Dl. Iugbhertet Aauzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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MX 174.
Dienstag, 25. Oktober 1881.
16 Jahrg.
Herr Oskar Kraemer, Hüttenwerksbesitzer in St. Jugbert.
Reichstagskandidat des Wahlbezirks Zweibrücken-Pirmasens.
* 3u den Reichslags⸗Wahlen. 1
Unter den leidenschaftlichsten Parteikämpfen, wie
e wohl kaum in irgend einer frühern deutschen
Pahlbewegung stattfanden (wir nehmen davon spe⸗
iell unsern Wahlkreis aus), kommt der Tag heran,
in dem die entscheidenden Würfel in der Wahl—⸗
cchlacht fallen werden. Wahlprogramme und Wahl⸗
leden wirbelten in den meisten Wahlkreisen so zahl⸗
reich und bunt durcheinander, daß es wohl vielen
Wählern, die keinen scharf ausgeprägten politischen
Tharakter besitzen, recht wankelmüthig über die Art
hter Stimmenabgabe geworden ist, und zwar dies
im so mehr, weil man in Folge der zersplitterten
Parteiverhältnisse oft in einem und demselben Wahl⸗
reise drei, ja vier Candidaten aufgestelli hat, wo⸗
zurch natürtich Schwankungen ganz besonderer Art
ich in der Gesinnung vieler Wähler bemerklich
machen; denn zu den politischen Beweggründen
rreten bei einer großen Auswahl von Reichstags—
andidaten dann oft auch noch andere Momente.
Angesichts der großen Wahlschlacht wollen wir
adessen nicht zuvorderst das „Ja“ und „Nein“,
das „Für“ und „Wider“ aus den Parteiprogram⸗
nen, den Wahlreden und Aufrufen, den Gründen,
bersönlicher Sympathie und Antisympathie schöpfen
ondern wir wollen unsere Leser an die hohe Auf—
jabe des Reichstages erinnern, der da berufen ist,
hand in Hand mit der Reichsregierung diejenigen
Besetze zu geben und zu reformiren, welche bestimmt
ind, das Wohl des Reiches und seiner Bewohner
u fördern. Eine große Anzahl dieser gesetzgeberischen
Aufgaben wurde seit Begründung des Reiches aus—
geführt; daß sie alle tadellos wären, wer würde
dies zu behaupten wagen? Aber daß durch sie viel
Bute gestiftet oder doch die Vorbedingungen zu
einer neuen besseten Ordnung im Reiche geschaffen
wurde, wird gewiß jeder Deutsche, der nicht vom
vüsten Parteikampfe gebleudet worden ist, ganz
»der doch theilweise zugeben müssen. Darach müs⸗
jen wir nach unserer besten Ueberzeugung auch jedem
Wähler den dringenden Rath ertheilen, keinem Can⸗
didaten der prinzipiellen Oppositionsparteien am Wahl⸗
age seine Stimme zu geben, sondern immer nur
einen solchen Mann zu wählen, der bei Verfolgung
maßvoller Reformen bereit ist, der Reichsregierung
m ihren Bestrebungen eine verläßliche Stütze zu
bdieten. Wir verfechten damit keineswegs die Stel⸗
ung bedingungsloser Jasager. Prüfung aller Ge⸗
etzesvorlagen nach bestem Ermessen der Reichstags-
Abgeordneten, muß stets stattfinden, aber wenn dies
in woh wollender Weise geschieht, selbst dann noch,
venn die Abgeordneten glauben, diese oder jene
Lorlage vollständig ablehnen zu müssen, so wird
das Resultat der langwierigen Reichstags-Verhand⸗
ungen doch stets ein viel befriedigenderes sein, als
wenn es nach dem Willen der Oppositionsparteien
geht, die in der Regel nur Alles ablehnen, Alles
tadeln, Alles benörgeln, aber noch nicht den klein—
sten Beweis erbracht haben, daß unter ihrem Re⸗
gimente Alles besser ginge.
