Full text: St. Ingberter Anzeiger

ꝓl. Augherter Amzeiu 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentiich fünfmalz: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unlerhab 
latt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljiährlich 1. .& 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.4 60 —, einschl 
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M 466. Samstag, 15. Oktober 1881. 16.Jahr 
Politische Uebersicht. 1 
Deutsches Reich. 
uus München, 1I1. Olt., wird dem „Pf. 
geschrieben: Ob die Staatsregierung dem der⸗ 
naligen Landtag über die Erweiterung des Netzes 
er Staatsbahnen eine Vorlage. machen wird, dar⸗ 
bber ist bis jetzt nichts bekannt; die Abgeordneten⸗ 
imnmer wird aber doch alsbald wieder einen „Eisen⸗ 
ahn⸗Ausschuß“, wählen müssen, da bereits ver⸗ 
hiedene Petitionen um Eisenbahnbauten eingelaufen 
ud und noch mehrere in Aussicht stehen. 
In den Einlauf der bayerischen Ab—⸗ 
cordnetenkammer gelangte auch die Bitte der 
Iberkondukteure und Kondulteure der kgl. Posten 
imn Beirechnung der Theuerungszulage zum Funk⸗ 
onsgehalt und um Erhöhung ihrer Reisediäten 
urch Gleichstellung mit dem Funktionsbezug der 
Jostpacker; dann eine Bitte der Bureaudienersge⸗ 
ilfen der Oberpostamter München, Bamberg, 
Bürzburg. Regensburg, Augsburg, Nürnberg und 
-peier um Einreihung in die Kategorie D. II. 
Der neugebildete bayerische Eisenbahn⸗— 
ih wird am 24. d. M. in München zusammen⸗ 
reten. Unter den auf die Tagesordnung gesetzten 
egenstäͤnden sind nach der „Frankf. Ztg.“ er⸗ 
nähnenswerth: Ermäßigung der Getreidefrachten 
us Oesterreich Ungarn und aus Bayern nach der 
schweiz und dem Rhein und Riehbefoörderungs⸗ 
arif. Dem Eisenbahnrath werden auch einige der 
angsten Beschlüsse der ständigen Tarifkommission 
x deuischen Eisenbahnen zur Besprechung mitgetheilt. 
Mainz, 11. Okt. Ger Bischofsstuhl.) 
ner cirkulirt das Gerücht von der baldigen Be— 
ttzung des Bischofstuhles. Als Candidaten werden 
er Pfarrer von St. Christohh in Mainz, Graf 
zalen, und Dompräbendat Schneider genannt. 
Stuttgart, 18. Ott. Der, Minister des 
mnnern v. Sick ist heute Mittag an einer Bauch⸗ 
ellentzundung gestorben. 
Die Nachricht, daß eine Zusammenkunft zwischen 
em Fürsten Bismarck und Gambetta 
ztatt gefunden habe oder auch nur beabsichtigt 
ewesen sei, wird in Berliner maßgebenden Kreisen 
18 vollständig aus der Luft gegriffen zurückgewiesen 
ind belächelt. 
Wie von stets gut unterrichteter Seite mitge⸗ 
jeilt wird, dürfte die Frage des Verhaltens gegen 
e internationalen Revolutionäre binnen 
urzem zu 'diplomatischen Verhandlungen Anlaß 
»ben. Die Anregung hierzu sei von russischer 
eite ausgegangen und zwar sei durch ein aus⸗ 
hrliches Rundschreiben des Ministers v. Giers an 
e hervorragendsten Staaten das Ersuchen ge— 
chtet worden, dieser Frage in einer gemeinsamen 
zesprechung näher zu treten, um auf diese Weise 
m Interesse der Sicherheit aller Staaten eine 
derständigung der Regierungen herbeizuführen. 
Nan glaubt, daß dieser Schritt der russischen Re— 
ierung eine Folge der Besprechung ist, welche der 
zar bei der Danziger Kaiser-⸗Zusammenkunft mit 
em deutschen Reichskanzler gepflogen hat. 
In allen Reichsämtern wird seit kurzem anstrengend 
earbeitet, um das Material für den Bundesrath 
rtig zu stellen. — Der Reichstag soll auf den 
1. November, der preußische Landtag auf den 12 
anuar einberufen werden. 
