Full text: St. Ingberter Anzeiger

es vorgezogen, sich dem neuen Grwerbesteuergesetz 
zu unterwerfen, um auch mit Nichtmitgliedern ar— 
beiten zu konnen. 
— Speyer, 6. Jan, Se. Erc. Herr Re— 
Jierungspräsident v. Braun hat beschlossen, aus der 
Stiftung Sr. Maj. des Königs zur Förderung der 
Gewerbethätigkeit in der Pfalz wieder drei Ehren⸗ 
preise für eine tadelfreie, stylgerechte Arbeit aus⸗ 
zusetzen, nämlich als ersten 150 M. mit Diplom, 
als zweiten 100 M. mit Diplom, als dritten ein 
Diplom. Zur Bewerbung ist diesmal das Weber⸗ 
gewerbe eingeladen. Die Preisaufgabe ist folgende: 
Fuür einen Eßtisch, ungefähr 2 m. lang und 1mm. 
breit, soll ein Tafeltuch mit Servietten, einfachen 
bürgerlichen Anforderungen dienend, angefertigt 
werden, das in Baumwolle, Halbleinen, Leinwand 
oder auch Damast gewoben sein kann. Zu seiner 
künstlerischen Ausstatiung ist eine waschechte je nach 
Verhältmiß breite Bordüre in einer oder zwei Farben, 
roth oder blau;, oder beide Farben combonirt in 
einem stylgerechten beliebigen Muster bestimmt, das 
bei der Servieite in kleinerer harmonirender Zeich⸗ 
nung wiederzugeben ist. Dabei find geknüpfte 
Zwischeneinsätze oder auch Enden zulässig. Styl 
wird ieiner vorgeschrieben, doch soll Zeichnung und 
Ausführung den für Webmuster zu stellenden An⸗ 
forderungen als Flächenornamert entsprechen. Das 
Motiv muß heimische Originalcomposition sein, sowie 
auch der Nachweis seiner Ausführung in einem 
pfalzischen Etablissement zu liefern ist. Unter die⸗ 
jeu Gesichtspunkten erfährt das einfachste, schön und 
stylvoll durchgeführte Dessin gleichfalls die vollste 
Würdigung. — Die Arbeiten sind dis 1. Auguft 
1882 an das pfälzische Gewerbemuseum in Kaisers⸗ 
lautern abzuliefern. Jede Bewerbung ist mit einem 
Mono zu versehen und Namen und Wohnort des 
Verfertigers in einem versiegelten Umschlag mit 
dem Moͤtto als Aufschrift beizulegen. Die Preis- 
zuerkennung erfolgt am 25. August 1882 als am 
Geburts⸗ und Namensfest Sr. Maj. des Konigs. 
Die Preisgegenstände werden acht Tage vorher öf⸗ 
fentlich in den Räumen des pfälzischen Gewerbe⸗ 
mnseums in Kaiserslautern ausgestellt. Der Preis 
wird durch den k. Regierungsprafidenten zuerkannt 
auf Grund eines vom Ausschuß des Gewerbemuse⸗ 
ums mit Beiziehung von Sachverständigen erholten 
Gutachtens. Die ürbeiten bleiben Eigenthum der 
Verfertiger. Es sind jedoch die Verkaufspreise an⸗ 
zugeben und bleibt dem pfälzischen Gewerbemuseum 
das Vorkaufsrecht vorbehalten. Nach dem 1. Oc⸗ 
jober sind die Arbeiten wieder zurückzubeziehen. 
— Der Fabrik⸗Inspeltor für die Pfalz klagt 
über Zunahme der Kinderar beit und hebt in 
seinem Berichte für das Jahr 1880 ausdrücllich 
herdor, daß er eine größere Anzahl Kinder im 
Alter von 12 bis 14 Jahren in den Fabriken vor⸗ 
gefunden habe, als in den von den Polizeiorganen 
geführten Verzeichnissen angegeben. Ueber die Be⸗ 
soigung der übrigen bezüglichen Vorschriften der 
Reichs⸗Gewerbe · Ordnung, besonders auch mit Rücke 
ficht auf die Einrichtungen gegen Gefahren für das 
Leben nund die Gesundheit der Arbeiter, spricht sich 
der Bericht im Allgemeinen günstig aus 
Vermißchtes. 
F (Die Sparkassen in Bayern.) Nach 
einer Zusammenstellung des k. statistischen Bureaus 
gab ⸗ im Jahre 1879 262 Sparkassen und zwar 
124 gemeindliche und 188 Districts-Sparkassen. 
