Full text: St. Ingberter Anzeiger

Von jenseits des Ozeans kommen inhaltsschwere 
Nachrichien aus dem südlichen Amerika. 
Der mehrjährige Vernichtungskampf zwischen Chili 
and Peru neigt sich einem sehr bedenklichen Ende 
zu. Vor Kurzem hat Chili eine außerordentliche 
Gesandtschaft nach Peru geschickt mit dem Auftrage, 
diesem Lande Frieden aufzuerlegen und eventuell 
eine Okkupation des ganzen Gebietes in Aussicht 
gestellt. Gegen diesen geplanten Gewaltstreich hat 
nun die Regierung von Washington entschieden Ver— 
wahrung eingelegt; die vom Gesandten der Ver— 
einigten Staaten an die chilenische Regierung in 
Lima übergebene Note lautet sehr kategorisch: dem— 
nach ist die nordamerikanische Regierung fest ent⸗ 
schlossen, fich der Vernichtung der peruanischen 
Rationalität zu widersetzen. 
— 
Lokale und pfälzische Nach richten. 
*St. Ingbert, 15. Nov. Bei der vor— 
gestern in Speyer stattgehabten Verloosung des 
pfälzischen Kunstvereins fiel der I1. Gewinn: Fein, 
Emilie, Wallenstädter See, Werth 160 Mk, Herrn 
kgl. Amtsrichter Zahn dahier zu. 
— Aus Maikammer wird dem „pfälzer 
Kurier“ mitgetheilt, es sei dort durch einen Fort— 
schrittler das Stichwort ausgegeben worden, die 
Religion sei in Gefahr, wenn Reiffel nicht 
gewählt werde — und so kam auch der letzte Ul⸗ 
tramontane zur Wahlurne! Ist das nicht hübsch? 
Es graut Einem, wenn man daran denkt, was 
alles in den letzten Tagen zusammengelogen worden 
ist! Die Geschichte mit der „Religion in Gefahr“ 
ist übrigens nicht Original, sondern von den De— 
mokraten copirt, die sich Sonnemann an der Spitze, 
neuerlich als Schutz- und Schirmherren der kathol. 
sirche geriren. Macht sich recht gut! 
— Einem Grünstadter Kaufmann wurde von 
der kgl. Postexpedition daselbst ein Brief mit dem 
Bemerken zurückgegeben, daß derselbe in Neustadt 
a. d. H. bis zur Unkenntlichkeit des Inhalts von 
den Mäusen zerfressen worden und deshalb eine 
Zustellung an den Adressaten unmöglich sei. 
—Speyer, 14. Nov. Am Samstag Mittag 
starb dahier an einer Lungenentzündung Dom— 
capitular und geistlicher Rath Jakob Vogt (früher 
Pfarrer in Ludwigshafen). Seine Leiche wurde 
gestern Nachmittag nach seinem Geburtsorte Königs- 
hzach gebracht. Herr Voat war ein allgemein hoch— 
geachteter Mann. (Sp. Zt.) 
— Speyer, 13. Nov. Der heute hier eröff⸗ 
neten Generalsynode der protestantisch-unirten 
—V 
folgende Vorlagen gemacht:: 1) wegen Erhebung 
einer ständigen einprocentigen Umlage bei den pro— 
testantischen Cultusgemeinden behufs der Aufbesser⸗ 
ung der Pfarrbesoldungen, 2) wegen Anwendung 
einer veränderten Form bei Führung der Kirchen— 
bücher, 3) wegen Regulirung der Gebühren für das 
niedere Kirchenpersonal, 4) wegen redactioneller 
Aendernng und Berichtigung der mit allerhöchster 
Genehmigung eingeführten Religionsbücher bei Ver— 
anstaltung einer neuen Auflage, 5) wegen Erhöhung 
und resp. Neuregulirung der Bezüge der Pfarrwitt⸗ 
wen, dann der einfachen und doppelt verwaisten 
Pfarr-Relicten, 6) wegen Erhöhung der Position für 
außerordentliche Unterstützung der Pfarrwittwen in 
Nothfällen, 7) wegen Gewährung eines jährlichen 
Beitrages aus der Pfarrwittwenkasse zur Verabreich⸗ 
ung von Gymnasialstipendien an Theologie studirende 
Pfarrerssöhne, 8) wegen Gewährung einer Entschä⸗ 
digung an Geistliche für Baarauslagen bei der ob— 
ligatorischen Versehung erledigter Pfarrstellen, 9) 
wegen Erhöhung der den Geistlichen bei der noth— 
wendigen Haltung von Vicaren gewährten Briträge. 
