Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
der „Et. Ingberter Anieiger“ erscheint wöchentiich fünfmal: Am Montag, Dienstag, BVonnerstag, Samstag und Sountag; 2mal wöchentlich
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M 1644. —W
Zum Capitel der „Steuerklagen.“
Vielfach ist es in unseren Volkskreisen zur stehen⸗
»en Gewohnheit gewerden, über hohe Steuern zu
tklagen. Wir wollen-nun dabei nicht untersuchen,
velche Steuern man meint, ob diejenigen an den
Staat oder an die Gemeindekasse, denn die Ge—
aeindeabgaben zeichnen sich bekanntlich an vielen
Irten durch ihre abnorme Höhe vor den Steuern
in den Staat aus; wir haben vielmehr die Absicht,
zie Steuerklagen im Allgemeinen zu behandeln und
war um so mehr, weil die Oppositionsparteien
uus den Klagen über hohe Steuern sogar Capital
n Hinblick auf die bevorstehenden Reichstagswahlen
hlagen wollen, was wir geradezu als unpatriotisch
ezeichnen müssen. Denn die Klagen über hohe
:teuern, welche wohl zu unterscheiden sind von
tlagen über mangelhafte Veranlagung einzelner
zteuern und über das Verhäliniß der Abgaben zu
mander. oder die Steuerbefreiung gewisser Personen
der Steuerobjecte, — mit einem Worte, die all⸗
emeinhin ausgesprochenen Klagen über zu hohe
Steuern find in einem geordneten Staatswesen in
er Regel ungerecht. — Steht ein Feind im Lande,
er, wie Napoleon L., rücksichtslos die Einwohner⸗
chaft zertreten läßt, dann ist jede Steuer zu hoch,
zann ist auch mit der kleinsten Zahlung zu viel
eleistet. Ein anderes Beispiel zu viel gezahlter
Steuern bietet die orientalische Pascha⸗Wirthschaft.
blötzlich und willkürlich eingetriebene Abgaben,
velche der Pascha zur Befriedigung seiner Gelüste
‚der zur Vertheilung an seine Günstlinge benutzt,
zerdienen den Haß, den sie in der Bevölkerung
ener Länder erzeugen. Wo Gesetzlichkeit fehlt und
Bestechlichkeit herrscht, wird jede Auflage mit Miß⸗
rauen und Unwillen aufgenommen.
Anders liegen aber die Dinge in Ländern, wo
ille, auch die geringsten Einnahmen nur und aus⸗
chließlich zum allgemeinen Besten verwendet werden.
zm deutschen. Reich und den deutschen Einzelstaaten
xfolgt die Aufstellung der Budgets mit gewissen⸗
jafter Sorgfalt und Vorsicht. Es walten neben
en verbündeten Regierungen Reichstag und Landes-
ertretungen darüber, daß die Ausgaben den richtig
emessenen wichtigen Bedürfnissen entsprechen. Die
tinziehungen und Zahlungen erfolgen durch pflicht⸗
reue Beamte, deren Unbestechlichkeit und Redlichkeit
exprobt ist. Das gesammte Rechnuugswesen in
Fingang und Verwendung unterliegt der Prüfung
uuf Grund der ausführlichsten Belege durch Rech⸗
uungskammern und durch die gewählten Vertreter
der Bevölkerung. Hier also gibt es keine andern
Steuern, als die verfassungsmäßig vereinbarten.
dier haben Regierung und Bevölkerung in der
Feststellung des Hudgets nur ein gemeinsames In⸗
eresse, dasjenige des allgemeinen Wohles. — In
diesem Sinne sprach sich auch der Fürst Reichs—
anzler am 22. November 1875 aus: „Die parla⸗
nentarische Macht bleibt einer verfassungsmäßigen
Regierung gegenüber durch das Ausgaben-Bewillig-
ungsrecht gesichert.“ — Es sind Leistungen edelster
Art, für welche die Eingänge an Steuern, Zöllen
und Regalien aufgewendet werden. Sie dienen
ur Herstellung des Schutzes und Schirmes nach
lußen für das Vaterland, zur Erhaltung der
Ordnung und Stärkung der Bildung im Inneren
nit einem Worte zum Wohle des Vaterlandes und
der Gesammtheit seiner Einwohner. Es kann sich
also nicht darum handeln, diese Leistungen unbe—
dingt herabzusetzen. Vielmehr entspricht es der
Bildungsstufe, der wirthschaftlichen Lage und dem
Herzenszuge unseres Volkes, daß diese Aufgaben,
welchen das Reich sowohl wie die Bundesftgaten
Dienstag, 11. Oktober 1881.
