Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slf. Ingberler ZAAnzeiger. 
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M 26 
Sonntag, den 13. Februar 
1881 
Deutsches Reich. 
(Bayerischer Landtag.) Wie man in Abgeordneten⸗ 
reisen vernimmt, werden die politischen Bedenken, welche Abg. Jörg 
n seiner das Unfallversicherungsgesetz betreffenden Interpellation 
ervorgehoben hat, von der bayerischen Staatsregierung nicht getheilt. 
die Beantwortung der Interpellation und zwar durch den Vorsitzenden 
es Ministerrathes, Staatsminister Dr. v. Lutz, sollte in der Frei— 
ags⸗Sitzung der Abgeordnetenkammer erfolgen. 
Der Reichskanzler legte den Bundesrath einen Entwurf 
bbr den Anschluß Altona's und der Unterelbe an das Zollgebiet 
ot unter Darlegung der Veränderungen in den jetzigen Grenzen, 
er künftigen Handhabung des Zolldienstes u. s. w., sowie unter 
ßeifügung eines Kostenanschlags. Ferner unterbreitete der Reichs— 
anzler dem Bundesrath eine Mittheilung über den für den Sommer 
ieses Jahres projektirten internationalen Kongreß und die dazu 
sehörige Ausstellung für Elektricität zu Paris. Die französische 
degierung hat Deutschland zur Betheiligung durch den Reichskanzler 
ingeladen und der Kaiser hat den Kanzler zur Annahme der Ein⸗ 
adung ermächtigt. Der Reichskanzler bemerkt: er hoffe die dazu 
rforderlichen Mittel aus seinem etatsmäßigen Dispositionsfonds 
hne Schwierigkeit überweisen zu können. Es soll ein besonderer 
Ldeichskommissär für die deutsche Abtheilung unter Zuertheilung 
achverständiger Beiräthe berufen und die Koͤnigreiche Bayern und 
Württemberg sollen ersucht werden, je einen Vertreter ihrer Tele— 
zraphen⸗-Ressorts in den Beirath zu entsenden. Der Reichskanzler 
prdert den Bundesrath zur Förderung der Betheiligung Deutsch- 
ands an der Ausstellung auf. 
Dem Bundesrath legte der Reichskanzler den Gesetzent— 
vurf, betr. die richterliche Verfolgung von Personen des Soldaten⸗ 
tandes wegen Diensthandlungen vor. Bislang war in Preußen 
ei solchen gerichtlichen Verfolgungen der Rechtsweg ausgeschlossen; 
zurch dieses Gesetz soll Einheit mit Rücksicht auf die Reichsver— 
assung geschaffen werden. (Fr. 3.) 
Wie die „Frankf. Ztg.“ hört, sind an die leitenden deutschen 
Ninmnister Einladungen ergangen, zur Zeit des Zusammentritts 
»es Reichstags sich Behufs Vorberathungen in Berlin einzufinden. 
Wie die „W. Pr.“ berichtet, richtete Kaiser WilheIm ein 
handschreiben an den Sultan, um ihn zur friedlichen Beileg⸗ 
ingt des Streites mit Griechenland aufzufordern. 
Ausland. 
Kronprinz Rudolf von Oesterreich hat eine große Reise 
nach dem Orient angetreten. Danach scheint seine Vermählung 
mit der belgischen Prinzessin auf längere Zeit verschoben zu sein. 
Die „Nordd. Allgem. Ztg.“ hebt in einem Artikel den An— 
agonismus hervor, wonach es scheine, als sei die kriegerische 
Strömung in Frankreich zu einem zeitweiligen Stillstande 
ekommen. Die Niederlage Gambetta's bei der Interpellation 
Broust (griechische Frage) und der große Erfolg Barthelemy St. 
dilaire's berechtigten zu der Annahme, daß die friedliche Ström— 
ing wahrscheinlich eine siegreiche sein werde, so lange wenigstens 
ie gegenwärtige friedliche Stimmung der übrigen Regierungen 
ortdauere. Eine französische Regierung mit vermutheten krieger— 
schen Tendenzen gegen Deutschland oder in Betreff der griechischen 
cage wäre heute gleichbedeutend mit Frankreichs gänzlicher Iso— 
rung. 
Ztg.“ der frühere Bürgermeister Karl Hohle vor, der bei der letzten 
Wahl als J. Ersatzmann gewählt wurde. 
Der „Land. Anz.“ nennt den Goldschmiedlehrling Ernst 
Börner als den, welcher wegen versuchten Ausgebens eines falschen 
Fünfmarkstückes in Edenkoben verhaftet und nach Landau gebracht 
vurde. Der andere Lehrling, der auch verhaftet wurde, ist später 
vieder freigelassen worden. 
F Aus Germersheim, 8. Febr. berichtet der „Eilb.“: 
Am Sonntag wurde in der Nähe von Speyer die Leiche des Sol— 
aten März der 10. Kompagnie, des 17. Regiments aus dem 
stheine gezogen. Man vermuthet, daß Märtz seinem Leben frei— 
villig ein Ende gemacht habe. 