Pf. K.) 
— Am vergangenen Sonntag soll sich in Dir m⸗ 
—A 
durtigen Kegelbahn ein ganz eigenthümlicher Kampf 
abgewickelt haben, der wegen seines tragikomi⸗ 
schen Ausgangs seines gleichen nicht so 
leicht finden dürfte. Zwei Spieler geriethen mit 
einander in Disput, ein Wort gab das andere und 
ehe man es sich versah, waren die Streitenden ein⸗ 
ander in die Haare gefahren. Das Resultat des 
Kampfes war, daß der eine sein halbes Ohr unter 
den Zähnen des Gegners lassen mußte, während 
der andere den theilweisen Verlust seines schönen 
Bartes zu beklagen hat. Die Kämpfer, welche von 
dem „Neuen“ ganz eingenommen waren, sollen erst 
am andern Morgen mit Staunen gesehen haben, 
mie ihnen mitgespielt worden 
Vermischtes. 
München, 7. Nov. Das Königliche Amts— 
gericht München J hat jüngst eine sehr wichtige Ent— 
cheidung getroffen. Bekanntlich ist es im höchsten 
Frade streitig, ob zwischen Oesterreich und Bayern 
hegenseitigkeit bezüglich der Vollstreckung von Ur— 
heilen besteht. Der österreichische Oberste Gerichts— 
sof hat zwar in neuerer Zeit angenommen, daß 
Begenseitigkeit bestehe; aber die Gerichte haben sich 
»is jetzt noch nicht gefügt, und hervorragende Ju— 
risten bestreiten die Richtigkeit dieses Urtheils, wie 
denn auch in den bekanntea Couponsprozessen noch 
ein bayerisches Urtheil in Oesterreich vollstreckt 
vurde. Auch das hiesige Landgericht hat bis jetz 
onsequent dahin entschieden, daß die Vollstreckung 
ʒsterreichischer Urtheile in Bayern nicht erfolgen 
oͤnne, weil Gegenseitigkeit nicht bestehe. Vorgestern 
jat nun die erste Kammer des Königlichen Land⸗ 
gerichtes J die entgegengesetzte Behauptung ausge— 
prochen und dahin entschieden, daß österreichische 
Artheile in Bayern zu vollstrecken seien und die 
Begenseitigkeit verbürgt erscheine. 
F In Großrenuth bei Nürnberg hatte ein 
dortiger Gastwirth in früheren Jahren sozialdemo— 
kratisch gewählt und agitirt. Bei der Wahl am 
27. v. Mis. geschah dies nicht mehr. Am Tage 
iach der Wahl kamen demselben nun in seine 
Wohnung, den Hof, den Weg u. s. w. geworfen, 
aicht weniger als sechs Brandbriefe zu, welche ihn, 
den Verräther, mit Ansteckung von Haus und Hof 
z»edrohten; sein Söhnchen wurde unterwegs von 
inem Manne angepackt und mißhandelt, mit gleich— 
eitiger Beschimpfuug seines Vaters und der An⸗— 
rage, ob jener doch die Briefe erhalten. In der 
That brannte, jedenfalls angesteckt, alsbald die 
Scheune des Wirthes ab. Seitdem hat der Bür⸗ 
germeister ebenfalls Brandbriefe erhalten. 
FRegensburg, 14. Nov. Der Schneider 
Moritz, welcher wegen Fälschung der hiesigen Land— 
tagswahl angeklagt war, wurde zu drei Monaten 
Zefängniß und den Kosten verurtheilt, und ihm 
xẽhrenrechte auf fünf Jahre aberkannt. Die Motive 
»es Erkenntnisses sprechen aus, daß der Angeklagte 
orsätzlich und absichtlich im Interesse seiner (der 
patriotischen“) Partei ein unrichtiges Wahlergeb⸗ 
niß herbeigeführt habe, wodurch in vorliegendem 
Fall auch die Aenderung der Person des Gewählten 
Direktor Bonn) sich ergebe. 
