Full text: St. Ingberter Anzeiger

ericht in einer diesbezüglichen Revisionsbeschwerde 
u entscheiden. Der Apotheker Johann Georg 
zchlegei zu Ichenhausen wurde am 1. April v. J. 
unch die Gedurt eines Soͤhnleins beglüctt und be⸗ 
uftragte die Hebamme Heindl, beim Standesanite 
Ichenhausen die nach 818 des Reichsgesetzes 
ber die Beurkundung des Personenstandes vorge⸗ 
chriebene Anzeige zu machen. Der Burgermeister 
Id Standesbeamte Heindl wies jedoch eine solche 
Anzeigeerstattung als gesetzwidrig zurück, indem der 
nater des Kindes persönlich am Standesamte zu 
rscheinen und Anzeige zu erstatten habe. 
Apotheker Schlegel erklärte sich bereit, die Anzeige 
m Rathhause zu machen, worauf ihm vom Bürger 
neister bedeutet wurde, das Standesamt befinde 
ich in der Bürgermeisterwohnung und in 
eser habe Schlegel seine Anzeige zu machen. 
Iuf dessen Weigerung berichtete Bürgermeister Heindl 
den Amtsanwalt des Amtsgerichtes Günzburg 
snd wurde gegen Schlegel wegen Zuwiderhandlung 
jegen das Gesetz über die Beurkundung des Per⸗ 
uenstandes Uniersuchung eingeleitet. Das Schöffen⸗ 
—W— Amtsgerichtes Günzburg sprach jedoch 
en Angeklagten frei, desgleichen auf amtsanwalt- 
iche Berufung hin die Strafkammer des Landge— 
ichtes Memmingen. Die hiegegen eingelegte Be⸗ 
ufung der Staatsanwaltschaft gelangte heute zur 
Zerhandlung. Aus den zur Verlesung gelangten 
Aktenstücken ist u. A. zu entnehmen, daß zwischen 
em Bürgermeister und dem Apotheker von Ichen⸗ 
jausen seit den letzten Gemeindewahlen erhebliche 
differenzen bestehen und daß sich der Beklagte 
eshalb nicht in der Bürgermeisterwohnung habe 
mfinden wollen, weil er befürchtete, er könute vom 
gurgermeister, von dem er einen Drohbrief erhalten, 
rsulirt werden. Staatsanwalt Kieler beantragte 
Abweisung der Revision, die völlig unbegründet 
ei, indem er schon eine gesetzliche Anzeige für ge— 
eben erachte, wenn die bei der Geburt des Kindes 
‚ehilflich gewesene Hebamme im Auftrage des Vaters 
eim Standesamte rechtzeitig Anzeige erstattete, 
vas im vorliegenden Falle nachgewiesenermaßen der 
Fall sei. Der Gerichtshof verwarf die Revision 
inter Ueberbürdung der Kosten auf die Staatskasse. 
Regensburg, 6. Jan. In unserer Vor⸗ 
tadt Stadtamhof ist unmittelbar vor dem Thore 
iner der stark besetzten Kähne auf ihrer Ueberfahrt 
imgeschlagen. Von den Insassen wurden nur fünf 
Zerfonen gerettet, sechs wurden von den reißenden 
zluthen fortgerissen und sind ertrunken. Die Leichen 
vurden bisher nicht aufgefunden. 
F Die Ziehung der Nürnberger Ausstellungs- 
oose II. Serie wurde auf 15. März cer. verschoben. 
desgleichen ist der Ziehungstermin der Wohlthätig⸗ 
eitslotterie für den Offiziers-Wittwen-Pensions⸗ 
Verein in Bayern auf später verlegt worden. 
F Würzburg, 7. Jan. Die Verhandlung 
jsegen den Studiosus Daudt, welcher bekanntlich 
den Hauptmann Emmerich im Zweikampfe erschoß, 
eginnt am 18. d. Mis. vor dem Schwurgerichte. 
Ils Offizialvertheidiger wurde der Rechtspraktikant 
)err Treutlein Mördes, ein sehr gewandter Redner, 
nufgestellt. Daudt hat jedoch, wie wir hören, sich 
ioch nicht schlüssig gemacht, denselben als Ver 
heidiger anzunehmen. 
