Full text: St. Ingberter Anzeiger

erfolgt, andernfalls würde sich der König von Ita—⸗ 
lien zum Kaiser nach Baden-Baden begeben, 
dann aber doch wohl nach Berlin kommen, da er 
den Wunsch hegt, das ihm bekanntlich innig be— 
freundete Kronprinzenpaar zu begrüßen. Sicher 
find indeß die Zeitbestimmungen noch nicht. 
New⸗NYort, 21. Okt. Der Mississippi fährt 
fort zu steigen und die Fluthen greifen um sich. 
Die Straßen von Quinchy stehen theilweise unter 
Wasser und der Eisenbahnverkehr stockt. Ungeneure 
Strecken von Weizenfeldern sind überschwemmt und 
hdie Einwohner flüchten auf die steilen Ufer. 
Nachrichten aus Tunis melden, daß die Truppen 
Ali Bey's zum Theil sich weigerten, nach Zaghuan 
zu marschiren und erst durch die Drohung, die 
Meuterer zu erschießen, zum Gehorsam bewogen 
wurden. Zahlreiche Insurgenten sollen sich längs 
der Bahnstrecke zwischen Ouedzergua und Bordtjoum 
zusa mmengerottet haben. 
Lolale und pfalziche Nachrichten. 
* St. Ingbert, 25. Okt. Nach einer Ver⸗ 
ordnung des kgl. b. Cultusministeriums ist am 
nächsten Donnerstag, als dem Tage der Wahlen 
zum deutschen Reichstage, der Unterricht an sämmt⸗ 
lichen Lehranstalten des Landes auszusetzen. damit 
das Lehrerpersonal in der Ausübung seines Wahl⸗ 
rechts nicht behindert wird. 
*St. Ingbert, 25. Okt. Gestern Abend 
gegen 10 Uhr wurde unsere Feuerwehr alar— 
mirt; es brannte bei Zimmermann Christian 
Schmidt in der Haselerstraße (sogen. Ullmeng). 
Der Dachstuhl des in Brand gerathenen Hauses. 
sowie die auf dem Speicher lagernden Futtervor⸗ 
räthe wurden vom Feuer zerstört. Dasselbe wurde 
erst vollständig und rasch gelöscht, nachdem die Fuhre 
der Hrn. Gebr. Becker mit einem Faß Wasser an⸗ 
kam. Schmidt, der versichert hat, soll schon m'it 
seiner Familie zu Bette gewesen sein, als der Brand 
bemerkt wurde. Wie dieser entstand, ist noch nicht 
auf geklärt. 
— (Auf welche Weise soll man seine 
Wahlpflhlicht erfüllen?) Man soll sich mög⸗ 
lichst am Tage vor der Wahl schon mit einem 
Stimmzettel versehen. Es ist nicht immer sicher, 
ob am andern Tage rechtzeitig einer zu beschaffen 
ist. Man soll sich der Sicherheit halber einen ge— 
druckten Zettel verschaffen. Muß man nothgedrun— 
gen sich einen schreiben, so nehme man weißes Pa— 
pier und schreibe recht deutlich, genau und vollstän— 
dig Namen, Stand und Wohnort des Candidaten 
darauf. Weiter darf nichts auf dem Zettel stehen. 
Der Name muß bis auf jeden Buchstaben richtig 
sein, denn sonst wird der Zettel für ungiltig erklärt. 
Ebenso, wenn der Zettel nicht von weißem Papier 
ist oder ein äußeres Kennzeichen hat. 
— Zweibrücen, 22. Okt. Die Eröffnung 
der vierten im Geschäftsjahre 1881 bei dem Land⸗ 
gericht Zweibrücken abzuhaltende Schwurge⸗ 
richtssession wurde auf ontag, 4. December 
d. J., festgesetzt, der Oberlandesgerichtsrath Schmidt 
zum Vorsitzenden und Landgerichtsdirektor Herfeldt 
zu dessen Stellvertreter bestimmt. 
— Zweibrücken, 24. Okt. Die H. H. Ge⸗ 
neralmajor Frhr. v. Gumppenberg und Oberst 
Lindha mer sind zu Jnspektionszwecken hier ein⸗ 
getroffen. 