F Am 20. d. M. findet in Regensburg eine 
Versammlung sämmtlicher Gerichtsvollzieher 
Zayerns statt, um ihr derzeit bestehenes geringes 
diensteinkoumen zu besprechen und bessere 
Finkünfte zu erbitten, bezw. anzubahnen. 
Bei einer Tanzmusik in Kirchenthumbach 
Bayern) wurde von dem Bürgerssohn Kelber 
»on Thumbach aus Eifersucht dem Banerssohn 
Eckert ein Stilet derart in den Unterleib gestoßen, 
daß der Verletzte unter großen' Schmerzen sein Leben 
iufgeben mußte. Nach der That zeigte der rohe 
Mensch das blutige Messer mit den Worten: „Ich 
hzab' Einen getupft!“ 
F Nach einstimmigem Beschlusse sämmtlicher Aus— 
chußmitglieder des bayerischen Turnerbundes soll 
das 6. bayerische Kreisturnfest, verbun— 
»en mit dem 13. bayerischen Kreisturntage, im 
Jahre 1882 in Bamberg abgehalten werden. 
FGie landwirthschaftlichen Spe— 
ial-Vereine in Bayern.) Darüber ent— 
ehmen wir der „Bayer. Wochenp.“. Im Jahre 
872 bestanden in Bayern u. A. 42 Bienenzucht⸗, 
4 Garienbau-, 8 Obst- und Weinbau⸗, 7 Fischerei⸗ 
ind 2 Hopfenbau-Vereine. Zu diesen Vereinen 
ind später solche für Geflügelzucht gekommen und 
jaben sie inzwischen, und zwar vorzugsweise im 
Zereiche der Fischerei, der Bienen- und Geflügelzucht, 
»urch das besonders werthvolle Zustandeko mmen 
yon . reisvereinen nicht nur an Ausdehnung ge⸗ 
vonnen, sondern auch für diese speziellen Fächer 
jehr erhebliche Fortschritte erzielt. 
In Folge dessen hat es das kgl. Staatsmini— 
terium des Innern, Abtheilung für Landwirthschaft, 
Bewerbe und Handel, als wünschenswerth und für 
die Zwecke dieser Spezialvereine als förderlich er⸗ 
achtet, über den Bestand und die Mitgliederzahl 
der verschiedenen landwirthschaftlichen Spezialvereine 
Frhebungen zu veranlassen. 
Das Ergebniß dieser Erhebungen ist, wie wir 
dem neuesten Heft der Zeitschrift des landwirth— 
chaftlichen Vereins entnehmen, ein sehr erfreuliches, 
ndem zur Zeit in Bayern 231 landwirthschaftliche 
S„pezialvereine mit über 23. 000 Mitaliedern bestehen 
Zahl der Zahl der 
Bienenzucht⸗Vereine .. Mitglieder 5048 
Fisch reie Vereine ... 2906 
Geflügelzucht-Vereine 4759 
Obst⸗ u. Gartenbau⸗ 7576 
Weinbau⸗Vereine. 1053 
Hopfenbau⸗Vereine. 1427 
Pferdezucht⸗Vereine.. v F— 1476 
Gesammisumme nglieder Bodg 
F Die Stichwahl in Ottweiler-St. Wenden 
Meisenheim hatte folgendes Resultat: Herr 
Bergrath Täglichsbeck (libr. erhielt 11916 
ind Herr Professor von Hertling (Centr.) 1045)] 
Stimmen. 
Frankfurt. Eheliche Zwistigkeiten. 
Zwei hier wohnende Schuhmachers-Eheleute leber 
fast täglich im Streite und zieht dabei regelmäßig 
der Mann den Kürzeren. Bor etwa 14 Tagen 
wurde er von seiner Frau mit einem Besenstiele 
so verarbeitet, daß er ärztliche Hilfe in Anspruch 
nehmen mußte. Die Wunden sind kaum geheilt 
ind schon hat der Mann wiederum eine recht be— 
denkliche Verletzung erlitten. Die Frau machte 
vorgestern einem neuen Streite dadurch ein Ende, 
daß sie ihrem Manne einen Topf mit siedend heißem 
Kaffee an den Kopf warf. Der geplagte Mann 
will jetzt gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen. 
