Full text: St. Ingberter Anzeiger

ꝓↄi. Jusherter auzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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der „Et. Ingberter Dnzeiger“ er Heint wöchenltich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonutag; 2mal woͤchentlich mit Unterhaltungs 
Blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 40 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen LA c60 H, einschließlich 
10 H Zuftellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die Agespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Insera:en aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen, 
auf welche die Expedilion Auskunft ertheilt, 13 H, bei Neclamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
AMA 195. *— Donnerstag, 24. November 1881. 
16. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Vereinigung 48, Nationalliberale 45, Reichsbartei 
27, Volkspartei 7. 
Zwischen Conservativen und Centrum 
inden, nach der „Fr. Pr.“, Besprechungen statt, 
velche den Zweck haden, sich über diejenigen Punkte 
in verständigen, in denen ei FZusammengehen 
moöglich ist. 
Es ist durchaus nicht zu leugnen, daß die im 
xtat des deutschen Reiches zum Ausdruck 
ommende Finanzlage eine befriedigende ist. 
dach der Einführung so außerordentlicher Zoll- und 
“„teuererhöhungen, wie die von 1879, könnte es 
uch gar nicht anders sein. Den Matrikularbei— 
rägen von 116 Millionen Mark steht eine Heraus— 
ahlung von 83,400,000 Mark an die Bundes⸗ 
taaten gegenüber. Bis auf 32 bis 33 Millionen 
Nark sind die Matrikularbeiträge also thatsächlich 
eseitigt, da erst für den Etat pro 1883 —84 der 
osle Ertrag der Tabaksteuer-Erhöhung in Ansatz 
ommen wird (die Steigerung tritt bekanntlich stufen⸗ 
veise ein) uud da die Zollerhöhungen von 1879 
leigende Erträge ergeben dürften, sobald wirklich 
ine wesentliche Besserung der wirthschaftlichen Ver⸗ 
zältnisse erfolgt. 
Plakate herabreißen ließ, welche die Inschrift trugen 
„Es lebe die Republik! Nieder mit der Monardie! 
Nieder mit dem österreichischen Obersten, der sie 
repräsentirt!“ Verhaftungen wurden vorgenommen, 
die eigentlichen Urheber der Demonstration aber 
zisher nicht ausfindig gemacht. 
Durch einen eigenthümlichen Zwischenfall wurden 
im Montag die Verhandlungen der italienischen 
Deputirtenkammer momentan unter— 
»rochen. Während der Berathung des Budgets 
iel nämlich von der Tribüne ein Revolver in den 
*itzungssaal vor die Bank der Commission, ohne 
ꝛdoch loszugehen. Der Präsident ordnete die so⸗ 
ortige Verhaftung des Schuldigen an. Nach einer 
urzen Pause wurde sodann die Berathung des 
Budgets fortgesett. 
Nach einer Petersburger Meldung! des 
„Tageblatt“ erging seitens des Hofministeriums der 
Befehl, daß bis zum 1. Mai sämmtliche Vorbereit⸗ 
ungen zur Krönung in Moskau beendet sein 
müßten. 
Deutsches Reich. 
München, 22. No. In der Abgeord⸗ 
Atenkammer verlas heute der Minister des 
znnern eine königliche Botschaft, wonach die Land⸗ 
agssession bis zum 81. November verlängert 
vird. Den Gesetzentwurf betr. die Fortdauer des 
Nalzaufschlass nahm die Kammer mit 89 gegen 
32 Stimmen nach dem Ausschußantrag an, wonach 
»ie Forterhebung nur für drei Monate des Jahres 
1882 genehmigt wird. Referent Ruppert hob 
jegenüber - der vom Finanzminister geäußerten Be— 
jenken hervor, daß bei der Stellung der Mehrheit 
zeit des Hauses gegenüber dem Ministerium alle 
onstigen Gründe in den Hintergrund treten müßten. 
Nach einer auf zuverlässigen Informationen be— 
uhenden Mittheilung des „Berl. Tagbl.“ findet 
wischen Hohenschwangau, dem augenblick⸗ 
ichen Aufenthalte des Königs von Baiern, 
ind den Ministerien in der Residenz Tag für Tag 
in sehr lebhafter telegraphischer Verkehr statt. Um 
velche Fragen es sich dabei handeln dürfte, läßt 
iich aus den Schwierigkeiten, mit denen das bairische 
Ministerium unter dem Ansturm der Kammer— 
najorität zu kämpfen hat, recht leicht schließen. 
