Full text: St. Ingberter Anzeiger

Wie es heißt. würde das einzig praktische Re— 
sultat der gegenwärtig hier in Berlin weilenden 
türlischen Spezial-Mission in der Aquisi— 
ition einiger neuer deutscher Beamten be⸗ 
tehen, welche in den türkischen Staats- 
dienst treten werden. 
Fulda, 22. Dez. Empfang und Consecration 
des neuen Bischofs, Generalvicars Dr. Georg 
Kopp, findet hier am Dienstag, den 27. Dezember 
statt. Es sind außer. anderen hohen Personlich⸗ 
keiten und Würdenträger bereits 5 oder 6 Bischöfe 
angemeldet, welche den Feierlichkeiten beiwohnen 
werden. Gestern Abend begann man bei dem ab⸗ 
scheulichsten Wetter mit der Dekoration der Straßen 
durch Guirlanden und Einrammen vonTannen 
und Fichtenbäumen; es hat den Anschein, als follte 
in dekorativer Beziehung möglichst Großartiges ge⸗ 
leistet werden, denn Jedermann, selbst die Nicht⸗ 
katholicken, betheiligen sich am Fest. 
Ausland. 
Newyork, 20. Dez. (Waffen für Ir⸗ 
üand.) Einer aus Boston hier eingegangenen 
Depesche zufolge ist die Aufmerksamkeit der dortigen 
Zollbehörde auf die Thatsache gelenkt worden, daß 
am 15. 1771 Kisten mit Gewehren an Bord des 
Dampfers „Jowa“ nach Liverpool verschifft wurden. 
Der Inhalt der Kisten war als Eisenwaaren 
deklarirt. 
Lokale und pfälzißsche Nachrichten. 
*æ St. Ingbert, 23. Dez. Heute begannen 
in der kgl. Lateinschule die Weihnachtsferien. Die— 
selben dauern bis 2. Januar nächsthin, an welchem 
Tage der Unterricht wieder beginnt. 
* St. In gbert, 23. Dez. Wie in den Vor—⸗ 
jahren, so wurden auch heuer zu Weihnachten durch 
den Wohlthätigkeitssinn der Frau Heinrich 
—— 
zrößere Anzahl hiesiger bedürftiger Armen, Er—⸗ 
wachsene und Kinder, neu eingekleidet. 
* St. Ingbert, 23. Dez. Wie uns mitge⸗ 
theilt wird, wurde gestern der Uhrmacher Louis 
harth, früher hier und in letzter Zeit in Glan⸗ 
Münchweiler wohnhaft, wegen falschen Bankerotts 
verhaftei. 
* St. Ingbert, 23. Dez. Um der in Folge 
des neuen Gewerbesteuergesetzes drohenden 
Besteuerung auszuweichen, haben die Volksbank 
Bergzabern und der Vorschußverein 
Zweibrücken eine Aenderung ihrer Statuten 
borgenommen und sich in denselben als Kreditge— 
nossenschaften bezeichnet, die ihre Thätigkeit nur 
auf den Kreis ihrer Mitglieder ausdehnen, also ei⸗ 
nem Nichtmitgliede keinen Kredit gewähren und 
auch die Erzielung eines gewerblichen Gewinnes 
nicht anstreben. Welche Stellung der hiesige 
Vorschußverein zu dieser Frage einnehmen 
wird, darüber hat sich derselbe bis jetzt noch nicht 
schlüssig gemacht. 
*(Für die Postboten.) Zur Weihnachts⸗ 
seit, in der man ehrlich und mit Mühe geleistete 
Dienste so gerne belohnt und zu der sich Alles 
rüstet, Gaben zu spenden und solche zu empfangen, 
erscheint es uns als eine einfache Pflicht, die 
Postboten der Aufmerksamkeit des Publikums zu 
empfehlen. Vergeßt also dieselben nicht! 
— Aus dem Bliesgau, 21, Dez. wird der 
„Zw. Z.“ geschrieben: Die Auswanderung dauert 
hier ununterbrochen fort. So ist gestern wieder 
in Ommersheim eine Familie von fünf Köpfen, 
und vor 14 Tagen sind zwei junge Leute von da 
nach Amerika abgereist. Bis nächstes Frühiahr 
wollen noch viele auswandern. 
