Full text: St. Ingberter Anzeiger

ↄ»l. Jugbherter Amzriger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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Samstaa, 15. April 1882. 
17. Jahrg. 
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4 mund Gerichtsboten. Es möge da eine Verein⸗ 
Politische Uebersicht. fachung eintreten. Justizminister Dr. v. Fäustle 
Deutsches Reich. erklärte, daß letztere Frage nur bei einer Revision 
Muͤnchen, 12. April. Die Abgeordneten-⸗ der Proceßordnungen behandelt werden könne. Die 
ammer begann heute die Berathung des Ju stize Klagen seien übrigens übertrieben; in der Pfalt 
aa. Rach lurzen einleitenden Worten des datten sie sich z. B. sehrr verringert. — Nachdem 
Reserenten Abgeordneten Walter besprach der Ab— noch Frank und Marquardsen gesprochen, wandte 
ordnete Herz die schon oft von ihm erörterte Bee ich Abs. Hessert hauptsächtich gegen den Abs 
sKungsfrage der bayerischen Richter; unter dem Hderz, worauf die Generaldiskussion geschlossen 
segenwärtigen Ministerium sei wohl keine Besserung vurde. 
hoffen. Durch die bestehenden Zustände werde Berlin, 18. April. Der „Kreuzztg.“ wird 
zas Proletariat unter dem Richterstande nicht erst vezüglich der Gerüchte über eine angeblich für den 
aschaffen, sondern es sei dank derselben schon da. Monat September in Aussicht genommene Zu⸗ 
uch das Prüufungswesen bei den Juristen sei ver ammenkunft des Kaisers Franz Josef mit dem 
hesserungsbedürftig, Was die Rechtsanwälte be— daiser Alexander III. mitgetheilt, daß diesem Ge— 
rit. sa seien diese geradezu unter die Patronage rüchte nicht mehr Werth beizumessen sei, als ähn⸗ 
er Gerichtsvollzieher“ gestelt, woraus eine Kor⸗ ichen Ausstreuungen, die im verflossenen Herbfte 
ruptivn der Amoalte ensstehen könnte. Das Inse · m Schwunge waren, zu welcher Zeit man sogar 
raienwesen sei schon im Ausschusse berührt; amt— chon alle Details über die Vorbereitungen zu einer 
iche Anzeigen dürften nur in den gelesensten Begegnung in Granica kolportierte. 
httern ohne Unferschied des politischen Bekennt-⸗Der 27. April kann jetzt mit Bestimmtheit als 
uisses veröffentlicht werden. Keine Strafentziehung Termin für den Zusammentritt des Reichtages 
e Inserate, keine Zensur der Tendenz ꝛc. ausge⸗ Angegeben werden. Der Reichsanzeiger wird in den 
iommen die Schmußblätier, welche keine derartigen aächsten Tagen die Einberufung verkündigen. 
duserate erhallen dücfen. Redner verlangte eineen Dem Bundesrath ist im Auftrag des Kaisers 
cilaß des Justizministers in diesem Sinne. durch den Reichskanzler ein Gesetzentwurf, betreffend 
Schließlich besprach der Herr Abgeordnete noch die die Krankenversicherung der Arbeiter 
dferenzen zwischen den diesseitigen und pfälzischen 'orgelegt worden, der 72 Paragruphen hat, deren 
uristischen Veanmen; früher sei Das in gewissem eide ersten den Versicherungszwang aussprechen. 
Sinne berechtigt gewefen, wo es diele wesentliche Auch der Gesetzentwurf über das Tabakmonopol 
differenzpuntte gegeben, die aber jetzt nach der ind einer über Abänderung der Gewerbeordnung 
deschs jusizgefetzgebung weggefallen seien. Die dies⸗ durden vorgelegt und verschiedenen Ausschüssen zur 
eeitigen Juristen würden weniger rasch angestellt Vorberathung überwiesen. 
und befördert, als die pfälzischen. — Justizminister Ausland. 
