Full text: St. Ingberter Anzeiger

auch wir wiederholt betont haben. Was das Ber⸗ 
häliniß Deutschlands zu dieser Entrevue betrifft, 
— 
bornherein mit dem Schritte des Königs Humbert 
einderstanden gewesen sei, und daß die Anntherung 
Italiens an Oesterreich selbstverständlich auch Deutsche⸗ 
land gelte. Dann aber hob Maneini hervor, daß 
diese Annäherung ihre Spitze nicht dgegen Frank- 
reich richte, daß sie nicht den Zweck werfolge, Bun⸗ 
desgenossen zu einer Revanche gegen Frankreich zu 
werben. Mit diesem⸗ lebe Italien vielmehr nach 
wie vor im besten Einvernehmen, wie / der nahe be⸗ 
vorstehende Abschluß des Handelsvertrages beweise. 
Die Thalsache, daß die Verhandlungen über diesen 
Vertrag durch die Entrevue nicht beeinträchtigt, 
vielmehr trotz aller entgegenstehenden Hindernisse 
dem glücklichen Abschlusse zugeführt worden sind 
ist in der That ein erfreuliches Zeichen dafür, daß 
man beiderseitig in guten Beziehungen bleiben will 
und namentlich auch in Paris über den friedlichen 
Charakter der Entrevue beruhigt ist. 
Paris, 31. Olt, General Forgemol ist in 
seairuan angekommen; er wurde auf dem Wege da⸗ 
hin durch häufige Angriffe auf seine Flanken beun⸗ 
ruhigt. Das Feuer der Infanterie und Artillerie 
fügte dem Feinde große Verluste bei. 
Paris. Eine demnächst bevorstehende Prüfung 
von Gambettas Bellewiller Wahl erregte in Kam⸗ 
merkreisen mehr Interesse, als alles ÄAndere. Es 
find gegen die Giltigkeit dieser Wahl mehrere Pro⸗ 
jestationen eingelaufen. Gambetta wird seine Wahl 
seibst zu vertheidigen haben, wobei ihn Brisson auf 
dem Präasidentenstuhl vertreten wird. üsb —7— 
London, 81. Okt. Am Freitag entstand in 
Graphill (Grafschaft Mayo in Irland) anläßlich 
der Einforderung der Armensteuer ein Konflict 
zwischen der Polizei und der Bevölkerung. Die 
Henge bewarf die Polizei mit Steinen und machte 
die letztere schließlich von der Schußwaffe Gebrauch. 
Eine Anzahl Personen, meistens Frauen, wurden 
verwundett.. 
Alexander 1I1. will nun auch ein „Czar⸗ 
Befreier“ werden. Laut Mittheilungen von com⸗ 
petenter Seite hat das Petersburger Ministerium 
des Innern wichtige Maßregeln rüchsichtlich der 
Freizügigkeite der Bauern becschlossen. 
Wenn der russische Bauer bis dato auch von der 
Gewalt der Guisbesitzer befreit war, so blieb er 
de facto doch noch an den Grund und Boden durch 
ein ganzes System von gegenseitigen Verbindlich⸗ 
keiten, Statuten, Erlassen ꝛc. gebunden, bei deren 
Bestimmung det Gesetzgeber augenscheinlicher Weise 
den Zwech verfolgte, der Freizügigkeit im Lande 
entgegenzuwirken. In der nächsten Zukunft hin⸗ 
gegen soll fich eine Reform vollziehen, kraft deren 
der Bauer aus dem Stande eines Leibeigenen in 
Wahrheit in denjenigen eines freien Mannes hin⸗ 
übertritt. 
v 
1 
4 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 815 Otl. Der J. Vorstand 
des landwirthschaftlichen Bezirksvereins Zweibrücken, 
Herr Gutsbesitzet Freudenberg, gibt belannt, 
daß das landw. Bezirks⸗Comitee beabsichtige, aähn⸗ 
lich wie in früheren Jahren für das Winterhalb⸗ 
— 
halten zu lassen. Der Unterricht ist gratis. Junge 
Schmiede, welche dicse ihrem Berufe so foͤrderliche 
Gelegenheit zur Ausbildung benützen wollen, haben 
sich vis zum 13, November bei dem genannten Mar⸗ 
stand zu meslden . 
