Full text: St. Ingberter Anzeiger

x»ÿᷣl. Ingherter Atzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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der Et. Ingberter Anjeiger“ erscheint wöchenltich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
latt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 40 2 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 M 60 , einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 135 H, bei Neclamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
1904. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Vayer. Landtag. Im Finanzausschuß fragte 
aillant (Pfälzer) an, ob die Regierung geneigt 
u, die Rückvergütung fürausgeführtes Bier, 
zie die Pfälzer Brauer wünschen, zu erhöhen. Der 
inanzminister verneinte diese Frage. 
Das Entgegenkommen der bayerischen Staats⸗ 
gierung in der von der Rechten der Kammer 
er Abgeordneten angeregten Frage, die durch Reichs— 
esetz bis jetzt garantirte Straflosigkeit des 
donkubinars durch Reichss oder Landesgesetz 
ubeseitigen und wieder zurückzukehren zu den 
a dieser Materie einschlägigen Bestimmungen des 
rüheren bayer. Strafgesetzbuches, sowie die Zu— 
immung der Linken hierzu hat allenthalben einen 
uten Eindruck gemacht, wie aus verschiedenen Preß⸗ 
cganen zu ersehen ist. An der Ausführung der 
usage der Staatsregierung, nach dem Beispiele 
nderer Bundesstaaten auf dem Wege landes⸗— 
setzlicher Bestimmungen gegen diese auch von 
»rx Regierung nicht bestrittene Kalamität vorzu— 
ehen, darf nicht gezweifelt werden. Die Wahl 
eses Weges ist ganz besonders deßwegen zu be— 
rüßen, weil derselbe nicht nur als der kürzere den 
dorzug vor dem umständlichen Apparate einer 
deichsgesetzgebung verdient, sondern ganz besonders 
eßwegen, weil nur hiedurch eine volle Berücksich— 
aqung der bayer. Verhältnisse ermöglicht ist. 
Berlin, 20. Nop. Wir erhalten Kenntniß, 
hreibt die „Tribüne“, von einem neuen Versuche 
er Massen-Agitation, welcher von konser— 
ativer Seite augenblicklich in das Werk gesetzt wird. 
5s werden in einzelnen Kreisen der Monarchie 
zxemplare einer an das königliche Staatsmini— 
terium zu richtenden Petition verbreitet, in welcher 
nicht weniger gefordert wird, als die Aufhebung 
er Grund⸗, Gebäude- und Gewerbesteuer und Ab⸗ 
välzung der Schul- und Armenlasten von den Ge⸗— 
neinden auf den Staat. Ueber die Undurchführ— 
arkeit dieser Forderungen wird bei den Verbreitern 
elbst wohl kein Zweifel auftauchen; der Zweck, der 
nit dieser neuen Aufregung der Bevölkerung ver— 
unden ist, läßt sich nicht verkennen. 
Berlin, 20. Nov. Professor Günther aus 
dürnberg ist im hiesigen fünften Wahlkreis nun—⸗ 
nehr definitiv als Reichstagskandidat der Fort— 
chrittspartei aufgestellt. 
Berlin, 20. Nov. Wenn sich das Material 
ür den Reichstag nicht vermehrt, so hält man es, 
vie der „N. Z.“ berichtet wird, für sehr wohl 
nöglich, damit bis vor Weihnachten zum Abschluß 
u gelangen. Mit der geschäftlichen Behandlung 
»es Budgets soll wie in sfrüheren Jahren vorge— 
angen werden, so daß die besonders wichtigen 
theile an die Budgetkommission gelangen und das 
lebrige im Plenum berathen wird. Die Rech— 
ungsübersichten werden an die Rechnungskommis— 
on gehen. Das Budget wird auch nur in der 
illgemeinen Debatte und bezüglich vereinzelter 
zunkte, wie des Volkswirthschaftsraths, zu eingeh— 
nden Erörterungen führen. Die Vorlage wegen 
er Kostenbewilligung des Hamburger Jollan⸗ 
hlusses wird wahrscheinlich einer Commission 
iberwiesen werden. 
