Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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Der „St. Jugberter Anzeiger“ erscheint wöchenltich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag'und Sonnutag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
Blatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1I A6 40 einschließlich Tragerlohn; durch die Post bezogen 14 60 H, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I5 A, bei Meclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nuc dreimalige berechnet. 
M 34. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Muünchen, 14. Febr. (Landtag.) Bei Fest⸗ 
stellung des Etats der Vergwerke wurden die in 
der Kammer der Abgeordneten in Folge eines Form— 
fehlers — die Quantität der zu gewinnenden Kohlen 
anstatt in Tonnen in Kilogramm angegeben — 
zei der Position „Betriebslohn“ abgestrichenen 
32.69:33 M. wieder eingesetzt. Reichsrath v. Neuffer 
refrrirte über den Vorschlag der Regierung, die 
Anlage eines Hochofens in Amberg betr., und 
empfahl dem Beschlusse der Abgeordnetenkammer 
enisprechend, die für die Anlage postulirten 800,000 
M. 'zu bewilligen. Reichsrath Herr Krämer. 
velcher zu den Verhandlungen des Ausschusses als 
Sachverständiger zugezogen war, wiederholte heute 
ein Gutachten, indem er, gestützt auf genaue Be— 
echnungen, die Anlage eines Hochofens empfahl. 
sach kurzer Debatte wurde die Hochofenanlage mit 
illen gegen 6 Stimmen genehmigt. — Dem von der 
Abgeordnetenkammer abgelehnten Antrag des Abg. 
hahn entsprechend, genehmigte die Kammer der 
deichsräthe die Aufbesserimg des Grubenverwalters 
n Berbach um 180 M. 
München, 14. Febr. Abgeordnetentammer. 
Abg. Julius Mühler Wandgerichtspräsident in 
taiserslautern) begründet den Antrag betreffs der 
Vollstreckungsbefehle in der Pfatz in anderthalb⸗ 
tündiger Rede. Dr. Theodor Mayer und Walter 
beide von der Rechten) unterstützen den Antrag. 
Der Justizminister erklärte, er könne im Augenblick 
eine hindende Erklärung nicht geben, spricht jedoch 
zersönlich sein Einverständniß mit dem Antrag aus. 
der Antrag wurde schließlich in erster Berathung 
nit großer Mehrheit angenommen. 
Aus München schreibt man dem „Fr K.“: 
Um den auch im Landtag vielfach erhobenen Klagen 
iaber die hohe Militärpensionslast zu begegnen und 
nach beiden Seiten gerecht zu werden, wurde vom 
Kriegsministerium verfügt, daß erkrankten Offizieren 
ein gagebezugsfreier Urlaub bis auf die Dauer 
ines Jahres ertheilt werden darf, wenn mit Sicher⸗ 
yeit anzunehmen ist, daß der Betreffende nach Ab— 
nanf dieser Zeit wieder vollstandig felddienstfähig in 
den Dienst treten wird. Ist dieses nicht mit Be— 
timmtheit zu erwarten, dann soll die Verabschiedung 
»ecantragt werden, um den an der Beiörderunq 
Ztehenden nicht in seinem Avancement zu schädigen. 
Die Eisenbahn-Commission des Abgeordneten⸗ 
jauses genehmigte für den Staat den Ankauf der 
FottbusGroszenhainer Bahn mit 12 gegen 
7 Stimmen und den der Märkisch-Poßener 
uit 19 gegen 6 Stimmen. 
Kassel, 14. Febe. Angesehene Männer aller 
Parteien und Gonfessionen veroffentlichen einen 
Aufruf zum energischen Einschreiten für das hart— 
oedrängte Deutschthum in Oesterreich. 
Ausland. 
Wien, 14. Febr. Die Truppen in der 
örivoscie sind gegeuwärtig hauptsächlich auf die 
Vefestigung der gewonnenen Pofitionen bedacht; es 
werden daher fortwährend Befestiguuugsmaterialien, 
Proviant und sonstige Bedürfnisse von der Küste 
mm die Criboscie transportirt. Die Transporte gehen 
aAngehindert, wie im tiefsten Frieden, an ihr Ziel. 
— Aus Stolac wird die Verhaftung einiger gegen 
die Ordnung und die Sicherdheit agitirender Indi— 
viduen singnalisirt. Dank den hervorragenden früheren 
Führern der Insurrektion gegen die Türken 1876 
Donnerstag, 16. Februar 1882. 
