ↄl. Iundherter Amzeiser.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
— — — — — — — — — — — — — — — — —— —
der St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerotag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs
latt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteliährlich 146 40 einschließlich Trägerlohn; durch die Vost bezogen 1 M 60 H, einschließlich
B Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraren aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen,
auf welche die Expedilion Auskunft ertheilt, 13 H, bei Reclamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
A 196.
Samstag, 26. November 1881.
16 Jahrg
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
nochte. Ein Petent verlangt uämlich nichts weni⸗
jer als — die Wohlthat der Wiedereinführung der
ꝛeibeigenschaft.
Berlin, 24. Nop. Zur Tagesordnung der
jeutigen Reichstagssitzung, erste Berathung
des Reichshaushaltsetats, bemerkt die
Zerliner „Post“: „Die beiden konservativen Frak—
ionen befinden sich in doppelt ungünstiger Lage.
Finmal ist es an sich eine schwierige und undank—
»are Aufgabe, die Regierung bei der Vertheidigung
u unterstuͤtzen, andererseits fehlen gerade Diejenigen,
velche sonst bei dergleichen Anlässen das Wort zu
ühren pstegten. Ihre Aussichten für die besdor—
tehende Redeschlacht sind daher nicht besondere.
führte dieselbe zu einer Klärung der zur Zeit noch
echt unklaren Situation, so wäre damit ein wesent⸗
icher Schritt vorwärts gethan, allein ein solcher
ẽrfolg ist mindestens zweifelhaft. Inzwischen liefern
»ie Ultramontanen in Bayern lehrreiche Beispiele
iber den Nutzen der parlamentarischen Regierungs⸗
orm und des unbeschränkten Steuerbewilligungs-
echts vom nationalen und politischen Gesichtspunkte.
Berlin, 24. Nov. Für die heute beginnende
rste Berathung des Haushaltsetats sind drei
dage in Aussicht genommen; die Debatte wird sich
oraussichtlich über das ganze weite Gebiet unserer
nneren Politik erstrecken; die Anwesenheit des
deichskanzlers und sein Eingreifen in die Verhand—
ung wird mit Bestimmtheit erwartet. Man wird
vohl annehmen dürfen, daß auch der gegenwärtige
5tand der kirchenpolitischen Frage nicht unberührt
leibt; der Etat des auswärtigen Amtes dürfte zu
herreinziehung dieser Frage einen geeigneten Anlaß
neten. Bezuͤglich der weiteren geschäftlichen Be—
andlung des Etats werden die auch früher üblichen
Inordnungen getroffen, gewisse herkömmliche Par—⸗
eien in die Budgetkommission verwiesen, der grö—
ere Theil auch in zweiter Lesung im Plenum
erhandelt werden. In vierzehn Tagen kann die
zudgetberathung vollendet werden und, falls nicht
ieue große Vorlagen eingehen, stände nichts im
Wege, die Reichstagssession an Weihnachten zu
hließen bezw. zu vertagen.
In der „Nordd. Allg. Ztg.“ wird darüber Be—
hwerde geführt, daß, trotzdem manche Jahresbe—⸗
ichte der Handelskammer zugeben müssen,
aß ein Aufschwung auf dem Gebiete des Han—
els und Verkehrs stattgefunden hat, sie doch mit
er Behauptung schließen, die geschäftliche Thätig⸗
eit liege darnieder. Die „Norddeutsche“ fügt hinzu:
Diese Berichte sind amtliche Actenstücke; ihre Er—
tattung beruht auf gesetzlicher Vorschrift und ihr
Inhalt beansprucht amtlichen Glauben. Es hat
ins daher nicht überrascht, zu hören, daß die Staats⸗
egierung beabsichtigt, gegen die Verfasser dieser
n sich widerspruchsvollen amtlichen Aktenstücke zu—
zächst mit verantwortlicher Vernehmung vorzugehen,
im danach zu erwägen, ob und welches weitere
eeheen nach Maßgabe der Gesetze angezeiat er⸗
cheint.