Buchsweiler (Elsaß), 10. Nobbr. Ein 
chrecklihher Unglücksfall ereignete sich heute am 
siesigen Bahnhof beim Graben eines Brunnens. 
derselbe sollte 24 Meter tief werden, wovon bereit 
18 Meter ausgegraben waren, als er plögßlich theil⸗ 
weise einstürzte und drei Männer mit herahriß. 
bdon denen zwei, als man sie herauszog, so schreck 
lich zugerichtet waren, daß sie nach wenigen Augen— 
hlicken unter den gräßlichsten Schmerzen ihren Geist 
aufgaben, während der dritte wunderbarer Weis⸗ 
nit ganz leichten Contusionen davonkam. (S. W. 
(Wieder eine Erbschaft.) Aus Wert 
zeim a. M. wird uns berichtet: Seit im Sommer 
). J. die Stumpf'sche Erbschaft, in dem nahen 
Bamberg, zur Vertheilung gelangte, und dadurch 
in dreißig größtentheils ganz arme Leute, in Besitz 
»on Vermögen kamen, ist ein wahres Erbschafts— 
ieber in uͤnserem Landestheil zum Ausbruch ge— 
ommen. Jetzt ist der Wiener Ott'sche Nachlaß au 
»er Tagesordnung: die glücklichen Erben wohnen 
neistens in den nahen badischen Orten, Wittig— 
Jjausen, Zimmern und Grünsfeld, gehören der gering 
»emittelten Classe an und kommen jeder hiedurch 
u etwa 200,000 Mk. Vermögen. Eine weiter 
Lerlassenschaft, deren Erben hier und der Umgebungç 
vohnen, bildet zur Zeit hier das Tagesgespräch. 
5s handelt sich hier, die berechtigten Erben eines 
Fluhrer“ zu ermitteln, der in Lausanne in der 
Schweiz gestorben ist und 392 Millionen Fres. 
interließ. Bis jetzt haben als berechtigt nur die 
iesigen Familien M. und Kr. ihre Ansprüche an— 
jemeldet und befinden sich Schweizer Anwälte in 
Änterhandlung mit denselben. 
zGeichsgerichts-Erkenntnisse.) Nas 
inem Erkenntnisse des Reichsgerichts betreffend di— 
Auslegung der Position „Schuldverschreibungen! 
»es Stempeltarifes zum Gesetze vom 7. März 1882. 
begründet es rechtlich keinen Unterschied, ob dit 
Bedingungen, unter welchen eine Schuld, namentlick 
ein Darlehen, kontrahirt wird, von dem Glaubiger 
der dem Schuldner ausgesprochen werden; allein 
ntscheidend ist, daß der Schuldner seine Zustimmung 
rklart. und jofern es auf Herstellung einer Schuld 
erschreibung ankommt, die seine Zustimmung ent⸗ 
jaltende Urkunde unterschreibt. 
Der „deutsche Verein für Armenpflege und 
Wohlthätigkeit“, welcher in Berlin tagte, ha 
folgende Satzungen angenommen: 81: Zweck de⸗ 
Vereins ist: Zusammenfassung der zahlreichen Re— 
ormbestrebungen, welche auf dem Gebiete der Ar 
menpflege und Wohltätigkeit hervortreten, und fort 
esete gegenseitige Aufllärung von auf diesem Ge 
iete thaͤtigen Personen. Hierzu dient als wesent 
iches Mitlel die regelmäßig in jedem Jahre wieder— 
kehrende öffentliche Versammlung der Vereinsmit⸗ 
zlieder. Der Ort der Versammlung wird jedesmal 
hesonders festgesetzt. 8 2: Mitglied des Verein⸗ 
ann jeder werden, der sich für Armenangelegen⸗ 
Jjeiten interessirt und sich zu einem jährlichen Bei⸗ 
rage von mindestens 5 Mark verpflichtet. —X 
Ebenso können Communen, Communalberbãnde 
Armenverwaltungen, milde Stiftungen, Wohlthatig 
keitsbereine und Wohlthätigkeitsanstalten aller Ar 
Mitglieder werden. Dieselben entrichten einen 
Fahresbeilrag von mindestens 10 Mark. Sie sind 
Ferechtigt. sich auf den Versammlungen durch einen