Das „Berl. Tgbl.“ bemerkt zu dem Ausfall der 
steichstags-Präsidentenwahl: „Mag die 
dechte sich unbestritten in die Wurde und Bürde 
Dienstag, 22. November 1881. —16. Jahrg. 
des Präsidiums theilen, die Linke blickt ohne Neid 
ind ohne Groll auf diesen Ausgang der Sache. 
za, es ist von großem Werthe, daß' die Linke in 
ieser Hinsicht gar keine Verpflichtungen übernommen 
sat. Ihre Zeit wird kommen, und vielleicht rascher, 
ils Mancher es zu denken vermag. Aber die Linke 
oll nicht eher in die Präsidialgeschäfte des Reichs— 
ages treten, als bis diese ihr unbestritten 
vieder zusallen. Vorläufig bleibt sie in dieser aus⸗ 
hließlich zuwartenden Position viel stärker und 
influßreicher, als dadurch, daß sie durch einen 
handel ihre eigene Stellung getrübt hätte.“ 
Es war dies die erste Hinrichtung im geschlossenen 
Raum vor Zeugen. 
Washington, 20. Non. Das Benehmen 
Buiteau's in seinem Prozeß ist unverändert un— 
näßig. Bei der Rückführung Guiteau's nach dem 
Befängniß schoß heute ein junger Mann zu Pferd 
ein Pistol auf Guiteau ab und verwundete ihn 
seicht am Handgelenk. Der junge Mann wurde 
»erhaftet; man glaubt, er sei verrückt. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
Ausland. 
* St. Ingbert, 22. Nov. In der gestern an 
dieser Stelle gebrachten Notiz ist der Name des 
Amtsverwesers des Herrn kgl. Notars Sauer, des 
derrn Wiest, irrthümlich Wies angegeben. 
* St. Ingbert, 22. Nov. Unser Reichtags⸗ 
ibgeordneter, Hr. Hüttenwerksbesitzer OskarKrämer, 
rat im Reichstag mit dem Abgeordneten für Ott⸗ 
veiler⸗St. Wendel-Meisenheim, Herrn Bergrath 
Täglichsbeck von Heinitz, zund dem früheren preußi⸗ 
chen Cultusminister Dr. Falk der nationalliberalen 
Fraktion bei. 
* St. Ingbert, 22. Nov. Unsere Stadt 
zerliert in den nächsten Tagen den kgl. Amtsrichter 
zußer dem Status, Herrn A. Zahn. Derselbe 
ourde auf sein Ansuchen unter Einreihung in den 
Status an das Amtsgericht Ludwigshafen, an dem 
er schon früher fungirte, versetzt. Mit Bedauern 
ieht man den allseits beliebten Herrn von hier 
cheiden. Auf die bei dem hiesigen Amisgericht er—⸗ 
edigte Amtsrichterstelle außer dem Status wurde 
der k. Gerichtsschreiber bei dem Amisgericht 
Frankenthal, Herr L. Trauth, befördert. 
* St. Ingbert, 22. Nov. Die Liste der 
Gewinne, welche in der am 17. November 1881 
in Quirnbach abgehaltenen Vorloosung von 
Pferden und anderen Gegenständen gezogen wurden, 
iegt in der Expedition des St. Ingberter Anzeiger 
u Jedermanns Einsicht offen. 
* Nach dem günstigen Erfolge den man hier, in 
homburg, St. Johann-Saarbrücken ꝛc. mit dem 
Vereine gegen Hausbettel und Vagabondage erzielt 
jat, beabsichtigt man nun auch in Zweibrücken 
nuf Anregen des dortigen Gewerbevereins einen 
derartigen Verein zu gründen. Zunächst sollen die 
his jetzt gepflogenen Erhebungen einer auf heute 
Abend einberufenen größeren Versammlung vorge— 
egt werden. Dieser bleibt es dann vorbehalten, 
ich über die event. Gründung des gedachten Vereins 
chlüssig zu machen. 
* Ein aus den H. H. Regierungsrath Frhr. von 
Harald und Kaufmann Rösinger in Spehyer, 
Bürgermeister Stubenrauch in Sondernheim und 
sealienlehrer Knapp in Frankenthal bestehendes 
rovisorisches Comitee ladet Interefssenten und 
Freunde der Fischzucht auf Dienstag, 29. Novbr. 