4 Vorige Woche wurde, wie die „Fr. Z.“ meldet, in Lu d⸗ 
o igshafen ein im besten Lebensalter stehender Mann zu Grabe 
getragen, der eine Operation an den Hühneraugen vornahm, dabei 
r nicht vorsichtig genug zu Werke ging, zu tief schnitt, und sich 
adurch eine Krankheit zuzog, die in kürzester Zeit seinen Tod zur 
Folge hatte, Man sollte daher ähnliche Operationen ganz unter⸗ 
assen oder wenigstens äußerst vorsichtig zu Werke gehen. 
Spurlos verschwunden ist eine Frau Hänzel in Dacr m⸗ 
tbadt. Wie der „T. A.“ hört, hat ihr Mann beĩi dem Komman—⸗ 
)eur der hessischen Division, dem Prinzen Heinrich, darum nachge⸗ 
ucht, daß durch das Militär die Umgegend abgesucht wird. 
Tieser Tage fand auf dem Gepäckbureau der Ludwigsbahn 
zu Mainz die Eröffnung eines großen Sackes statt, welcher be⸗ 
eits vor länger denn zwei Jahren — eisenbahnlagernd — auf 
er dortigen Station angekommen war, ohne daß sich ein Empfänger 
neldete. Alle solche Sendungen, müssen nach Verlauf eines ge— 
vissen Zeitraumes geöffnet werden, um den Eigenthümer zu er⸗ 
nitteln oder sonstige Verfügungen zu treffen. In dem Sack be— 
and sich nun sonderbarer Weise alles Material zur Anfertigung 
yon falschem Geld: Stempel, Schablonen, auch eine Anzahl 
Brechwerkzeuge. (Fr. 3.) 
Man erinnert sich vielleicht noch des schrecklichen Mordes, 
velcher vor mehreren Jahren in Nierstein an dem. allgemein 
eachteten Bürgermeister Bowinkel verübt wurde. Ein Metzgerbursche 
damens Berg wurde damals als Thäter verhaftet, doch wegen un— 
enügender Beweise nach einiger Zeit wieder in Freiheit gesetzt. 
der Beschuldigte wanderte alsbald darauf nach Amerika aus und 
oll dort einem Mitgesellen eingestanden haben, daß er den Mord 
virklich vollbracht habe. 
. Aus Pforzheim wird der „Bad. L.«Ztg.“ geschrieben: 
zin hiesiger junger Kaufmannslehrling, welcher durch den Besuch 
iner „Tanzstunde“ zu nicht unbedeutenden Ausgaben veranlaßt 
ourde, suchte diese außerordentlichen Ausgaben aus der Kasse seines 
Zrinzipals zu decken. Hierüber ertappt und zur Rede gestellt, ging 
r auf sein Zimmer und suchte sich durch Oeffnen der Schlagadern 
in der Hand und einen Schnitt in den Hals das Leben zu nehmen. 
Die That wurde aber entdeckt, ehe eine Verblutung Statt gefunden 
jatte. Da der junge Mann statt der Schlagader die Blutader und 
Flechse an dem Arm durchschnitten hat, wird er, falls er am Leben 
oleibt, wahrscheinlich eine steife Hand behalten. 
Frühlingsboten. In Straßburg wurden am 
sJ. Februar die ersten Störche bemerkt und können wir wohl dar—⸗ 
auf rechnen, daß der Winter trotz entgegengesetzter Prophezeihungen 
definitiv sein Ende erreicht hat, denn diese Orientreisenden, denen 
jier in der wärmeren Jahreszeit fast jeder Schornstein älterer Kon— 
truktion eine Heimstätte für Liebes -Lust und Leid bietet, pflegen 
ich in ihren Witterungsbeobachtungen selten zu täuschen. 
. Aus Würzburg schreibt die „N. Würzb. 3.“: „Ein 
xinjährig-Freiwilliger des 9. Infanterie- Regiments konnte den 
Nachweis der genügenden Vermögensverhältnisse nicht erbringen und 
dient deßhalb als Dreijähriger weiter. Aus dieser einfachen That⸗ 
'ache hat der hiesige Berichterstatter des Nürnberger „Korresp. 
o. u. s. D.“ eine Degradirung des Genannten wegen Schulden⸗ 
machens fabrizirt.“ 
Das Juliusspital in Würzburg, die großartige Stif— 
ung des Fürstbischoss Echter v. Mespelprunn, hat gegenwärtig 
»ein Vermögen von 8,570,000 Mk. 
Vermischtes. 
F Das in Zweibrücken garnisonirende 2. Jägerbataillon 
vird am 15. oder 16. nächsten Monats schon seine jetzige Garnison 
»erlafssen, um seine neue Garnison Aschaffenburg zu beziehen. An 
Ztelle des Jägerbataillons kommt das 2. Bataillon des am 1. April 
uu bildenden 18. Infanterie-Regiments nach Zweibrücken. Kapitu— 
anten⸗Unteroffiziere treten vom 2. Jägerbataillon zu dem dahin in 
Harnison kommenden Infanteriebataillon über; es ist dies nur ver— 
geiratheten Unteroffizieren gestattet worden. 
FIn Kaiserslautern verschied im 64. Lebensjahre der 
Bildhauer Jakob Menges senior, ein begabter und fleißiger Künstler 
ind ein allgemein geachteter Bürger, den das Vertrauen seiner 
Mitbürger wiederholt in den Stadtrath berief, dem er bis an sein 
ebensende angehörte. An seine Stelle rückt, nach der „Kaisersl.