— Die Kirchenkollekte am Erntedankfeste für den 
Thurmbau an der protestant. Kirche in Tripp— 
stadt hat ausweislich der Decanatsanzeigen 1667 
Mark 49 Pf. ertragen. 
— In Speyer wurden am 283. d. dieselben 
sozialdemokratischen Wahlaufrufe sammt Dreesbach⸗ 
schen Wahlzetteln verbreitet, wie in Ludwigshafen. 
— Die Annahme von erplosiven Gegenständen 
zur Beförderung in fahrplanmäßigen Zügen im 
Bereiche der pfälzischen Eisenbahnen ist auf den 
ersten Montag und darauf folgenden Dienstag und 
Mittwoch jeden Monats beschränkt. Fällt auf einen 
dieser Tage ein Feiertag, so erfolgt die Annahme 
auch noch am folgenden Donnerstag. Die Beför—⸗ 
derung solcher Gegenstände hat mit den für diese 
Transvorte festgeseßkten Züeen itatt zu finden. 
Vermischtes. 
Würzburg, 21. Okt. Das Schwurgericht 
derurtheilte heute den Bauern Ad. Braumn von 
Dettelbach zum Tod Derselbe hat im August 
ds. Is. seine Frau durch Beilhiebe auf den Kopf 
erschlagen; er ist überhaupt ein roher, herzloser 
Mensch, hielt z. B. einmal seine eigene Mutter ein 
Jahr lang an einer Kette gebunden und behandelte 
*7 α 
tets schlecht. Der Mann ist 73 Jahre alt. 
.Mainz, 24. Oktbr. Eozialistische Flug— 
schriften.) Bei einer gestern Mittag in einer hie⸗ 
figen Buchdruckerei stattgehabten Haussuchung wurde 
eine große Anzahl Flugschriften sozialistischen In⸗ 
haltes, für die Wahlagitation in unserm Wahlkreise 
herechnet, mit Beschlag belegt. 
F Im gesanimten deutschen Reiche findet die 
Viehzählung diesmal am Freitag, den 9. De— 
zember statt. Zu zählen, also in die Listen auf— 
zunehmen sind: alle Pferde, einschließlich der Foh— 
len und der im Privatbesitze von Offizieren befind⸗ 
lichen Pferde: alles Rindvieh (Ochsen, Bullen 
Kühe, Jungvieh und Kälber, jedoch mit Ausschluß 
der noch nicht 14 Tage alten Kälber), ferner zum 
ersten Male in diesem Jahre alle Esel, Maulthiert 
und Maulesel. Nicht mitzuzählen sind alle Thiere 
welche dem Reiche, den Einzelstaaten oder zu den 
randesherrlichen Gestüten gehören, alles in Schlacht⸗ 
oiehhöfen oder in öffentlichen Schlachthäusern auf— 
gestellte Schlachwieh. 
*(Im Schnee.) In Tyrol hat der Schnee, 
mit welchem der Monat Oktober inaugurirt wuͤrde, 
diele Viehpächter mit ihren Heerden auf den Almen 
äberrascht. Diese wurden eingeschneit und der 
Abtrieb wurde sehr gefahrvoll. So wird aus Lienz 
zemeldet, daß in den hohen Thurner⸗Wiesen dem 
Niggler⸗Bauer von Thurn 12 Stück Rindvieh „ab⸗ 
geschossen“ find, wodon 7 Stück auf der Stelle 
sodt blieben. Die übrigen find mehr oder weniger 
chwer verletzt. In der Stevia⸗Alpe in Wolken⸗ 
tein ist ein Theil der dortigen 300 Stück zählenden 
Schafheerde unter eine Lawine gekommen; doch ist 
der Schaden kein erheblicher, da in Folge rasch auf⸗ 
jebotener Hilfe die meisten Thiere gerettet wurden 
ind nur wenige zu Grunde gingen. Aus Bozen 
neldet man dagegen, daß die Sonne auf blaue 
Trauben und rosige Aepfel und Birnen, auf eine 
Welt voll süßen Duftes niederscheine. 
Die bei der Bundeskasse zu Bern einge— 
angten Liebesgaben für Elm haben die Höhe von 
100,000 Fres. überschritten. 