Berlin, 22. Nop. Die „Nord. Allgem. Ztg.“ 
chreibt: Im Hinblick auf die epochemachende Be— 
»eutung der kaiserlichen Botschaft, mit welcher 
er Reichstag eröffnet wurde, ordnete der Minister 
es Innern an, daß dieselbe in Plakatform und in 
ämmtlichen Gemeinden des preußischen Staates 
zurch Anschlag an den für Bekanntmachung lokaler 
Herordnungen bestimmten Oertlichkeiten besonders 
ur öffentlichen Kenntniß gebracht werden soll. 
Berlin, 22. Nor. Das Unwohlsein des 
daisers ist noch nicht beseitigt, es ist eine hef⸗ 
ige Erkältung mit häufigerem Hustenreiz und, 
venn auch unbedenklich, so doch Schonung gebietend. 
Berlin, 23. Nov. Der „Reichs-Anzeiger“ 
chreibt: Das Befinden des Kaisers ist noch nicht 
)er Art, daß er das Zimmer verlassen kann. Die 
Nachtruhe war durch empfindliche Unterleibs-Be⸗ 
chwerden gestört. Der Kaiser mußte sich auf die 
Erledigung der nothwendigsten Regierungs-Geschäfte 
heschränken. Die Letzlinger Hofjagden wurden auf 
den 28. November vertagt, weil der Kronprinz 
urch Erkrankung der Prinzessin Sophie verhindert. 
ieselben am 25. abzuhalten. 
Berlin, 22, No. Der Bundesrath be— 
chloß heute die Verlängerung des sogen. kleinen 
Zelagerungszustandes (Verbot des Waffentragens ꝛc.) 
ür Berlin. 
Die „Kreuzzeitung“ schreibt: „Ueber die viel— 
achen Gerüchte, welche in Bezug auf die Ernen—⸗ 
iung eines Vicckanzlers, sei es aus dem Be— 
eiche der parlamentarischen Größen, seies aus 
zureaukratischen Kreisen, umlaufen, glauben wir be— 
timmtere Mittheilungen noch abwarten zu müssen. 
Zisher sind alle betreffenden Gerüchte wohl nur 
er Reflex wechselnder Erwägungen, und wir nehmen 
in, daß sich festes erst ergeben wird, sobald der 
kReichstag über materielle Vorlagen Beschluß gefaßt 
aben wird.“ —9— 
Der Seniorenkonvent des deutschen 
Reichstags einigte sich am 22. d. über die 
iumerische Vertretung der einzelnen Fraktionen in 
sen Kommissionen und stellte dabei die Stärke der 
zraktionen unter Berücksichtigung der Doppel- und 
deuwahlen folgendermaßen fest: Centrum 110, 
Fortschritt 60, Deutschkonservative 50, liberale 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 24. Nov. Das kgl. Berg⸗ 
amt dahier gibt bekannt, daß die Lieferung von 
28000 kg. Rüböl für die kgl. Grube St. Ingbert 
und 4000 kg. Rüböl für die kgl Grube Mittel⸗ 
bexbach im Submissionswege vergeben. werden soll. 
Offerten sind bis zum Donnerstag, 1. Dez., Nach— 
mittags 2 Uhr, bei der ansschreibenden Stelle, 
woselbst auch die Lieferungsbedingungen eingesehen 
werden können, einzureichen. 
* St. Ingbert, 24. Nov. Trotzdem unsere 
Polizei auf den Wochenmärkten auf die zum Ver— 
taufe gebrachte Waare ein sehr scharfes Auge hat, 
wird es doch immer wieder versucht, besonders durch 
mindergewichtige Waare, das kaufende Publikum zu 
benachtheiligen. Auch gestern machte eine Frau 
aus Neuhäusel diesen Versuch mit einigen Pfund 
mindergewichtiger Butter. Diese wurde jedoch von 
der Polizei confisziert und später zur Vertheilung 
an Stadtarme gebracht, wie dies in solchen Fällen 
üblich ist. — 
*St. Ingbert, 24. Nov. Wie uns mitge— 
theilt wird, trifft Anfang nächster Woche die be— 
kannte Böhm'sche Menagerie, die gegenwärtig 
in Si. Johann weilt, hier ein. Dieselbe ist sehr 
reichhaltig und wird sich besonders unsere Jugend 
treuen, einmal so seltene Gäste hier zu sehen. 