Eine Anzahl hochwichtiger Fragen, die wirth—
schaftlich,, finanzielle und soziale Schäden und
Nothstände betreffen, sind auch durch den neuen
Reichstag ihrer allmähligen gedeihlichen Lösung ent—
gegenzuführen. Darum aber ist es nöthig, daß Män—
ner in den Reichstag kommen, die diesen Fragen
nahe stehen, mit ihnen vertraut sind und schon
vraktische Erfahrungen in derselben gemacht haben
Daher irage jeder Wähler sein Bestes hierzu bei und
versäume vor allen Dingen nicht, am
Wahltage nach dieser Hinsicht seine vornehmste poli⸗
rische Ehrenpflicht zu erfüllen.
Volitische Uebersicht.
Deutsches Reich.
(Bauerischer Landtag.) Der Abg. Lerzer
jat zwei Anträge gestellt und zwar auf Verlegung
zer alljährlichen Hauptübungen der bahyerischen
Truppen bis nach Beendigung der Ernte, dann auf
Abminderung der Militärlast und Umwandlung der
reijährigen Präsenzzeit in eine zweijährige. —
Weitere Anträge wurden eingebracht von dem Abg.
Dr. Max Theodor Mayer und Genossen auf Auf⸗
sebung des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875
iber die Beurkundung des Personenstandes und die
Eheschließung ꝛt.
Berlin, 283. Ottibr. Dem Magistrate ist ein
dantschreiben des Kronprinzen zugegaugen, in wel⸗
hem es heißt: „Wenn ein Rückblick auf die Ver—
Jangenheit Mir die Genngthuung gewährt, Zeuge
Jer großen Ereignisse gewesen zu sein, welche unser
Haterland geeint und erstarkt, so erfüllt er Mich
nicht minder mit der festen Zuversicht, daß das
zeutsche Volk auch die Prüfung in Ehren bestehen
wird, ob es das Gewonnene zu nützen, das Errun⸗
gene vor Bedrohung und Gefahr zu sichern vermag.“
Wie verlautet, ist der Entwurf eines revidirten Ge—
nofssenschaftss gesetzes im Reichsjustizamt wäh⸗
tend dieses Sommers so weit gefördert, daß derselbe in
er Frühjahrssession des Reichstages vorgelegt werden
vird. In diesem Entwurf haben namentlich, wie
»s heißt, die Vorschläge Berücksichtigung gefunden,
velche in dem Antrage des Frhrn. v. Mirbach ent⸗
jalten sind, so daß neben den bestehenden Genossen⸗
chaften in Zukunft auch solche Genossenschaften ge⸗
ildet werden können, die auf der Basis der be—
chränkten Haftbarkeit beruhen.
Aus Anlaß der zwanzigjährigen Wiederkehr des
strönungstages ist in Baden-Baden eine große An⸗
ahl von Huldigungs-Telegrammen eingegangen, in
wvelchen namentlich die Theilnehmer an Festversamm⸗
ungen, die an jenem Tage in Berlin stattfanden,
Glückwünsche darbrachten. Der Kaiser ist von die⸗
sen Beweisen treuer Anhänglichkeit angenehm berührt
und erfreut worden.
Ausland.
Wien 22. Okt. Angesichts der bevorstehenden
Unkunft des Königs Humbert erregt das Ein—
reffen des vormaligen Königs von Neapel,
des Grafen Trani und des vormaligen Herzogs
von Parma Aufsehen. (Graf Trani ist ein Stief⸗
bruder des gewesenen Königs von Neapel, der Her⸗
jog von Parma ein Vetter des Letzteren aus der
parmesanischen Linie Bourbon.
