Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hl. Ingberler Anzeiger. 
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M 25. Samstag, den 12. Februar 1881. 
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Deutsches Reich. 
(Bayerischer Landtag.) Ueber die weitere geschäftliche 
Behandlung der vier Steuergesetzentwürfe hört man, daß im Plenum 
der Abgeordnetenkammer mit der Berathung der im Steuergesetz- 
ausschuß in zweiter Lesung fertig gestellten bezw. bis Ende dieser 
Woche fertig zu stellenden Gesetzentwürfe über die Einkommensteuer, 
dapitalrentensteuer und Grund- und Haussteuer sofort begonnen 
verden soll, daß dagegen die zweite Lesung des Gesetzentwurfs über 
zie Gewerbesteuer im Steuergesetzausschuß vorerst zurückzustellen sei. 
Auf diese Weise wird der Kammer alsbald Material für mehrere 
Plenarsitzungen vorliegen, während außerdem, wenn der Ausschuß 
zunächst erst noch die zweite Lesung des Gewerbesteuergesetzes und 
ʒes Gewerbesteuertarifs vorgenommen hätte, die Kammer selbst noch 
inige Zeit hätte feiern müssen. Eine Unterbrechung der Thätig— 
eit unserer Kammern in Folge der Einberufung des Reichstags 
vird jedenfalls in nächster Zeit nicht eintreten. 
Das Prinzip der geheimen Wahlen bei zukünftigen Landtags⸗ 
vahlen in Bayern ist vom Wahlgesetz- Ansschuß der Abgeord— 
ietenkammer mit allen gegen 2 Stimmen (Louis und v. Peßl, 
jeide von der Linken) angenommen worden. Die weiteren Be— 
timmungen über das Wahlverfahren wurden an eine Subkommission 
erwiesen. 
Zur Berathung über den Gesetzentwurf betr. die Hagel⸗ 
versicherungsanstalt (Staatsbetriebb in Bayern ist eine 
Sitzung des Generalkomites des landwirthschaftl. Vereins auf kom— 
nenden Montag anberaumt. Daß aber dieser Gesetzentwurf noch 
„em dermaligen Landtag vorgelegt werden könne, wird in unter— 
richteten Kreisen bezweifekt. 
Ueber die Rekrutirung der bayerischen Armee für 
1881/82 verlautet, daß die Entlassung der Reservisten bei den— 
enigen Truppentheilen, welche an den Herbstübungen theilnehmen, 
im 1. oder 2. Tage nach deren Rückkehr in die Garnison, späte— 
tens aber am 30. September zu geschehen haben. An den Ent— 
afssungsterminen sind so viele Mannschaften zu beurlauben, daß 
zei jedem Infanterie- und Jägerbataillon 190, bei jedem Kavallerie— 
egiment mindestens 180, bei jeder reitenden Batterie mindestens 
30 Rekruten eingestellt werden können. Die Einberufung der Re— 
ruten zum Dienste mit der Waffe hat in der Zeit vom 7. bis 
O. November, demnach also später als im Vorjahre zu geschehen; 
nit Rücksicht auf die im April stattfindenden Neuformationen sind 
»ie Ersatzbedarfsnachweisungen statt am 15. erst am 20. April 
inzusenden. 
Fürst Bismarck ließ Bennigsen durch den Geheimerath 
Tiedemann in der Affaire mit Ludwig seine Sympathie ausdrücken 
ind ihm, Bennigsen versichern, daß er seiner Ansicht nach ganz 
oyal und correct gehandelt habe; das aktenmäßige amtliche Material 
iber die Hannover-Altenbekener Bahn stelle er Bennigsen zur 
Disposition. 
Der permanente Ausschuß des preußischen Volkswirth⸗ 
chaftsrathes hat den Gesetzentwurf betreffend die Innungen 
n Berathung genommen, durch welchen 8 27 u. ff. der Gewerbe— 
»dnung abgeändert werden, und unter Ablehnung aber Abänder— 
ingsanträge die Vorlage der Regierung mit allen gegen zwei Stim— 
nen angenommen. 
Betreffs der Einführung des Tabakmonopols in Deutsch⸗ 
land schreibt die „National-Ztg.“ hinsichtlich der vom Reiche zu 
jewährenden Entschädigungen: „Eine empfindlichere Aufgabe wäre 
rioch nie an die deutsche Verwaltung herangetreten, und bei aller 
UAchtung vor ihrer musterhaften Intregrität, ‚wünschen wir sie vor 
iner solchen Gefahr bewahrt. Die Mehrergebnisse des Monopols 
iber die jetzige Steuer würden, wenn die am besten akkreditirten 
Berechnungen richtig sind, kaum mehr als 50 Mill. Mark über 
zen heutigen Ertrag der Steuern an Rein-Ergebniß aufbringen, 
ind in diesem Betrag würde auch die Entschädigung zu finden 
ein für den empfindlichen Verlust, den Handel und Gewerbe durch 
zie Monopolisirung erleiden müßten. 
