Full text: St. Ingberter Anzeiger

ðt. Iugberter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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* St. Ingberter Anzeiger“ erjcheint wöchenltich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samétag'und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unter haltungs⸗ 
tlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteliahrlich 1 40 B einschließlich Trägerlohn; durch die Vost bezogen 1M 60 —, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 Z, bei Neclamen 80 3. Bei 4maliger Einrückung wird nuc dreimalige berechnet. 
M 39. 
Donnerstag, 23. Februar 1882. 17. Jahrg. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 21. Febr. Das Abgeordnetenhaus 
etzte heute die Budgetberathung fort. Bei'm Etat 
des Kriegsministeriums fragt Abg. Zelle an, wie 
die Untersuchung gegen den Soldaten stehe, der an 
ver Invalidensaule zwei Knaben todtgeschossen habe 
Kriegsminister v. Kameke erwidert, der Soldat sei 
aus der Haft entlassen worden, weil kein Grund 
u derselben vorliege, die Untersuchung sei aber 
irotz der Freilassung des Soldaten im Gang. Abg 
Nichter fragt, ob es angezeigt sei, Schildwachen an 
olche Orte zu stellen, wo derartiger Unfug leicht 
horkommen könne. — Auf die Bemerkung Lud— 
vigs, daß die Offiziere zu viel Luxus treiben, er⸗ 
vidert der Kriegsminister v. Kameke, daß eine 
neueste Cabinetsordre den Offizieren anräth, ihre 
Benußsucht zu mäßigen und ihren großen Luxus 
inzustellen. Uebrigens könne er constatiren, daß 
Genußsucht und Luxus bei den Offizieren sehr ab⸗ 
zenommen haben. 
Der Bundesrath hat das Normal⸗Innungs⸗ 
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des Petroleums angenommen. 
Aus Berlin wird dem „Irkf. J.“ berichtet: 
Skodeleffs Rede wird in allen Kreisen lebhaft be⸗ 
prochen — tieferer Ernst ihr aber nicht beigelegt 
Man weiß an maßgebender Stelle sehr genau, wie 
venig das offizielle Rußland, selbst wenn Ignatief 
herr der Situation wäre, in der Lage ist, sich in 
auswärtige Abenteuer einzulassen. Erzählt man 
doch, daß Alexander III. großes Verständniß für die 
neueste Geschichte besitzt und da dürfte ihm doch 
das Schicksal der napoleonischen Dynastie ziemlich 
geläufig sen. Ob die Romanoffs heute fester au 
dem Thron sitzen, als Napoleon III. vor dem Kriege 
18707? Die Situation in Rußland ist für den 
Fzaren jedenfalls heute unsicherer als die des fran⸗ 
zösischen Kaisers. Hier ist man überzeugt, daß 
bald ein energisches ‚Zur Ordnung“ laut werden 
vird — wenn nicht in Petersburg, so doch in 
—X 
Berlin, 22. Febr. Der „Nordd. Allg. Ztg.“ 
ufolge erhielt General Skobeleff den 
Befehl, sofort nach Petersburg zurüch 
zukehren. 
SOsnabrück, 22. Febr. Ein päpstliches Breve 
ist eingetroffen, das den Generalvicar Höting 
um Bischof von Osnabrück ernennt. 
Ausland. 
Petersburg, 21. Febr. Der „Regierungs⸗ 
Bote schreibt Folgendes: In Folge von Slobe— 
eff's Pariser Rede werden beunruhigende Gerüchte 
derbreitet, die jeder Begründung entbehren. Der⸗ 
zleichen private Aeußerungen von Personen, welche 
von der Regierung dazu nicht ermächtigt sind, kön⸗ 
jen keinen Einfluß auf den Gang unserer außeren 
bolitik haben, noch vermögen sie unsere guten Be— 
ziehungen zu den Nachbarstaaten zu ändern. Denn 
iese sind sowohl auf die freundschaftlichen Bande 
xer gekrönten Häupter unter sich, wie auf das 
lare Verständniß der Interessen der Völker und 
die gegenseitige strenge Erfüllung bestehender Ver⸗ 
räge (hier ist in erster Linie wohl der Berliner 
Bertrag von 1878 gemeint) gegründet. 
