Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingherfer Amzeiger. 
Amtliches Organ des könial. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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der St. Ingberter Anzeiger“ erschein wochenltich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag“und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 14 40 einschließlich Trägerlohn; durch die Vost bezogen 1 A 60 H, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 4, bei NReclamen 30 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur »reimalige berechnet. 
M 37. 
Montag, 20. Februar 1882. 
17 Jahrg 
— 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Die Münchener Neuesten Nachrichten“ mel⸗ 
ꝛen unter Bezug, auf eine Correspondenz der 
Frankfurter Volkszeitung“, daß das Handschreiben 
. M. des Königs Ludwig IU. an den Minister 
d. Lutz zu Neujahr nicht blos im allgemeinen un⸗ 
zemein schmeichelhaft sei, sondern speziell den Aus⸗ 
zruck des besonderen kgl. Vertrauens enthalte und 
zurchaus nicht ohne Beziehung zur gegenwärtigen 
zituation sei. 
Das in München in Umlauf gesetzte Gerücht, 
ie Stellung des bayerischen Finanzministers von 
piedel jei erschüttert, wird der „Frkf. Ztg.“ als 
ollkommen unbegründet bezeichnet. 
(Militärisches.) In Bayern hat die Ent⸗ 
assung der Reservisten im Jahre 1882 spätestens 
am 30. September zu geschehen und sind bis zu 
gleichem Zeitpunkte so viele im dritten oder zweiten 
dienstjahre stehende Mannschaften des aktiven 
Standes zur Disposition ihrer Truppentheile zu 
beurlauben, als Rekruten eingestellt werden, so daß 
durch diese Maßregel auf die Dauer von 5 dis 6 
Wochen der Effektivstand der Armee um 17 bis 
18,000 Mann hinter dem Sollstande zurüdbleibt. 
— Die Einstellung der Rekruten des heurigen Jahr⸗ 
zjanges zum Dienste mit der Waffe hat bei allen 
Truppentheilen nach näherer Anordnung der Ge⸗ 
neralkommandos zwischen dem 6. und 11. Novbr. 
u geschehen. 
Die kirchenpolitische Commission des preu⸗ 
zischen Abgeordnetenhauses lehnte Art. 5 der 
dirchenvorlage (Dispens von der Anzeigepflicht füt 
— 
wurden alle weiteren Anträge des Centrums abge⸗ 
lehnt Damit ist die erste Lesung des Gesrtzes be⸗ 
endet. Windthorst kündigt an, daß er in zweiter 
Lesung diejenigen Bestimmungen des Gesetzes, welche 
Aussicht haben, eine Majorität zu erlangen, heraus⸗ 
nehmen und als selbstständige Gesetzentwürfe ein⸗ 
dringen wird. 
Ausland. 
Wien. (Amtlich.) Mehrere von Foca aus—⸗ 
gesandte Streif⸗Collonnen fanden am 14. Februar 
an 500 Insurgenten bei Humitsch, 100 bei Pjerotje, 
200 im oberen Insenicathal. Am 15. war ein 
ängeres Gefecht zwischen dem dritten Bataillon des 
ersten Regiments und beiläufig 250 Insurgenten 
jüdlich von Bogavitsch. Die Insurgenten wurden 
völlig zersprengt. Sie hinterließen 4 Todte, mehrere 
Verwundete. Die österreichischen Truppen hatten 
einen Verlust. 
Die Pariser „France“ berichtet Folgendes 
über eine Ansprache, welche der russische General 
Stobeleff, der „im Urlaub“ derzeit in Paris sich 
aufhält, an die daselbst studirenden Serben gehalten 
dat. Skobeleff sagte, der Grund, daß Rußland 
nicht immer auf der Höhe der patriotischen Pflichten 
der jslavischen Race sich befinde, liege darin, daß 
ts mit fremdem Einfluß auswärts wie im Inneren 
zu ringen habe. „Der Fremde“, sagte er, „ist über⸗ 
il. wir sind die Genarrten seiner Politik, die 
Opfet seiner Ränke, die Sclaven seiner Süärke, durch 
reinen Einfluß dermaßen beherrscht und gelähmt 
— 
bem Säbel in der Hand uns davon befreien kön— 
sen. Ich will euch den Namen dieses fremden, 
efährlichen Feindes nennen: es ist der Urheber 
s Drangens nach Osten, es ist der Deutsche. 
b bitte euch, niemals zu vergessen, daß unie 
Feind der Deutsche ist. Der Kampf zwischen 
Slaven und Teutonen ist unvermeidlich, er wird 
ang und blutig sein, aber der Slave wird tri⸗ 
imphiren. Ihr werdet nicht allein sein, wenn man 
ꝛuch anrührt. Wenn das Schicksal es will, auf 
Wiedersehen auf dem Schlachtfeld, Seite an Seite 
wider den gemeinsamen Feind!“ (Das ist ziemlich 
stark mit dem Säbel gerasselt.) 
