Full text: St. Ingberter Anzeiger

3t. Ingherter Amziger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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Der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fünfmal: Am Weontag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal woͤchentlich mit Unter haltungs 
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M 203. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Muünchen. Der Verwaltungsgerichtshof hat 
genden Entscheid publizirt. Der Einspruch einer 
zemeinde gegen die Ausstellung des Vereheli— 
hungszeugnisses nach Maßgabe des Art. 
36, Äbs. 1, Ziffer 83 des Gesetzes über Heimath, 
VBerehelichung ꝛc. vom 16. Mai 1868 bezw. vom 
23. Februar 1872 ist auch dann zulässig, wenn die 
ewährte Armenunterstützung zurückerstattet de 
(N. C. 
Berlin, 4. Dez. Bei Minister v. Puttkamer 
var gestern ein parlamentarisches Diner, welches 
Jauptfächlich von Conservativen besucht war; natür⸗ 
lich war auch Stöcker anwesend; ferner die National- 
iberalen Buhl und v. Benda sowie die Minister v. 
ameke, Bitter und v. Bötticher und Staatssekretär 
Scholz. 
Berlin, 8. Dez. Am Sonntag Mittag soll 
das Präsidium des Reichstags von dem Kaiser 
empfangen werden. Nach der „Kreuzzeitung“ hat 
der Vizepräsident Freiherr von Franckenstein von 
Ullstadt aus telegraphisch sein Eintreffen zugesichert. 
Berlin, 3. Dez. (Reichstag.) Berathung 
—XDD 
der Budgetkommission tritt für weitere Ermäßigung 
der Gerichtskosten ein. Der Staatssekretär 
Schelling konstatirt, der Bundesrath halte die Re— 
dision des Gerichtskostengesetzes keineswegs mit der 
diesjährigen Novelle für abgeschlossen. In dieser 
Session werde allerdings eine Vorlage wegen weiterer 
Ermäßigung nicht erfolgen. Windthorst tritt für 
schleunigste Reorganisation ein. Hartmann spricht 
in gleichem Sinne, da die heutige Höhe dem min— 
der Bemittelten unmöglich mache, sein Recht zu 
jsuchen. Das Rechtsbewußtsein werde im Volk da— 
durch geschädigt. Auch Gerwig spricht sich für 
schleinige Ermaͤßigung der Gerichtskosten aus, des— 
gleichen Schröder (Friedberg) und Payer (Württ.) 
Payer wünscht außerdem auch eine neue Militär— 
Prozeßordnung. In dieser sei das Bedürfniß der 
Umgestaltung am größten. Der Staatssekretär 
Schelling ist nicht in der Lage, auf die letztere 
Frage einzugehen, denn weder das Justizamt noch 
der Bundesrath habe sich mit derselben zu befassen 
gehabt. Der Militär-Kommissär des Bundesrathes 
fügt dem hinzu: Die neue Militär-Prozeßordnung 
ist über das Stadium einer komissarischen Vorbe— 
rathung noch nicht hinaus. Eine materielle Dis⸗ 
kussion sei deshalb nicht am Platze. Sonnemann 
regt darauf die Reform der Actien-Gesetzgebung an, 
unter Hinweis auf die Vorbilder der englischen 
und französischen Gesetze. Der Staatssekretär er— 
kennt die Dringlichkeit der Aufgabe an; sie sei 
übrigens vom Justizamte nie außer Augen gelassen 
worden. Die Vorarbeiten seien schon so weit ge— 
diehen, daß eine schleunige Förderung zu erhoffen 
sei. Die englischen Vorbilder habe die Regierung 
dabei berücksichtigt. An der weiteren Debatte nahm 
u. A. auch Oechselhäuser, Theil, der alle Actien-Ge— 
rellschaften abgeschafft wissen will. Eysold (Sachsen) 
ragt, ob die Arbeiten vom Civil-Gesetzbuch bald 
zeendet seien. Der Staatssekretär Schelling ist nicht 
in der Lage, Aufschluß geben zu können; indessen 
sei das schwierigste Stadium der Vorarbeiten über— 
wunden. Lastker vertheidigt die Actien-Gesellschaften 
gegen die Angriffe von Perrot und Oechselhäuser. 
Ein solches Vorgehen würde eine wesentliche, be— 
deutungsvolle Creditform beseitigen und damit eine 
wirthschaftlich schwere Schädigung herbeiführen. 