. J. zu einer Versammlung nach Speyer (Wittels— 
zacher Hof) ein behufs Gründung eines pfälzischen 
dreisfischerei⸗Vereins. 
— Die Gemeinde Landau will ein Anlehen 
don 100,000 M. aufnehmen, wovon ein⸗ Turn— 
halle gebaut und ein Grundstück des Militärsärars 
rxworben werden soll; die Sache hangt nur noch 
yon der Zustimmung einer demnächst zu berufen— 
den Bürgerversammsung ab, an welcher nicht ge— 
weifelt wird. — Das vom Ingenieur Ritter aus 
Mannheim vorgelegte Projekt zur Canalisirung der 
rördlichen Hälfte Landaus Gostenvorauschlag 
188.000 M. hat der Stadtrath gutgeheißen. 
Wien, 20. Nob. Die „Montagsrevue“ theilt 
ait, daß die Ernennung Kalnoky's seit gestern 
eststehend ist. Seine Wahl sei als eine entschiedene 
rortsetzung der bisherigen auswärtigen Politik, 
eren Mittelpunkt der unverbrüchliche Anschluß an 
deutschland ist, zu betrachten. — Zuverlässige 
NRittheilungen in der „Montagsrevue“ besagen: 
zesuche Kaiser Wilhelms im Hotel du Nord zu 
zerlin gelten einer Dame, welche die geheime po— 
nische Vertrauensperson des russischen Kaisers sei. 
dieselbe trifft in regelmäßigen Zwischenräumen in 
zZerlin ein, Kaiser Wilhelm bestimmt ein Hotel— 
immer als Rendezvousort und nimmt während 
er oft zweistündigen Besuche bei der Dame, 
velche übrigens eine Gräfin ist, den Thee ein. 
Wien, 20. Nop. Graf Kalnoci (bisher 
sterreichischer Gesandter in Petersburg) ist zum 
Ninister des Auswärtigen (als Nachfolger des ver⸗ 
sorbenen Barons v. Haymerle) ernannt worden. 
der Graf reist nächste Woche nach Petersburg, um 
ort sein Abberufungsschreiben zu überreichen. 
Die Hetze und Brandreden in den Pariser kom⸗ 
aunistischen Versammlungen siud in Frankreich 
soch nicht ganz ohne Wiederhall geblieben. In 
Narseille wurden in der Nacht zum Samstag zahl⸗ 
eiche Maueranschläge angeheftet, in welchen es 
eißt: „Es ist Zeit, den erbitterten Kampf ohne 
Vaffenstillstand und ohne Gnade wieder zu be— 
innen, weil man nicht mehr gleichgültig bei der 
unesischen Gräulichkeit bleiben kann, in welcher 
msere Soldaten zum Ruhme und zum Besten Gam— 
ettas, des meineidigen Bürgers u. s. w., hinge⸗ 
nordet werden.“ Der Aufruf schließt mit den 
Vorten: „Arbeiter, laßt uns die Mittel anwenden, 
oelche die Wissenschaft bietet, deren sich die Nihi— 
isten und Fenier zum Vorbilde bedienen. Es ist 
—RD 
ind Meuchelmördern des Volkes den Tod zu geben.“ 
London, 19. Nov. Die Agrarmorde nehmen 
n Irland zu: gestern wurde ein Gutsverwalter 
mweit Ballyhannis erschossen; zwei Andere, da⸗ 
unter ein Neffe des Lord Digby wurde unweit 
Tullamore durch Gewehrschüsse schwer verwundet. 
— Die Großmächte discutiren die Frage der 
S„chleifing der Donaufestungen. Die russischen 
Slavophilen unterstützen die Opposition Bulgariens 
segen diese Schleifung. Oesterreich und Deutsch⸗ 
and urgiren jedoch die sofortige Inangrifinahme 
erselben. 
Wie man der „Nordd. Allg. Ztg.“ aus St. Pe⸗ 
ersburg mittheilt, ist der russische Marineoffizier 
SZuchanoff, welcher beschuldigt worden war, 
»as zu dem Attentate am Katharinenkanal verwen⸗ 
»ete Dynamit heimlich aus dem Depot der kaiser— 
ichen Marine gegeben zu haben, vor Kurzem da— 
elbst durch den Strang hinagerichtet worden.