Von diesen 262 Sparkassen hatte der Kreis Unter⸗ 
franken die meisten (46), die wenigsten Oberpfalz 
(23). Das höochstentwickelte gemeindliche Spar⸗ 
tassenwesen hat Mittelfranken, bezüglich der Di⸗ 
stricis⸗Sparkassen Unterfranken; am wenigften ist 
erstere Gattung in Niederbayern, die letztere in 
Mittelfranken entwickelt. Der Gesammtstand der 
Sparkasseneinlagen bei den gemeindlichen Spar⸗ 
kafsen war im Jahre 1879 59,385, 087 Mt. 
(1869 nur 35,616,734 Mi.), bei' den Districts 
sparkassen 24,111,637 Mark. (1869 noch 
13,433, 561 Mt.) bei den Sparkassen im Ganzen 
83,496,724 Mt. Auf den Kopf der Bevölkerung 
des Geschäftsbezirkles der Sparkassen treffen Ge⸗ 
sammteinlagen bei den Sparlassen der Gemeinden 
53,6 Mti., der Districte 11,2 Mk. Für die Re— 
gierungsbezirke ergibt sich folgender Stand der 
esammteinlagen: Mittelfranken 19,473,247 Mt., 
Oberbayern 14,906,063 M., Schwaben 13,463, 285 
Mark, Oberpfalz 10,849,700 Mk., Niederbayern 
9.711847 Mk. Unterfranken 5.8831. 146 Mk., 
Vik., in Summa 83, 496,724 Vik. Der Zinsfuß 
neträgt im Allgemeinen 2—25 Prozent (bei den 
semeindlichen und Districtssparkassen durchschrittlich 
Prozent.) Von den 72 Privatsparkassen treffen 
25 auf Schwaben, 15 Oberbayern, 9 Unterfranken, 
Mittelfranken, 6 Niederbayern und je 5 Pfalz 
ind Unterfranken. Von den 5 Kassen der Pfalz 
önnen als hervorragend bezeichnet werden: die 
Sparkasse der Arbeiter der Kammgarnspinnerei 
daiserslautern mit 572 Mitgliedern und 9793 M. 
Vermögen, der Sparkassenverein in der Fabrik 
ampertsmühle mit 74 Mitgliedern und 25,636 
MNk. Vermögen und der Vorschußverein mit Spar—⸗ 
asse Kusel mit 63 Mitgliedern und 13,527 Mk. 
bermögen. 
F Neunkirchen, 8. Januar. („Saar⸗ u. 
Bl. Ztg.“) Gestern Mittag wurde eine aus beiden 
törperschaften der kath dischen Gemeinde— 
Lertretung gewählte Deputation von 9 
herren beim Herrn Geheimen Kommerzienrat Stumm 
mpfangen. Herr Einnehmer Die tz, als Vorsitzender 
es Kirchenvorstandes, dankte im Namen der katho—⸗ 
ischen Gemeinde für das reiche Geschenk von 
30000 M. für den Kirchen-Neubau und hob her—⸗ 
vor, daß das Haus Stumm stets ohne Rüchsicht der 
tonfession den Bedürfnissen der Kultusgemeinden 
zegenüber sehr freigebig gewesen sei, und daß der 
eitige Chef auch in dieser Hinsicht die Traditionen 
es Hauses so hervorragend vertrete. Herr Gehei⸗ 
nerat Stumm entgegnete, daß es schon lauge 
zie Absicht der Familie Stumm gewesen sei, die 
datholiken beim Bau eines würdigen Gotteshauses 
u unterstühen. daß dies jedoch zur Zeit des Wahl⸗ 
ampfes vielleicht als Bestechung aufgefaßt worden 
väre. Jetzt, da der Chef sich von der Politik 
urückgezogen habe, könne die Firma die Summe 
instandslos gewähren. Er sei zwar stets ein Gegner 
es politischen Ultramontanismus gewesen, verkenne 
iber als gläubiger Protestant durchans nicht die 
Zerührungspuntte, welche zwischen der katholischen 
ind edangelischen Kirche beständen; außerdem habe 
er stets seine katholischen überzeugungstreuen Gegner, 
venn auch bekämpft, so doch geachtet, während er 
einen sozialen Feinden, die nur aus Haß und 
seid alle Waffen der Bosheit gegen ihn gebrauchten, 
sies Gefühl nicht entgegenbringen könne. Zum 
zchluß bemerkte Herr Stumm noch, daß er für 
Anliegen aus der katholischen Gemeinevertretung 
tets ein geneigtes Ohr haben werde. 
