Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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M 16. Donnerstag, den 27. Januar 1881. 
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Deutsches Reich. 
Aus München geht der „Allg. Ztg.“ folgende officielle 
Mittheilung zu: Se. Majestät der König hat dem preußischen Ge— 
sandten am hiefigen Hofe, Wirkl. Geh. Rath Grafen v. Werthern, 
das Großkreuz des Verdienstordens der bayerischen Krone, dem 
kaiserl. deutschen Gesandten in Athen v. Radowitz das Großkreuz 
des Verdienstordens vom hl. Michael, dem Legationssecretär bei 
der kaiserlich deutschen Gesandtschaft in Athen, Grafen v. Walden⸗ 
burg, das Comthurkreuz des Verdienstordens vom hl. Michael und 
dem Professor der Rechte an der hie sigen Hochschule, Dr. Hermann 
o. Sicherer, das Ritterkreuz des Verdienstordens der bayerischen 
Krone verliehen. (Diese Ordensverleihungen sind die Anerkennung 
für die glücktiche Bereinigung der griechischen Schuldfrage.) 
Das preußische Abgeordnetenhaus beschloß, die in dem 
Nachtragsetat für den Bau einer festen Mainbrücke bei Offenbach 
geforderlen 280,000 Mark abzulehnen. 
In parlamentarischen Kreisen wirb versichert, daß der Reichs⸗ 
tanzler den Stadthalter Frhrn. v. Manteuffel, der zum Ordensfeste 
in Berlin weilte, beglückwünscht hat, ob der großen moralischen 
Erfolge, welche derselbe in Elsaß-Lothringen durch seine Regierung 
in so kurzer Zeit erzielt hat. 
Ausland. 
Wie der „Peuple Frangais“ anzeigt, wird die Kaiserin 
Eugenie demnächst einen durchaus von ihrer Hand geschriebenen 
Band unter dem Titel veröffentlichen „Geschichte des Lebens und 
Todes des kaiserlichen Prinzen nach inedirten Urkunden.“, Diesem 
Buche soll dann ein zweites Werk folgen, Les notes de Napoléon III“, 
eine Sammlung von kleinen Aufzeichnungen, welche der Kaiser 
während der ganzen Dauer seiner Regierung zu bringen pflegte 
und die am 4. Sept. auf der Flucht aus den Tuilerien glücklich 
mit geretiet worden sind. Diese Notizen sollen manche unbequeme 
Enthüllungen über hervorragende volitische Persönlichkeiten der Re— 
oublik enthalten. 
Einer Meldung der „Ag. Stefani“ zufolge benachrichtigte die 
griechische Regierung ihre diplomatischen Vertreter im Ausland, 
daß sie den Vorschlag der Pforte, eine Botschafter-Conferenz in 
Konstantinopel zu halten, noch unvortheilhafter finde als den Vor— 
schlag eines Schiedsgerichtes; sie wies dieselbe an, sich in diesem 
Sinne den Regierungen gegenüber, bei welchen sie beglaubigt sind, 
auszusprechen. 
Vermischtes. 
* St. Ingbert. Es dürfte viele der Leser interessiren 
über den berühmten Reisenden Robertvon Schlagintweit, 
den bekanntlich unser Gewerbeverein für einen Vortrag gewonnen 
hat, etwas Näheres zu erfahren. Wir geben darum nachstehend 
eine kurze Skizze seines Lebens und Wirkens: Robert von Schlag— 
intweit, geboren zu München am 27. Okt. 1833, gegenwärtig 
Professor an der Universität Gießen, bereiste, nachdem er eine 
Monograpbie des Kaisergebirges in Tirol veröffentlicht hatte, vom 
Jahre 1834 bis 1857 mit seinen Brüdern Hermann und Adolf, 
theils einzeln, theils gemeinschaftlich, Indien und Hochasien, Hi⸗ 
malaya, Tibet, den Karakorum, Kuenlun und Turkistan. Diese 
Reisen umschlossen eine Ausdehnung von 29,000 Kilometer, theils 
in den heißesten Gegenden der Tropen, theils in den höchsten Re— 
zionen der Erde. Leider hatte den Versuch, der überhaupt nur 
unter der strengsten Verkleidung möglich war, Turkistan in Central— 
asien auf einem vorher nie von einem Europäer betretenen Wege 
zu erreichen, Adolf mit dem Tode zu büßen, und zwar darum, 
weil er als Europäer erkannt wurde; er ward am 26. August 
1857 zu Kaschgar enthauptet. Die beiden anderen Brüder wur— 
den nach ihrer Heimkehr in Folge der wichtigen wissenschaftlichen 
Ergebnisse ihrer Reisen und deren Veröffentlichung von König Max 
von Bayern in den erblichen Adelsstand erhoben. Robert hat sich 
später vornehmlich dem Studium der nordamerikanischen Verhält— 
nisse zugewandt. In 10 Monaten 1868 und 1869 durchzog er 
zie Vereinigten Staaten von Nordamerika nach den verschiedensten 
stichtungen auf seine eigenen Kosten, verkehrte im Westen viel mit 
den Indianern und legte seine amerikanischen Studien und Erleb⸗ 
nisse in einem vierbändigen Werke nieder, das theilweise in andere 
Sprachen übersetzt wurde. Aufs Neue hat er Nordamerika im 
Frühling und Sommer des vorigen Jahres bereist, wo er Kansas, 
Colorado, Neu⸗Mexiko, Uthah und die Mormonen, Ealifornien 
und Arizona besuchte. Von Tucson in Arizona, das auf dem 
nächsten zur Zeit möglichen Eisenbahnwege 6613 Kilometer von 
Rew-York entfernt liegt, kehrte er nach Deutschland zurück. — 
Robert von Schlagintweit versteht es wie wenige, die keichen Er— 
lebnisse und die wissenschaftliche Ausbeute seiner Reisen, in popu⸗ 
lärster und anschaulichster Weise zu schildern. 