*St. Ingbert, 24. Nopd. Dem „Franken⸗ 
thaler Tagebl.“ Nr. 275 entnehmen wir, daß der 
Täcilien-Verein zu Frankenthal in einer am 
etzten Dienstag Abend stattgehabten General-Ver⸗ 
ammlung beschlossen hat, mit dem Dirigenten des 
Jiesigen Musikvereins, Herrn Schad ewitz, wegen 
lebernahme der Dirigentenstelle in obengenanntem 
Verein in Unterhandlung zu treten. Das Blatt 
hemerkt, daß an deren günstigem Abschluß jetzt schon 
nicht mehr zu zweifeln ist. Wir könnten in diesem 
Falle dem Cäcilien-Verein zu Franlenthal nur gra— 
ulieren und würden uns ebenso freuen, wenn Herr 
Schadewitz in Frankenthal ein seiner bedeutenden 
nusikalischen Befähigung und Leistungsfähigkeit 
ntsprechendes Engagement fände. 
Bebelsheim, 22. Nov. Heute Nacht 
hrach in den Gebäulichkeiten des Mehlhändlers 
Zärche hier bei dessen Abwesenheit Feuer aus, 
»as so rasch um sich griff, daß in kurzer Zeit zwei 
däuser mit Scheuern und Ställen vollständig ab— 
Jebrannt waren. Zwei Nachbarhäuser konnten 
nur theilweise gerettet werden. Die Feuerwehren 
Rreier benachbartrn Gemeinden waren an der Brand⸗ 
Ausland. 
Paris, 22. Nov. Die Mission des Grafen 
herbert Bismarck nach, London als Sekretär der 
Heutschen Botschaft soll nach einem Londoner Te— 
egramm in Paris ernste Gründe haben. „Der 
zohn des Kanzlers soll nämlich dem Foreign- 
Iffice die freie Verfügung anbieten und im Na— 
nen seines Vaters dafür einstehen, daß keine Macht, 
velche Interessen im Mittelmeer hat, Schwierig— 
eiten erheben werde, die über die erlaubten Gren⸗ 
en diplomatischer Mittheilungen hinausgingen. 
Nit anderen Worten, Deutschland, über die herz— 
ichen Beziehungen zwischen Frankreich und Eng— 
and ärgerlich, wenn nicht gar beunruhigt, wolle 
as finanziell⸗politische Pfand, welches die beiden 
zroßen Westmächte in Egypten genommen haben, 
n einen Zankapfel verwandeln und wäre deßhalb 
uuf die Idee verfallen, das ganze Eigenthum des 
dillandes England allein anzubieten. Die 
Nission des Grafen Herbert wäre eine geheime 
ind von der amtlichen Wirksamkeit des Grafen 
Nünster, seines Vorgesetzten, vollkommen unab— 
sängig.“ — Man hat es hier offenbar nur mit 
iner Hypothese, einem Fühler zu thun. 
Nachdem der Besuch Gambettas in Varzin 
on verschiedenen Seiten in so energischer Weise 
ementirt worden ist, wird eine neue Lesart gleich— 
eitig übermittelt, die wir wenigstens unsern Lesern 
richt vorenthalten wollen. Danach hätte Gambetta 
in der russischen Grenze eine Zusammenkunft mit 
inem hervorragenden russischen Staatsmanne gehabt. 
don einer Seite wird ganz bestimmt Graf Igna— 
ie w genannt. Die Passage so nahe an Varzin 
orübet, so schreibt man der „National⸗Zeitung“, 
var durch die Zielrichtung der Reise bedingt, auch 
ollte sie wohl dazu dienen, deren eigentlichen Zweck 
u maskiren. Die Voraussetzung, daß Gawbetta 
zei Fürst Bismarck vorsprach, wird durch die Um— 
tände an und für sich sehr wenig unterstützt, es 
ag aber vielleicht im Interesse des Ersteren, um 
der Wirkung in Wien willen sie anzuregen, wie 
enn ein derartiges Motiv auf russischer Seite bei 
»er Danziger Zusammenkunft neben andern be— 
timmend gewesen sein mag. 
Rom, 22. Nov. Die römische Polizei unter⸗ 
rückte gestern eine antimonarchische De— 
nonstration, indem sie eine Anzahl rother