handwerkerstandes und der arbeitenden
Zlaffen gemäß den Geboten des prattischen Christenthums, kurz,
Schutz der wirthschaftlich Schwächern durch den Staai, der sich
einer christlich⸗sittlichen Pflichten bewußt sein und die theilnamlose
Oberaufseherrolle aufgeben soll.“ J
Was die auswartigen Fragen betrifft, so wird gelegentlich
jon Veränderungen gesprochen, die aus dem Auftreten der Fran—
osen gegen Tripolis und Egypten hervorgehen könnten. In
hZerliner unterrichteten Kreisen legt man jedoch nicht das geringfte
Jewicht darauf und sieht in diesen Gerüchten, die namentlich von
zaris her verbreitet werden, viel eher eine Art Maskierung der
ehr unerquicklichen Situation der Franzosen in Tunis, die sich
mmer schlimmer gestaltet; nicht, daß man von Seiten Frankreichs
»er Dinge nicht schließlich Herr werden könnte, wohl aber stellt es
ich immer klarer heraus, daß die Anstrengungen, die Frankreich in
cunis macht und noch zu machen haben wird, in absolut keinem
berhältniß zu den Erfolgen stehen, die erzielt sind und unter allen
Umständen noch erzielt werden müssen. Zur Herbeiführung weite—
er Komplikationen in Bezug auf Tripolis uͤnd Egypten dürfte
nan in Paris verteufelt wenig Lust haben. .
Ausland.
Die diesmalige Wahlbewegung in Frankreich hat man⸗
derlei interessante Momente gezeitigt, von denen besonders die Be⸗
impfung der Candidatur Gambenla's in seinem alten Wahlkreise
helleville durch zwei ultraradicale Candidaturen hervorgehoben zu
oerden verdient.
Der irische revolutionäre Congreß in Chicago (Nordamerika)
erieth in seiner jüngsten Sitzung einen Plan zur Zerstückelung
es britischen Reichez. Danach soll die bestehende Regierung von
fngland veränderi und aus England, Wales, Schottland und Ir—
and eine Eidgenossenschaft (Föderation) hergestellt werden. Au—⸗
ccalien soll als unabhängig erklärt, eine unabhängige südafrikanische
Republik hergestellt, Canada den Vereinigten Staaten von Nord⸗
mmerika einverleibt, und Indien zur Steuerverweigerung und zum
Widerstande gegen die britische Regierung aufgewiegelt werden.
Die Ausführung dieser Propaganda soll einem aus Delegirten des
Tongresses gebildeten großen Rathe anvertraut werden. Der Con—
zreß hat sich übrigens in zwei Parteien gespalten, indem sich die
Aunhänger der Dynamitpolitik in Folge der Verwerfung ihrer mör—
derischen Pläne von den Sitzungen zurückgezogen haben.
Vermischtes. *
. Der Ort Höhm ühlbach ist vom 16. d. M. an dem
Postbestellbezirke von Tha leischweiler zugetheilit.
Unterm 31. Mai Jl. J. wurde dem kathol. Kirchenbauverein
Fehrbach (bei Pirmasens) von hoher k. Regierung die Erlaub—
niß zur Veranstaltung ejner Gabenverloosung ertheilt. Am 20.
Septbr. d. Is.' soll nun‘ die Ziehung Statt finden; es kommen
300 schöne und werthvolle 34 zur Verloosung. Uhren,
Schnitzereien aus Oberammergau, feine Handarbeiten xc. ꝛc. find
in schöner Auswahl vorhanden. 10,000 Loose à 50 werden
ausgegeben.
F Aus Kirchheimbolanden schreibt man der „Pf. P.“
„In unserem vergnügten Städtchen ist seit einiger Zeit eine be—
denkliche Sorte von Fortschritt zu gewahren. Soͤ machte sich ein
siesiger Fabrikant rasch Fort und vergaß in der Eile sogar, seine
Frau mitzunehmen. Ein Kaufmann warf kürzlich um, und seine
ahlreichen Gläubiger bekommen keinen Knopf. Und nun rumort
s schon wieder, daß ein Dritter und Vierter bedenklich in's
Wackeln gekommen sei. Es wollen eben vielfach die Ausgaben sich
nit den Einnahmen nicht mehr vertragen.
7 In Heidekberg hat, wie sich jetzt definitiv herausstellt,
der frühere Rechner Niederheiser sich eines Defizits von
160,000 M., das bei der Stadtkasse entdeckt wurde, schuldig ge—
nacht. Durch die Kaution und das Vermögen Niederheiser's sind
ingefähr 50,000 M. gedeckt, es trifft die Stadt demnach ein Ver—
ust von 110,000 M., wenn nicht, welche Frage von dem Bürger—
vusschuß demnächst entschieden werden soll, die Stadträthe für er—
atzpflichtig erllärt werden. (Da ist es theuer, Stadtrath zu sein.)
F Der ehemalige bekannte Landtags- und Reichstagsabgeord⸗
sete Domkapitular Rußwurmein Regensburg wurde die—
er Tage bei Gelegenheit des Gottesdienstes in Schwandorf, nach—
em er die Festpredigt gehalten, plötzlich vom Schlage getroffen
ind verschied; er erreichte ein Alter von nicht voll 51 Jahren.
Wie gestern mitgetheilt wurde, brachte die „Nordd. Allg.
ztg.“ „aus sicherster Quelle“ die Nachricht, der Moörder der zwölf⸗
ährigen Christine Hämelmann aus Rellinghausen sei durch
)en Kriminalkommissar v. Hüllessem in der Person eines jüdischen
Pferdehändlers Namens Veit Pelzer aus Hameln ermittelt und
jerhaftet worden. Nun erfährt die „Essener Ztg.“ „von kompe—
enter Seite“, daß diese Nachricht „jeder thatsächlichen Begründung
entbehrt und auf Erfindung beruht.“
4 Elementare Vorgänge, deren verheerende Wirkungen sich
ur Stunde noch nicht übersehen lassen, werden dem „Berl. Tgbl.“
yon der deutschen Meeresküste telegraphisch signalisirt. Im ganzen
sstlichen Theil von Holste in hat in der Nacht von Mittwoch
nuf Donnerstag ein orkanartiger Sturm gewüthet. Man fürchtet,
zaß viele Schiffsunfälle vorgekommen sind. Bei Lübeck ist der
„Trib.“ zufolge die Aktien⸗Eisengießerei durch eine Windhose de—
nolirt worden. Sieben Personen wurden dabei getödtet, mehrere
indere verwundet.
4GWieder eine Hexengeschichte), aber eine wahre, passirte im
dreise Carthaus (Westpreußen). Die Sache verhielt sich so:
xFine Frau wird krank. Natürlich ist sie behert worden, wie kann's
vohl anders sein?! Die Hexe, welche diese ruchlose That begangen,
vurde bald herausgefunden und von fünf Personen an das Bett
er erkrankten Frau geschleppt, wo sie den Zauber wieder bannen
ollte. Die Aermste that zähneklappernd Alles, was von ihr ver⸗
angt wurde. Damit war aber noch nicht genug geschehen und
iie Kranke auch noch nicht gesund gemacht. Man fand ein pro—
ates Mittel: der Hexe wurde in den Finger geschnitten und das