Mannheim, 7. Jan. Hiesige Blätter 
chreiben: Sicherem Vernehmen, vach hat die betagte 
zrau von Schiller, Schwiegertochter unseres 
dichters, die Beschwerde der Reise nicht gescheut 
ind ihre Gegenwart bei der hiesigen Gedentfeier 
der vor 100 Jahren hier stattgefundenen ersten 
luffuͤhrung von Schiller's „Räuber“ zugesagt. 
die wird begleitet sein von ihrer Schwiegertochter, 
zrau d. Schiller, geb. v. Alberti, Wittwe von 
„chiller's Enkel. Die beiden einzigen Trägerinnen 
on Schiller's Namen werden somit bei der hiesigen 
Feier anwesend sein. 
ZurWarnungfürkKaffeeschwesterm. 
fFin beliebtes Mittel gegen alle Gebresten der 
Frauen ist starker Kaffee. Wie gefährlich aber die 
Unwendung dieses Mittels ist, erfuhr neulich die 
Frau eines Pfarrers, die sich bei ihrer Schwester 
n Berlin zum Besuch aufhielt. Die noch junge 
dame wurde nach dem Genusse einer Tafse schwar⸗ 
en Kaffees, zu der drei Loth genommen waren, 
rußerordentlich aufgeregt und vom Blutsturze. be⸗ 
allen. Nervöse Frauen und schwächliche Kinder 
ollten den aufregenden Colonialkaffee durch die 
ahrhaftere Chocolade oder den harmlosen Frucht⸗ 
affee ersetzen. 
4Gas Spielen mit Hunden.) Allen 
denen zur Warnung, welche mit Hunden spielen 
ind sich von ihnen belecken lassen, theilt die 
Volls⸗Z.“ eine Zuschrift mit, in der es heißt: 
Mein Sohn Robert, gegenwärtig 19 Jahre alt, 
jat vor mehreren Jahren viel mit seinem Hündchen 
Jespielt, dem er einige Kunststückchen beizubringen 
uchte. Er ließ sich dabei von dem Thiere ein 
Stüchchen Zucker oder sonst einen Leckerbissen aus 
»em Munde nehmen und dann das übliche Küßchen 
jeben. Vor zwei Jahren ewa fing er zu kraänkeln 
m; er fühlte eine seltsame Mottigkeit in den 
Bliedern und schien an der Lungenschwindsucht zu 
eiden. Am 7. August d. J. übergab ich meinen 
Sohn der G.'schen Privatklinikt. Eine Operation 
ergab, daß mein Sohn am Hundewurm litt. Durch 
das Spiel mit dem Hündchen war dieser dem 
einen Sitz in der Lunge genommen. Es gelang 
en Aerzten, die zerstörenden Schmarotzer zu entfernen. 
der ersten Operation mußte eine zweite folgen, 
zei welcher von drei Rippen Stücke herausgeschnitten 
verden mußten. Auch diese zweite Operation ist 
jeglückt, und mein Sohn, der längeree Zeit in der 
iußersten Lebensgefahr schwebte, kann bald als ge⸗ 
und aus der Klinik entlassen werden.“ 
f (Anpumpen mußt Du mir nicht!) 
Das „Berl. Tagblatt“ bringt auf Anregung des 
„Bär“ eine Sammlung von Wrangel Anekdoten, 
der wir Nachstehendes entnehmen. Dem Vater 
einer jungen Dame, einem Gutsbesitzer in W. war 
eine auf dem Gute lastende Hypothek gekündigt 
vorden. Die Tochter nahm daher leicht begreif⸗ 
ichen Antheil am Kummer des Vaters. Sie be—⸗ 
chloß sich in dieser Bedrängniß an Papa Wrangel, 
»en sie als sehr reich kannte und auf dessen Gut⸗ 
jerzigkeit sie baute, zu wenden und schilderte in 
inem Briefe an ihn das ganze Hypothekenmisere 
hres Vaters. Leider kannte sie die Abneigung des 
ilten Herrn gegen alles „Anpumpen“ nicht genügend. 
