vt Jugherter Auzeig
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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Der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlid
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M 162.. SSSo)nntag, 9. Oktober 1881.
Ppolitische Uebersicht. 7
Deutsches Neich.
Die Antisemiten Berlins wollen den 18.
Dltober, den Gedenktag der Schlacht bei Leipzig
und gleichzeitig den Geburtstag des deutschen Kron⸗
orinzen, zu einer großartigen Demonstration aus⸗
nützen. In nicht weniger als 41 Lokalitäten der
Hauptstadt sollen für diesen Tag Festlichkeiten ver—
instaltet werden, denen der Zweck der Wahlagitation
deutlich an der Stirne geschrieben ist. Wir be—⸗
weifeln, daß die Antisemiten, deren Treiben vom
tronprinzen als eine Schande für Deutschland be⸗
zeichnet wurde, mit dieser Feier bei dem hohen
derrn besondere Ehre einlegen werden. pie
x* Der Charakter der gesammten politischen
Lage ist auf allen Linien in der letzten Woche
ein lebhafterer geworden. Nicht mehr langsam
ind zögernd schleppen- sich die politischen Fragen
zahin, sondern deutlicher und klarer treten die Lö—
ungsprojekte auf, und man kann sicher darauf
echnen, daß wir uns in nächster Zeit mehreren
vichtigen politischen Fortschritten oder auch einigen
klatanten Krisen gegenüber befinden werden. Es
zilt dies nicht nur von der Lage der allgemeinen
uropäischen Politik, sondern auch ganz speziell
yon derjenigen des deutschen Reiches. Die Wahl⸗
zewegung für die Reichstagswahlen nähert sich ihrem
Bipfelpunkte und die Spannung auf das Wahl—⸗
resultat wächst von Tag zu Tag. Man legt sich
in den Wähler- und Regierungskreisen allen Ernstes
die Fragen vor: Wird die conservative Strömung
den oppositionellen und liberalen Elementen eine
ernste Niederlage beibringen oder wird gar der um⸗
jekehrte Fall eintreten ? Am Ende sind aber auch
zie zur Mäßigung rathenden Mittelparteien noch
nicht so ganz schwach geworden und das Wahlre⸗
uliat wird dann große Verschiebungen für den
Keichstag nicht bringen. Dazwischen ist auch
Jjanz plötzlich das Projekt einer Reichstags-
iuflösung bald nach seinem Zusammentritt in die
Deffentlichkeit gedrungen, falls die Reichsregierung
zu der Einsicht gelange, daß sie mit dem neuen
Reichsstage zu keiner annehmbaren Durchführung
hrer Projekte kommen könne. Wir sind dieser
Nachricht gegenüber ganz frei von jeder Schwarz⸗
eherei und konstatiren nur, daß in der vorigen
steichstagssession infolge einer oft unnatürlichen
Wechselwirkung der bunten Parteiabstimmungen
eine Anzahl Gesetzentwürfe unerledigt blieben, ein
Umstand, der bei seinem Auftreten in verschärfterer
Form allerdings dem Reichskanzler Anlaß geben
fönnte, unserm Kaiser eine Reichstagsauflösung
anzurathen. Dieselbe könnte ja doch nur zur Klä⸗
rung unserer politischen Lage beitragen.
Im strengen Gegensatz zu anderweitigen Mit⸗
theilungen hört die „K. Z.“ die Nachricht bestätigen,
daß ein auf das Tabakmonopol bezüglicher
Entwurf durchaus noch nicht festgestellt sei,
ia, daß angesichts des massenhaften Materials,
welches, abgesehen von den Arbeiten der Enquöte⸗
Kommission, angesammelt ist, sich augenblicklich noch
jar nicht absehen lasse, bis zu welchem Zeitpunkte
der bezügliche Entwurf vorliegen könnte. Darnach
erscheint es als sehr unwahrscheinlich, daß schon in
der Herbstsession das Tabakmonopol vorgelegt wird.
Beschlüsse über Wiedereinbringung solcher Vor—⸗
lagen, welche in der letzten Session abgelehnt
vorden sind, werden von dem Ausfall der Wahlen
ibhängig bleiben.