Paris, 22. Ott. Der Deputirte Lefaure
chätzt im „Téléͤgraphe“ die in Tunesien an Krank⸗
Jeit gestorbenen französischen Soldaten auf 8-900
zie der Erkrankten auf 12215000 bei einem
Effektivbestand von 35000 Mann. 85 Procen!
der Todesfälle kamen auf Tyrhus. Im Hospital
»on Goletta seien von 117 Todten 115 am Typhus
Jestorben. In Tunis halte Jedermann, sogar alle
Henerale, die Erpedition nach Keruan für einen
zroßen Fehler. Es sei dieselbe höchstens als Ver—
such zur Rettung des Kabinets ertlärlich. In Ke⸗
ruan wehe bereits die weiße Flagge auf den Wällen
und werde nicht der geringste Widerstand gegen den
Einmarsch der Franzosen stattfinden; damit sei aber
nichts gewonnen; denn Angesichts des stets wüthen⸗
den Typhusfiebers fei Tunesien unmöglich zu halten.
Das hiesige Kriegsministerium habe nach Tunis
telegraphirt, daß man Lefaure fortan alle amtlichen
Informationen abschneide.
Paris, 24. Okt. Aus Tunis wird vom
Gestrigen gemeldet: Oberst Laroque schlug am
Zamsiag bei Massaonadi einen dritten Angriff der
Insurgenten unter Ali ben Amar zurück und brachte
demselben große Verluste bei. Genergl Aubigny
defand sich am 22. Ottober in Tebursuk und hatte
fich mit Laroque in Verbindung gesetzt. Die Co—
lonne des Generals Saussier war am 21. d. in
El Utarda angekommen; derielbe läßt daselbst die
Brigade Philibert zum Schutze der Verbindungen
zurück.
Nach den Unterredungen, welche der franzö⸗
sische Präsident in sppe. Gambetta, in der
letzten Zeit mit verschiedenen politischen Persoönlich-
teiten hatte. wird sein Ministerprogramm
zolgendes sein: 1) Revision der Verfafsung in Be—
treff des Senates; 2) Reform des Richterstandes;
3) Wehrpflicht für Alle ohne Ausnahme und Ver⸗
»ünstigung; 4) Einziehung aller Güster aus todter
dand, weiche die nicht ermächtigten Ordensgesell⸗
schaften unrechtmäßiger Weise besitzen; 5) Erweiter⸗
ung der Gemeinderechte; 6) Verringerung solcher
Steuern, welche die unbemittelten Klassen am
meisten drücken. Von der Abschaffung des Cultus⸗
budgets. der Aufhebung des Konkordats und den
übrigen radikalen Forderungen will Gambetta vor⸗
derhand absehen.
Man schreibt der deutschen, Petersburger Zeitung“:
Daß Gambetta in Varzin war, ist nicht nur
Vermuthung, sondern Thatsache. So lange jedoch
Gambetta den Inkognito⸗Charakter seiner Reise nicht
ablegt und selbst nicht darüber offen spricht, daß er
den Fürsten Bismarckin Varzin besucht hat,
—IDDDD
Seite nicht das Wort ergreifen, um den Streit
über die Frage, ob er in Varzin war oder nicht,
zu schlichten.“ Wir lassen diese Angaben, so bemerkt
die „Köln. Ztg“, dahingestellt und bemerken als
Thatsache nur, daß hier in diplomatischen
reisen als ausgemacht gilt, daß das Verhältniß
Frankreichs zu Deutschland als ein durchaus günstiges
dezeichnet wird. Und damit stimmt, daß der fran—
zöfische Botschaiter Graf Saint-Vallier, der nach
jängerer Abwesenheit von Berlin heute wieder hier
eingetroffen ist, sich geäußert hat, auch unter einem
Ministerium Gambetta die guten Beziehun gen zwischen
Frankreich und Deutschland aufrechthalten zu können.
London, 24. Okt Gestern Nachmittag fand
im Hyde Park ein von der National⸗Landliga Groß—
hritanniens veranstaltetes großes Meeting statt,
velchem circa 50,000 Perso en beiwohnten. Drei
Parlaments-Deputirte hielten Reden. Die einstim—
nig angenommenen Resolutionen sprachen sich gegen
das Vorgehen der Regierung von Irland aus. Das
Meeting verlief in vollkommenster Ordnung.
Der Ankunft des Königs von Italien
am Berhiner Hoflager wird in der ersten Novem—
berwoche entgegengesehen. Voraussichtlich ist bis