S„ie vermied es auch ängstlich, ihren Eltern von 
ziesem Schritte Kenntniß zu geben. Schon nach 
ier Tagen erhielt sie ein Packet aus Berlin. Auf 
jer Begleitadresse stand als Absender der Name 
„Graf Wrangel.“ Sie öffnete das Packet. Es 
am eine Bibel zum Vorschein. Als sie diese auf⸗ 
chlug, fielen ihre Augen auf die nachstehenden, 
nit blauer Dinte auf die inwendige Seite des 
deckels niedergeschriebenen Zeilen: „2. Mos., Kap. 
0, Vers 17. Laß Dich nicht gelüsten Deines 
sächsten Hauses. Vaß Dich nicht gelüsten Deines 
dächsten Weibes, noch seines Knechtes, noch seiner 
Nagd, noch seines Ochsens, noch seines Elsels, 
zach Alles, was Dein Nächster hat.“ Der letzte 
Satz war dreimal unterstrichen. Auch ein Briefchen 
and sich noch in der Bibel vor, nur die paar 
Worte enthaltend: „Meine liebe Tochter! An— 
zumpen mußt Du mir nicht! Graf Wrangel.“ 
F Mit einem „scheenen juten Morjen“ 
cimmt der Arbeiter Winkler, ein harmlos drein 
hauender Mann, auf der Anklagebank des Berli—⸗ 
jer Schöffengerichts Platz. — Prüs.: Wie heißen 
cie? — Angekl.: Wintler hoher Jerichtshoff. — 
Zräs.: Sie sind beschuldigt, beim Gastwirth Liedtke, 
inen UÜberzieher gestohlen zu haben. Was sagen 
Sie dazu? — Angekl.: Det ist der reene Ulk. 
Vat soll ick dazu sagen? Ick habe ja den Rock 
ehabt, woll, det ist richtig; aber wer soll wissen, 
vie der don de Wand gekommen is. — Präs.: 
Vollen Sie fich denn nur geirrt haben? — Angekl.: 
Senn ick hätte stehlen wollen, hätte ick mir en 
esseret Exemplar ausjesucht, als den Schmachtlap⸗ 
jen, wofor et bei Levy'n noch nich'n Zweepuppen⸗ 
tück jiebt. — Präs.: Also Sie behaupten Irrthum 
zhrerseits? — Angekl.: Indem ickh'n kleenen Za⸗ 
ken hatte. — Präs.: Hatten Sie denn einen eige⸗ 
ien Ueberzieher ? — Angetl: Na nu nee! Die— 
elbe Uniform, wie ick vor Sie stehe, hatte ick ooch 
n der Kneipe an. — Präs.: Ra, dann treten Sie 
nal mit Ihrer „Uniform“ hier vor. — Angekl.: 
zZo, da bin ick, nu kennen Sie meine Kluft bese⸗ 
sen. — Inzwischen tritt der Zeuge ein, welchem 
er betreffende Ueberzieher gestohlen worden war. — 
Zräs.: Aber lieber Mann, der Ueberzieher des Zeu⸗ 
en fieht doch so gänzlich anders aus, als der Ih⸗ 
ige, daß von einer Verwechselung gar »nicht die 
sede sein kann. — Angekl.: Det eenzige, wat 
inders is, is doch des Futter, welches bei meinen 
chwarz und bei dem andern Palitoh jrau is! da⸗ 
uff daß der andere Ueberzieher flockig un meiner 
latt is, habe ick nicht weiter jeachtet, sondern blos, 
ses der Ueberzieher so aussieht, wie der meinigte. 
— Zeuge: Der Angeklagte hatte ja aber seinen 
leberzieher an, als er mit dem meinigen verschwand. 
— Präs.: J. die Sache wird ja immer interessan⸗ 
er. — Zeuge.: Der Angeklagte hatte im Lokale 
Leefsteak und einige Seidel verzehrt, aber nicht be⸗ 
ahlt, und als ihn der Wirth auf dem Hausflur 
esthielt, hatte er meinen Ueberzieher über dem Arm. 
— Präs.: Nun, Angeklagter, da wollen Sie uns 
noch vorreden, daß ein Irrthum Ihrerseits vorge⸗ 
egen? — Angekl.: Ja woll, hoher Jerichtshoff! 
Det is ja det Unjlück, det heutzutage keenen an⸗ 
tändigen Menschen mehr nischt jejloobt wird. Wenn 
ener'n kleenen Dusel hat, denn macht er manch⸗ 
nal Klimmbimm, aber ick lann Ihnen sagen: den 
Leherzieher habe ick nich jestohlen und den Wirth 
ein Biefstück habe ick nich bezahlt, weil ick nich 
att davon jeworden war. — Trot dieser glän—⸗