Full text: St. Ingberter Anzeiger

Friedensschluß von Prätoria betretenen Wege sicher 
und schnell seinem Ende eutgegengeht. 
Petersburg, 27. April. Die Bauernrevolte 
im Alexandrya-Distrikt hat ungeheuere Dimensionen 
angenommen. 2000 mit Seusen und Sicheln be— 
waffnete Bauern stellten sich den Truppen, die zum 
Schutze der Juden herbeigerufen waren, entgegen. 
Die Localbehörden kelegraphirten nach P tersburg 
um Verstärkung. Man glaubt übrigens, daß die 
Truppen sich nur einschüchtern hießen, weil le heigi⸗ 
lich mit den Bauern sympatisirten. 
An hervorragender Stelle bringt die „Nordd. 
Allg. Ztg.“ folgende Petersburger Correspon- 
denz: „Die kleine Komaroff'sche Zeitung Swet“ 
enthält unter „Allerlei“ folgende Monstruosität: 
Offizier: .Was nennt man den inneren und den 
außeren Feind? Rekrut: Die inneren Feinde heißen 
Juden und Deutsche, die äußeren Türken, Eng⸗ 
sänder und andere Bassurmanen. (Das Wort 
Bassurmanen ist ein altrussischer Ausdruck für 
Andersgläubige und auch für Fremde überhaupt.) 
Unser Correspondent bemerkt sodann noch, daß die 
obige Instruktion nicht ewwa eine Erfindung des 
im Generalstabe bis zum Obersten avancirten Re⸗ 
dakteurs des „Swet“ sei. vielmehr auf eine Aeußer⸗ 
ung des Generals Skobeleff zurückgeführt werden 
könne; derselbe habe nümlich in einem Kreise jüngerer 
Offiziere geäußert, der Rekrut müsse künftig nich⸗ 
mehr auf die Fahne, sondern auf den Deutschen⸗ 
Haß vereidigt werden. 
Newyork, 25. April. Einwanderung.) 
20,000 Auswanderer, groöͤßtentheils aus Deutschen 
und Italienern bestehend, langten vorige Woche in 
Newyork an. Die Beamten des Arbeitsbureaus in 
Castle Garden berichten, daß der Begehr nach Ar⸗ 
beiiskräften ein ungemein großer von allen Theilen 
des Landes und unverzügliche Beschäftigung für 
Alle. welche derselben beduürfen, vorhanden ist. 
2—s ———— 
— Kaiserslautern, 25. April. In der 
heutigen Sitzung der Strafklammer dahier wurde 
arl Scheuermann, 45 Jahre alt, Müller auf der 
Dammühle, wegen Verkaufs von gefälschtem Blum-⸗ 
und Schwingmehl, welchem er etwa 3—406 Reis- 
mehl beigemischt hatte. zu einer Geldstrafe von 50 
M., event. 10 Tagen Haft, und wegen Beleidigung 
der Gendarmerie zu einer Geldstrafe von 25 M. 
event. 5 Tagen Haft, verurtheilt. Der Handels 
mann Benedikt Vendig dahier, welcher für Karl 
Scheuermann dieses Mehl verkaufte, wurde wegen 
Beihilfe zu einer Gedstrafe von 10 M. event. 8 
Tagen Haft, verurtheilt. Diese Geldstrafe wegen 
Verkaufs des gefälschten Mehls im Betrage von 
60 M. wurde der Versuchsstation für Lebensmittel 
dahier überwiesen. 
— Otterberg, 25. April. Heute Morgen 
um 1411 Uhr ereignete sich in dem Steinbrucht 
des Leopold Sandherr zu Otterbach ein schweren 
Unglücdsfall. Drei Arbeiter, Heil von Otter 
bach, Schottinger und Schneider von Erlenbach 
wollten eine Sprengladung, die gestern nicht explo— 
dirte, nachbohren. Dieselben scheinen nicht mit der 
nöthigen Vorsicht zu Werke gegangen zu sein, denr 
plötzlich ging der Schuß los und verbrannte der 
Ersigenannten im Gesicht, während die beiden An⸗ 
deren durch Sprengstücke schwer verletzt wurden. 