Vor einiger Zeit verlautete von Verhandlungen 
wischen den preußischen und den thüringischen Eisen⸗ 
ahnen durch die preußische Regierung. 
hach den neuesten aus Thüringen kommenden Mit⸗ 
heilungen sind die bezüglichen Verhandlungen zwischen 
zreußen und dem Verwaltunasrath der Thüring— 
schen Eisenbahn, wie auch mit den betheiligten 
dleinstaaten, so weit gediehen, daß eine General⸗ 
ersammlung der Aktionäre der Thüringischen Eisen⸗ 
ahn auf den 29. Oktober nach Erfurt einberufen 
st, um über Genehmigung oder Ablehnung des Ver⸗ 
rags zu beschließen. Was für die Staaten Weimar, 
Neiningen und Reuß j. L. von recht unliebsammer Be⸗ 
eutung ist, besteht in der Nichtübernahme der Gera— 
zichicht⸗ Eisenbahn durch Preußen, welch' letzteres 
ur den Betrieb für Rechnung der Aktionäre über— 
ummt. Damit sind aber die genannten Kleinstaaten 
n der schweren Belastung durch die Zinsgarantie 
erblieben: daneben steht jedoch der preußischen Re— 
ierung „jederzeit“ das Recht zu, die Gera-Eichicht⸗ 
ahn für 10 Millionen Mark zu erwerben, womit 
ie Uebernahme der Schulden verbunden ist. Wann 
Ifo die belasteten Kleinstaaten die Zinsgarantie 
ür Gera⸗Eichicht los werden, liegt ganz in den 
anden der preußischen Regierung, die sich sonach 
leit und Umstände je nach ihren Interessen wählen 
inn. Dieses Abkommen ist stark hinter den Er— 
nartungen zurückgeblieben. 
Wie in unterrichteten Kreisen verlautet, beab⸗ 
chtigen die deutschen Feuerversicherungs⸗ 
esellschaften den immer ernster werdenden 
zerstaatlichungsgerüchten gegenüber nun endlich aus 
hrer bisherigen Reserve herauszutreten, um über 
Rittel und Wege zu berathen, die Bestrebungen 
n geeigneter Weise zuhintertreiben. 
Dem Berliner Hofe ist bereils offiziell angezeigt 
vorden, daß die Kroͤnung des Czaren näch— 
les Frühjahr in Moskau stattfindet. Wie ver—⸗ 
autet, wird unser Kaiser durch eine hochgestellte 
bersönlichkeit bei der Festlichkeit vertreten sein. 
Ausland. 
Die „Provinzial⸗Korrespondenz“ bemerkt zu dem 
Tode v. Haymerle's: Mit Oesterreich⸗Ungarn 
eklagt das deutsche Reich in dem Hingeschiedenen 
inen Staatsmann, der es sich besonders hat an⸗ 
elegen sein lassen, die freundschaftlichen Beziehungen 
eider Staaten zu pflegen. Eine Aenderung in 
enselben wird das traurige Ereigniß jedoch sicher⸗ 
ich nicht zur Folge haben, um so weniger, als sie 
en beiderseitigen Interessen, sowie dem Frieden 
ẽuropa's durchaus entsprechen. 27 
Außer Gambektta weilte in den letzten Tagen 
joch eine andere hervorragende Persoͤnlichkeit 
yrankreichs auf deutschem Boden: Prinz Je⸗ 
ome Napoleon. Derselbe ist bereits wieder 
ach Paris zurückgekehrt, wo man sich bei seiner 
breise nach Konstantinopel auf eine längere Ab⸗ 
vesenheit des Prinzem gefreut hatte. 
Es ist eine fatale Sache, ein berühmter Mann 
u sein und inkognito zu reisen. Zunaͤchst wurde 
derrn. Leon Gambetta die Tante, dann der 
deffe und nun gaxauch noch seine Spritzfahrt 
zach Dresden und Frankfurt abgestritten, von Ham- 
urg, Lübeck, Varzin gar nicht zu sprechen. Fran⸗ 
osische Blätter behaupten allerdings, Gambetta sei 
im Montag „aus Deutschland nach Paris zurück⸗ 
ekehrt,“ aber er soll seinen Pariser Freunden 
noch nicht erschienen, sondern nur für die Intimsten 
inter den Intimen zu sprechen sein. Die „Dres⸗ 
ener Zeitung“ und: der „Dresdener Anzeiger“ be⸗ 
treiten freilich die Anwesenheit Gambettas in Elb⸗ 
lorenz überhaupt.: Sie behaupten, es läge wahr⸗ 
heinlich eine Verwechslung vor. Ein anderer 
anzösischer Onkel soll einen andern französischen 
deffen abgeholt haben, und zwar bestätigt dies der— 
elbe Prof. Hesselle, aus dessen Institut am Sonn⸗ 
ag die „Dresdener Nachrichten“ Herrn Gambetta 
den Pfeudo⸗Neffen abholen ließen. Die „Frankf. 
