Full text: St. Ingberter Anzeiger

vl. Iugherter Amzriger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
Der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs— 
ßlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich TAG 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Vost bezogen 1.4 60 H, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 135 , bei Reclamen 80 4. Bei 4maliager Einrückung wird nur dreimalige derechnet. 
Ac 186. 
Politische Uebersicht. 
Deutsisches Reich. 
München, 9. Nov. Die Gerüchte, daß For—⸗ 
crrungen für die Civilliste des Königs an die 
rammer grelangen würden, werden offiziös als 
endenziös verbreitete Unwahrheiten bezeichnet. 
Aus München, 9. Novp., schreibt ein Corre⸗ 
vondent des „Berl. Tagebl.“: „Es verlautet, daß 
ie Kammerauflösung unmittelbar bevorstehe. In 
Abgeordnetenkreisen halte man diese noch nicht für 
iretkt bevorstehend, wohl aber glaubt man, daß 
ie bald erfolgen werde. In gut informirten Kreisen 
zilt die Ansicht. daß das Ministerium Lutz nur 
ester aus dem Ansturm hervorging, und daß ein 
ußerliches Zeichen der königlichen Gunst dies be— 
tätigen würde. Charakteristisch ist es, daß der 
Ministerrath Ziegler, Kabinetsrath des Königs, den 
berhandlungen über die Simultanschulen beiwohnte, 
im König Ludwig einen direkten Bericht erstatten 
u können.“ Wir glauben, daß der liberale Wahl⸗ 
ieg im Reiche für diesen Ausgang der Angelegen— 
jeit sehr schwer ins Gewicht fällt. Alle freisinnigen 
Lestrebungen, welche gegenüber der anscheinend bis⸗ 
jer im Volke steckenden Reaktionslust beinahe ent⸗ 
nuthigt waren, erstarken wiederum. Die liberalen 
Elemente des bayerischen Kabinets haben aufs Neue 
Vertrauen in den Erfolg ihrer Sache gewonnen, 
veil sie sehen, daß es mit dem „konservatiden 
hauch“ im deutschen Volke eitel Wind war. 
In der letzten Sitzung der bayer Abgeord⸗ 
tetenkammer (am 9. Nop.) wurden die Etats 
»es kgl. Hofbräuhauses, des Weingutes in Unter⸗ 
ranken, der Hoffischerei auf dem Chiemsee festge⸗ 
etzt. Nächste Sitzung Dienstag, 15. Rovember. 
Tagesordnung: Antrag des Abgeordneten Dr. M. 
Th. Mayer auf „Aufhebung der Civilehe“ und 
Antrag des Abgeordneten Luthardt auf .Bestrafung 
es Konkubinats.“ 
Bismarck will zurücktreten! Mit Be— 
agnahme auf die gestern erwähnte Mittheilung der 
Berliner „Post“, Bismarck habe geäußert „er sei 
müde, das Stichblatt für alle Bosheit, Nieder—⸗ 
rächtigkeit, Verleumdung und neidische Verdächtig- 
ing zu sein“ bemerkt die „Köln. Ztg.“ sehr richtig: 
„Was „Dank“ und „Undank“ der Nation angeht, 
so liegt der wahre Sachverhalt so glänzend vor 
Augen, daß nur der völlig Blinde denselben ver⸗ 
kennen kann. Das allein ist richtig, daß ein Staats— 
mann, ein Reichskanzler, sein Amt nicht führen 
sann, wie ein Feldherr; daß er etwa von ihm 
für nöthig erkannte, großartige sociale Reformen 
nicht einfuͤhren kann mittelst einfachen Commandos, 
sondern auf dem langsamen Wege gewinnender 
Rede und Begründung. Langsamer ist der letztere 
Weg, und zu den unumgänglichen Eigenschasten 
ines großen Staatsmannes gehört deßhalb neben 
nem brennenden Eifer auch eine große Gabe zäher 
Geduld. Und wenn es richtig ist, daß die Aussicht 
duf endlichen Erfolg solche unermüdliche thätige 
Geduld kräftig zu fördern vermag, — dann sind, 
unserer Meinung nach, die Umstaͤnde des Ausfalls 
der Wahlen noch immer solche, daß Fürst Bismarck 
gutes Vertrauen auf eine endliche ersprießliche Ent⸗ 
vidlung wohl festhalten darf.“ Ferner wird der 
Koln. Ztg.“ aus Berlin telegraphirt, daß dort 
—OO—— 
Gewisse Anzeichen scheinen aber dafür zu sprechen, 
daß ein Entlassungsgesuch Bismarck's eine neue 
Erweiterung seiner Machtbefuanisse zur Folge 
haben wird! 