— Der Distriktsrath des Kantons Ober moschel hat seine 
Zustimmung zur Benützung der Distriktsstraße zwischen Obermoschel 
und Alsenz seitens der projektirten Sekundärbahn, die mittelst 
Pferden betrieben werden soll, gegeben. Deßgleichen hat der Stadi— 
rath von Obermoschel sich für die Ausführung des Projekts erklärt 
und beschlossen, Bau und Betrieb auf städtische Kosten zu über— 
nehmen. Ueber den Geldpunkt hat die Bürgerversammlung zu 
entscheiden. 
FIn Dannenfels, Lufteurort am Donnersberg, tritt 
in Stelle der bisherigen Briefablage eine volle Postexpedition in's 
deben. Die Postverbindung wird während der Saison, 15. Mai 
dis 15. Oktober, durch einen Postomnibus nach Kirchheimbolanden 
interhalten, während der übrigen Jahreszeit durch einen Postboten. 
Postexpedition und Poststall in Dannenfels wurden dem Gasthof— 
vesitzer Heinrich Gümbel dort übertragen. 
Die Actionäre der Kaiserslauterer Düngerfabrik 
'abrik erhalten für das abgelaufene Betriebsjahr 12 Mt. Dividende. 
Fuür 1881 wird in Kaiserslaustern eine Gemeinde— 
Umlage von 118 Procent der direkten Staatssteuern erhoben, das 
giebt 187,620 Mk. Im Jahr 1880 wurden 121 Prozent er— 
hoben. (Und hier) 
.Kaiserslantern. In die Buchdruckerei von J. Kayser 
dahier kam vor einigen Tagen ein junger Mann, der sich als Ferd. 
Jentzer jun. von Waldfischbach ausgab und Briefköpfe und Couberts 
nit aufgedruckter Jentzer'scher Firma bestellte. Dieselbe wurden 
hm in den Gasthof, in welchem er logirte, abgeliefert, und er be— 
nützte dieselben nun zu dem Versuch, bei Firmen, welche mit Phil. 
Jentzer in Verbindung stehen, Geld zu erlangen. Bei Gastwirth 
Seitz verlangte er unter dem Vorwand momentaner Verlegenheit 
auf Rechnung seines Vaters 200 M., bei Posthalter Huber 400 
M. aber ohne Erfolg. Man setzte die Holzhandlung Jentzer tele— 
graphisch in Kenntniß von dem Vorgang, und es stellte sich heraus, 
daß man es mit einem Schwindler zu thun habe. In Hochspeyer 
väre derselbe fast in die Falle gegangen. Auch dort hatle er ver— 
ucht, einen Pump anzulegen, aber auf sein schriftliches Ansuchen 
die Antwort erhalten, daß man gerne bereit sei, einem Glied der 
Familie Jentzer auszuhelfen, aber nur bei persönlichem Erscheinen. 
Diese Personalkenntniß schien dem Hochstapler bedenklich uͤnd er 
verduftete, so daß die Gendarmerie, die ihm schon auf der Spur 
war, nichts vorfand als die unglückseligen Briefköpfe und Couverts. 
In Neustadt verunglückte im Etablissement von Weg— 
müller der Müller M. Ehrhardt auf schauderhafte Weise, indem 
derselbe von einem Transmissionsriemen erfaßt und förmlich zer— 
rissen wurde. Es war in dem entsetzlichen Augenblick gar Niemand 
zugegen. Der Verunglückte hinterläßt eine Wittwe mit zwei Kindern. 
F In Landau waren vorigen Sonntag etwa hundert klei— 
nere Branntweinbrenner der südöstlichen Pfalz versammelt, um sich 
iber verschiedene ihnen lästige Bestimmungen des Branntwein— 
teuergesetzes zu besprechen. Im allgemeinen zeigte sich's, daß es 
nicht sowohl die Höhe der Steuer ist, an welcher die Leute An⸗ 
toß nehmen, als vielmehr die lästige Controle und namentlich die 
Beschränkung in der Zeit des Brennens. Es wurde beschlossen, 
in diesem Sinn eine Petition auszuarbeiten und zur Unterschrifi 
bei den einzelnen Brennern in Umlauf zu setzen. 
F. In Ludwigshafen trank, der „Frth. Ztg.“ zufolge, 
ein kleines Kind eine zum Einreiben bestimmte Mirlur und starb 
in Folge der eingetretenen inneren Verletzungen. 
x Zu den Kosten der Einführung der Schuhfabrikation (nach 
Pirmasenser Muster) in Hertlingshausen hat die kgl. Re—