— B. Ommersheim, 22. Dez. Gestern 
stürzte sich hier ein Irrsinniger aus dem 2ten Stock⸗ 
werke auf die Straße, so daß derselbe noch am 
Abend, wahrscheinlich in Folge innerer Verletzungen, 
starb. Derselbe sollte vor einigen Tagen in die 
Anstalt Klingenmünster aufgenommen werden, wurde 
aber zurückgewiesen, weil die Aufnahme von der 
kgl. Regierung noch nicht bestätigt war. 
— Homburg, 20. Dez. Am vergangenen 
Freitag sollte in Erbach der Ackerer D. infolge 
vorhergegangener Zwangsversteigerung aus seiner 
Wohnung ausgewiesen werden. Während der Ge— 
richtsvollzieher die gesetzlichen protokollarischen For⸗ 
neln niederschrieb, rieth D. seiner Frau, sich doch 
in's Bett zu legen, wenn es ihr nicht gut wäre, 
sie kräckse schon den ganzen Tag herum“. Dieser 
Rath. welcher von der Ehehälfte ve rstanden wurde 
am auch sogleich zur Ausführung, und es mußte 
n der That der Gerichtsvollzieher seine Voll— 
treckungshandlung so lange einstellen, bis der her⸗ 
heigerufene Arzt constatirte, daß die Frau gar nicht 
rank sei, und sie hierauf aus dem Bette gebrach! 
vurde. (Pf. V.) 
— Vollmersweiler, 21. Dez. Beim 
Aufziehen der neuen Glocke auf den hiesigen Kirch— 
hum ereignete sich heute der Unglücksfall, daß 
»inem der Arbeiter ein Hebel entfiel und ein unten 
tehendes Kind dermaßen auf den Kopf traf, daß 
dasselbe sofort besinnungslos zu Boden stürzte. 
Die Verletzungen sind so schwere, daß man an 
dem Aufkommen des Kindes zweifelt. 
— Annweiler. Dem Handelsmann Lud⸗ 
vig waren 122-M. abhanden-gekommen, davon 
100 M. in einer Banknote. Letztere fand er dieser 
Tage in seinem Hühnerstall. 
— Auch in Kirchheimbolanden hat 'ssich 
in Verein gebildet zur Unterstützung bedürftiger 
vürdiger Handwerksburschen und zur Abweisung 
irbeitsscheuer Vaganten. 
— Aus Grünstadt schreibl man dem „F. 
T.“: Man wird sich wohl des unglücklichen Vor⸗ 
alles erinnern, der sich vor kürzerer Zeit auf der 
zagd bei Monsheim abspielte und wobei dem Hrn. 
Abernauer von Kriegsheim, der in demselben Mo— 
nente, als Hr. Weber von Monsheim einen Hasen 
rlegte seinen Standtpunkt hinter einem Baum ver⸗ 
assen h ben soll, ein Schrot ins Auge fuhr, in 
Folge dessen dasselbe zu Verlust ging. Zwischen 
Irn. Obernauer und Hrn. Weber kam nun ein 
vergleich in der Weise zu Stande, daß letzterer 
em ersteren für das verlorene Auge eine Entschä⸗ 
digung von 4000 M. und außerdem die nicht un— 
zeträchtlichen, bisher erlaufenen Curkosten bezahlt. 
FEin theures Jagdvergnügen. 
— Otterberg, 19 Dez. Heute feierten hier 
m engeren Familienkreise der frühere Bürgermeister 
ind jetzige Privatier Hr. Jakab Glück und dessen 
gattin Magdalena, geb. Glück, das Fest ihrer gol⸗ 
jenen Hochzeit. Die Jubilare erfreuen sich der 
zesten Gesundheit; der Jubilar zählt 84, die Ju⸗ 
ilarin 73 Jahre. Glück auf! (Kais. Zig.) 
— Speier, 19. Dez. In der heutigen General⸗ 
ersammlung des Retschervereins wurde der Rechen⸗ 
chaftsbericht für 1880 vorgelegt. Die Einnahmen 
etrugen 34989 M. 3 Pf. und das Gesammt⸗ 
ermögen des Vereins- 221607 M. 96 Pf. 
roͤßere Gaben wurden dem Vereine von Herrn 
dilgard in New-York, sowie von der Familie 
VBolff in Kirchheim und Landau zugewendet. 