* In voriger Nr haben wir bereits das defini⸗ 
tive Wahlergebniß für Zweibrücken⸗ Pirmasens mit⸗ 
getheilt und koönnen wir darum eine Weiterfühtung 
der Zusammenstellung von Wahlresultaten aus den 
einzeinen Orten des Wahlkreises unterlafsen. Be— 
merkt sei noch daß in vor. Nr. bei Weselberg irr⸗ 
thümlich 70 Stimmen für Hrn. Krämer angesetzt 
waren. Nachtragen wollen wir, daß in —— e x⸗ 
würzbach 31 St. für Jäger und 37 St. für 
Kraͤmer abgegeben wurden; in Erfweiler—⸗ 
Ehlingen 54 für Jäger, 8 für Krämer; in 
Aßweller 65 für Jäger; in Biesingen 
ebenfalls 66 für Jäger; in Bebelsheim 51 
für Jäger, Z für Krämer; in Altheim 97 
für Jäger; in Habkirchen 102 für Jäger, 2 
für Kraͤner; in Wittersheim, 42 für Jäger, 
in Neualtheim 37 für Jäger; in Wolfers⸗ 
heim 47 für Krämer; in Böckweiler 14 für 
Jäger, 80 für Krämer. — Im Ganzen wurden 
diesmal im Wahlkreis Zweibrücken⸗Pirmasens ab— 
gegeben 13,276 St.: 7610 für Hrn. O. Krämer, 
5605 für Hrn. Dr. Eugen Jäger, 30 zersplittert, 32 
angiurig. Die absolute Majorität betrug 6620 
Im Jaͤhre 1878 bei der ersten Wahl waren im 
Ganzen 17,248 »St⸗ abgegeben- worden: 8347 
für Schmidi, 8031 für, Jaͤger. 8586 für Böcking, 
die übrigen zersplittert. Beit der Stichwahl des⸗ 
selben Jahres wurden abgegeben für Schmidt 
19042 Stimmen,, für Jäger 9430, sonach im 
GFanzen 19,472. Es haben also heuer 6227 Wahler 
weniger abgestimmt, wie bei der Stichwahl vor 8 
Jahren. 
* Die Stichwahl in Kaiserslautern⸗Kirchheimboe, 
sanden (zwischen Janson · und Herz) ist auf Sam⸗ 
stag, 12. November, anberaumt. 
FIn letzter Zeit macht besonders viel das Tae 
zatsmonopolvon fich reden, die Einen erhoffen 
»on ihm gefüllte Staatskajfen und Steuerreduzirung; 
die Anderen sehen in ihm nur eine neue drückende 
Steuer ohne die erhoffien Vortheile. Einen Ver⸗ 
uch zux Einführung desselben hatte nach der „Pf. 
Ztg.“ Bayern schon einmal -gemacht, und kann 
zasselbe darum in dieser Sache somit aus „Erfahrung“ 
ꝛeden. Im Jahre 1811 schuf man nämlich eine 
Regie nach franzöfischem Muster und überwies die 
Fontrole der Tabaktultur, der Fabrikation und des 
Verlehrs mit Tabak und Tabaksfabrikaten den Auf- 
chlags⸗ Polizei⸗ und Zollorganen. Das erste Jahr 
rbrachte 447, 000 Gulden, das Erträgniß minderte 
ich aber von Jahr zu Jahr ab, so daß im Etats- 
'ahr 1818 — 18 nicht einmal mehr die Hälfte des 
rsien Jahresergebnisses zur Vereinnahmung gelangen 
onnte und die Verwaltung wegen Unzulänglichkeit 
der Rente aufgeloöst werden mußte. 
— Kusel, 29. Oktober. Durch ein Umschrei⸗ 
hen des klg. Bezirkamtes vom 28. d. wird den 
Bürgermeisieraͤmtern zut Kentniß gebracht, daß die 
dungenseuge zu Kusel erloschen ist. EKus. Ztg.) 
— Landau, 30. Ott. In der Nacht vom 
zamstag auf Sonntag' wurde in den Laden der 
Firma , Isaak Schwarz“ am Paradeplatz einge⸗ 
rochen und Waaren im Werthe von circa 300 M. 
jestohlen. Die Thäter haben einen Stein, in dem 
er eiserne Kloben, an welchem der Fensterladen 
zängt, herausgebrochen, das Fenster eingedrückt und 
ind dann in den Laden eingestieen. 