Im Reichsamt des Innern werden die Vorarbeiten
ür das Unfallversicherungsgesetz, welches
n umgearbeiteter Form dem Reichstage zugehen
oll, eifrig betrieben. Es ist bekannt, daß das Zu—⸗
tandekommen des Unfallgesetzes in der letzten Reichs-
agssession hauptsächlich an dem Verlangen des
deichskanzlers nach einem Staatszuschuß zu den
Zersicherungsprämien scheiterte. Nach der „Fr. Z.“
ukommenden Mittheilungen beabsichtigt der Reichs—
anzler insofern eine kleine Konzession zu machen,
als er diesen Zuschuß nicht für immer, sondern nur
ntermediär, für eine bestimmte Reihe von Jahren
bewilligt wissen will. Es ist dies ein Vorschlag.
der schon während der letzten Berathung des Unfall⸗
jesetzes im Reichstage sporadisch auftrat, dort aber
o gut wie gar keinen Anklang fand. In den
reisen der Reichsregierung wird für diesen tempo—
ären Staatszuschuß geltend gemacht, daß aus den
dreisen der Industrie auf das Bestimmteste ver—
ichert wird, dieselbe werde die von ihr verlangten
Ipfer für die Versicherung der Arbeiter nicht bringen
önnen. Im Uebrigen verlautet noch, das korpo—⸗
rative Verbände der Arbeitgeber und Arbeiter ge—
chaffen werden sollen, die unter der Oberaufsicht
ind Mitwirkung des Staates zu funktionieren haben
verden.
Berlin, 283. Okt. (Die Wirkungen des So—
ialistengesetzes.) Wenn gestern der Bundesrath die
Verlängerung des kleinen Belagerungszustandes für
Berlin auf ein Jahr beschlossen hat, so muß es
ls anerkennenswerth erscheinen, daß die Reichsre⸗
ierung noch vor dieser Beschlußfassung dem Reichs—
age eine Denkschrift hat zugehen lassen, in der sie
Kechenschaft gibt, welche zufolge der Bestimmung
nng 28 Absatz 2 des Gesetzes gegen die gemein—
efahrlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom
»J. Oktober 1878 im preußischen, sächsischen und ham⸗
uurgischen Gebiete getroffen sind. Den Motiven, welche
ie Regierungen der verschiedenen Staaten hierbei leite⸗
en, wird man im großen Ganzen seine Zustimmung nicht
ersagen können. Daß das Krebsgeschwür der So—
ialdemokratie, welches an dem so gesunden Körper
jes Deutschen Reiches haftet, noch lange nicht be—
eitigt ist, haben außer anderen Anzeichen weniger
iie Resultate der Wahlen, welche durch Fraktions⸗
ombinationen der verschiedentlichsten Färbung zu
hunsten der Sozialdemokraten vielfach anticipirt
burden, als die in den Wahlen sich selbst geltend
nachende, immerhin doch beträchtliche Anzahl der
ozialdemokratischen Stimmen bewiesen. Trotz der
lusnahmegesetze, unter welchen die Sozialdemokraten
eben, und was nicht verkannt werden soll, auch
zersönlich leiden, haben sie bei den diesjährigen
steichstagswahlen eine organisatorische Thätigkeit
okumentirt, welche mit einem für dieselben so
lücklichen Erfolge abschloß, daß augenblicklich mehr
Zlätze denn je von ihnen im Reichstag belegt
verden konnten. Wenn die Regierung demnach
innimmt, daß die sozialdemokratische Bewegung
eineswegs erloschen oder auch nur an der Wurzel
ingegriffen ist, so wird ihr hierin Jedermann Recht
seben müssen und mit Freuden das gemäßigte
denken derselben begrüßen, welches sich in der An⸗
rkennung der Sozialdemokraten in parlamentarische
ind extrem revolutionäre Elemente offenbart. Es
zibt auch einige Sozialdemokraten, welche, wenn über—
jaupt ihre Bestrebungen gut genannt werden können,
esseren Ansichten huldigen als andere, die indeß
die Mehrzahl bilden. Es kann nicht verkannt
verden, daß in der Geschichte aller Völker und
Ztaaten bei Ausbruch einer Bewegung die extre—
nen Parteien stets die gemäßigteren derselben gro—
zen Richtung einfach, um mich des Ausdrucks ei—
ines unserer früheren Cultusminister zu bedienen,
soben „verduften“ machen. Deßhalb ist es nur
ugezeigt, gegen beide Theile mit derselben Strenge
u ver ahren. Niemand hat Anspruch auf den
—ADD
inberechtigt hält, der das geordnete Staatswesen
ils ein dem größten Theile der Staatsbürger
weckwidriges hinzustellrn beliebt. Die deutsche
Staatsverwaltung kann, wenn sie überhaupt nöthig
jat zum Beweise der Nützlichkeit eigener Anord—
zungen sich auf solche des Auslandes zu berufen.