17. Jahrg. 
hält sich der wichtige Bezirk Gaczko vollständig 
friedlich. 
Der amtliche Ausweis über die im Januar in 
Irland begangenen Agrarverbrechen steht nicht 
janz im Einklang mit der Versicherung der englischen 
Regierung, daß die Zustände auf der grünen Insel 
Zymptome der Besserung zeigen. Die Zahl der 
igrarischen Gewalttihaten im Januar betrug 479, 
der 31 mehr als im entsprechenden Monat von 
1881. In der Liste der Agrarverbrechen figuriten 
200 Drohbriefe, außerdem 3 Morde, 8 Mordver⸗ 
uche, 30 Brandftiftungen und 21 Angriffe auf 
päuser. 
Vermischtes. 
F Der Ziehungstag der Dingolfinger 
irchenbau⸗-Lotterie wurde auf den 31. Mai 
1882 verlegt. (Siehe im Inseratentheil). 
F Der Schaffhauser Polizeiig es ge— 
ungen, einem abgefeimten Gauner das Handwerk 
zu legen. Derselbe hat sich als Rentamtmann einer 
gräflichen Familie von Frankfurt a. M. aufgespielt 
ind Anstellungen von Gutsverwaltern, Beamten, 
dammerzofen ꝛc. bei der gräflichen Familie ausge— 
chrieben. Die Hauptsache dabei war die Hinter— 
egung einer Baarkaution von 2000 M., welche 
dem „Rentamtmann“ hätte übergeben werden sollen. 
Siner der Aspiranten, die sich besonders zahlreich 
aus Süddeutschland eingestellt hatten, war so glück— 
ich, wenigstens 1800 M. aufzubringen, mit denen 
ich der Rentamtmann auch begnügte. Ein Mädchen 
»on Schaffhausen, welches sich bereits als Kammer— 
ofe der Gräfin hatte engagiren lassen und die 
— 
ind kehrte am folgenden Tag nach Schaffhausen 
urück. Auf sofortiges Eingreifen der Schaffhauser 
Polizei wurde der Pseudo-Rentamtmann, bei dem 
uuch noch die 1800 M. gefunden wurden, in Zürich 
estgenommen, und nun entpuppte sich derselbe als 
in ehemaliger Kutscher, der wegen mehrfacher Be— 
rügereien auch von Frankfurt aus verfolgt wird. 
In der abgelaufenen Woche wurde ein Händler 
von Mühlheim a. Rh. zu 400 M. Geldbuße 
»erurtheilt, weil er in Roggenschrot Mais gemischt 
jatte. In Crefeld erfolgte in einem ähnlichen-Fall 
Freisprechung. Das Urtheil der Strafkammer zu 
döln ist durchschlagend gründlich motivirt. Wir 
ühren nur zwei Motive an: Ein Gemisch dvon 
doggenschrot und Mais geht nicht auf, wie reines 
zchrot und das Brot ist dem Magen nicht so zu⸗ 
räglich. Das Gemisch stellt sich auf 5 bis 6 M. 
m Preise billiger, als reines Roggenschrot. 
— Die militätischen Ausschreifungen scheinen in 
Berlhin überhandnehmen zu wollen, Noch ist der 
erhängnißvolle Schuß, welcher zwei Knaben das 
eben lostete, in lebhaftester Erinnerung und schon 
nelden Berliner Blätter wieder folgenden Vorfall: 
Am Prenzlauer Thore befindet sich bekanntlich das 
xẽrerzierhaus des Alexander⸗Regiments und ein kieiner 
Fxerzierplatz, auf welchem heute Vormittag Mann⸗ 
chaften des genannten Regiments Uebungen abhiel⸗ 
sen. Gegen 11 Uhr kam der in der Langestraße Nr. 
