St. Ingberler Ameiger.
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—1881.
M —15. Dienstag, den 25. Januar
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Deutsches Reich.
Aus München, 22. Januar berichtet die „A. Z.“. Dem
Vernehmen nach ist die Bezahlung der griechischen Schuld an den
Prinzen Ludwig Ferdinand von Bayern erfolgt, und ist der Be⸗
nag von 2,606,000 Fres. in Pariser Wechseln heute hier einge⸗
troffen. Bekanntlich muß diese Summe zur Bildung eines Fidei⸗
commisses für die Linie des Prinzen verwendet werden.
(Bayerischer Laundtag.) Der vom Minister des Innern
der Kammer der Abgeordneten vorgelegte Entwurf zu einer Revision
des Wahlgesetzes häli an dem bisherigen indirekten Wahlmodus fest.
Für jeden Gemeindebezirk werden permanente Urwählerlisten gefertigt
und aufgelegt. Auf 500 Seelen wird ein Wahlmann gewählt.
auf 31,300 Seelen ein Abgeordneter. Die Pfalz wird statt 20
nunmehr 21 Abgeordnete zu wählen haben. Das Institut der
Ersatzmänner ist aufgehoben. Weitere wesentliche Aenderungen des
Wahigesetzes finden nicht Statt. — Ob der Entwurf Annahme
finden wird in der Kammer, ist sehr in Frage gestellt.
Sämmtliche Handelss und Gewerbekammern Bayerns sind
pom Ministerium des Inneren aufgefordert, sich über den Entwurf
eines Neichsgesetzes bezuͤglich der Versicherung von Fabrikarbeitern e⁊tc.
gegen Unfälle daldigst gutächtlich zu äußern. (Die pfälzische Han⸗
deis⸗ und Gewerbekammer halt deshalb nächsten Mittwoch 26. ds.,
eine außerordentliche Sitzung.)
Der Erlaß des bayerischen Ministeriums des Innern in
der Antisemitenbewegung an die Regierungspräsidien soll, wie der
„A. A. Ztg.“ mitgetheilt wird, einem ausdrücklichen Allerhöchsten
Befehle entsprechen.
Mit der Tendenz der Reichs-⸗Unfallversicherung, wie
Fürst Bismarck sie plant, und wie dieselbe in der dem Buͤndesrath
hereits zugegangenen Gesetzesvorlage zum Ausdruck gebracht ist,
wird sich jeder deutsche Patriot und jeder Menschenfreund von
Herzen einverstanden erklären müssen. Ohne Zweifel ist es ein
serrlicher Gedanke, den Arbeiter gegen die nachtheiligen Folgen von
Unfällen, denen er bei seiner Beschäftigung ausgefetzt ist, möglichst
zu sichern, d. h. den durch einen Unsall in der Erwerbefähigkeit
auf kuͤrz oder iang Beschränkten und resp. den Erwerbsunfähigeun
dor Noih zu schützen. Und wenn es gelänge, von Reichswegen
eine solche Anstalt in's Leben zu rufen, so wäre das nur auf's
Freudigsie zu begrüßen und würde dem deutschen Reich zur hohen
Ehre gereichen. Leicht freilich ist die Lösung dieser Aufgabe nicht,
und die beir. Vorlage, die wir am Donnerstag in kurzem Auszuge
zum Abdrucke brachten, hat denn auch bereits mancherlei Anfecht⸗
ungen erfahren. Indessen galten dieselben doch mehr einzelnen
Bestimmungen, während die leitende Idee fast allgemein Anklang
und vielfach begeisterte Zustimmung gefunden hat. Was aber in
der Idee als richtig erkannt worden, zu dessen Uebertragung in's
Leben werden sich bei ernstem Willen wohl auch die vassenden
Mittel auffinden lassen.
Ausland.
Das englische auswärtige Amt
Regierung die Mittheilung, letztere werde
(westafrikanische) Kuste entsenden, um
die Plünderung Schiffbrüchiger von der
Schiffes zu züchtigen.
Die englische Admiralität entsandte das Thurmschiff „Belle⸗
Isle“ nach der Nordwestküste von Irland, um ein von Amerika
dommendes Schiff mit Waffen und Munition für Irland abzu⸗
jangen.
Die „Times“ bespricht die griechische Frage und meint,
so lange kein offener Bruch zwischen Griechenland und der Türkei
eingetreten, seien Unterhandlungen immer noch möglich und würde
England seinen freundlichen Dienst beiden Parteien nicht versagen,
iich aber am Kriege unter keinen Umständen betheiligen.
Vermischtes.
8Si. Ingbert, 24. Januar. Es wird uns mitgetheilt,
daß der erste der im jGewerbeverein“ angekündigten Vor⸗
träge erst Ende März gehalten werden kann. Hingegen soll der
Vortrag des Herrn Professors Robert von Schlagintweit
um Mitte Februqr vor sich gehen, und zwar wurde von erfahrener
Seite empfohlen, den berühmten Forscher über eines der interessan-
westen Themata, nämlich über die Pacific-Bahn, dieses Riesenwerk,
das durch die ganze Breite von Nordamerika das atlantische Meer
nit dem stillen Ocean verbindet, hören zu sollen. Eine Subscrip⸗
fionsliste wird dieser Tage in Umlauf gesetzt.