F In Tuxin wurde der Deputirte Graf Ceresa 
in contumaciam zu 15 Jahren Zwangsarbeit ver— 
irtheilt. Ceresa war Mitglied des linken Centrums, 
sehörte der Gruppe Depretis an und bekleidete zu 
jleicher Zeit die Stellung eines Provinzialxaths in 
Turin. Die Unterschlagung von 30,000 Lire, 
welche zum Bau einer Provinzialstraße bei dem 
Brovinzialschatzamt niedergelegt waren, führte zur 
zntdeckung des Verbrechers, der, wie sich nun er—⸗ 
zab, bereits eine ganze Reihe von Fälschungen und 
Unterschlagungen begangen hatte. Ceresa hat fich 
durch die Flucht der Verhaftung entzogen. 
Grohender Bergsturz.) Sembraucher 
m Kanton Wallis drohl Bergsturzgefahr! Der 
Staatsrath von Wallis berief den eidgenössischen 
Oberingenieur Herrn Salis, sowie Herrn Professor 
Heim von Zürich nach dem bedrohten Ort, um die 
Mittel zu berathen, der Gefahr möglichst vorzubeugen. 
Die neueste Pariser Haarkracht.) Eine 
neue Mode — oder wenn man will eine recht alte, 
da sie aus der Zeit des Direktoriums datirt — iss 
in Paris, wie uns von dort geschrieben wird, sei 
durzem wieder durch einige Damen der aristokrati⸗ 
chen Gesellschaft adoptirt worden. Es ist dies die 
Haartracht à la Ninon, à la Jullien oder auch, wie 
man sie der berühmten französischen Romanschrift⸗ 
ttellerin zu Ehreu genannt hat — à la George 
Zand. Diese Coiffüre besteht ganz einfach aus 
lurzgeschnittenen, gelockten Haaren. Dieser Mode⸗ 
wechsel dürfte, das ist das Interessanteste dabei 
nuf die recht energische Initiative einer österreichi⸗ 
chen Prinzessin, der Erzherzogin Ludwig-Viktor, 
urückzuführen fein. Man erzählt sich darüber 
Folgendes: Die Erzherzogin, jung. feurig und bei 
illedem von einer bürgerlichen Einfachheit, haßte die 
trenge Etikette und den blendenden Prunk des 
dofes. Ihr Gemahl dagegen wäünschte sie stets, 
elbst bei festlichen Veranftaltungen untergeordneter 
Art, mit den Insignien ihres Ranges geschmückt zu 
ehen und wäre es nach ihm gegangen, so würde 
das kleine erzherzogliche Kronchen tagiäglich auf dem 
Haupte der Prinzessin geglänzt haben. Eines Abende 
vies die Erzherzogin ein derartiges Vegehren ihres 
Bemahls energisch zurück und griff mit den Worten; 
„Jetzt wirst Du mich wohl nicht mehr bitten, mich 
nit Diamanten zu beladen,“ zu einer auf ihrem 
Toilettentisch liegenden Scheere. Der stark verdutzte 
Herzog aber sah gleich darauf das schoͤne braune 
daar seiner jungen Gattin auf den Teppich flattern 
Der Unwillen des erzherzoglichen Ehemannes liu— 
y aurtt vr, uls er jah, daß seinrti 
mahlin die kurzgeschnittene Frisur ganz reizend 
Besicht stand und daß ihr die Natur das schör 
Diadem verliehen, das Diadem der Anmuthe 
—VV— — 
man fieht, etwas phanstastische Geschichtchen, welch 
durch die Boudoirs der eleganten und vornehm 
Damenwelt in Paris die Rnude macht und d 
man gleichsam der wieder neu auftauchenden Mo 
als Prolog vorausschickt. Wenn man dieser Coiffü 
zinen nationalmodernen Namen hätte geben wolle 
so könnte man sie auch à la Rose Bonheur nennen 
denn diese berühmte französische Thiermalerin ho 
sich schon seit langer Zeit diese Haartracht, die ihre 
Gesichte einen männlichen Charakter verleiht, ang 
eignet. 