München, 28. No. In der Abgeord-—
renkammer beantwortete heute Minister Frhr.
on Feilitzsch die Interpellation des Abg. Johann
zeiger, Hagelversicherung betreffend, dahin,
aß sich die Regierung mit der Frage lebhaft be—
häftige, aber wegen des noch nicht erfolgten
bbschlusses der Erhebungen dem gegenwärtigen Land⸗
ige noch keine Vorlage in Aussicht stellen könne.
)»er Antrag Hafenbrädl auf Ueberweisung des
nterhaltes der Landstraßen an die Distriktsge—
einden wurde an einen Ausschuß von vierzehn
ditgliedern verwiesen. — In der auf Freitag an—
eraumten nächsten Sitzung wird der Finanzetat
rathen werden.
München. Wie dem , Fränk. Kurier“ gemel⸗
wird, besteht der neueste von den Ultramon⸗
men geplante Schachzug gegen Minister Lutz in
er Absicht der Einbringung eines Antrages auf
uufhebung der „protestantischen“ Unibersi—
t Erlangen.
Müunchen. Im Einlauf drr Abgeord—
renkammer ist u. a. eine Eingabe der prote—
tantischen Pfarrer der Pfalz, welche um Aufbesser—
ing ihres Gehaltes bitten; dann eine Eingabe
ämmtlicher Präparandenlehrer des Königreichs,
belche um bessere Gestaltung ihrer Vensionsverhält⸗
isse bitten.
Muͤnchen, 28. Nov. Unter dem Vorsiztze des
zerichtsvollziehers J. Schneider von München tra
en am 20. November Gerichtsvollzieher des Koͤnig⸗
eichs zu Regensburg zu einer Versammlung zu—
ummen, um eine Reihe von, eine Verbesserung
hrer Lage bezweckenden Anträgen zu berathen.
diese Beschlüsse werden dem Justizministerium zur
veiteren Behandlung unterbereitet werden. Zu—
jleich wurde auf Antrag der Landshuter Gerichts—
ollzieher die Abfassung einer Druckschrift in Ver—
indung mit den übrigen deutschen Gerichtsvoll—
iehern auf Grund neu zu erhebenden statistischen
Naterials an den Reichstag beschlossen.
Wegen der Un päßlichkeist des Kaisers hat
»as Reichstagspräsidium bisher noch nicht empfangen
verden koͤnnen, und es ist der Kr. Ztg. zufolge auch
zoch nicht bestimmt, wann die Audienz stattfinden
vird.
Berlin, 24. Novb. Der Kaiser hatte eine
ute Nacht. Heute Morgen stand er um 84
ur auf.
Berlin, 24. Nov. Direkte Verhandlungen
mischen Preußen und dem Vatikan sollen nach
mer Mittheilung der „Nat.-Ztg.“ aus Rom im
lugenblicke wiederum stattfinden.
Die Abtheilungen des Reichssstags sind mit
ßahlprüfungen bereits beschäftigt. Das
Naterial, welches bisher der Wahlprüfungskom⸗
nission überwiesen wurde, ist noch nicht umfang—
eich. Die bei dem Hause bis heute eingegangenen
ʒroteste und Beschwerden übersteigen kaum ein
Rutzend; wenn die Zahl der bezüglichen Aufträge
a den nächsten vier Tagen, mit welchen die Frist
ur die Anbringung solcher Proteste abläuft, sich
nicht vermehrt, so wird sie erheblich hinter den bis
ahin gehegten Erwartungen zurückbleiben. Auch
ne bisher eingegangenen Petitionen sind weder
ahtreich noch“ wichtig. Dagegen bieten dieselben
ch ein Kuriosum, wie es kauum überboten werden