London, 19. Febr. Nachrichten aus Buenos⸗ 
Ayres zufolge fand am 24. Januar ein Massacre 
wischen Einwohnern von Pisco und peruanischen 
Soldaten statt. Oberst Mas mit 600 Mann von 
Ica griff Villa⸗Vicencio an und plünderte nach 
essen Besiegung Pisco. Die Soldaten steckten die 
däuser der ermordeten Einwohner in Brand. 400 
Fremde leisteten Widerstand, wurden aber zurück⸗ 
Jedrängt, 300 derselben wurden getödtet, die Zahl 
»er Opfer beträgt über 1000. Nach einem Gerücht 
väre der französische Consul unter den Opfern 
ind Oberst Mas von den Truppen Garcias und 
Talderons getödtet. 
Konstantinopel, 19. Febr. Bei Ueber⸗ 
eichung des Schwarzen Adlerordens durch Prinz 
stadziwill (bei der auch die Mitglieder der deutschen 
Bothschaft anwesend waren), sagte der Sultan: 
diese Ehre sei ihm ein neues Unterpfand der 
zuten Beziehungen zwischen Deutschland und der 
Türkei und hoffe er, diese Beziehungen gestalteten 
ich zukünftig immer fester. Der Sultan verlieh 
»em Prinzen Radziwill den Großcordon des Os— 
nanieordens. 
— 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— r St. Ingbert, 20. Febr. Der Rech— 
rungsabschluß pro 1881 ergab für den hiesigen 
Vorschußverein (E. G.) ein sehr günstiges 
kesultat. Dasselbe ermöglicht es, 790 Dividende 
zur Vertheilung vorzuschlagen; außerdem können die 
jeiden Reservefonds reichlich bedacht werden. 
*St Ingbert, 20. Febr. Gestern Nach— 
nittag wurden von der Polizei zwei Knaben von 
-piesen eingefangen, die mit noch drei Kameraden 
ich vorher auf der Aktien⸗Glashütte herumgetrieben 
ind bei dieser Gelegenheit eine Anzahl Flaschen 
ntwendet hatten. 
* St. Ingbert, 20. Febr. Es wird uns 
nitgetheilt, daß das gestrige Kindertheater leider 
nicht so stark besucht war, als bei dem wohlthätigen 
Zwecke zu erwarten stand und wie es die Mühe 
ind der Fleiß, welche von Seiten der Schwestern 
vie der Kinder der guten Sache geopfert wurden, doch 
vohl verdient hätten. Die einzelnen Pièecen wurden 
vieder, wie nicht anders anzunehmen, in ganz vor⸗ 
üglicher Weise zur Ausführung gebracht. 
Scheidt, 18. Febr. Wie s. Z. in diesem 
Blatte gemeldet, war am Abend des 23. Nov. v 
Is. bei tiefer Dunkelheit der 63 jährige Hütten⸗ 
irbeiter Pillon von hier in Schafbrück mit dem 
Unterleib so stark an einen auf der Straße stehenden 
inbeleuchteten Wagen angerannt, daß er am zweiten 
Tage darauf, wie die Obduktion ergab, an den 
Folgen der erhaltenen Verletzungen starb. Trotz 
dem der Besitzer des bewußten Wagens, der Wirih 
und Kesselschmied Becker zu Schafbrück, klugerweise 
die arme Wittwe des Verunglückten mit 300 Mk. 
abgefunden hatte, so hatte er sich doch gestern vor 
dem kgl. Landgerichte zu Saarbrücken wegen fahr⸗ 
ässiger Tödtung zu verantworten. Er wurde fün 
schuldig befunden und zu 2 Monaten Gefängniß 
»erurtheilt. Es dürfte sich also für Wagenbesitzen 
zringend empfehlen, in der Dunkelheit keine Wagen 
oder diese wenigstens nicht unbeleuchtet, auf der 
Straße stehen zu lassen. 