F Der Billardkünstler Goffard we— 
in Berlin und setzt mit seinem Spiel die Berlin 
Billardspieler in Erstaunen. Er karambolirt de 
auf eine Champagnerflasche gelegten Billardball ohn 
Berührung der Flasche, er jagt eine größere Anzat 
von Bällen — auf Quart — mit großer Schnelb 
igkeit herum, ohne daß dieselben auf ihrer Bahn sich 
untereinander oder eine der an den Ecken aufgestellten 
Flaschen oder den in der Mitte stehenden Teller be— 
rühren, bis sie zuletzt sich in einer Ecke auf einen 
tleinen Raume zusammenfinden, der schon vorhei 
hurch einen Kreidestrich bezeichnet worden ist. Er 
arombolirt den Ball, den ein Zuschauer im offenen 
Hute hält, er stößt seinen Spielball durch die Beine 
eines auf das Billard gestellten Stuhles und de— 
darauf sitzenden Herrn so auf die gegenüber be— 
findliche Bande, daß derselbe aufspringt und zurüt 
über Stuhl und Herrn fort in einen Hut fliegt, in 
welchem er die anderen beiden Bälle korambolirt. 
F London, 22. Okt. Nach einer Depesche 
yon Lloyd's aus Aden vom 21. Okt. brach dem 
Dampfer ‚Konig der Niederlande“ auf der Fahrt, 
don Batavia nach Amsterdam am 4. Ottober de 
Schraubenschaft. Das Schiff kenterte unter 5 
üdlicher Breite 640 östlicher Länge. 38 Personer 
wurden gerettet. Ueber sechs Boote mit 175 Per 
sonen fehlt bis jetzt jede Nachricht. 
F Gussische Zustände.) Von der rußs— 
sischen Grenze wird geschrieben: Ein Ereigniß, wie 
es eben nur in Rußland vorkommen kann, hält 
seit zwei Wochen die Gemüther hier in Bewegung. 
Der russische Militärarzt Petrowsi in Wladislawon 
Neustadt) hat seit circa 7 Jahren durch die raffi⸗ 
airtesten Fälschungen von Urkunden den größten 
Theil der militärpflichtigen jungen Leute in Wla— 
dislawow und Umgegend militärfrei gemacht und 
äch hiefür natürlich sehr gut bezahlen lassen. Diese 
sauberen Geschäfte sind durch einen Spezialkommissar, 
welchen die russische Regierung in Folge einer 
Denunziation nach Wladislawow entsandte, aufge⸗ 
deckt worden. Petrowsi, welcher früher sehr arn 
var und sich jetzt durch seine Manipulationen in 
Besitz eines sehr großen Vermögens befindet, iß 
rechtzeitig nach der Schweiz gestüchtet, nachdem e 
noch zuvor seinen umfangreichen Besitz an „gut 
Freunde“ versilbert hatte. Die von Petrowsi mili⸗ 
tärfrei gemachten Personen, mehrere Tausend an 
der Zahl, sind aus Furcht vor Strafe aus Ruß— 
land geflüchtet. 
F In Charkow (äüdrußland) wurde dieser 
Tage eine Frau, Namens Ssansharow, die eir 
Alter von 137 Jahren erreicht hatte, zu Grabe ge— 
tragen. Trotz ihres auffallend hohen Alters hatte 
— 
und ihr Gedächtniß sich zu erhalten gewußt. Ge 
boren war die hochbetagte Greisin im Anfang de 
Regierung der Kaiserin Elisabeth Petrowna 
Die Verstorbene erinnerte sich noch gut der Vernich 
iung des Heerhaufens der Saporoger durch Potemkin 
hes Falles von Polen, des Jahres 1812 und anderer 
Freignisse. Ebenso hatte sie noch im Gedächtniß, wi 
man auf der Moskauer Straße in Charkow Häuse— 
für einige Dutzend von Assignationen ankaufte und 
die jugendlichen Bräute nur in langen, von Wollen 
band eingefaßten Hemden gingen. 
Im Jahr 1876 wurde ein die Einfahrt in 
den New-Yorker Hafen versperrender Felser 
mittelst 52,000 Pfund Pulver gesprengt und di 
Geschichte gewann dadurch einen besonderen Reiz 
daß eine junge Dame durch das einfache Drücker 
nuf einen Knopf, wodurch der elektrische Funke z 
den Pulverkammern Einlaß erhielt, die fürchterlich 
Erplosionen bewirkte Diese ganze respektabl 
Zeistung wird aber durch die in Bälde erfolgend! 
Sprengung des sogenannten Flood Rock, eine⸗ 
Felsens, welcher die Sicherheit der Schifffahrt noc 
mehr bedroht, in Schatten gestellt. In dem?