F Aus Bayern. Der Schuldenstand der 
ämmtlichen Stadt⸗, Markte und Landgemeinden des 
dönigreichs Bayarn nach den Rechnungsabschlüssen 
ür das Jahr 1881 beträgt 131,115,342 Mk., 
vobon auf die einzelnen Regierungsbezirke treffen: 
Iberbayern 50,030,566 Mk., Niederbayern 
,139. 674 Mk., Pfalz 7,192,281 Mk., Ober⸗ 
falz und Regensburg 6,386,594 Mk. Ober⸗ 
ranken 8,419,494 Mk., Mittelfranken 16,336, 155 
Mark, Unterfranken und Aschaffenburg 18,580,730 
Mark und Schwaben und Neuburg 19,029,845 Mt. 
— Nach dem Rechnungsabschlusse für 1880 war 
»er Gesammtschuldenstand 119,913,125 Mk.; im 
Jahre 1881 wurden verwendet auf Zinsenzahlung 
,460,031 Mk., auf Abtragung von Capitalien 
816,481 Mk., demnach war der Betrag der ver— 
leibenden Schulden 115,963,772 Mk. und der 
Schuldenzugang im Jahre 1881 15,151,6569 Mt. 
f(CAus Bayern.) Eine belangreiche Frage 
ür unsere landwirthschaftlichen Kreise ist die Schlüssig⸗ 
nachung der Behörden und der Grundbesitzer über 
die endgiltige Regelung der Hagelversicherung in 
hahern. In den Kreisen der Grundbesitzer sind 
wei Strömungen bemerkbar; von der einen Seite 
vird die Errichtung einer auf Freiwilligkeit basirten 
—* F V⏑ . 
zerlangt. Dem Generalcomite des landwirthschaft⸗ 
ichen Vereins lag letzthin ein Entwurf vor, in 
delchem sich detaillirte Vorschläge über Errichtung 
iner Landesanstalt mit obligatorischer Betheiligung 
es gesammten landwirthschaftlich benützten Grund⸗ 
esitzes fanden. Für den Zwang haben sich die Kreise 
stiederbayern, Oberpfalz und Mittelfranken unum— 
vunden, Oberbayern und Schwaben bedingt aus— 
zesprochen, während die Rheinpfalz, Ober- und 
UInterfranken denselben ablehnten, Schließlich hat 
nan sich von betheiligter Seite für die Errichtung 
iner oͤffentlichen Hagelversicherungs-Anstalt unter 
taatlicher Leitung, jedoch ohne den Versicherungszwang 
ntschieden. Ein darauf bezüglicher Entwurf wird 
vereits in München ausgearbeitet. 
An das Central⸗Komité zur Errichtung eines 
Landes-Denkmals zu Wörth-Fröschweiler für 
die im Jahre 1870,71 in Frankreich gefallenen 
Bayern sind bis 4. Jan. 29,266 Mk. eingelangt. 
F In Karlsruhe wurden sämmtliche Hof— 
bälle im Hinblick auf die Hochwasserkatastrophe 
bbbestellt. 
FDarmstadt, 6. Jan. Den Ständen ist 
eine Regierungsvorlage zugegangen, welche behufs 
Au-führung der Convention mit Preußen wegen 
Rheinregulirung zwischen Mainz und Bingen 
148,000 Mark. verlangt. 
Eine Wassersnoth vor hundert 
Jahren.) Von einer Wassersnoth im Jahre 
784 berichtet der „Kuhrpfälzische Geschichtskalender“ 
gedruckt 1789 in der kurfurstl. Hof⸗ und Akade— 
niebuchdruckerei in Sannheim) wie folgt: „1784 
27. Hornung war der große Eisgang und die ganz 
ußerordentliche Ueberschwemmung, desgleichen in 
dielen hundert Jahren keine gewesen ist. In Heidel— 
herg wurde die stehende Brücke über den Neckar, 
erschiedene Mühlen und Häuser theils durch das 
kFis, theils durch das Wasser hinweggerissen. Zu 
Mannheim stunde das Wasser 9 Schuh hoch in 
»er untern Stadt, zu Neckarhausen stürzten 21 
däuser ein und 14 Menschen komen jämmerlich 
um das Leben. Gleiches Schicksal hatten alle um— 
iegenden Dorfschaften. Die Felder in der ganzen 
Begend wurden überschwemmt, und wo die Flüsse 
iusbrachen, alles verflöset, und einige Schu!“ hoch 
mit Kiß und Schlamm überdeckt. Der Schaden 
ist unaussprechtich. Dieses Unglück hat nicht nur 
die kuhrpfälzische, sondern auch alle am Rhein, 
sdeckar, Mosel und Mainfluß gelegene Ortschaften, 
a fast ganz Deutschland betroffen.“ 
F (Ein edles Weihnachtsgeschen'tk.) 