Samstag, 12. November 1881. 
s6 Jahrg. 
In Abgeordnetenkreisen beschäftigt man sich be— 
ceits mit der Präsidentenwahl im Reichs⸗ 
tage. Hr. v. Forckenbeck hat darauf bezügliche 
Anfragen entschieden ablehnend beantwortet. Man 
denkt an Hänel, neben Frhrn. v. Frankenstein und 
Ackermann. 
Berlin, 9. Nod. Die „Prov. Corr.“ bringt 
einen Artikel über den neuen Reichstag und die 
virthschaftlichen Reformpläne. In diesem hebt sie 
jervor, die vereinigten liberalen Parteien würden 
zei Weitem keine Mehrheit bilden. Die Liberalen 
»edürften für eine sichere Mehrheit des Centrums. 
der Artikel schließt: Ob ein positives Schaffen 
chon jetzt möglich, oder Stillstand eintreten müsse, 
jängt von dem Centrum ab. Die Regierung wird 
zdurch diese Entscheidung in dem Urtheil über das, 
vas sie im Interesse des Volkes erstreben soll, nicht 
zeeinflußt. Vielleicht aber wird sie warten müssen, 
zis die Nation mehr Verständniß für die Reform⸗ 
zolitik zeigt und die politischen Interessen nicht 
nehr die Wahlen beherrschen. Jedenfalls wird die 
stegierung an den Plänen festhalten und sie mit 
Denen, die ihr folgen wollen, seiner Zeit durchzu—⸗ 
ühren suchen. 
In Berlin wurde der in vor. Nr. erwähnte 
Artikel der „Post“, die Demission des Fürsten 
Bismarck betreffend, allgemein als durchaus 
uthentisch angesehen. Die „Provinzialkorrespon⸗ 
enz reproduzirte denselben ohne jede Bemerkung. 
zn dortigen Kreisen scheint der Artikel große Ueber⸗ 
aschung hervorgerufen zu haben. 
Wie der „Krztg.“ mitgetheilt wird, enthalte der 
kFtat des Reichsamtes des Innern neuerdings die 
Forderung von 85,000 Mark für einen deutschen 
Volkswirthschafts rath nebst näherer Begrün— 
ung. 
Berlin, 9. Nov. Wie man hört, sollen für 
das Jahr 1882,83 an Matrikularbeiträgen 12 
Ddislionen Mark mehr als bisher für den Reichs⸗ 
Jaushalt gefordert werden. Zu gleicher Zeit werden 
2,600,000 Mark verlangt zum Bau eines Palastes 
n Straßburg, in welchem der Kaiser und die 
daiserin residiren können, wenn sie dahin kommen. 
in den Motiven zu dieser Forderung heißt es: 
Durch Errichtung eines solchen Gebäudes würde 
der Bevölkerung des Reichslandes ein deutliches und 
hauerndes Zeichen der unwiderruflichen Zusammen⸗ 
Jehörigkeit Elsaß-Lothringens mit Deutschland vor 
Augen gestellt werden.“ Der ausersehene Bauplatz 
lieat an der westlichen Seite des Kaiserplatzes 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 11. Nob. Die Postcours— 
karte für den Oberpostamtsbezirk Speyer mit 
Anschlüssen der benachbarten Reichspostbezirke für 
den Winterdienst 188182 ist dieser Tage erschienen 
und durch sämmtliche Postanstalten der Pfalz zu 
hdeziehen. Die Wichtigkeit derselben für das corre⸗ 
pondirende Publikum springt so in die Augen, daß 
sie sich von selbst zur Anschaffung für jedes Comp— 
toir und Bureau empfiehlt. 
*St. Ingbert, 11. Novb. Herr Photograph 
Dilig dahier erlaubte sich vor einiger Zeit, seine 
hotographische Aufnahme zur Erinnerung an den 
Besuch Seiner Koniglichen Hoheit des Prinzen 
Ldudwig von Bayern in unserer Stadt Seiner 
Excellenz dem Herrn Staatsrath und k. Regierungs- 
räsidenten v. Braun ehrerbietigst in Vorlage zu 
zringen. Dieser Tage ging nun demselben von 
dem Präsidialsekretariat im Auftrage Sr. Exc. des 
herrn k. Regierungspräsidenten ein Schreiben zu, 
worin er nach der Mittheilung, daß Se. Exc. durch 
die Uebersendung des betreffenden Bildes sehr erfreut 
varen und für die Aufmerksamkeit bestens danken 
assen, um Angabe des Kostenpreises ersucht wird, 
da Se. Erxc. das Bild zu behalten gewillt seien. 
