ꝓↄ. Ingherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs—
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt. 15 . bei Meclamen 30 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
MW 185.
Donnerftag, 10. November 1881.
1686. Jahrg
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Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
(Bayerischer Landtag.) Der Fabrikrath
er kathol. Kirche und der Gemeinderath in Münch⸗
wveiler (Bezirksamt Pirmasens) haben sich an die
Abg.-Kammer gewendet mit der Bitte um Bewilli—
gung der Mittel zur Wiedererrichtung der Pfarrei
Münchweiler. — Die Forstgehilfen und die Wald⸗
uufseher der Pfalz haben an die Abg.Kammer ein
Hesuch gerichtet um Aufbesserung ihrer Bezüge.
Das bayerische Justizministerium hat um⸗
assende amtliche Erhebungen eingeleitet, um die
Wirkung der Reichsgesetze über Gerichtskosten
ind Gebühren zu ermitteln und für eine etwaige
veitere durchgreifende Revision jener Gesetze die er⸗
orderlichen Grundlagen zu gewinnen.
Nachdem jetzt di Simultanschule durch die
„Simultanfraktion“ der Rechten, nach Herrn
3. Hörmanns glücklichem Ausdruck, ihren Treff be⸗
ommen, ist die Zivilehe an der Reihe, darauf
das Konkubinat u. s. w. Wenn ersterer Gegen⸗
tand nicht schon auf die nächste Tagesordnung ge—
zracht ist, so beruht dies nicht auf einem Rückzug
»der Versäumung der Herren Antragsteller, sondern
der Grund ist eine Verletzung, welche der Justiz⸗
minister v. Fäustle durch einen Sturz auf der Jagd
iich zugezogen. Für die betreffende Verhandlung
ist, wenn der Minister bis dahin wieder aktions⸗
ähig ist, der nächste Freitag in Aussicht genommen.
Munchen, 9. Nor. (Reichsrathskammer.)
In der zur Berathung des Militäretats auf kom⸗
menden Samstag anzuberaumenden Sitzung der
ammer der Reichsräthe werden drei neue Mit—⸗
glieder derselben, die Herren Reichsräthe Graf v.
Stauffenberg, Graf v. Drechsel und Kommerzien⸗
rath Krämer in üblicher Form eingeführt und
jeeidigt werden.
In Darmstadt hat der Abg. Metz den Antrag
jestellt, daß die erfte Kammer des hessischen Land⸗
tages aufgehoben werde, weil zwei Kammern für
ein so kleines Land überflüssig, ungeeianet und zu
ostspielig seien.
Ein Berliner Korrespondent der „Frankf. Pr.“
zält die Nachricht von Stöckers Sturz aufrecht,
demerkt aber, daß zwar nicht eine förmliche Absetz⸗
ung beabsichtigt, sondern daß ihm von zuständiger
Seite der Rath ertheilt worden sei, seinen Abschied
reiwillig zu nehmen.
Berlin, 8. Nov. Die Sozialdemokratie macht
die denkbar moͤglichsten Anstrengungen, um bei den
Stichwahlen im vierjzen und sechsten Wahlkreis ihre
Landidaten durchzubringen. Das sozialistische
Wahlkomitee hat dem Polizeipräsidium das Manu—
kript eines Wahlflugblattes überreicht mit der An⸗
frage, ob der Verbreitung gesetzlich etwas im Wege
tünde. Dem Vernehmen nach hat das Polizei⸗
dräsidium jede Erklärung hierüber abgelehnt und
ich die weiteren Eutschließungen vorbehalten. Für
jeute Abend waren unter der Firma „antifort⸗
chrittliche Wahlversammlungen“ zwei Versamm⸗
uungen, die eine im vierten, die andere im sechsten
Wahlkreise beabsichtigt gewesen, deren Tagesordnung
lautet: „Die Stellung der Fortschrittspartei zur
Arbeiterfrage.“ Referent im vierten Wahlkreise
ollte sein — Herr August Bebel, im sechsten —
herr Wilhelm Hasenclever. Wie wir hören, ist
die Abhaltung beider Versammlungen aitf Grund
des 89 des Sozialistengesetzes verboten worden.