Alle Zeitungen waren jüngst voll vom Lohe des 
Fürsten von Wied, der bei der letzten großen Was—⸗ 
ersnoth sich als ein ächter „braver Mann“ be— 
viesen und dadurch die Liebe seiner Stadt im 
sohen Maßé erworben hat. Am Weihnachtsfeste 
jat dieser deutsche Fürst es aber bewiesen, daß er 
nicht allein seine Pflichten als erster Bürger tief 
erfaßt hat, sondern auch als Erzieher seiner Kinder 
der Pädagogik alle Ehre macht. Denn bei Ge— 
egenheit der letzten Weihnachtsbescheerung erhielten 
die jungen Prinzen keine prächtigen Weihnachtsge— 
chenke, sondern unter dem glänzenden Christbaum 
ag nur eine Summe Geldes, die von den Kindern 
in die durch die Ueberschwemmung betroffenen Noth⸗ 
eidenden vertheilt werden sollte. Doch wohl ein 
chönes Mittel, um den jungenFürstenkindern schon 
rüh die Wahrheit des Wortes einzuprägen: „Ge— 
zen ist seliger als Nehmen.“ 
f Im 22. Bande der „Schriften des Vereins 
zur Verbreitung naturwissenschaftlicher Kenntnisse“ 
iußert sich Baron Felix Thümen folgendermaßen 
iber eine merkwürdige Volksüberlieferung der 
Zenchuenchen in den südamerikanischen Pampas: 
Die Penchuenchen sind ein Reitervolk par excel- 
ence, das Pferd ist für sie alles, ohne Pferd sind 
ie nichts. Das vielleicht acht- bis zehntausend 
döpfe zählende Volk zerfällt in eine große Anzahl 
yon Kaziken ziemlich unumschränkt regierter Stämme, 
jur im Falle eines Krieges wird ein gemeinsames 
Iberhaupt erwählt, welchem dann unbedingter Ge— 
sorsam zu leisten ist. Groß und stattlich von 
5tatur, mit mächtig entwickelten Muskeln, haben 
ie eine Hautfarbe, die außerordentlich hell, oft 
aum kupferbraun zu nennen ist. Viele von ihnen 
ind der Farbe nach von Europäern schwer zu un— 
erscheiden, wozu auch noch der Umstand viel bei— 
rägt, daß, obwohl das Haupthaar wie bei allen 
Ireinwohnern Amerikas straff und pechschwarz ist, 
»ennoch blonde Leute unter ihnen durchaus keine 
eine Ureinwohner Amerikas seien, sondern vor 
iltersgrauer Zeit ihre Stammeltern über das 
große Wasser“ herübergekommmen wären, aus 
inem Alemana genannten Lande. Nun erklären 
»war sehr gelehrte Ethnologen und Linguisten 
eine derartige Abstammung von Deutschen für ein 
dirngespinnst und die von ihnen dagegen gemach— 
ien Einwürfe mögen auch ganz richtig und stich— 
jaltig sein (das sind sie ganz gewiß), niemals wird 
iber dadurch die alte Tradition umgestoßen, nie— 
nals die Vorliebe des ganzen Volkes für alle Aloe- 
nanes erklärt. Es ist Thatsache, daß von allen 
veißen Völkern die Deutschen die einzigen sind, 
velchen bei ihren Reisen durch das Penchuenchen⸗ 
and nicht nur kein Hinderniß in den Weg gelegt, 
ondern sogar aller möglicher Vorschub geleistet 
vird; und ebenso ist es Thatsache, daß wir Deut⸗ 
che von allen Angehörigen des Volles niemals 
inders denn als ,Parientes“, Verwandte bezeich⸗ 
net werden. An dem allen mag nun sein, was 
mmer wolle, die Thatsache ist an sich so interes⸗ 
ant und merkwürdig, daß ein näheres Nachspüren 
ich wohl verlohnen würde.“ 
Ein Bersturz zwischen Bellegarde und 
Tollonges (in Frankreich an der Lyon⸗-Genfer 
risenbahn, unweit der Schweizer Grenze) versperrte 
das Rhonebett. Der Wasserlauf ist auf sechs Stunden 
unterbrochen, die Eisenbahn zerstört. Weitere Berg⸗ 
türze drohen. 
