Full text: St. Ingberter Anzeiger

ↄl. Iunbherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
der „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fünfmal: Am Montag, Dieunstag, Donnerstag, Samstag“und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 , bei Neclamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nuc dreimalige berechnet. 
29. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 7. Febr. Kammer der Abge— 
Adneten. Abg. Schels begründet seinen An— 
rag, daß die Verwaltung der Staatseisenbahnen, 
zosten und Telegraphen dem Ministerium der Fi— 
anzen unterstellt werden solle. Finanzminister 
J. Riedel erklärt sich gegen den Antrag. Eine 
weitere Debatte findet nicht statt. Nach der Schluß⸗ 
jußerung des Antragstellers wird der Antrag mit 
illen gegen drei Stimmen abgelehnt. Der weitere 
Antrag Schels, betreffend das Tabakmonopol, wird 
uuf Wunsch des Antragstellers auf die nächste Sizung 
Freitag) vertagt. 
In einer Vorstadt Münchens wurde vor 
inigen Tagen eine sozialdemokratische 
Versammlundg polizeilich aufgehoben. Siebzehn 
Ppersonen wurden verhaftet. 
Berlin, 8. Febr. In einem Artikel „Die 
isenbahnen und der Staat“ sagt die „Provinzial⸗ 
jorrespondenz: Die Worte des Reichskanzlers: 
die Eisenbahnen sind viel mehr für den Dienst 
es Verkehrs, als für den Dienst der Finanzen be— 
timmt“, bilden die Seele eines Umwandlungs— 
Prozesses, den der preußische Staat soeben be— 
jonnen hat. 
Im preußischen Abgeordnetenhause begann 
in Dienstag die Berathung der kirchenpolitischen 
Korlage. Zunächst ermahnt der Kultusminister 
o. Goßler zum Frieden, er besteht hauptsächlich 
wegen der Polen, auf den diskretionären Voll⸗ 
machten und weist den Weg des „Konkordats“ zu⸗ 
rück, der neue Thränen, Sorgen und Verwickelungen 
im Gefolge habe. Schorlemer-Alst (ultram.) 
veist die diskretionären Vollmachten zurück, verlangt 
ie Aufhebung der Maigesetze, denen sich die Ka— 
holiken nicht unterwerfen konnten, klagt, daß die 
krnennung Falks in Hamm keine Rücksicht auf das 
verletzte Gefühl dee Katholiken zeige. und nimmt 
die Polen in Schutz. Graf Wintzigerode 
lons.) vertheidigt Falk und stellt sich der Regierung 
zur Verfügung. Windthorst (ultram.) ist un— 
ufrieden mit dem Gesetz von 1880 und mit den 
iskretionären Vollmachten. Die Maigesetze müßten 
abgeschafft werden. Er möchte gern die Instruktionen 
kennen, die Schlözer nach Rom mitbekommen. 
Ausland. 
Wien, 7. Febr. Gegenüber zahlreichen in 
Umlauf befindlichen beunruhigenden Nachrichten 
über eine angeblich bevorstehende größere Mobil— 
nachung versichert man auf dem auswärtigen Amte 
nit vollster Bestimmtheit, „daran werde nicht ge— 
dacht“. Die Beziehungen zur russischen Regierung 
chlossen jede Besorgniß zunächst aus. Ich gewinne 
indessen trotzdem aus zahlreichen persönlichen An— 
deutungen durchaus unterrichteter Personen die Ueber— 
»engung, daß man hier nicht ohne Besorgniß ist. 
Namentlich befürchtet man zunächst den Sturz des 
)euisch⸗freumdlichen Leiters des russischen Auswär— 
igen Amtes, des Herrn v. Giers. Daß die Ver— 
indung der in Ostgalizien verhafteten Ruthenen 
nit dem russischen Slawenkomite den Zwech hatte, 
ꝛie Bevölkerung von Oesterreich abzuwenden und 
kußland näher zu bringen, soll durch die Unter— 
uchung bereits festgestellt sein. Die hiesige Re— 
zierung erwartet von den bisherigen raschen Ver— 
jaftungen der Rädelsführer die völlige Erstickung 
der Bewegung. Ter Ernst der Lage ist jedoch 
ht zu unterschätzen. (Koln. Ztg.) 
In einem Par?ser Brief der, Montagsrevue“ 
Donnerstag, 9. Februar 1882. 