— Frankenthal, 22, Dez. Von der Hef⸗ 
igkeit des gestrigen orkanartigen Sturmes in hiesiger 
ßegend legt der Vorfall Zeugniß ab, daß auf der 
Wormser Straße in der Nähe der Ziegelhütte die 
Thaise eines Arztes sammt Pferd von dem Winde 
ergriffen, umgeworfen und mehrmals überschlagen 
in eine ausgegrabene Lehmgrube geschleudert worden 
— 
ind der Kutscher, noch das Pferd eine Verletzung 
rlitten haben. (Frankenth. Tagebl.) 
Vermischtes. J J 
F Das bahyerische Finanzministerinm macht die 
Besitzer ausländischer Werthpapiere darauf aufmerk— 
am, daß die Frist, innerhalb welcher diese Werth⸗ 
apiere zu einem ermäßigten Satze (von 50 Pf. 
ür Aktien, 10 Pf. für Obligaͤtionen ohne Rücksicht 
iuf den Nennwerth) abgestempelt werden, am 59. 
dezember J. Irs. zu Ende geht. Nach diesem 
Tage unterliegen auch die ausländischen Werthpa— 
iere, welche nicht schon vorher abgestempelt wurden, 
—A—— 
»Ppro Mille und für Obligationen 2 pro Mille 
eträgt es ist also beispielsweise zu entrichten: für 
ine österr. Eisenbahnaktie zu 2000 M. bis zum 
9. Dzbr. Ufd. Irs. nur 30 Pf., nach diesem Tage 
10 M; für eine österr. Staatsobligation zu 2000 
M. bis zu dem genannten Tage 10 Pf., nach dem⸗ 
elben 4 M. Wer sich daher vor Schaden wahren 
vill, der möge die obige Frist nicht unbenutzt vo⸗ 
rübergehen lassen. 
FMannheim, 20. Dez. Auf der hiesigen 
Post sind jetzt auch zur Bewältigung des riesigen 
Weihnachtsverkehrs aushilfsweise Soldaten beschäftigt. 
„Woher kommt der Geldmangel?“ fragt ein 
dorrespondent vom Lande die „Mainzer Zeilung.“ 
„Ich weiß nicht, ob es in der Stadt auch so geht, 
bei uns auf dem Lande ist die allgemeine Kloge 
aͤber schlecht eingehende Gelder. Ter Kaufmann 
chickt seinen Lehrling hinaus mit Rechnungen ve 
z⸗ bis 600 Mk.; am Abend kommt dieser hei— 
mit 50 Mk. Der Handwerker stellt seinen Kunde 
stota zu: man nimmt sie ruhig in Empfang, madq— 
iber keine Miene zu zahlen, findet es unartig, wen 
der Schmied, der Wagner, der doch selbst zahle— 
muß, auf sein Geld drängt. So geht es der 
Doktor und Apotheker und fast jedem. Und do 
jaben wir keine schlechte Ernte gehabt, doch 
für Obst Geld gelöst worden, für Wein recht vie 
die Früchte haben keinen niedrigen Preis, an G 
egenheit zum Verkaufen fehlts auch nicht. Um 
doch diese Klage; woher kommt das ?“ 
F Neustadt a. d. Donau. Ein eigenthüm 
liches Malheur passirte vor einigen Tagen einer 
Bauer, der sich mit einer ansehnlichen Getreidefu 
nach der hiesigen Schranne begeben hatte. Bei 
Verkauf seines Getreides erhielt er auch eine 
dundertmarkschein. Er hatte nun während de 
Tages zu tief ins Glas geschaut. Bei der Hein 
ahrt bekam er Appetit. Er erinnerte sich in d 
Früh Käse gekauft zu haben, den er zu sich in 
Tasche steckte. Derselbe war bald verzehrt. 