Dr. v. Fäustle erwiderte zunächst auf die Klagen Wien, 12. Aptil. Heute Mittag fand in 
über die Vesoldumgsfrage. Er felbst sei durchaus em fürstlich Liechtenstein'schen Majoratspalais in 
nicht berschiebener Meinung mit dem Vorredner. Begenwart des Kaisers und der Laiserin, des 
Indeß rücten die Amsrichter in fuͤnf Jahren um ãronprinzen und der Kronprinzeffin, der Erzherzöge 
wa 600 Mik. vor. In Hreußen arbeile der Jue und der Erzherzoginenl, des baherischen Gesandten 
ist Anfangs langere Zeit dhne Gehalt. Obgleich Brafen Bray in Vertretung, des Königs von 
mnsere Penfionsberhalinisse die besten im Deuischen Bayern, der Prinzen Luitpold, Ludwig und, Leopold 
seiche seien musse doch für die Oberlandesgerichts. don Bayern, der Herzöge von Nassau und Cumber⸗- 
cathe, fur die Landgerichtsrathe und fuͤr die Ober. land und deren Gemählinen sowie zahlreicher hoher 
mistichter ohne Dienstwohnung Abhilfe geschaffen Gäste die Trauung des Prinzen Arnulf von Bayern 
verden Aber gegenwärtig hindere das Defizit. mit der Prinzessin Therese Liechtenstein durch den 
Soll einmal die Veamtensolderhöhung auf das Ta- Lardinal Fiürst-Erzbischof Fürstenberg Statt. Die 
det gebracht werden, dann muß auch Aussicht auf Neuvermählten werden zwei Tage auf Schloß 
kerfolg sein; die ist aber jeht nicht vorhanden. Warlstein verbringen und dann die Hochzeitsreise 
Was das Prüfungswesen betrifft, so erkenne er die nach Italien antreten. 
Reformbedürftigkeil an, namentlich der theoretischen Rom, 12. April. Der Papst empfing heute 
Prüfung; für diese habe er auch eine Reform be⸗ den Besuch des auf einer längeren Reise dermalen 
reits vorbereitet. In der Gexichtsvollzieherfrage n Italien weilenden Prinzen Heinrich von Preußen 
jaben namentlich die pfälzischen Gerichte sich da— Sohn des Kronprinzen), der von dem Gesandter 
egen ausgesprochen, die Rebenbeschaftigung dieset 2. Schlozer und, seinem Gefolge begleitet war 
— einzuschränken. Uebrigens fahre das Pu⸗ p eee Prinz Heinrich auch den Staats 
olikum bei der jetzigen Lage nicht schlecht. Das ecretar Jacobini. 
onseratenwesen ubezee — über Wach einem Petersburger Telegramm des Tage— 
assen; er habe sich bisher einer Beeinflussung durch— blatt erhielt Herr v. Giers u. a. sofort ein sehr 
aus enthallen. Das Linzig Thunliche sei, daß die herzliches Glückwunsche Telegramm vom Fütsten Bis— 
Zeitungsredaktionen sich beschweren. Die Trennung marck. Die, Ernennung v. Giers' rief bei den 
wischen diesseitigen und jenseiligen Juristen saͤ Panflawisten large Gesichter herbor, um so 
üngst gemildert, so rasch konne Das nicht gehen, Nehr, da gleichzeitig bekannt wurde daß General 
veil in der Pfalz immer noch der besondere Zivil- Z5kobelew wirklich auf sein Gut geschickt wurde. 
srozeß gelte. Das werde erst anders werden, wenn Die Nihilisten haben an die russischen Is 
das deutsche Zivilgesetzbuch geschaffen sei. (Sehr raeliten einen Auftuf gemacht, sich ihnen anzu⸗ 
aichtig.) Im weiteren Verlaufe der Generaldiskussion schließen, da sie in Rußland die „Sklaven des 
besprach der Abg. Keßler die Höhe der Ge— zrutalsten Egoismus“ geworden seien und nichts 
iichtslosten und Anwaltsgebühren und das Instituz Uu verlieren, aber alles zu gewinnen hätten. 
her Gerichtsvollzieher, welches vom ganzen Lande Lokale und pfaälzische Nachrichten. 