17. Jahrg. 
velcher Gambetta's Streben nach dem Listen⸗ 
krutinium mit der Revanchepolitik in Zusammen⸗ 
sjang bringt und das Votum der Kammer, welches 
Hambetta stürzte, als einen Protest gegen den Re— 
»anchekrieg auffaßt (72), wird erwähnt, daß Gam⸗ 
zetta krank sei und zwar an einer Herzverfettung 
eide. Die „Nat.⸗Zig.“ bemerkt, daß auch ihr diese 
sachricht von regelmäßig gut informirter Seite zu⸗ 
gegangen sei. 
London, 7. Febr. Das Parlament wurde 
jeute eröffnet. Der Lordkanzler verlas die Thron— 
ede. Er sagte: Die Beziehungen zu den aus— 
värtigen Mächten sind sehr herzlich. Wir stehen 
m besten Einvernehmen mit Frankreich. Die 
dönigin widmet ihre besondere Aufmerksamkeit den 
gyptischen Angelegenheiten, wo die bestehenden 
Lerträge ihr spezielle Berpflichtungen auferlegen. 
Sie wird ihren Einfluß geltend machen, die Rechte 
nufrechtzuerhalten, die schon gegründet sind theils 
nuf die Firmane, theils auf die internationalen 
Verträge. Dant der Umsicht und Sorgfalt der 
kegiernng haben sich die geschäftlichen Beziehungen 
u Frankreich auf's Beste entwickelt. Die Königin 
ieht mit Vergnügen dem Abschlusse des englisch⸗ 
ranzösischen Handelsvertrages entgegen, von dem 
ie eine günstige Wirkung für die Handelsgeschäfte 
»eider Nationen, wie für die persönliche Freund— 
chaft derselben erhofft. Die Thronrede konstatirt 
die Besserung der irischen Verhältnisse und zählt 
zuletzt eine Anzahl von Plänen auf, welche die 
nneren Angelegenheiten betreffen. 
London, 7. Febr. Die Morgenblätter melden: 
In der Dubliner Burg lief kürzlich ein an Herrn 
Forster, Minister für Irland, adressirter Brief ein, 
velcher wegen seines verdächtigen Aussehens der 
Polizei übergeben wurde. Das Couvert ent— 
dielt Sprengstoffe, welche bei weniger vor⸗ 
ichtigem Oeffnen den Oeffnenden schwer verletzt, 
ielleicht getödtet hätten. Forster war vor dem Ein⸗ 
reffen des Briefes nach London gereist. 
Januar sich über das Projekt einer durch den Staat 
zu leitenden Hagelversicherungsanstalt für 
ür das ganze Königreich Bayern, welcher alle 
Grundbesitzer beitreten müßten, dahin ausgesprochen, 
daß die Errichtung einer derartigen Anstalt schon 
aus allgemeinen Gründen sich nicht empfehlen dürfte, 
da eine gerechte Bemessung der Beitragspflicht auf 
kaum zu bewältigende Hindernisse stoßen würde, 
die Beiträge voraussichtlich zu nieder angesetzt seien 
und später erhöht werden müßten, was mit Rück— 
icht darauf, daß mit Ausnahme der Weiden alle 
andwirthschaftlich benützten Grundstücke, auch die 
zrachliegenden versichert werden müßten, eine große, 
den Landwirth schwer drückende Gesammtversicher⸗ 
ungssumme ergeben würde, und weil ferner die 
Hagelschläge sich nur auf wenige Sommermonate 
dertheilen und zu der im allseitigen Interesse liegen⸗ 
den baldmöglichen Regulirung der Hagelschäden ein 
Beamtenpersonal nöthig sei, das die in Aussicht 
gestellte Billigkeit des Geschäftsbetriebes bedeutend 
beeinträchtigen müßte. Speziell für die Pfalz komme 
noch hinzu, daß bei der weit getriebenen Parzellir⸗ 
ung des Grundes und Bodens und dem dadurch 
bedingten Auseinanderliegen der Grundstücke jedes 
einzelnen Besitzers kaum zu befürchten sei, daß 
dessen ganzer Grundbesitz vom Hagel getroffen werden 
könnte, wozu noch die für die Pfalz statistisch nach⸗ 
gewiesene geringe Hagelgefährlichkeit komme, sodaß 
ein Bedürfniß zur-Errichtung einer- solchen Anstalt 
für die Pfalz nicht anerkannt werden könne. Da⸗ 
gegen wurde gewünscht, daß eine strengere Aufsicht 
auf die in Bayern zugelassenen Gesellschaften von 
Seiten des Staates geübt und bei der Kozessionir⸗ 
ing derselben die Bedingung aufgestellt werde, daß 
zerichtliche Klagen bei demjenigen Gerichte erhoben 
ind betrieben werden können, zu dessen Gerechts— 
sprengel das betreffende Grundstück gehört. 