In einer Verfügung vom 27. v. Mis. nimmt
preußißche Minisier der öffentlichen Arbeiten
Veranlassung, allgemein die mißbräuchliche An—
vendung der Dampfpfeife der Locomotiven sowohl
zei dem Rangiren der Züge auf den innerhalb
der Ortschaften belegenen Bahnhöfen als auch bei
Abfahrt der Züge zu untersagen: es sei strenge
darauf zu hallen, daß Belästigungen des Publicums
durch unnothiges resp. zu langes oder zu lautes
Pfeifen thunlichst vermieden werden.
Ausland.
Auf dem in diesen Tagen in Chur abgehal—
tenen sozialistischen Weltcongreß, war
Amerika, Frankreich, Belgien, Deutschland, Groß—
zritannien, Italien, Portugal, Ungarn, Rußland,
Polen, Dänemärk, Holland, Brasilien und die
Schweiz durch Delegirte vertreten. J
Das officibse „Journ. de St. Peters⸗
hourg“ schreibt: „Uns an die officiellen Erklär—
ingen der Staatsmänner haltend, glauben wir,
aß die Aufrechterhaltung desstatus quo im
Drient und des Welifriedens deren wahres alleiniges
zestreben ist, und daß, wenn bezüglich Aegyptens
der anderweit Schwierigkeit entstehen sollten, die⸗
elben durch das Einvernehmen der Mächte, nicht
zurch Abenteuerlichkeit gelözst werden würden von
zer Ärt, wie sie neulich von den „Times“ geprebdigt
vurden.“ (Diese hatten einen kuriosen Artikel über
die Theilung des Orients gebracht: Aegypten den
ẽngläudern, die Balkan-Halbinsel den Oester⸗
reichern ꝛc.)
Petersburg, 5. Olt. In der Nacht auf den
29. September wurden in der Constantinowschen
Militärschule über 20 Zöglinge verhaf—
et, die nihilistischer Umtriebe verdächtig sind.
Man fand in den Matratzen zahlreiche Proklama⸗
ionen der sozialistischen Partei.
In den Vereinigten Staaten lenkt sich
die öffentliche Aufmerksamkeit nach Garfields Tode
nuf zwei Hauptfragen: die Bestrafung des
Noͤrders Guiteau und die Läuterung der
epublikanischen Partei. Der Prozeß
hZuiteau's, welchen die große Jury bereits in An⸗
lagezustand versetzt hat, wird in Washington ver⸗
zandelt werden. Ein Schwager des Verbrechers,
Advokat in Chicago, hat dessen Vertheidigung über⸗
ommen. Es laͤßt sich voraussehen, daß er auf
geistesstörung seines Clienten plaidiren wird. Die
ẽrbitterung der Menge gegen den Mörder ist so
roß, daß außerordentliche Vorkehrungen getroffen
verden müssen, um Guiteau vor dem Richter Lynch
u schützen. Die Parteiverhältnisse haben sich in⸗
ofern erfreulich gestaltet, als Conklings Einfluß
auernd gebrochen zu sein scheint. Die republi⸗
anische Parteiversammlung des Staates Newyork,
velche am Mittwoch zusammentrat, hat den Senator
Miller zu ihrem Vorsitzenden gewählt, einen ver—
öͤhnlichen Mann und entschiedenen Gegner Conklings.
Allerdings ist Senator Miller ein alter Anhänger
IX
ofale und viälzische Nachrichten.