* St. Ingbert, 11. Nov. Der am 17. 
Okt. als geisteskrank in das hiesige Spital ge— 
ommene Adam Bernhard, Tagelöhner in Schnapp⸗ 
hach, wurde heute in die Heilanstalt nach Klingen— 
münster verbracht. 
— St. Ingbert. Ueber den Gebrauch von 
Schankgefäßen gibt das k. b. Staatsministerium 
des Innern folgenden Erlaß bekannt: „Es haben 
sich Zweifel darüber ergeben, ob Schankgefäße, 
welche den Vorschriften des Reichsgesetzes vom 20. 
Juli l. Is. entsprechen, im öffentlichen Verkehre 
jetzt schon zugetassen seien, oder ob die Vorschriften 
der Verordnung vom 17. April 1880, die Eichung 
der Schankgefäße in Gast- und Schankwirthschaften 
detr., bis zum 1. Januar 1884 als den für die 
kinführung des Reichsgesetzes festgesetzten Termin 
zusschließend in Anwendung zu kommen haben. 
Rachdem indeß der Termin für das Inkrafitreten 
)es Reichsgesetzes nach der Natur der Sache wie 
iach der Begründung des Entwurfes nur deßhalb 
inausgerückt worden ist, um den Betheiligten Ge— 
egenheit zu bieten, bei Neuanschaffungen auf die 
illmähliche Ersetzung ihrer bisherigen Vorräthe durch 
Schankgefäße Bedacht zu nehmen, welche den neueren 
Porschriften Genüge leisten und hiedurch letztere 
noch vor dem Beginne des Jahres 1884 in den 
Verkehr einzubürgern, sind bis zu dem bemerkten 
Zeitpunkte Schankgefaße im öffenilichen Verkehr un— 
beanstandet zu lassen, welche den Vorschriften des 
neuen Reichsgefetzes oder der Verordnung vom 17. 
April 1880 entsprechen. 
— Aus Landau, 7. Nov., schreibt man der 
„Pf. Pr.“: Der Sergeant, welcher sich am Mon⸗ 
lag Morgen erschoß, hatte Geld im Betrage von 
350 M. aus der Kasse der 3. Kompagmi ent⸗ 
wendet. Er diente bereits im 4. Jahre und soll 
der Sohn vermogender Eltern gewesen sein. 
— Bergzabern, 8. Nov. Für die hiesige 
Stadt sowie für die Orte Pleisweiler, Gleishorbach, 
Gleiszellen, Niederhorbach, Kapellen, Birkenhördi 
und Dörrenbach ist bis zum 3. Februar 1882 die 
Hundesperre angeordnet worden, da ein Hund, 
welcher in Zweibrücken von einem wuthverdächtigen 
Hunde gebissen wurde, hierher gehracht worden 
war. — 
— Grünstadt, 8. Nov. Vor einigen Tagen 
wurde in Ebertsheim einem Wirthe wäbhrend der 
Ausland. 
Paris, 10. Nop. Das „Journal oöfficiell“ 
publizirt heute noch nicht die Demission des Kabinets. 
der Ministerrath tritt heute unter dem Vorsitze 
Gréͤphs zusammen. 
London, 9. Nob. (Weibliche Landliga.) 
Bei dem gestrigen Meeting der weiblichen Landliga 
n Dublin wurde die Parole ausgegeben, „sich nie 
mmeinen Engländer zu verheirathen und keinem 
Bolizeidiener etwas zu trinken zu geben.“ 
Konstantinopol, 10. Nob. Die Pforte 
ichloß einen Vertrag wegen Lieferung von 100 
Mitrailleusen, die gegen Torpedos brauchbar sind, 
owie von 50 Feld⸗Mitrailleusen nach dem System 
des Schweden Nordenfeldt. 
Algier, 9. Nopv. Von der Kolonne des Gene⸗ 
rals Delebeque hat man seit dem 3. Nov, keine 
Nachricht. Dieselbe sollte am 5. Isch verlassen und 
och Moahar marschiren