In Betreff des neuen Reichstags wird offi⸗—
giös geschrieben, es handele sich um drei Möglich—
leiten entweder sofo ige Aufloͤsung. oder die Er—
cheinung einer unbeweglichen Maschine, deren Räder
ämmilich gegen einander arbeiten, oder endlich
eitweises Zusammengehen von ihrer Gesammt⸗
endenz nach unverträglichen Fraktionen unter Führ⸗
ung der Regierung. Die Regierung habe zwar
ziesem Reichstag gegenüber keinen bequemen Stand,
iber die Sicherheit, daß ihre Fuhrung angenommen
verden müsse, wenn der Reichstag sich nicht auf
auter negative Elemente beschränken und dadurch
seine baldige Auflösung nothwendig machen wolle.
Die „Kreuzzeitung“ nimmt sich die Mühe, die
Nachricht von der Aunexion Elsaß⸗-Loth⸗
ringens durch Preußen zu dementiren.
(Stichwahlen zum Reichsstag.) In
Breslau wurden gewählt Hasenclever und Kräker,
2 Sozialdemokraten gegen 2 Forischrittler; in
Breiz wurde gewählt der Sozialdemokrat Blos
egen Merz (conserb.); in Mannheim Kopfer
Demokr.); in Frankfurt a. M. Sonnemann
Demokr.) gegen Döll (Sozialdem.); in Mainz
Liebknecht (Sozialdem.) gegen Philipps (Fortschr.);
in Alzei-Bingen Bamberger ESezessionist);
in München J Ruppert (Centr.) gegen Schlör
(libr.); in Nurnberg Grillenberger (Sozialdem.)
Jegen Günther (Fortschr.) Verschiedene andere
Stichwahlen fielen zu Gunsten der liberalen Kan⸗
didaten aus.
Erfurt, 9. Nod. Gesammtresultat: Stengel
Fortschritt) hat mit 9579 Stimmen gesiegt; Mi⸗
nister Lucius erhielt 4084 Stimmen. Dort⸗
nund, 9. Nov. Bei der gestrigen Stichwahl
vurde Lenzmann (gFortschritt) mit über 2000
Stimmen Majorität gegen Berger gewählt. Len⸗
nep. Schlüter (Fortschritt) mit großer Majorität
gewählt. Solingen. Vorläufiges Resultat:
Schorlemer⸗Alst 6043. Rittinghausen (Soz.⸗Dem.)
9014 Stimmen.
Paris, 8. Nowp. In der Deputirtenkammer
warf Cléͤmenceau dem Cabinette vor, er habe die
Erpedition nach Tunis unternommen, um Privat⸗
AIntecnehmungen, wie die Eisenbahn von Bona nach
Buelma⸗Enfida, zu unterstützen, nicht wegen der
ranzoͤsischen Interessen. Das Cabinet führte den
drieg, indem es dem Parlament die Wahrheit vor⸗
nthielt, die Constitution und die Souveränität des
Volkes verletzte; deshalb sei eine Untersuchung noth⸗
wendig. Ferry wird morgen antworten.
General Sherman, der Höchstkommandirende der
Bereinigten Staaten⸗Armee, empfiehlt, wie aus
Washington depeschirt wird, in seinem allge—
neinen Jahresberichk aus Gründen des militärischen
dienstes eine Vermehrung des Heeres.
Selbstverständlich handelt es sich bier nicht um eine
Lbergrößerung der Armee behufs eines defensiven
'der gar offensiven Krieges. Das stehende Heer
der Vereinigten Staaten, das vor dem Secessions⸗
rieg 12,000 Mann betrug und jetzt schwerlich
nehr als die doppelte Zahl betragen wird, dient
ediglich zum Schutze der Grenzen gegen die In⸗
zianer. Die zu bewachenden Grenzen sind aller⸗
ings außerordentlich weit ausgedehnt, und es wird
chon lange Klage darüber geführt, daß die Truppen⸗
mzahl für den äußerst exponirten Dienst nicht aus⸗
ceicht; daher die häufigen Raubanfälle der Indianer
ind wiederholten Angriffe derselben auf kleine Mi—
ifürpiauets
Ausland.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 9 Nov. Im Verlaufe dieser
Woche wurden in verschiedeneun Theilen unserer
Stadt die Geflügelsiälle nächtlicher Weile revidiert
und da eine gemästete Gans, dort eine fette Ente
oder ein zartes Hähnchen mitgehen geheißen. Einen
der nächtlich revidierenden Geflügelliebhaber hat
uinsere Polizei bereits entdeckt und wird nun für
enselben der appetitliche Gänsebraten einen etwas
hittern Nachgeschmack erhalten.