Lohren wünscht eine Reform dves Actien⸗-Gesetzes 
Montag, 5. Dezember 1881. 
16. Jahrg. 
insbesondere eine Heranziehung der Actien-Gesell⸗ 
chaften zu Ausgaben der Gemeinden sowie für eine 
soziale Besserstellung der Arbeiter. 
Dem Bundesrath ist der Gesetzentwurf, be⸗ 
treffend die Erhebung einer Berufsstatistik und die 
Vornahme der Viehzählung im Jahre 1882 zu⸗ 
gegangen. 
Dem Fürsten Bismarck wurde vom „Verein 
eutscher Gastwirthe“ folgendes Telegramm zuge— 
endet: „Der Verein der deutschen Gastwirthe, ver⸗ 
ammelt. im „Hotel de Rome“, sendet dem Schlosser⸗ 
neister, der es verstanden hat, den Kyffhäuser zu 
zffnen, ein herzliches dreifaches Hoch.“ — Darauf 
rhielt der Verein folgende Antwort: „Ich danke 
vperbindlichst für die Meinung und hoffe, daß das 
Schloß nicht wiederum verdreht wird. von Bis⸗ 
marck.“ 
her Redakteur der „Pfälz. Lehrerzeitung“ und steht 
nun voraussichtlich ein Wechsel in der Redaktion 
derselben bevor. 
2* Dürkheim, 3. Dez. Gute Aussich— 
Ln)) Nach alter Winzer-Regel bedeutet das Blühen 
der Nießwurz, auch Christblume genannt, einen 
guten Herbst für das kommende Jahr. Gegen⸗ 
wärtig ist in unseren Curanlagen an der Fontaine 
diese Pflanze in herrlichster Blüthe zu schauen 
Moͤgen sich die an jene Ansicht geknüpften Hoff— 
nungen voll und ganz erfüllen“!. (G. A.) 
— In Heuchelheim stürzte vorigen Dienstag 
Nachts 10 Uhr die Ehefrau des Ackerers Krämer 
als sie am Schweinestall noch etwas zu thun hatte, 
in das offenstehende Pfuhlloch und ertrank darin. 
— Galgenhumor. In einem vorderpfäl- 
ischen Kantonsorie verhaftete dieser Tage ein Poli— 
seidiener einen Bettler aus Kusel, der sich mit fol— 
genden Worten über seine Verhaftung erstaunte: 
Gehen Sie als den hiesigen Lumpen nach und 
lassen Sie fremde Leute in Ruhe!“ Vor den Herrn 
Amtsrichter geführt und über seine Vorstrafen be— 
ragt, erwiderte er: „Was für eine Frage! Ein 
Steinhauer, wie ich einer bin, soll noch keine Strafen 
jaben?“ Als ihm mit einer Ordnungsstrafe bei 
ortgesetztem ungeziemenden Benehmen gedroht wurde, 
entgegnete er dem Herrn Amtsrichter: .Thun Sie, 
was Sie nicht lassen können!“ Da er den Bettel 
nicht zugestand, sondern aus „langer, alter Freund— 
schaft“ eine Gabe erhalten haben wollte, wurde er 
bis zur schöffengerichtlichen Verhandlung in Nummer 
Sicher gebracht. (Pf. Pr.) 
Ausland. 
Paris, 4. Dez. Gambetta gab gestern 
Abend dem diplomatischen Corps das erste Diner, 
dem sämmtliche Botschafter und Geschäftsträger bei⸗ 
vohnten. Der päpstliche Nuntius nahm als Doyen 
den Ehrenplatz ein. 
In und uͤber Rußland herrscht nach wie 
vor die größte Unklarheit. Neben neuen Ver— 
chwörungen u. s. w. verlautet wieder von dem Rück⸗ 
tritt Ignatjew's, der der Hofpartei und nament- 
lich dem Einflusse der Zarin nicht widerstehen könne. 
— 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
x St. In gbert, 5. Dez. Gestern feierte unsere 
Znappschaft in der herkömmlichen Weise das Fesi 
hrer Schutzpatronin, den Barbaratag. Zwischen 
und 10 Uhr nahm die gesammte Knappschaft vor der 
Wohnung des Hrn.kgl. Bergmeisters Aufstellung, 
ann ging es unter den Klängen der Bergkapelle 
um Gottesdienste in die beiden Kirchen. 