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iich stetig widmen, zum Heile der Bevoölkerung nach
kräften ruhig weiter entwickelt werden und es kann
daher nur das Bestreben aller wahrhaft
patriotisch denkenden Deutschen sein,
den Armen und wirthschaftlich Schwa—
hen unserer Nation die Steuerlasten
u erleichtern und um dieses schöne Ziel zu
rreichen, ihrerseits nach Kräften die gesetzlichen
Steuern zu zahlen. Dann würden wohl auch die
wigen „Steuerklagen“, denen ja in vielen Kreisen
»er Bebölkerung und in den meisten Fällen fast
ede Berechtigung fehlt, allmählich verstummen,
der auf ein Maß reduzirt, in dem sie weniger
gjefährlich wiken.
in dustriellen Technik, dere
Jeuizutage eine außerordentlich g
für den Volkswohlstand hat, geht 1
zierungskreisen mit dem Plane am, riun neues
deichsamt zu gründen. In den Geschäftskreis
zieses Amtes sollen hineingezogen werden: Das
hatent⸗, Marken⸗ und Musterschutzwesen, das Eich⸗
vesen, die Fabrikinspectionen, das Dampfkessel⸗
evisions⸗ und das Ausstellungswesen, sowie die
Ertheilung von Baubkonsensen bei besonderen tech⸗
nischen Anlagen. Ferner sollen in das Ressort
jehoͤren die technischen Versuchsanstalten und an⸗
exe technisch⸗wissenschaftliche Bestrebungen. Der
oeben aus Australien zurückgekehrte Geh. Re⸗
gierungsrath Prof. Reuleaur soll als Vorsteher des
neuen Reich samtes ausersehen sein.
Für die Durchführung des Strasvollzugs⸗
Besetzes würden für Preußen allein 80 bis 100
Millionen Mark Kosten entstehen. Dieser Gesichts⸗
junkt hat die Zurücklegung des Gesetzes vor Allem
yeranlaßt und bei der Finanzkrisis, in der sich
Reich und Bundesstaaten befinden, ist kaum ein
Bedanke daran, daß das Strafpvollstreckungsgesetz
demnächst aus seiner Ruhe aufgestört wird.
Ausland.
Paris, 9. Okt. Einer hier aus London ein⸗
etroffenen Meldung zufolge gilt es als wahrschein⸗
ich, daß England und Frankreich je ein Panzer⸗
chiff nach Alexandrien zum Schutze der dort⸗
gen europäischen Colonie absenden werden. Diese
Demonstration werde in Folge Absendung der
urkischen Mission nach Aegypien für geboten er⸗
ichtet.
Paris, 9. Oktober. Die Insurgenten verlafsen
Zairouan und ziehen nach Norden. Auf den
Mauern der heiligen Stadt ist die weiße Fahne
aufgepflanzt, und Abgeordnete sind unterwegs, dem
Bey die Unterwerfung anzubieten und ihm zu er⸗
laren, daß die Franzosen die Stadithore geoͤffnet
finden würden. Diese Wendung wird einer List
Otustapha Khasuadors zugeschrieben, um den Zwedk
der Franzosen, der die Vernichtung der Insurgenten
st, zu vereiteln.
Das österreichische Unterrichts⸗Ministerium
hat den Rekurs der czechischen Stutenden, welche wegen
hrer Betheiligung an der Kuchelbader Deutschen⸗
hetze von der Universität Prag relagirt waren, ab⸗
chlägig beschieden.
* Das Interesse des politischen Lebens
in den Vereinigten Staaten conzenirirt fich
zegenwärtig auf die Reinigung der republikanischen
Regierung von verderblichen Elementen und auf
den Mordprozeß gegen Guiteau. Die Vertheidigung
desselben hat ein Schwager Guiteau's übernommen,
»er den Schwerpunkt der Verhandlungen auf eine
Beiftesstörung Guiteau's legen will.