Petersburg, 22. Febr. das „Pet. Journal“ 
agt: Die Rede von Skobeleff ist der Gegenstand 
sahlreicher Commentare geworden. Die ausländische 
bresse vergißt aber die bei der Thronbesteigung des 
Kaisers laut verkündeten Grundsähe, wilche ein 
den Traditionen und historischen Freundschaften ge⸗ 
treue Politik anzeigten, die wesentlich auf eine 
friedliche dkonomische, burgerliche und soziale Ent⸗ 
wickelung des Landes gerichtet ist. Eine solche, 
direkt vom Souveran bei so feierlicher Gelegenheit 
ausgehende Erklärung gestattet keinen Zweifel über 
die russische Politik; sie bleibt daher eine klar aus— 
gesprochene, wie sie dem höchsten Willen absolus 
entspricht. 
Konstantinopel, 20. Febr. Der Sultan 
hat an 27 deutsche Würdenträger Orden verliehen 
und es werden die Decorationen unverzüglich nach 
Berlin übermittelt. Von den preußischen Ministern 
werden der Justizminister, der Finanzminister und 
der Kriegsminister den Großcordon des Osmanie⸗ 
Ordens erhalten. 
New⸗NYork, 20. Febr. (Ueberschwemmungen.) 
Die im Mississippi-Thale durch den Austrit! 
dieses Flusses zwischen Memphis und Vicksburg 
derursachten Unglüdsfalle haben noch nicht ihr End 
erreicht. Es haben zahlreiche Dammöͤrüche stattge⸗ 
funden, und in den ausgedehnten Baumwolldistrikten 
herrscht großes Elend. Die Pflanzer find in hohem 
Brade an der Bestellung ihrer Saaten gehinder 
und den ärmeren Einwohnern droht Hungersnoth 
Der größere Theil von Helena (Arkansas) steht 
gegenwärtig vier Fuß hoch unter Wasser. Depeschen 
aus Louisville, Cincinnati und St. Louis zufolge 
haben in jenen Distrikten heftige Regengüsse, be— 
gleiset von einem Steigen der Flüsse, statigefunden 
ind man befürchtete aus — Ursache diel Unheil. 
Der Senat der Vereinigten Staaten ha 
einstimmig den Gesetzesvorschlag gegen die Viel— 
weiberei angenommen. Es läßt sich erwarten, daß 
die Mormonen, gegen die sich das Gesez richtet, 
sich demselben nicht guwillig fügen werden und 
man wird gespannt sein dürfen, mit welchen Mit⸗ 
seln die amerikanische Regierung diesem Gesetze 
Achtung verschaffen wird 
Wasserbauwesens in der Pfalzz im Jahre 1882 
ist dem k. Oberbaurathe Heuser (ein geb. Kaisers⸗ 
lauterer) in München übertragen worden. 
— Auf einem landwirthschaftlichen 
Kränzchen in Limbach hielt am letzten Sonn⸗ 
tag Herr Wanderlehrer Fischer von Waldfisch— 
bach einen Vortrag über Obstbaum zucht. In 
demselben führte der Vortragende. der auf diesem 
Gebiete als Autorität gelten kann, nach der „Zw. 
Z.“ u. A. in Bezug auf das Baumsetzen aus, 
daß man auf tiefgründigem, nicht zu nassem Bo⸗ 
den Aepfel, auf Boden mit zeitweiligem Grund⸗ 
wasser Birnen und auf flachgründigem Boden 
Steinobst pflanzen müsse. Im leichten Boden sei 
Herbstpflanzung, im schweren Boden Frühjahrs- 
pflanzung zu empfehlen. Je schlechter der Boden, 
desto groößer müßten die Gruben werden, in welche 
man die Bäume setze. Nachdem er das Verfahren 
beim Setzen der Bäume ausführlich geschildert und 
noch empfohlen, die jungen Baume, welche von 
auswärts bezogen werden, sofort nach Empfang 
einzuschlagen. damit die Wurzeln nicht zu start 
austrodnen, erklärte er in kurzen Worten, was 
beim Beschneiden der jungen Bäume zu beobachten 
sei, betonend, daß beim Setzen Kernobst an den 
Wurzeln, Steinobst mehr an der Krone zu be⸗ 
chneiden sei. 
— In Kaiserslautern hat sich unter 
den dortigen kath. Lehrern ein Comite gebildet, dem 
die Aufgabe zufällt, die Mittel und Wege zu he⸗ 
schaffen, um dem kürzlich in Hochdorf verstorbenen 
geistlichen Rath und früheren Präfelten und In⸗ 
pector des Schullehrer⸗Seminars in Speyer. Lud⸗ 
wig Zeller, ein würdiges Denkmal zu errichten. 