Konrad Schottinger, ein Familienvater mit fünf 
Kindern, ist heute Nachmittag seinen Wunden er— 
legen, während an dem Aufkommen des ebenfallẽ 
verheiratheien Schneider gezweifelt wird. E. Z.) 
— Reustadt, 25. April. Am Sonntag 
Nachmittag wurde auf der der Haardt der hundert⸗ 
jährige Geburtstag Fröbel's festlich begangen. Es 
hatten sich dazu Freunde der Kindergarten-Sache 
aus der ganzen Pfalz (auch 28 Kindergärtnerinnen) 
eingefunden. Die Festrede hielt Ht. Pfarrer Bähring 
aus Minfeld. Er wies in dieser Ansprache aus 
das Arbeiten und Wirken Fröbel's sowie auf dessen 
hohe Verdienste um die Erziehung der Kinder hin. 
Erwähnenswert ist noch der Beschluß, daß die 
pfälzischen Kindergärtnerinnen ze einem Verein zu⸗ 
sammentreten werden. — die ganze Festlichkeit ver⸗ 
iief in ebenso würdiger wie schöner Weise und 
wird gewiß der Fröbel'schen Sache manche neuen 
Freunde zugeführt haben. Bürgerztg.) 
— Dürkheim, 24. April. Eine in den 
weitesten Kreisen bekannte Dame starb vorgestern 
dahier an einem Schlaganfall, Frau Anna Berg⸗ 
ner, und zwar in einem Alter von 81 Jahren 
In früheren Jahren war dieselbe unter dem Na⸗ 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
men „Die schöne Anna“ Rhein auf Rhein ab 
durch die Exquisitheit ihrer Küche — sie war lange 
Jahre die Besitzerin des Gasthofes zu den „Vier 
Jahreszeiten“ — und durch den Esprit ihrer Unter— 
hyaltung berühmt. Selbst hohe und höchste Herr— 
schaften pflogen mit der liebenswürdigen Frau 
Wirthin, welche deutschen Geist und französisches 
Geschick in sich zu vereinigen wußte, gerne Con— 
versation. In den letzten Jahrzehnten lebte sie 
ganz zurückgezogen, besonders mit feinen Stickereien 
beschäftigt, in dem ihr lieb gewordenen Dürkheim 
Bis an ihr Ende war sie unermüdlich fleißig und 
thätig. Ihr Name wird sich hier bei Hoch-und 
Niedrig stets in gutem Andenken erhalten. Friede 
ihrer Asche! 
— Am 285. d, ging — nach dem Vorgang 
der Erlenbacher, Ingenheimer, Speyerdorfer, Lachener 
ec. — auch von der Gemeinde Klingen eine 
von 59 Bürgern unterzeichnete Adresse an den 
Fürsten Reichskanzler v. Bismarck ab, worin dieselben 
ihre Mittwirkung an der Durchführung des Reichs— 
tabakmonopols in freudiger Weise zusagen und um 
Befreiung von dem verderblichen Händler⸗ und 
Macklermonopol, unter dem sie gegenwärtig zu 
leiden haben, bitten. 
Vermischtes. 
GDie Folgen einer falschen Beschuldigung. 
In München, so wird von dort geschrieben, 
hildet das Stadtgespräch zur Zeit ein interessanter 
Fall, mit dem sich auch die Staatsanwaltschaft zu 
zeschäftigen hat. Eine Magd, die seit 3 Monaten 
hei einem Wirthe zu dessen voller Zufriedenheit in 
Dienst stand und die besten Zeugnisse besaß, wurde 
plötzlich durch den Besuch ihrer vorigen Herrschaf! 
üͤberrascht, welche sie unter Schimpfreden beschuldigte, 
zwei Ohrringe und andere Kleinigkeiten entwende! 
zu haben. Das Mädchen fühlte sich unschuldig, 
iieß sofort, tief erregt ihren Koffer durchsuchen und 
es fand sich denn auch wirklich nichts von dem an— 
zeblich Entwendeten; das Mädchen aber sank ohn⸗ 
mächtig auf den Koffer nieder, kam nicht wieder zu 
iich und starb kurz darauf im Krankenhause, und 
war wie die Aerzte konstatirten, am Gehirnschlage 
'n Folge der Erregung. Die Behörde hat sich des 
Falles nunmehr bemächtigt, und man ist neugierig 
zu erfahren, unter welche Rubrik des Strafgesetz⸗ 
zuches dieselbe den verhängnißvollen Besuch jener 
dienstherrschaft bringen wird. 