Ueber Gambetta's Vermögen sind zwei Ver⸗ 
ionen verbreitet. Nach der einen hinterließe Gam— 
)etta ein immenses Vermögen, welches nach vielen 
Millionen zähle, die er durch seine Theilnahme an 
den Geschäften Levy-Cremieux' (Egyptische Bank) 
ind des Ch. Porges gewonnen hätte. Mit dieser 
Annahme contrastirt aber die Bescheidenheit, fast 
Aermlichkeit der Einrichtung Gambetta's. Die zweite 
Annahme sagt, daß Gambetta niemals mehr als 
3—709,000 Fres. besessen hätte. Von der großen 
„Republique Francaise“ bezog er 24,000 Ircs., 
die kleine „Republique“ dagegen trug ihm viele 
Jahre hindurch 95,000 Fres. jährlich. Als Depu⸗ 
irter bezog er 9000 Fres. und als Kammerpräfi⸗ 
dent einen Gehalt von 60,000 Fres. Während er 
cammerpräsident war, gab er 400,000 Fres. auf 
Diner's, Pferde und Feste aus, so zwar, daß er 
zicht viel behalten heben kann. 
F Ein merkwürdiges Eisenbahnunglück ereignete 
sich, wie von einem Londoner Korrespondent tele⸗ 
jraphirt wird, in Wales, nahe bei Barmouth. Die 
Bahn läuft dort hoch über dem Meer auf einem 
Abhang, und noch 8 Fuß höher läuft die Land— 
traße. Diese wird von der Eisenbahn durch eine 
dertikale Mauer getrennt. Die Maner sowie ein 
Theil des Felsens stürzten auf die Eisenbahn herab 
kurz vor der Ankunft des Zuges; derselbe prallte 
gegen dieses Hinternis an, und die Lokomotive und 
der Tender stürzten fünfzig Klafter über den Ab⸗ 
hang zur See hinab. Der Maschinist und der 
HDeizer waren sofort tot. Die Waggons des Zuges 
türzte nicht hinab, sondern kippten nur auf den 
Schieuen um. Ein Erdrutsch auf der anderen Seite 
hützten sie vor dem Herabfallen, doch hing die 
hälfte des ersten Waggons über dem Abhang. Die 
dassagiere des Zuges sind nur leicht verletzt. 
fFLiverpool, 8. Jan. Gegen Mitternacht 
vährend dichter Nebel herrschte, rannte der Glas—⸗ 
zow⸗Dampfer am Ausfluß des Mersey gegen 
den Dampfer City of Brussels der Inman— 
inie. Der letztere strandete, wobei zehn Personen, 
darunter zwei Passagiere verunglückten. 
Im Jahre 1882 fanden auf den Meeren 
aller Welttheile 1790 Schiffbrüche statt, 249 weniger 
als im Jahre vorher. Mit diesen Schiffbrüchen, 
don den 576 sich an den britischen Küsten ereig— 
neten, war ein Verlust von 4129 Menschenleben 
herknüpft. Während der letzten fünf Jahre sind 
nicht weniger als 20,763 Menschen zur See um— 
sekommen. In England fanden im abgelaufenen 
Jahre 28 Kohlengruben-Fxplosionen statt, von 
denen 15 mit dem Verlust von 241 Menschenleben 
verknüpft waren. 
F NMutzen der Holzasche) Es kann 
nicht oft genug darauf aufmerksam gemacht werden, 
daß die Holzasche einer der werthvollsten Dünger 
ür alle jene Pflanzen ist, für welche der in ihr 
nthaltene Hauptstoff, das Kali, ein unentbehrliches 
Bedurfniß ist und dieser Stoff ist um so werth— 
»osler, als der Stallmist denselben in nur unzu— 
eichender Menge zu liefern vermag. Alle kohl⸗