* Heute Abend von 4 bis 7 Uhr ist, wenn die 
Mondscheibe nicht durch Wolken verdedt ist, eine 
heilweise Mondfinstern iß zu beobachten. 
* Von der Strafkammer des kgl. Landgerichts 
Zweibrücken wurde in der Sitzung vom 80. 
stob. der 22jährige Skribent Friedrich Hohl von 
zweibrücken wegen mehrerer Unterschlagungen zum 
sachtheile der Firma A. u. B. Schuler, die im 
hanzen die Summe von 465 M. 40 Pf. bezifferten, 
u einer Gefängnißstrafe von 1 Jahre verurtheilt. 
— Der Schmelzarbeiter Jakob L. von hier nud 
essen Ehefrau Maria J., die vom Privatförster 
F. S. am 7. Juli l. J. beim Holzfrevel betroffen 
vurden, hatten sich wegen Widerstandes und Be⸗ 
eidigung zu verantworten und erhielt Ehemann L. 
eine Gesammtgefängnißstrafe von 2 Monaten und 
3 Tagen und seine Fran eine solche wegen Be— 
reidigung von 8 Tagen. — Die Berufung zweier 
Bergleuie von Altenwald gegen eine vom Schöffen- 
jericht gegen sie wegen Mißhandlung eines Tagners 
u Schnappbach ausgesprochenen Gefängnißstrafe von 
2 Monaten wurde abgewiesen unter Verurtheilung 
derselben in die Kosten der Berufungsinstanz. 
— Auch in Pirmasens soll nun mit der 
Gründung eines Vereins gegen Haus— 
bettelei vorgegangen werden. 
— Wie der „Pf. Volksztg.“ mitgetheilt wird, 
joll demnächst in Kaiserslautern eine dritte 
große Nähmaschinenfabrik errichtet werden. 
— Lehrer Krebs von Weidenthal wurde 
zum Rechner des pfälzischen Lehrerwaisenstifts und 
Jes Kreissehrervereins gewöblt. Derselbe war bis— 
Vermischtes. 
Erhöhung der Eisenpreise. Die Saar⸗ und 
Moselwerke haben in einer am 1. d. Mis. in 
Saarbrücken abgehaltenen Versammlung be— 
chlossen, die Preise ihrer Stabeisenfabrikate 
»on diesem Tage an um 6 Mark ver Tonne zu 
erhöhen. 
FTrier, 30. Nov. Gestern Abend ereignete 
ich nach der „Tr. Z.“ in einem Hause der Brücken⸗ 
traße ein beklagenswerther Unglücksfall. Ein 
Knabe im Alter von 18 Monaten, Söhnchen des 
Tabaksfabrikanten Herrn N., sst die Haustreppe 
sinabgestürzt und auf der Stelle todt geblieben, 
vährend die Mutter mit einem Kinde von ca. 14 
Tagen noch im Wochenbette liegt. — In der Nähe 
des Seminars ist heute Morgen eine Frau, welche 
mit Waschen am Stadtbach beschäftigt war, in 
diesen gefallen und ertrunken. 
F. Bis Ende September d. J. bestanden in 
Bayern r. d. Rh. 4353 freiwillige Feuer— 
wehren: hievon fallen auf Oberbayern 818, Nieder—⸗ 
bayern 567, Oberpfalz 483, Oberfranken 603, 
Mittelfranken 416, Unterfranken 704, Schwaben 
312. Während im Jahre 1880: 272 neue frei— 
willige Feuerwehren entstanden sind, beträgt deren 
Zahl im heurigen Jahre (Ende September) 70. 
In Kanth Echlesien) wurde der frühere 
langjährige Kassirer des dortigen Vorschußvereins 
verhaftet. In der Kasse soll, laut der „Schl. V.— 
Ztg.“, ein Deficit von über 100.000 M. bereits 
festgestellt sein. 
F Paris, 28. Nov. Vor einigen Tagen ist 
dem Präsidenten der Republik nachstehende ergötzliche 
Beschichte passirt. Herr Grevß fuhr nach dem Hotel 
Bristol, um dem Großfürsten Konstantin einen Be— 
such abzustatten, als auf der Place de la Conrorde 
eine Droschke gegen seinen Landauer stieß, welcher