6n. An der Unterstützungssumme von 5562 Mk., welche pro
1880 aus dem pfälzischen Lehrerwaisenstifte zur Vertheilung kam,
hartizipirt der Bezirksberein Blies kastel-St. Ingbert mit
11 Lehrerwaisen und 540 Mk. Auf 1 Waise trafen 48 resp.
34 Mi. Die Gelder wurden bereits vom Kreisrechner dem Be⸗
irksrechner, Hr. Lehrer Drumm dahier überschickt und gelangen
durch diesen an die einzelnen Familien zur Auszahlung.
— Ein kunstsinniges Publikum erlaube ich mir auf das am Mittwoch
m Oberhause r'schen Saale stattfindende Concert ganz besonders auf⸗
nerksam zu machen. Ausgerüstet mit den besten Empfehlungen namhafter
bersönlichteiten aus vielen Städien, werden die Opernsänger, Herr F. Muller
ind Fräulein M. Fötsch einzelne Scenen aus bekannten Opern im Costum
ortragen und somu Gelegenheit geben, ihre ausgezeichneten Stimmen, einen
nachtigen klangvollen Bariton und einen Sopran von seltenem Wohllaut und
Amfang neben der lebendigsten, künstlerischen Auffassung zu entfalten. Da ich
dies aus eigener Ueberzeugung aussprechen kann, so hoffe ich für die Kunstler
in eben so volles Haus, wie sie es in andern Städien fanden, die mit dem
inmaligen Auftreten nicht zufrieden, sie noch für mehrere Abende engagirten.
Die Saarbr. Zig.“ schreibt: Wie uns von befreundeter
Seite mitgetheilt wird, fand am 20. d. M. eine Sitzung des
omite's der Arbeitgeber des Saargebietes in St. Johann
tatt. Nachdem in dieser Sitzung seitens der Herren Vertreter der
eiden betheiligten Siaatsbeiriebsbehörden (Eisenbahn und Berg⸗
vertsdireklion) Keuntniß davon gegeben war, daß infolge ministe⸗
tieller Entscheidung ihre Kompetenz zur Ausführung des Beschlusses
dom 1. November 1880 auf die Betriebsstätten beschränkt sei, ge⸗
angte das Komite nach längerer eingehender Diskussion zu der
leberzeugung, daß angesichts dieser Anordnung der vorbezeichnete
Beschluß im Allgemeinen undurchführbar sei. Zwei der größeren
Arbeitgeber unserer Gegend (Herr Geh. Kommerzienrath C. St umm
ind Herr E. Wagner) haben bereits ihren Austritt aus der Ver⸗
einigung erklärt und ersterer hat folgende Ansprache an seine Ar⸗
beiter erlassen:
„An die Arbeiter.
Höheren Ortes ist die Königl. Bergwerks-Direktion veran⸗
laßt worden, die Maßregeln, welche sie in Gemeinschaft mit den
äbrigen größeren Arbeilgebern des Saargebietes gegen sozial⸗
vemokratische Agitationen ergriffen hatte, erheblich zu modifizieren.
dem im Jahre 1877 geschlossenen Verbande ist dadurch die Grund⸗
age entzogen, ich erachte dessen fernere Aufrechterhaltung für un⸗
moͤglich und bin bereits aus dem Komite ausgeschieden.
Angesichts der jetzt geschaffenen Situation halte ich es für
nussichtslos, in hiesiger Gegend den Kampf gegen sozgialistische
ind sonstige reichsfeindliche Bestrebungen in seiner Allgemeinheit
nit dem bisherigen Erfolge weiter zu führen, und bin deshalb
entschlossen, vom politischen Leben zurück zu treten.
Losgelöst von so machen Rücksichten allgemeiner wie lokaler
Natur werde ich mich für die Folge um so wirksamer der Beförderung
Fures geistigen und materiellen Wohles widmen können. Ich
verde dieser Aufgabe meine ganze Kraft in der freudigen und un⸗
erschütterlichen Zuversicht zuwenden, daß, was auch sonst sich
ꝛreignen möge, das Band des Vertrauens zwischen uns ebenso⸗
venig gelodert werden wird, als die unwandelbare Treue zu
Raiset uͤnd Reich, die zu bethätigen von jeher den Stolz und
die Ehre der Angehörigen des Neuukircher Werkes gebildet hat.
Das seitens meiner Firma gegen das Halten des „Neunkir⸗
her Tageblatts“ gerichtele Verbot bleibt unverändert in Kraft.
Dagegen ziehe ich das gegen den Besuch gewisser Wirthschaften
gerichlete Verbot in seiner bisherigen Form hiermit zurück, weil
sch vereinzelt nicht mehr im Stande bin, diese Maßregel ohne
schwere Belästigung auch lohyaler Wirthe und Eurer selbst durch⸗
uführen. Ich behalte mir aber vor, dieses Verbot in einer
en beranderten Verhältnissen angemessenen Weise zu ersetzen.
Neunkirchen, 21. Januar 1881.
FK. Stumm.“