Ueber die Interpellation Jör g hinsichtlich des Reichsun⸗ 
iallversicherungsgesetzes urtheilt ein bekannter bayerischer 
garlamentarier und Jurist dahin, daß über die reichsverfassungs⸗ 
mäßige Zulassung jenes Gesetzes gar kein Zweifel bestehen könne. 
Die den Versailler Verträgen angehängte Klausel wegen der bayer— 
schen Immob'liarversicherungsanstalt beweise gerade die allgemeine 
Anwendbarkeit des Artikels 4 der Reichsverfassung, dem zufolge 
das Versicherungswesen der Beaufsichtigung und Gesetzgebung des 
steiches unterliege. Das ist allerdings eine andere Auffassung als 
die bereits offiziös mitgetheilte der sächsischen Regierung, der zufolge 
das Reich eben weil es die Aufsicht über das Versicherungswesen 
hat, ich mit dem letzteren direkt nicht beschäftigen kann. 
Die offiziöse „Nordd. Allgem. Zig.“ die Politik Gambetta's 
hesprechend, hebt hervor, derselbe habe, nachdem der Versuch, seine 
Therbourger Rede in deren wahren Inhalt travestirender Weise zu 
euteln, mißglückte, seine Taktik geändert und Farbe bekannt. Der 
Ton gambettistischer Zeitungen und seiner Anhänger ließen keinen 
Zweifel darüber, daß Gambetta das Staatsschiff aus den ruhigen 
Wassern in eine schnelle,, kriegerische Strömung hineinzulenken ver— 
uche und die friedlichen Elemente Frankreichs von der Kriegspartei 
ins Schlepptau nehmen lassen wolle. 
In Folge des bekannten Bundesrathsbeschlusses haben die 
Tabakfabrikanten eine Petition an den Statthalter von Elsaß— 
—ADD 
aktur gesendet. 
Ausland. 
Das Erträgniß der indirekten Steuern Frankreichs für 
den Monat Januar 1881 hat die Voranschläge des Budgets um 
18,372,000 Fr. überstiegen. 
Das englische Unterhaus hat in zweiter Lesung den Gesetz⸗ 
ntwurf über Ausnghmemaßregeln zum Schutz von Personen und 
kigenthum in Irland mit 359 gegen 56 Stimmen angenommen. 
Es ist unleugbar, daß sich die Aufregung unter den Mit— 
liedern der Landliga in Irland seit der Verhaflung ihres Führers 
Michael Davitts und den stürmischen Szenen im Parlament be— 
eutend gelegt hat. Als ein bedeutsames Zeichen kann auch ange— 
ehen werden, daß, während die Landpächter seit geraumer Zeit alle 
Zahlungen an die Grundeigenthümer verweigerten, eine Anzahl der— 
elben freiwillig ihre schuldigen Pachtbeträge entrichtet hat. 
König Georg von Griechenland soll gesonnen sein, ab⸗ 
ndanken, falls die Mächte das hellenische Reich zwingen würden, 
ibzurüsten, so berichtet wenigstens eine englische Zeitung. Ganz 
ibgesehen davon, daß Europa einen solchen Verlust mu Resigna— 
ion über sich ergehen lassen würde, glauben wir nicht, daß der 
unge König wegen eines einfachen Ruͤckzuges sein Thrönlein im 
Stiche lassen würde. Abrüsten wird Griechenland aber schließlich 
hoch müssen, denn um die Sache mit der Türkei allein auszufech— 
zen, dazu ist Griechenland zu schwach und für eine Hilfe von 
auswärts sind die Aussichten herzlich schlecht. 
αν 
Vermischtes. 
* St. Ingbert, 9. Febr. In der heutigen Schöffen— 
itzung kamen folgende Fälle zur Verhandlung und Aburtheilung: 
kFine Frau von hier wurde wegen Berufsbeleidigung zu einer Ge⸗ 
ängnißstrafe von drei Tagen verurtheilt; zwei hiesige Burschen, 
velche beschuldigt waren, einen Mann mittelst gefährlicher Werkzeuge 
örperlich verletzt zu haben, wurden als nicht genügend überführt 
reigesprochen, einer derselben jedoch der einfachen Mißhandlung 
iberführt und zu drei Tage Gefängniß verurtheilt; die Verhandlung 
jegen zwei Frauenspersonen von hier wegen Berufsbeleidigung 
vurde wegen Nichterscheinens der Angeklagten ausgesetzt und die 
VKorführung derselben verfügt; die Verhandlung gegen einen Mann 
»on Sulzbach wegen Gewerbsteuer-Kontravention wurde behufs 
Bernehmung weiterer Zeugen ausgesetzt; ein junger Mann von hier, 
eschuldigt durch Vornahme unzüchtiger Handlungen öffentlich Aerger 
niß erregt zu haben, wurde als nicht überführt freigesprochen und 
in Individium von Rodweiler wurde wegen Bettels zu einer 
Haftstrafe von drei Tagen verurtheilt. 
* St. Ingbert, 11. Febr. Heute Nacht gegen 3 Uhr 
vurde mittelst Einsteigens durch das Ladenfenster in das Laden— 
okal des Hrn. Gerber Müller eingebrochen, und gelang es 
den frechen Dieben, daraus Schuhwaaren im Betrage von circa