Ztg.“ ferner meint, daß Gambetta in der Mi 
stadt war, scheine ihr eine irrthümliche Mein 
zu sein. Gegenüber allen diesen Nachrichten ist 
nur eins von Wichtigkeit, daß seit Sonntag, wo 
die ersten Nachrichten über Gambettas Dresdener 
Aufenthalt auftauchten, bis heut weder aus Paris 
noch aus Varzin-Berlin ein autorxitatives Dementi 
der ganzen Mittheilungen erfolgt ist. Die Kom⸗ 
hination betreffs einer Zusammenkunft Gambetta— 
Bismarck läuft schon seit circa 3 Wochen durch die 
»uropäische Presse. Erster journalistischer Verbreiter 
yerselben war der Pariser Coxrespondent des Lon⸗ 
»oner „Standard“.“ Auch dagegen ist noch kein 
Dementi erfolgt. Und so macht es in der That 
»en Eindruck, als ob — wenn die Entrevue beider 
Staatsmänner noch nicht geschah — die beiden 
unächst Betheiligten ein Interesse daran 
aben, daß die oͤffentliche Meinung in Europa 
ich mit dem in die Tagesdiskussion geworfenen 
Thema beschäftigt und. sich mit der Idee einer Ver⸗ 
öhnungs-Entrevue vertraut mache. 
London, 12. Okt. Die „Morning-Post“ 
jatte die Nachricht gebracht, unter den europäischen 
Mächten würden Depeschen gewechselt über eine 
gemeinsame Flottendemonstration an der Küste von 
Afrika zum Schutze der durch den Aufstand der 
Araber bedrohten Europäer. Diese Nachricht wird 
von gut unterrichteter Seite als grundlose Erfin⸗ 
dung bezeichnet. 
Eondon, 12. Olt. Daß Gambeita den Fürsten 
Bismarck besucht habe, wird in hiesigen diplo⸗ 
natischen Kreisen für sehr wahrscheinlich gehalten, 
za Andeutungen über solches Vorhaben schon vor 
mehreren Wochen, als Gambetta nach Brüssel reiste, 
hierher gelangten. Der Pariser Correspondent der 
„Times“ sagt, daß Bismarck bereits im Jahre 1878 
eine Zusammenkunft mit Gambetta gewünscht habe. 
Eine hohe Auszeichnung ist seitens der deutschen 
Regierung dem faktischen, wenn auch nicht nomi⸗ 
aellen Leiter der russischen Politik zu Theil ge— 
vorden. Kaiser Wilhelm hat dem Sigatssekretär, 
Wirklichen Geheimen Rath v Giers, den rothen 
Adlerorden erster Klasse mit Brillanten verliehen. 
die Verleihung geschah kurz vor dem 30. August 
russischen Styls, dem Namenstag des Czaren, und 
anläßlich der Danziger Entrevue, so daß Herr v. 
Biers diese hohe Dekoration schon anlegen konnte, 
als er dem Czaren zu seinem Namenstag gratu—⸗ 
irte. Bei dieser Gelegenheit hat der Kaiser — 
o wird uns mitgetheilt — auch seinerseits den 
Zerrn v. Giers zu der ihm zu Theil gewordenen 
eltenen Auszeichnung beglückwünscht. 
NKonstantinopel, 12. Olt. Auf die Nach⸗ 
richt von der Absendung französischer und engli⸗ 
cher Panzerschiffe nach Egypten wurden die Dra⸗ 
jomanen von Frankreich und England gestern ins 
alais gerufen, wo der Sultan ihnen mittheilen 
ieß, daß diese Demonstration unnütz sei, nachdem 
die Ordnung in Egypten hergestellt sei. Er ver⸗ 
angte von Tissot und Dufferin, sie sollten die Ab— 
endung von Panzerschiffen zu verhindern suchen. 
Tunis, 18. Okt. Ali Bey wurde am 10. 
Okt. Abends von einem starken Haufen Araber bei 
den römischen Ruinen von Ain Tunka angeg riffen. 
Nach lebhaftem mehrstündigem Kampfe flohen die 
Araber unter Zurücklassung der gesammten Beute. 
Bon der Cabalerie wurden sie versolgt bis Donga 
bei Tebursuk. Auf beiden Seiten empfindliche Verlufie. 
Der Nihilist Hartmann hat, aus Furcht vor 
der Auslieferung an Rußland, die Ver Staaten 
am 6. d. verlassen und die Rückreise nach England 
anaetreten.