Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Insherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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der .St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs 
zlatt und Sonutags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blait kostet vierteljährlich 1A 40 B einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1.M 60 , einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 , bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
16. Jahrg. 
—V— 
Sonntag, 18. Dezember 1881. 
TF 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Bayrischer Landtag. Der der Abgeord- 
etenkammer vorgelegte Gesetzentwurf über Be— 
trafung des Concubinats enthält nachstehenden 
inzigen Artikel: Im vierten Hauptstüce des 
golizeistrafgeseßbuches vom 26. Dezember —1871 
durd vor Ärtikel 61 folgender neue Art. 502 ein⸗ 
gestellt: „Personen, welche in fortgesetzter außer⸗ 
helicher Geschlechtsverbindung in einer Wohnung 
uͤsammenleben, werden, insofern sie dadurch öffent⸗ 
iches Aergerniß erregen, an Geld bis zu 45 M. 
der mit Hafi bis zu acht Tagen, im Wieder⸗ 
solungsfalle an Geld bis zu 150 M. oder mit 
zaft bestraft und find durch die Polizeibehörde von 
inander zu trennen. 
Berlin, 16. Dez. Ergänzend haben wir 
achzutragen, daß in der Reichstagssitzung vom 
5. 5, M. auch der Antrag Payer, betreffend die 
srmäßigung der Gerichtskosten zur 
gerathung kam. Mit dem Ziele des Antrags er⸗ 
lärten sich nach der Begründung durch den Antrag⸗ 
teller die Redner aller Parteien, die Abgg. Petersen, 
girkenmayer, Hartmann, Windthorst einverstanden; 
a der ziemlich eingehenden technisch juristischen 
Debatte wurden des näheren die Punkte dargelegt, 
ei welchen die Ermäßigung der Gerichtskosten ein 
nesonderes dringendes Bedürfniß sei. Der Antrag 
vurde schließlich einstimmig angenommen. Als⸗ 
jann schritt das Haus zur Berathung des Antrags 
dänel⸗Dirichlet, betreffend die bei den letzten Wah—⸗ 
en hervorgetretenen Mängel des Wahlverfahrens. 
In einer Äbendsitzung wurde die Berathunq fort⸗ 
gesetzt. 
Wie der „Augsb. Abend⸗Zig.“ berichtet wird, 
zat Fürst Bismarck dem württembergischen Minister 
Mittnacht gegenüber den Wunsch geäußert, 
zaß die baycrischen Minister ausharren möchten. 
Der bisherige französische Botschafter in 
zerlin, Graf Saint⸗Vallier wurde am 
5. Dezember Nachmittags vom Kaiser in be⸗ 
onderer Audienz empfangen, um das Schrei— 
en des Präsidenten der französischen Republik zu 
iberreichen, durch welches er vom Berliner Hofe 
ibberufen wird. Unmittelbar darauf hatte der 
Botschafter die Ehre, von ver Kaiserin empfangen 
u werden. Um 5 Uhr fand zu Ehren des 
Hrafen Saint-Vallier im königlichen Palais ein 
crößeres Diner statt. 
Mainz, 15. Dez. Stichwahl. Philipps 
Fortschritt) erhielt 8623, Bebel (Socialdemokrat) 
434 Stimmen: Philipps ist also gewählt. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 17. Dezbr. Eingesandt.) 
Weihnachten, das Fest der Freude und der Kinder 
aht heran! Tausend rege Hände sind beschäftigt, 
Zorbereitungen für dasselbe zu treffen. Alles, was 
iur des Menschen Herz erfreuen kann, wird gekauft, 
im die Lieblingswünsche der Kinder oder sonstiger 
jeber Angehsriger zu befriedigen. Leider geschieht 
s aber dabei nur zu oft, daß daß das Geld nach 
lußen wandert und der einhe imische Geschäfts- 
nann beim Einkaufen der Weihnachtsgeschenke 
ergessen wird. Das sollte doch nicht so sein; was 
nan hier kaufen kann, dafür sollte man das Geld 
iicht nach auswärts tragen. Auch unsere Geschäfts- 
eule haben sich für den Weihnachtstisch mit vielem 
Schönen und Guten vorgeseben, und der Mitbürger, 
Her die Gemeindelasten mit tragen hilft, sollte billig 
or dem Fremden bevorzugt werden. Bei Baar—⸗ 
ahlung und größeren Einkäufen kann auch der 
iesige Geschäftsmann günstige Bedingungen stellen. 
ind dann ist wohl zu bedenken, daß dessen Ga⸗ 
antie viel eher vor Betrug schützt, als dies beim 
Zgezug einer Waare von Auswärts, die gewöhnlich 
iuf Treue und Glauben gekauft wird, der Fall ist. 