*In Tunis machen die Franzosen zur Zeit
derzweifelte Anstrengungen, um der aufständischen
Bewegung Herr zu werden. General Logerot hat
ie Forts der Hanptstadt Tunis besetzt und Genetal
Saussier nähert sich der heiligen Siadt Kaihrouan,
im dieselbe zu zerstoͤren, eine Maßregel, die den
zeligiösen Fanatismus der Tunesen nur noch mehr
nitfame⸗n wird
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
(Bayerischer Landtag.) In das Budget
zer Verkehrsanstalten ist endlich auch für die Post⸗
joten eine mäßige Aufbesserung eingesetzt. Es soll
»er Minimalbezug derselben von 720 M. auf 800
M. nach einer bestimmten Zahl von Dienstjahren
rhöht werden.
Der Tag der nächsten Sitzung der Kammer
der Abgeordneten kann noch nicht beftimmt
verden. Material für das Plenum ist nicht vor⸗
janden. Der Bericht des Referenten über den
Militär⸗Etat muß erst das Stadium der Vorbe⸗
athuug im Finanzausschuß durchlaufen. Wird
ziese Procedur im Laufe dieser Woche vorgenommen,
o lann immerhin die nächste Kammersitzung erst
im 18. oder 20. Oklober stattfinden.
München, 7. Oltober. Dem Hoffekretär
Ministerialrath v. Bürkel ist das Comthurkreuz des
Berdienstordens der bayerischen Krone verliehen
ind der Hofbaudirektor d. Dollmann zum Hofober⸗
zaudirektor mit dem Rang und den Compeitenzen
eines Oberbaudirektors im Staatsdienst befördert
vorden. — 90
Aus München wird der „Allg. Ztg.“ ge⸗
neldet, es werde zur Besetzung der bei dem Reichs⸗
gericht in Leipzig durch den Tod des Rathes Cucumus
rledigten Rathsstelle von der bayerischen Regierung
der zur Zeit im Justizministerium verwendete Rath
des obersten Landesgerichts Ernst v. Bomhard in
Vorschlag gebracht werden.
In der verflossenen Woche hatte der russische
Staatskanzler Fürst Gortschakow eine längere
ludienz beim Kaiser Wilhelm in Baden⸗Baden.
Die Aufnahme, welche dem greisen russischen
Staatsmanne zu Theil wurde, war eine überaus
jerzliche, und es ist ihm, angesihis seines sehr
chwachen Zustandes anheimgestellt worden, während
der ganzen Dauer der Audienz im Lehnstuhl sitzend
u verbleiben. Außerdem steht jetzt Fürst Gort⸗
chakow in regem Briefwechsel mit seinem „deutschen
dollegen“', dem Fürsten Bismarck, so daß man
zlauben könnte, man befände sich wieder vor einer
ieuen Aera der engen Kollegialität zwischen den
inst so befreundeten und späterhin so verfeindeten
»eiden Kanzlern. Was den Inhalt dieser ver⸗
üngten Beziehungen des nominellen Leiters der
ussischen Politik mit den höchsten Kreisen Deutsch⸗
ands anbetrifft, so glaubt man, daß sie speziell
die Verhandlungen in Sachen der Auslieferungs⸗
ind Asylrechtsfrage zum Gegenstand haben. Der
üngste, in Chur abgehaltene sozialistische Weltkongreß,
essen Zustandekommen namentlich auf die russische
Regierung verblüffend gewirkt hat, dürfte allerdings
diesen Verhandlungen einen neuen Impuls ge—
gjeben haben.
* Zur bessern Wahrnehmung der Interessen der
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 11. Ott. (Omnibus⸗
erbindung mit Neunkirchen) Der
ZCorrespondenz⸗Artikel in Nr. 162 des „Anz.“
zu diesem Betreffe gibt der „S. u. Bl.⸗Zig.“ in
Reunkirchen Veranlassung zu folgenden Bemerkungen:
„In St. Inabert wird in inkeressierten Kreisen —