— Der Landwirth und Landrath Karl Spieß 
oon Schmalfelderhof hat alle landwirthschaftlichen 
Consumvereine der Pfalz aufgefordert, am 12. Fe⸗ 
bruar, Vormittags 10 Uhr, im Saalbau zu Neu⸗ 
stadit zu erscheinen, resp. ihre Vertreter zu senden, 
um über die Gründung eines Verbandes der pfälz⸗ 
schen landwirthschaftlichen Consumvereine zu be— 
chließen. Aufgabe dieses Verbandes soll sein: 1) 
Bemeinschaftlicher Ankauf landwirthschaftlicher Be— 
riebsmaterialien unter Aufsuchung reeller Bezugs⸗ 
quellen und gleichzeitiger Vermittelung der Controle 
aäber die Güte und Echtheit der bezogenen Waaren, 
2) Bewirkung möglichster Vervollkommnung der 
kinrichtungen in den einzelnen Verbandsgenossen⸗ 
chaften, 3) Anregung zur Bildung und zum An⸗ 
ichluß neuer landwirthschaftlicher Consumvereine. 
(3w. Ztg.) 
— Vor der Strafkammer des Landgerichts 
Zweibrücken kommt, wie wir hören, am 28. 
Februar eine die Aktienbrauerei Tivoli daselbst be— 
reffende Anklage wegen Vergehens gegen das Reichs⸗ 
gesetz über den Verkehr mit Nahrungs- und Genuß- 
mitteln und gegen das bayerische Malzaufschlags⸗ 
zesetz zur Verhandlung. (Pf. Kur.) 
— In Kaiserslhautern geht man jetzt 
nuch damit um, einen Verein gegen den Hausbettel 
zu gründen. (Desgleichen in Landau.) 
— Dürkheim, z8. Febt. Die Frau des 
Papiermachers Liseser im Jägerthal beschenkte den— 
selben mit drei Kindern zugleich und zwar einem 
Sohn und zwei Töchterchen. Ersterer lebte 5, das 
ine Madchen 1 und das andere 3 Stunden. Durch 
dieses Ereigniß hatte der Standesbeamte gleichzeitig 
3 Geburtsakten in duplo, desgleichen 3 Sterbeakten. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* Sit. Ingabert, 9. Febr. Heute Morgen 
jegen 5 Uhr ertönte Feuerlärm durch unsere 
Stadt. Es brannte bei Herrn Schneidermeister 
F. Keipert im Mühleneck. Der Brand war, 
vahrscheinlich durch eine brennende Lampe, in der 
Werkstätte entstanden. Da er noch rechizeitig, von 
-Zchneidermeister Keipert selbst, der zu arbeiten an⸗ 
angen wollte, bemerkt wurde, so konnte durch rasch 
erbeigeeilte Hilfe das Feuer auf seinen Herd be— 
chränkt werden. Sämmtliche in der Werkstätte 
ich besindende Gegenstände, als fertige Kleider, 
dleiderstoffe, Nähmaschine u. s. w. sind jedoch ver⸗ 
rannt. Sonst hat das Haus wenig gelitten. Ein 
hlück war es, daß der Brand noch im Entstehen 
ntdeckt wurde, denn sonst wäre wohl das Leben 
von zwei Kindern des Keipert, die in einer Kam— 
ner neben der Werkstätte schliefen, sehr gefährdet 
zewesen, abgesehen von einer weiteren Ausdehnung 
)»es Feuers auf die anstoßenden Gebäude, die im 
XVDV 
väre. Besonderes Verdienst um die rasche Unter—⸗ 
drückung des Brandes hat sich Herr Menageriebe— 
itzer Böhme erworben, der mit seinen Leuten 
zuerst zur Stelle war und sofort mit den Lösch— 
arbeiten begannn. Als dann die Feuerwehr er— 
chien, war die Gefahr bald beseitigt. Keipert hat, 
wie uns gesagt wird, versichert. 
— Das Kreiskomite des landwirthschaftlichen 
Vereins der Pfalz hat in seiner Sitzung am 28