Das ist es, was den geehrten Lesern dieses Blattes 
ur gütigen Begchtung bei ihren Weihnachtsein⸗ 
äufen an's Herz gelegt sei! 
—4 Blieskastel, 17. Dez. Von welchem 
Vortheile die heurige Navember- und Dezember- 
vitterung namentlich für die ärmere Bevölkerung 
st, kann man eigentlich nur dann erfahren, wenn 
nan sich auf's Feld begiebt und hier das für 
diese Jahreszeit verhälinißmäßig regsame Leben 
ind Treiben beobachtet. Dort sieht man einige, 
ie sich damit beschäftigen, Kartoffeln zu „stoppeln,“ 
indere graben die als Viehfutter wohlbekannten 
ind nicht zu unterschätzenden Quecken aus dem 
Zoden, die dem Kleefutter nicht viel nachstehen; 
uf den Wiesen erblickt man nicht selten Leute, die 
hr Vieh weiden u. s. w. So ist eigentlich, nament⸗ 
ich wenn wir das zuletzt Erwähute in's Auge fassen, 
der weniger bemittelten Bevölkerung eine Sorge 
»enigstens theilweise abgenommen, nämlich die Sorge 
mm das für den Winter noͤthige Viehfutter. Wohl 
onnen die Quecken, sowie auch das noch jetzt ver⸗ 
vendbare Wiesengras, die ganze Nahrung des 
ziehes nicht ausmachen, daß aber dadurch vieles 
espart wird, kann nicht inAbrede gestellt werden. 
tzerade dieses Jahr muß dieser Punkt ganz beson⸗ 
ers betont werden, da nämlich das Dürrfutter 
ewiß keinen geringen Preis bekommen wird. Wir 
bünschen darum im Interesse des erwähnten Theiles 
inserer Bevölkerung noch viele solcher warmen Tage, 
venn dabei auch die Kürschner u. s. w. keine, so 
länzende Geschäfte machen, wie dies in den ver— 
jangenen Jahren der Fall war!“ 
— Der feierliche Schluß des pfälzischen 
dandraths erfolgte am Mittwoch mittelst einer 
ingeren Ansprache durch den Herrn Reg.-Präsi⸗ 
enten v. Braun; dieselbe schloß mit folgenden 
Vorten: „Nach dieser Darstellung, welche nur in 
roßen Zügen Ihre Thätigkeit in den letzten sechs 
jahren schildert, haben Sie ein reiches Feld bestellt 
ind alle in den gesetzlichen Wirkungskreis des 
andrathes fallenden Verwaltungszweige gleichmäßig 
zewürdigt. Treu haben Sie Ihre Pflicht erfüllt 
ind dabei den Geist der Sparsamkeit walten lassen, 
vo immer nur die Rüchsichten auf das allgemeine 
PBohl Dies zugelassen haben. Solch' ein Wirken 
nuß dankbar anerkannt werden von allen Klassen 
er Bevölkerung, von der ganzen Pfalz. Das 
u⸗ Einnpernehmnen mit der Kreiarsgierunng die iag 
auch nur das Beste der Pfalz will, wurde mehr 
ind mehr befestigt. Möge es fort und fort dauern, 
zinüber reichen in die neue Wahlperiode und möge 
nir in derjelben auch Ihr in Erfahrung bewährter 
Rath, Ihre wohlwollende Unterstützung. wofür ich 
nicht genug danken kann, gesichert bleiben!“ 
— Dahn, 13. Dez. Gestern Millag verbrannte 
hier ein 42/44 Jahre altez Kind. Die Mutter des 
dindes wurde im Juli dieses Jahres im Boben— 
haler Wald vom Blitz erschlagen und es war da⸗ 
her die Aufsicht über die zwei Kinder der Mutter 
Jes Mannes übertragen worden. Da der Mann 
Scharwatz) aber sehr wenig von sich höͤren läßt, 
a sich fasi gar nicht um seine Kinder kümmert, so 
ann man sich leicht denken, in was für Verhält⸗ 
aissen die arma Frau mit den zwei Kindern leben 
muß. Gestern Mittag ging die Frau fort, um 
Nahrung für sich und die Kleinen herbeizuholen; 
vährend dem hat das 46*3 jährige Kind mit dem 
Feuer gespielt und dürften dabei die Kleider Feuer 
jefangen haben. Zufällig war der Sohn des Ka⸗— 
ninfegers Vögele im Ort anwesend, um die Ka⸗ 
nine zu reinigen, und kam hierbei auch an dieses 
haus. Er bemerkte Rauch in der Stube, eilte 
chnell hinein, rieß die Fenster auf und fand nun, 
das 424 Jahre alte Kind vor dem Ofen liegend, 
otal verkohlt. Das andere noch in der Stube an⸗ 
vesende Lijz Jahre alte Kind siand in der Nähe 
des Fensters an einer Bank und wurde von Voͤgele 
iofort auf die Straße gesetzt. (A. W.) 