Hause angekommen, fand er den Hundertmarksche 
nicht mehr vor. Der Sachverhalt wurde ihm bal 
klar. Er hatte Käs und Note in eine Tasche g 
teckt und auf dem Heimwege beide verspeist. M 
dem Ausruf: „Drum war der Käs so mentis 
zach“ soll er ganz nüchtern und ihm bald ziemli 
schlecht geworden sein. Ein Berichterstatter de 
„Ing. Ztg.“, welcher wir diese Notiz entnehmen 
zehauptet, dieselbe sei Wahrheit, nicht Dichtung. 
F Die deulsche Auswandererziffer für das Jak 
882 wird voraussichtlich hinter derjenigen des jet 
zu Ende gehenden Jahres nicht zurütkstehen, obwol 
man sich der Hoffnung hingegeben hatte, daß na 
den drei Jahren gesteigerter Auswanderung nu 
ein Rückschlag eintreten würde. Auf Grund vor 
iegender Mittheilungen über abgeschlossene Aus 
wanderungs Contracte hat der „Norddeutsche Lloyd 
in Bremen sich veranlaßt gesehen, schon jetzt bi 
kannt zu geben, daß vom 1. Märzek. J. an wöch 
entlich drei Passagierdampfer nach New-York exp 
dirt werden sollen — Sonntag, Mittwoch un 
Freitag — während im Jahr 1881 nur zwei un 
m Jahr 1880 nur ein Dampfer von dort an 
ibging. Von Hamburg wird die in diesem Jahr 
xrobeweise eingeführte neue Morris'sche Linie eben 
'alls ihre Fahrten fortsetzen und die Bolten'sch 
dinie läßt mindestens zwei Dampfer in der Woch 
aufen. Wie die „Tribüne“ hört, hat das Aus 
vanderungsfieber jetzt auch die besser situirten bä 
rlichen Besitzer der Mark Brandenburg ergriffen 
In der Neumark rüsten sich zahlreiche Bauernft 
milien, die Heimath zu verlassen. Demgegenüb— 
muß darauf hingewiesen werden, daß schon ir 
letzten Sommer von gut unterrichteten amerikanische 
und deutsch⸗amerikanischen Zeitungen warnend de 
rauf hingewiesen wurde, der amerikanische Arbeit⸗ 
markt sei überfüllt und Beschäftigung nur schwe 
zu finden. Ein Mahnwort zur Vorsicht für d 
welche in eine ungewisse Zukunft, ohne Anhalt⸗ 
punkt, hineingehen wollen, dürfte gerade jetzt or 
Platze sein. 
f Die Theater in Wien sind dermalen schlech 
besucht, natürlich — Publicus fürchtet für sei 
kostbares Leben und meidet darum die Theate! 
Das Theaterlaufen mag für Leute, die viel Gel 
und den ganzen Tag nichts zu thun haben, ei 
„Bedürfniß“ sein, wer aber den ganzen Tag a 
hbeiten muß, für den ist das Theater kein Bedür' 
niß. Da nun die Wiener Theaterdirectoren 
täglich nur noch eine Einnahme von 150 bis 80 
L., dabei unsinnig hohe Gagen an singende, pien 
ende, springende und agirende Theater-Fräulein un 
Männlein zu zahlen haben, so haben ihrer etlich 
efchlossen, von Regierung und Magistrat entwedt 
ine Staats⸗ oder eine Stadt-Subvention „auf d 
Dauer einiger Monate“ zu verlangen! — Die R 
zierung, die von diesem so überaus bescheidene 
Wunsche der Wiener Theaterdirektoren noch keir 
denntniß hatte, hat ihrerseits angeordnet, daß ei 
paar Theater, die 2800 und 1000 Personen fasse 
önnen, künftig nur noch 1270 und 600 Persone 
iinlassen dürfen. „Die Directoren sind dadur 
nahezu ruinirt,“ jammert die Presse. Als ob de 
VBolk nur für gewinnsüchtige Theaterdirektoren d 
wäre! Ein gutes werden solche Maßregeln und d 
Enthaltsamkeit des Publicums jedenfalls haben 
daß die unverschämt hohen Gagen in Wien, d 
aft einen Ministergehalt um das Zwei⸗ und Dre 
cache übertreffen, niedriger und den Leistungen ar 
gemessener werden. Und wenn etliche Theater