32 wohnhafte Tischler August Kremer am Uebungs— 
olatz vorüber und blieb, angezogen von dem mili— 
aärischen Schauspiel, auf ein Weilchen stehen, um 
durch ein Astloch des den Ererzierplutz umgebenden 
Zaunes einen Blick auf die Vorgange im Innern 
zu werfen. Das sollte dem Manne jedoch sehr übel 
hekommen, denn plötzlich fuhr ein Bayonnet durch 
das Zaunloch und fuhr dem Schaulustigen, wenn 
auch glüstlicher Weise nicht direct ins Auge, so doch 
dicht unter dasselbe, und zwar so tief, daß sofort ein 
Blutstrahl sich aus der Wunde ergoß. In Folge 
dieses Vorganges sammelte sich um den Verwundeten 
eine große Menschenmenge, welche ihrer Entrüstung 
über diesen Vorfall lauten Ausdruck gab. Alsbald 
kam auch der auf der Revisionstour in seinem Re— 
dier begriffene Polizeihauptmann v. Deygalski hinzu, 
welcher, nachdem er von dem Geschehenen sich in— 
formirt hatte, sich in das Ererzierhaus begab, um 
den dort persönlich anwesenden Regimentsobersten 
von dem Vorgange in Kenntniß zu setzen und in 
Gemeinschaft mit jenem den Thatbestand festzustellen. 
F Am Sonntag hat von 124 Ugr Nachmit⸗ 
agas in der Flora zu Gharlottenbur 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 16. Febr. Auf Dienstag 
Rachmittag 5 Uhr hatte der Ausschuß des Vereins 
zegen Bettelei die hiesigen Handwerksmeister 
sowie noch eine größere Anzahl anderer Bürger, 
die zum Theil dem genannten Vereine bisher nich 
angehörten, zu einer Versammlung behufs Be— 
prechung über die Angelegenheiten des Vereins in 
den Stadthaussaal eingeladen. Die Eingeladenen 
waren ziemlich zahlreich erschienen. Der Vorstand 
des Vereins gegen Bettelei, Herr Posthalter Conrad, 
prach zunächst sein Bedauern über die verhältniß— 
mäßig so geringe Betheiligung aus, welche der 
berein in der hiesigen Bürgerschaft bdisher gefunden 
jabe und welche gereignet sei, die wohlthätige Wirk— 
amkeit desselben für die Zukunft in Frage zu stellen. 
Er wandte sich dann an die anwesenden Hand— 
verksmeister mit der Bitte, doch ja dem Vereine 
heizutreten, keine Geschenke an Umschau haltende 
dandwerksburschen zu verabreichen und bei Bedari 
eines Gesellen dieses auf dem Polizeibureau anzu— 
nelden, von wo aus ihm dann die zureisenden 
irbeitsuchenden Handwerksburschen ihres betreffenden 
Hewerbes zugewiesen werden. Herr J. J. Hein⸗ 
ich pflichtete dem, was Herr Conrad gesprochen, 
zei, und betonte ebenfalls die gemeinnützige Wirk⸗ 
anikeit des Vereins. Herr Bürgermeister Custer 
ind Herr Wolfg Kahn forderten zu zahlreichem 
Beitritt auf, denn nur dadurch sei es moͤglich, den 
Zerein für die Zukunft zu halten. Hoffentlich ver⸗ 
ehlten die gehörten Worte bei denjenigen, denen 
ie galten, nicht ihres beabfichtigten Erfolges. Es 
vird nun in den nächsten Tagen durch Ausschuß— 
nitglieder des Vereins gegen Bettelei bei der 
jiesigen Bürgerschaft eine Einzeichnungsliste in Um— 
auf gesetzt werden, in der zum Beitritte wiederholt 
rufgefordert wird; wir wünschen, mit dem besten 
Erfolg. Das Gegentheil wäre im Interesse unserer 
Ztadt zu bedauern. 
*St. Ingbert, 16. Febt. Nach etwa 
weimonatlichem Aufenthalte hier hat gestern die 
Böhme'sche Menagerie unsere Stadt ver— 
assen. Dieselbe wird, wie uns mitgetheilt wird, 
ich zunächst nach Speyer begeben. 
*St. Ingbert. Dem Vernehmen nach hat 
»ie kgl. Kreisregierung die Anstellung eines Bau⸗ 
chaffner-Assistenten auf Distriktskosten für »die 
distrikte Blieskastel mid St. Ingbert nicht genehmigt 
— Vom Haardtgebirge berichtet man 
dem „Ft. T.“: Man raunt sich in die Ohten, daß 
ein Gutsbesitzer am mittleren Gebirge beim dem 
Pariser Krach ein sehr bedeutendes Kapital verloren 
yjabe. Ebenso sollen viele andere, welche nur das 
Held im Gelde arbeiten lassen, große Verluste er— 
eiden.