— Kaiserslautern, 15. Dezbr. Gestern 
Morgen stürzte sich ein Mädchen aus Mackenbach, 
vie es scheint in selbstmörderischer Absicht, in den 
Ziegelbach an der Geiger'schen Ziegelei, doch wurde 
dieselbe noch rechtzeitig aus dem kalten Bade gezo⸗ 
Jen. Bis jetzt verweigert das Mädchen jede Aus⸗ 
junft über die Motive, welche sie zu der unseligen 
That getrieben. (Pf. Vatg) 
Vermischtes. 
Hamburg, 12. Dez. Der Kapitäan Berq⸗ 
nann, ein Berliner, war vor 2 Monaten vom 
dandgericht wegen scheußlicher Behandlung eines 
Matrosen auf der Fahrt von Amerika nach Ham⸗ 
zurg zu einem Jahre Gefängnis verurtheilt worden. 
Bergniann hatte den Matrosen 493 Monate in 
kisen gelegt und ihm unter dem AMequator selbst 
zas Wasser verweigert. Das Landgericht lehnte den 
Antrag des Verteidigers, den Verurteilten gegen 
eine Kaution von 20,000 Mt. auf freien Füßen 
zu lassen, entschieden ab. Jetzt hat das Reichsge⸗ 
'icht, an welches das Erkenntuis zur Revision ge⸗ 
jangen, die wiederholt beantragte Freilassung des 
Zapitäns Bergmann gegen eine Kaution von 15000 
Mk. genehmigt, die auch gestern eingezahlt wurde 
4 Recht gemüthliche Leute müssen die Mitglieder 
einer Kirchengemeinde in dem Neste Boued Brook 
m Staate New Jersey sein. Ihr früherer Geist⸗ 
icher, Pastor George Bowers, welcher im Zucht⸗ 
sause zu Trenton zwei Jahre wegen Fälschung 
ibgesessen hatte, bielt in seiner alten Kirche einen 
Bortrag über „Gefängnißleben,“ beklagte sich bitter 
iber die Behandlung, weche ihm im Gefängnisse 
u Theil geworden ist, und die Gemeinde horte 
uͤm andächtio a2u 
Ausland. 
Paris, 15. Dezember. Im Proceß RNoustan⸗ 
Kochefort verneinten die Geschworenen die Schuld— 
rage bezüglich der von Rochefort und Delpierre 
Gerant des Jutransigeant“) gegen Roustan ge— 
ichteten Angriff, infolge dessen Rochefort und 
Delpierre freigesprochen und Roustan als 
Fivilpartei in die Kosten verurtheilt werden mußte. 
das Verdict der Geschworenen erregt großes Auf⸗ 
ehen. (Koustan, der französischer Generalkonsul 
u Tunis ist, wurde von Rochefort der Vorwurf 
emacht, er habe die tunesische Expedition zu seinem 
Rortheii ausgebeutet, indem er sich bestechen ließ. 
London, 16. Dez. Bei dem Individuum, 
oelches der früher berichteten Entwendung im 
Beneralstabsgebaude zu Berlin verdächtig ist, hat 
ine Haussuchung stattgefunden. Außer Plänen 
jun glich Kupferpfaften gestohsen marden 
Sterbefälle. 
Gestorben in Neustadt Johannes Kämmerer; 
in Neunkirchen Rosamunde Waaner, geb. 
Fiebig, 75 J. alt. 
vue R n— ——ñ—64 519 eme 7