— In Rodenbdach gerieih am 27. Okt. der 
Znecht des Herrn Ad, Seewaldt, ein Familienvater 
‚on 4 Kindern, mit dem Kopfe unter einen mit 
Dortoffein. beladenen Wagen und war sofort eine 
deiche. 
rankenthal, 30. Okt. In einer hiesi⸗ 
gen Restanration fand sich gestern Abend eine Ge⸗ 
eslschafi von 7 Herrn zum Abendessen zusammen, 
die das respektabele Alter von zusammen 552 Jahren 
— also, durchschnittlich 79 Jahre — zählten. Der 
Alteste der alien Knaben war 84, der jüngste 76 
Jahre alt. Wollte man daraus einen Schluß auf 
die Güte des Frankenthaler Wassers ziehen, würde 
man wahrscheinlich fehl gehen, so bemerkt das „Frkenth. 
Tabl.“, dem wir diese Notiz entnehmen. 
26* mischtes. 
4 Der neuesten. Nr. der „Saarbt. Ztg.“ ent⸗ 
iehmen wir: „In Sachen der Schwindelfirma 
Wijprecht, uie Co. in Rotker dam sendet 
uns heute einer unserer Herren Abonnenten in Esch 
j. d. Alzette einen Bescheid des deutschen Consuls 
n Rotlerdam, an welchen er sich gewandt hatte, 
im die Entlarvung des Betrügers, dem auch er zum 
Opfer gefallen war, zu veranlassen. Der Brief 
raͤgt die gedruckte Firma des Consulats und das 
cCouvert war mit dessen Siegel verschlofsen. Das 
Schreiben lautet: Auf Ihr Gesuch vom 12. d. M. 
rwidere ich hiermit ergebenst, daß Sie bei der 
irma Bernhard Wijxprecht u. Co. es mit einem 
schwindler zu thun gehabt haben.“ Der Mensch, 
velcher diese Firma ungefähr zwei Monate lang 
Uhrie,; und dessen eigentlichen Namen und Herkunft 
nan hoch nicht erfahren hat, war hier gänzlich un⸗ 
zekannt. Er hatte hier kein Domizil, blos in dem 
mgegebenen Lokale ein Zimmer gemiethet, in dem 
er sich nur Uber Tag aufhielt. Waarenlager be⸗ 
tand nicht, Bücher wurden nicht geführt. Am 21. 
Sept. d. J. ist er wieder von hier verschwunden, 
zhne Hinterlassung auch nur des Geringsten an 
materiellem Werthe und irgend einer Spur, wohin 
er fich begeben; man vermuthet blos nach London. 
Fine Menge Privatleute in Deutschland, die so un⸗ 
yorsichtig waren, sich durch seine Zeitungsannoncen 
derleiien zu lassen, sind gleich Ihnen betrogen wor⸗ 
den. Hier ist dagegen nichts anzufangen und Ver— 
solgungen würden nur unnütze hohe Kosten ver— 
arsachen. — Nie ist eine Betruͤgerbande frecher und 
caffinierter aufgetreten, denn man höre und staune 
er Descheid oes Raiserlichen Gonjulis — 
aurscht. Die Handschrift des Bescheides ist du 
selbe, wie in den Schreiben der Firma Wijprech 
in die von ihr geprellten Opfer! Jedermann kanr 
sich davon auf unserem Bureau überzeugen. Fip 
die Unechtheit des Schreibens spricht auch der ganz 
Styl und außerdem der Umstand, daß der deutsch 
Konsul “gewiß einen Luxemburger zur Wahrung 
feiner Imeressetrran die luxemburgische resp. nieder 
iändische Behörde gewiesen hätte. Die Betrüge 
jaben die amtlichen: Kopfbogen drucken lassen, ein 
jalsches Siegel angefertigt und dann die Schreiber 
an ihre Opfer gesandt, um solche auf falsche Fähr 
zu leiten. Statt nach London verzogen zu sein 
varen die Betrüger am 14. Oktober noch in Holland 
hoffentlich nimmi die deutsche Vertretung in Haa 
unmehr die Sache in die Hand und veranlaßt di 
niederländische Behörde zu nachdrücklichster Verfob 
gung der Betrüger. 