— Kaiserslautern, 21. Febr. Die drei 
Lotterien zum Besten des Neubaues einer zwelten 
katholischen Kirche in unserer Stadt wurden seitens 
des Kirchenbauvereins der Firma Albert Rosl in 
München endgültig übertragen. Die Bedingungen, 
welche sich begreiflicherweise der Oeffentlichkeit ent⸗ 
ziehen, sind für den Zweck äußerst günstig. Mit 
Verausgabung der Loose wird an Ostern begonnen 
(12. April) und die erste Ziehung findet gegen 
Weihnachten d. J. dahier statt. Für Gewinne sind 
jedesmal 120.000 Mark bestimmt. Hoffentlich geht 
das Loosgeschäft rasch und glücklich von Sitatten, 
damit der Ksrchenbauverein auch recht bald zum 
„ersten Spatenstich einladen kann.“ 
— Otterberg. Eine Scheußlichkeit ganz 
abnormer Art erregte hier allgemeines Entsetzen. 
Vor einigen Tagen nämlich wurde von unbekannter 
hand in das zu ebener Erde gelegene Schlafzimmer 
einer hiesigen Familie des Abends zwischen 6 und 
7 Uhr durch ein theilweise geöffnetes Fenster auf 
das in nächster Nähe stehende Kinderbett eine nicht 
zanz geringe Quantität Vitrioldl geschüttet. Wenn, 
wie es gewöhnlich der Fall zu sein pflegt. die drei 
inder um diese Zeit schon zu Bette gebracht ge— 
vesen wären, so wäre deren Erblindung oder gar 
deren Tod dadurch herbeigeführt worden. 
— In Bellheim verunglückte am Freitag 
Abend ein 16jähriger Bursche, der mit anderen in 
der Kramer'schen Sägmühle spielte; er lief den 
Wellbaum entlang, rutschte aus oder wollte herab— 
'pringen, kurz er gerieth in das in der Nähe in 
Bewegung gewesene Kammrad und wurde am Halse 
so schwer beschädigt, daß er sofort starb. (Ggw.) 
— Spehyher, 18. Febt. Am Samstag wurde 
hier eine Weinrazzia abgehalten. Bei mehreren 
Wirthen wurden von saämmtlichen vorhandeuen 
Weinvorräthen volizeilich Proben zur Untersuchun 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 22. Febr. Heute Nach 
nittag wurde uns ein lebender Maikäfer zuge— 
andt. Der braune Bursche konnte, wahrjcheinlich 
noch in einer Anwandlung von Carnevalsstimmung. 
seinem Drange nach mehr Licht nicht widerstehen; 
er wird nun, trotz seiner Munterkeit, bald inne 
werden, daß seine Zeit noch nicht gekommen ist. 
* St. Ingbert, 23. Febt. Eine Lei⸗ 
henderbrennung in Oberwürzbach). 
Bei der am Dienstag in Oberwürzbach stattge 
jabten Untersuchung durch das k. Untersuchungs 
gericht von Zweibrücken in Betreff des in vor. Nr 
gemeldeten Falles Elisabetha Becker, gegen welche 
wie bekannt, der Verdacht des Kindsmords 
vorlag, gestand diese, daß sie Sonntag den 5. d 
Mts. heimlich ein Mädchen geboren habe. Das 
elbe sei jedoch bald nach der Geburt gestorben 
Die Leiche habe sie dann 2 Tage im Schrank— 
derborgen gehalten und Dienstags, in Abwesenhei— 
hrer Eltern, unter dem Viehkessel, nachdem si 
»orher das Feuer gut geschürt, verbrannt. 
Auf Befragen erklärte sie, die Asche habe sie zu noch 
anderer Asche, die in einem Behälter aufbewahrt 
werde, gethan. Als darin nachgesehen wurde 
'anden sich kleine weiße Körnchen, die die Ver— 
nuthung zulassen, daß es Ueberbleibsel von Knöchel— 
hen der Kindesleiche sein könnten. Durch die an⸗ 
gebliche Verbrennung der Leiche wird nun eir 
tdindsmord nicht zu constatiren möglich sein. 
— Die Inspizirund des Straßen- Prücken⸗- und