*St. Ingbert, 9. Nov. Wie schon früher
'm „Anz.“ erwähnt, waren von verschiedenen dabei
nteressirten Gemeinden und Personen Anstrengungen
ur Errichtung einer Haltestelle bei Schaf—
brück an der Bahn von hier nach St. Johann
gemacht worden, wie es scheint nicht erfolglos; denn
m Sommer hieß es, daß bis Mitte Oktober die
daltestelle errichtet werden sollte. Jetzt solleu aber
nach einer Correspondenz von Bischmisheim in der
„Saarbr. Ztg“ dem Projekte nachtheilige Einflüsse
jeltend gemacht worden fein und die Errichtung der
dalteftelle wieder in Frage stellen.
— Freinsheim, 8. Nod. Herr Richard
Huck dahier erntete eine Stoppel-Rübe in dem ge—
wiß seltenen Gewichte von 3000 Gramm, gleich
J Pfund.
Speyer, 7. Nov. In letzter Nacht schlitzten
5 Untersuchungsgefangene aus dem hiesigen Amts—
gerichtsz Gefängniß aus. Sie brachen die Mauer ihrer
im 2. Stockwerke gelegenen Zelle durch, ließen sich an
zusammengeknüpften Leintüchern auf die Straße
herab und sollen ihren Weg in's Badische genom—
men haben. (Sp. 3.
(Zwei derselben wurden von der Gensdarmerie
in der Gegend von Frankenthal aufgegriffen und
unter Schloß und Riegel gebracht.)
Vermischtes.
FSaarbrücken, 8. Nov. Die dessidirende,
später vom Innungsausschuß exkludirte Moajorität
der früheren Ausstellungskommission wird durch
hren Anwalt, Herrn Boltz, nunmehr bei Gericht
die Klage auf Rechnungslegung über das Aus—
stellungsunternehmen einreichen.
Bubenhände haben am Donnersiag, den 8.
d. M. zweimal den Versuch gemacht, die zwischen
Diedenhofen und Trier verkehrenden Eisen⸗
bahnzüge zum Entgleisen zu bringen. Das erste
Mal hatte man eine hölzerne Bahnschwelle quer
über das Geleise gelegt, die heranfahrende Loko—
motive zerschnitt glücklicher Weise das Hindernis
und fuhr unbeschädigt weiter. Bereits der darauf
olgende Zug fand fast an der nämlichen Stelle
einen großen Stein auf die Schienen gewälzt vor,
und auch diesmal wieder beseitigte die Lokomotive
das Hemmnis. Den eingeleiteten Recherchen wird
es hoffentlich gelingen, den oder die Frevler zu er—
mitteln.
Der Soldat Michael Löber des 17. Inf.⸗Reg.
wurde vom Militarbezirksgericht Würzburg we—
Jen Beleidigung des Königs von Bayern und des
Kriegsministers v. Maillinger zu 10 Mouaten Ge—
fängniß verurtheilt.
fF Berlin, 7. Nov. In hiefigen finanziellen
Zreisen erzählt man sich von ganz erheblichen Ver⸗
usten, welche großen Bankhäusern neuerdings zuge⸗
ügt worden seien. Man spricht davon, daß das
daus Rothschild Verluste von uͤber 100 Millionen
zu verzeichnen habe, und auch Berliner Firmen
verden genannt, welche in Mitleidenschaft gezogen
worden seien, und bei denen sich die Verluste nach
Millionen beziffern. Man spricht sogar davon,
daß der plötzliche Tod eines Mitgliedes des Hauses
notthid in Paris nicht natürlischer Au sein
soll (7