»erurtheilt werde. Heute theilen sich in den Ge⸗ * St. Ingbert, 18. April. Am Oster⸗ 
wisboslzug die Gerichtsvollzieher, die Postanstalten onntag Nachmittag war der Ausschuß unseres 
irchen bauve reins unter Hinzuziehung des 
Fabrikrathes und des Architekten Herrn Schöberl 
von Speier versammelt, um bezüglich der von dem 
gl. Staatsministerium zur Instruirung des Ge—⸗ 
suches um eine Prämien-Collekte verlangten Pläne 
uind Kostenanschläge für den projektirien Neubau 
einer zweiten katholischen Kirche dahier zu berathen. 
Wie nun der „Pf. Zig.“ von hier berichtet wird, 
war man rasch darüber einig, daß eine große, den 
hiesigen Verhältnissen entsprechende Kirche in roma⸗ 
nischem Stile erbaut werden solle, und Hr. Schöberl 
versprach, Pläne und Kostenanschlag dafür zu lie— 
sern, wenn seine in den nächsten Tagen dem Kir— 
henbauvereine zugehenden Bedingungen akzeptirt 
werden. So konnten die Versammelten nach einer 
halben Stunde sich wieder trennen mit dem Be— 
wußtsein, einen wichtigen Schritt zur Vollendung 
hres begonnenen schönen Werkes gethan zu haben. 
Die Kirche soll nach dem Muster jener zu Berdach, 
welche von einer Kommission kuͤrzlich in Augen⸗ 
schein genommen wurde, jedoch in größeren Dimen⸗ 
sionen angelegt werden, so daß wir eine dreischiffige 
irche, vom Portal zum Chore 60 Meter tief, das 
Hauptschiff 15 und jedes Seitenschiff 6 Mir. breit, 
in Aussicht haben. Ueber den Bauplatz ist noch 
Nichts bestimmt. 
* St. Ingbert, 14. April. In der gestern 
dattgehabten Sitzung des Ausschusses des 
dirchenbauvereins unter Zuziehung des 
Fabrikraths wurde beschlossen, dem Architekten 
derrn Schöberl in Speyher die Anfertigung der 
Plane und des Kostenanschlages für den 
Bau einer zweiten katholischen Kirche 
hier zu übertragen. 
(62) St. Ingbert, 14. April. Vor einigen 
Tagen wurde ein auswärtiger Geschäfts-Reisender, 
der hier verschiedene Privathäuser besuchte, um auf 
diesem nicht mehr ungewöhnlichen Wege seine Waare 
zu verkaufen, von der Gensdarmerie betroffen und 
wegen unerlaubten Haufierens protokollirt. (Ganz 
recht! denn dieses Hausieren der Herren Reisenden, 
das zu einem formlichen Unwesen ausgeartet ist, 
wird dem einheimischen soliden Geschäftsmanne, der 
die Gemeindelasten tragen hilft, das Geschäft ver⸗ 
dorben, abgesehen davon, daß nicht selten auch die 
Käufer, trotz des scheinbar günstigen Einkaufs, 
übervortheilt werden. Die Red.) 
*— Am Dienstag Abend sprang in dem Orte 
Niederwürzbach der, 21 Jahre alte Bergmann 
Bernhard Bieg von dort, der von der Konstkription 
aus Zweibrücken zurückkam, aus dem im Fahren 
begriffenen Zuge. Er fiel dabei so unglüdlich 
auf die Schienen, daß er bewußtlos und stark ver— 
letzt liegen blieb und nach Hause getragen werden 
mußte. Obwohl dem Verletzten durch Herrn Be⸗ 
zirksarzt Dr. Wittenmayer von Blieskaͤstel bald 
darauf Hülfe wurde, so ist derselbe doch noch nicht 
außer Gefahr. 
— Eine Westricher Correspondenz des „Pf. 
Kur.“ befürwortet die Uebertragung der Sekretär— 
stelle beim landwirthsch. Vereine der Pfal z an 
einen Pfälzer, nachdem man mit dem „Aus— 
länder“ v. Böcklin so traurige Erfahrungen' gemacht 
habe. Das Kreiskomitee wird sich heute, Sams— 
tag (15. d.) mit dem wichtigen Wahlakte zu be⸗ 
assen haben. 
— Aus Zweibrücken wird dem „Pf. K.“ 
berichtet: Am verflossenen Samstag lief mit dem 
im Jl Uhr 35 Min. von Homburg hier ankommenden 
Zug die Nachricht ein, daß auf der Strecke zwischen 
omburg und Schwarzenacker einem Bahnwärier,