St. Ingbert, 8. Okt. Schon seit langem
zestand unter einem großen Theil der hiefigen Bürger
er Wunsch nach einer Omnibusverbindung mit
Jersonen⸗ und Briefbeförderung zwischen hier und
steunkirchen. Dieser Wunsch regte sich etwas
ebhafter, seitdem wir von hier aus direkte Bahn⸗
erbindung mit Saarbrücken haben, ohne aber in
der Oeffentlichkeit laut zu werden. Wie wir nun
hören, hat man auch preußischer Seits den Mangel
einer regelmäßigen direkten Verbindung zwischen
Neunkirchen und unserer Stadt erkannt. Es sollen
agar durch die Postdirektion von Trier in Neun—
16
kirchen bereits Recherchen gepflog
wie eine Omnibusverbindung —
Städten mit Berührung der Orte Dechen',
deinitz, Elversberg und Spiesen zu be⸗
————
dem ziemlich regen Verkehr, der zwischen ihr und
hen genannten Orten jetzt schon besteht, nur freuen,
venn dieser Gedanke sich bald zur Ausführung
zringen ließe. Vielleicht würde sich ein gemein⸗
sames geeignetes Vorgehen der Orte Neun—
kirchen, St. Ingbert, Dechen, Heinitz,
Elversberg und Spiesen herbeiführen lafsen,
um die Sache einmal etwas mehr in Fluß zu
bringen. Hierzu anzuregen, wolle man als Zweck
dieser Zeilen betrachten.
— Den Bau des Arlbergtunnels leiten, wie die
„Frkf. Ztg.“ sagt, zwei Pfälzer als Unternehmer,
debrüder Lapp aus Irheim bei Zweibrücken,
don denen der Eine: wissenschaftlich durchgebildeter
Ingenieur, der andere mehr Praktiker ist. Sie
haben die Ausführung auf eigene Gefahr gegen
bestimmte Vergütung pro Meter übernommen.
Annweiler, 4. Okt. Der Schuhmacher
Windisch wollte gestern Abend beim Nachhause-
kommen die Hängelampe in seinem Wohn⸗
zimmer anzünden; dieselbe explodirte jedoch,
ind das brennende Petroleum entzündete seine sowie
die am Boden liegenden Kleider seiner Kinder.
Während Windisch nun, um groöͤßeres Unglück zu
derhüten, die brennenden Kleider. zusammenraffte
und aus dem Zimmer trug, verbrannten ihm Bart⸗
ind Kopfhaare, und seine eigenen brennenden Kleider
ersetzten ihm weitere Brandwunden, namentlich am
Unierleib, die er jedoch weniger beachtete. Gegen
Mitternacht mußte der Arzt gerufen werden, doch
war menschliche Hülfe nicht mehr möglich, und erlag
der Unglückliche heute Mittag seinen Leiden. Win⸗
disch hinterläßt eine Wittwe und vier unerzogene
inder.
— Die Weinlese beginnt in Landau, Ransch⸗
hach, Albersweiler, Eschbach (Weißer) am 10. Okt.,
in Leinsweiler, Arzheim und in Eschbach für Rothen
am 11., in Nußdorf am 13. (nicht 10.), in
Hräfenhausen auch am 13.
— Im „L. A.“ werden 143 Wehrpflichtige aus
dem Landgerichtsbezirke Landau vor die Straf⸗
ammer des k. Landgerichtes geladen, um sich daselbst
oegen Verletzung der Wehrpflicht (Auswandern ohne
Erlaubniß) zu verantworten.
— In der Nacht vom 4/5 Oktober brannte die
Schneidemühle von Schüler und Ruby in Hoch—
peyer ab.
— Einem Acersmann aus Venningen blieb
beim Mittagessen ein Stück Fleisch in der Speise—
röhre stecken, in Folge dessen Erstickungstod eintrat.
— In Bergzabern wurde ein auf 5,1 2
tehendes Wohnhaus mit Keller, Scheuer, Stall,
Brennhaus, Schweinställen u. s. w. um Ein—
hundert Mark versteigert. Ein solcher Preis ist,
wie das „T. f. S.“ bemerkt, in Berqzabern noch
nicht dagewesen.
— Außer den beteits in Nr. 160 d. Bl. Ge⸗
tannten erhielten in München noch folgende
Pfälzer für allgemeine und besondere Leistungen
auf dem Gesammigebiete der praktischen Landwirth ⸗
yhaft ehrende Erwähnung: Christ. Sommer,
Zollmersweiler; Gutsbesitzet Dan. Krämer,
kschbacherhof; Müller Dan. Raab, Riedmühle;
Hüller Wilh. Diez III., Alsenz; Bienenzüchter
Ddan. Oeder, Bubenheim. Für erfolgreiche und
erdienstvolle Bestrebungen zur Förderung der Land⸗
virthschaft erhielten die kleine silberne Vereinsdenk⸗