— die pfälzischen Bahnen vereinnahmten 
im Janunar 1882 950,537 M. 9 Pf., was gegen 
den gleichen Monat von 1881 ein Mehr ausmacht 
bon 58. 056 M. 66 Pf. 
— Die Pfalz zählte im Jahre 1881 85 
dokal-und Distrikts-Hilfskassen mit 
einem Kapitalstock von 1,970,158 M. 10 Pf. und 
ꝛine Gesammtischuldnerzahl von 7223, so daß die 
durchschnittliche Darlehenssumme 272 M. beträgt. 
— In Homburg beahbsichtigt man einen 
Vorschußverein zu gründen. Die vorberei⸗ 
tenden Schritte sind bereits gethan. 
— Seit Kurzem sind im Bezirke Homburg 
wei unterrichtet Raumwärter angestellt, welche 
zur Pflege und Unterhaltung der Alleen an den 
Distriksstraßen verwendet werden. Außerdem wurden 
noch zwei Straßenwärter in der Veredelung und 
Pflege der Baume unterrichtet und werden von 
ziesen vier Personen die Baume an sämmilichen 
Distriktsstraßen des Bezirks gesetzt, geschnitten und 
veredelt. 
- Speyer. Der diesjährige Fastenhirten⸗ 
hrief des hochwürdigen Bischofs Dr. Ehrler behan⸗ 
delt „die Erziehung der Jugend“. Er wendet sich 
um Schlusse in ernster Mahnung an Eltern, Lehrer 
ind Geistliche, ihres hohen und heiligen Berufes 
eingedenk, durch Wort und Beispiel zu wirken und 
zu arbeiten, auf daß der Jugend das Höchste nicht 
verloren gehe und durch eine Erziehung nach den 
Brundsätzen des christlichen Glaubens ein frommes 
Beschlecht uns wieder heranwachse. 
Vermischtes. 
F Würzburg, 17. Febr. Rittmeister Leh⸗ 
'eld vom 5. Chev.⸗Reg. (Commandeur der in 
Zweibrücken liegenden Eskadron) wurde heute vom 
Militärbezirlsgericht zu 1 Monat und 20 Tagen 
Festungshaft verurtheilt. 
F Die „Eli.⸗Lothr. Zeitung“ enthält einen Auf⸗ 
ruf des Pfarrrers Ißler in Hohwald, demzu—⸗ 
s'olge dort eine Mutter von 20 Kindern starb, von 
denen 18 noch am Leben sind. 6 gehen in die 
Schule. wahrend 6 andere noch nicht das schul⸗ 
oflichtige Alter erreicht haben. Der Gatte befindet 
sich mit seiner zahlreichen Familie in großer Noth 
ind Bedrängniß. Als Holzhauer verdient er jährlich 
z⸗bis 600 Mark, was kaum genügt, um Kar—⸗ 
joffeln und Brod ins Haus zu schaffen. Von 
Betten ist keine Rede, die Kinder schlafen auf Stroh 
ind haben nichts als ihre Kleider, num sich des 
Rachts vor Kälte zu schützen. Die Noth ist groß 
und es muß baldigst geholfen werden. 
Eine im Kreise Frankenberg (Hessen⸗ 
dassel) ansässige Familie hatte die Absicht, ein durch 
den Brand des Wiener Ringtheaters verwaistes 
Amd unentgeltlich anzunehmen. Von Wien aus 
vurde derselben jedoch mitgetheilt, daß die Samm— 
ungen ein so günstiges Resultat ergeben hätten, 
daß ein jedes der 46 verwaisten Kinder mit 10,000 
Fl. (20,000 M.) bedächt werden konnte und daher 
eine nuentgeldliche Aufnahme zurückgewiesen werde. 
CGDer Branddirector Außmann in Frank— 
furt wurde verhaftet wegen verschiedener Ungehörig⸗ 
keiten, die er sich seit längerer Zeit hatte zu schul⸗ 
den kommen lassen. 
F (GKarnevalssitzung im Rhein.) 
Bonn, 15. Febr. Gestern hatte der Rhein den 
niedrigsten Wasserstand dieses Jahrhunderts erreicht; 
er stand 2 Zoll niedriger als im Jahre 1806