FIn Hardenburg branntie dam Sonntat 
Mittag die Cordier'sche Papierfabrik zum groößte 
Theile nieder. Das Feuer brach in dem Lumpen 
—EV 
türzte dann noch ein Theil des Gebäudes zusam 
nen und zerstörte die sog. Hollander (Lumpenkocher) 
die übrigen Maschinen blieben erhalten. — Wi 
ein Correspondent der „Pf. Pr.“ erfahren haben 
will, hätten die Demokraten für die Wahlagitation 
'n der Pfalz nicht weniger als 15.000 Mar 
derausgabt. 
Göfliche Kondukteure.) Ein Kon 
zukteur auf der Linie nach Frankfurt ruft: „Villett 
»orweisen“. Ein Passagier aus Sachsen sagt: „E 
herr Jeeses! Das ist ja in Breißen g'rade, al 
denn die Wache ins G'wehr gerufen werd. Be 
ins d'rheeme in Sachsen sagt mer: Ei, bitte, me 
utestes Herrchen, mechten Se nich so freindlich seir 
und mir Ihr Billet uf'n Ogenblick zeigen k Bloo 
uf'n kleenen Ogenblick, ich geb's Sie's gleich wieder. 
(Warnung vor einem „Spezialarzt.“ 
Der Ortsgesundheitsrath Karlsruhe macht untern 
10. v. M. Folgendes betannt: In hiesigen Zer 
ungen erscheint in regelmäßigen Wiederholunge 
das nachstehende Inserat: „Spezialarzt Dr. med 
Mayer, Berlin, Leipzigerstraße 91, heilt auch brie 
lich alle geheimen Unlerleibs- Frauen- und Hauf— 
rankheiten, selbst in den hartnackigsten Fällen stet 
nit dem besien Erfolg.“ Obiger Dr med. wurd 
bon hier aus unter Schilderung eines Krankheits 
zustandes um Hilfe angegangen und schickte zufolg 
hessen nacheinander zwei schriftliche, jeweils nu 
inige wenige Worte enthaltende Rathschläge m 
heilweise gedrucktem Text, sowie ein Flaschche 
rirschlorbeerwasser und ein Schächtelchen Aloepillen 
im Werthe von zusammen 1 M. 30 Pf. D 
Bergütung fuͤr diese gegen den geschilderten Kranb 
veitszustand unwirksamen Arzneien, sowie fuür di 
stathschläge, deren Ertheilung einschließlich de 
Durchlesung des Krankenberichts im Ganzen höch 
dens zehn Minuten Zeit erfordern konnte, betrn 
25 Pi.“ Dem Patienten war eine mechanisch 
Selbstbehandlung seines Leidens anempfohlen wor 
den, welche im Falle der Ausführung hätte lebens 
zefaäͤhrlich werden können. Wir warnen daher vo 
zer Berathung des Dr. med. Mayer, sowie übe 
haupt jener gewissenlosen Aerzte, welche durch Ze 
jungen sich anbielen, Krankheiten auf briefliche' 
Wege, d. h. also ohne Untersuchung des kranfe 
Körpers, zu heilen. z 
Was hat Kaiser Wilhel m auf der Stur 
jarter Ausfiellung gewonnen? Wie der „Merkun 
jört — ein Exempliar von Wilhelm Müller's ilb 
rierter Geschichte des Krieqes von 1870“ (Verl 
hallberger). 
7 Gihitar-Revohte.) Aus Regen— 
burg, 25. Okt. wird dem „Mänchener FFrobl. 
eschrieben: „Leßten Sonntag jetzte es in der hi 
daserne eine kleine Revolte ab. In einem voe 
Zoldaten der 8. Kompagnie des hier garnisonierende 
LL. Inf.⸗Regts. von der Tann bewohnten Zimm' 
am es Nachts zu Lärmen und Unfug, so daß d 
ourhabende Unteroffizier Ruhe gebot und das Au— 
öschen der Lichter befahl. Allein die meist ang 
runkenen Soldaten kamen dem Befehle nicht glei 
nach und zwei derselben verstiegen sich sogar zu de 
Uusrufe: ,Was hab'n wir auf die Unteroffize 
aufzupassen.“ Sie rifsen die Gewehre von d 
Wand, um damit zuzuschlagen und hätte der Unir 
ssiier sich nicht durdg nen Seitensprung gerettn 
wäre vielleicht nicht mehr unter den Lebende 
In dem kurzen Geräufe, das nun entstand, wurde 
wei Soldaten (wie es heißt, gerade die Räden 
ührer), schwer verwundet und in's Militarspit