Die feierliche Eröffnung der bayerischen 
Landesausstellung in NUrnberg wird im Auf—⸗ 
rag S. M. des Konigs durch ein Mitglied des 
igl. Hauses als Bevollmächtigten Montag den 15. 
Mai vorgenommen. 
F Nürnberg. Es besteht gegründete Hoff⸗ 
nung, daß der König, wenn auch nicht anläßlich 
der Eröffnung der Bayerischen Landesausstellung, 
so doch späterhin dieselbe in Augenschein nehmen 
wird. Wie verlautet, dürfte solches im Ausschluß 
mn den Besuch der Parsival⸗Aufführung in Bay⸗ 
ceuth geschehen. 
F Die Nachricht, daß im Saarbrücker 
Bergwerksrevier bedeutende Cohlenbestellungen 
aus Jialien eingelaufen seien, wird von der „Saarbr. 
Ztg.“ als unrichtig erklärt. Richtig ist nach dem 
genannten Blatte nur, daß man die Schwierigkeiten 
zu beseitigen sucht, welche jetzt noch der Erschließung 
Italiens als Absatzgebiet für die deutsche Steinkohle 
entgegenstehen. Zunächst seien leider bis zur Stunde 
die Eisenbahntarife fur den Transport der Kohlen 
nach der italienischen Grenze noch immer nicht fest⸗ 
gestellt und bleibt es daher noch fraglich, ob gegen⸗ 
aͤber den billigen Schiffsfrachten der englischen Kohle 
eine Konkurrenz der deutschen in größerem Umfange 
möglich sein werde. Wenn die Tarife festgestelll 
seien, auch dann dürfe es noch Monate erfordern, 
bis die unumgänglich nothwendigen Versuche der 
Zonsumenten mit den ihnen noch ganz unbekannten 
stohlensorten beendet sein werden und giößere Ver— 
tragsabschlüsse folgen können. Zu hoffen stehe aber, 
daß die Bemühungen, ein neues Absatzgebiet zu ge— 
winnen, unter dem Schutze der deutschen Staats⸗ 
regierung schließlich zum Ziele führen und von 
egeusreichen Folgen auch für unsere Saargegend 
zegleitet sein werden. 
Mannheim. Am Mittwog gegen Mit- 
tag brach auf dem Speicher des Zeughauses Feuer 
aus, das den ganzen Dachstuhl zerstörte. Den 
Anstrengungen des Militärs und der Feuerwehr 
zelarg es nach mehreren Stunden, des Brandes 
Herr zu werden. Der Schaden ist ein sebhr be— 
J 
rrachtlicher; die „Frankf. Ztg.“ schreibt von ðh 
M. Verlust allein an Ausrüstungsgegenständen 
Aus Worms berichtet die „W. 3. F 
im Winter 1879 der Rhein seit langen Jdahie 
zum ersten Male eine gangbare Eisfläche 
schmiedete man Herde, zimmerte Fässer darauf 
noch viel anderes mehr. Heute bietet uns d 
Rhein wieder einwal einen Anblick, wie er n 
Jahren nicht dagewesen. Ueberall tritt das Rhe 
bett herbor und wird von Goldwäschern in Spes 
auch von Alterthümlern gründlich ausgenutzt. A 
das Militär hat den Werth einer ebenen Rhes 
hettfläche nicht verkannt, und so konnten wir h 
am vorigen Samstag, von der Schiffbrücke u 
eine Compagnie im Rheinbett den Parademat 
üben sehen, welcher Anblick von dort aus sich qu— 
nahm, als marschirten unsere braven Rheinhess 
im Wasser, von welchem sie doch sonst gar kin 
Freunde sind! 
Berlin, 26. April. Unter den amerilan 
chen Millionären, welche im Laufe dieses Somme 
unserer Stadt einen Besuch abzustatten gedente 
befindet sich auch der in letzter Zeit vielgenann 
Henry Villard, von Geburt ein Pfälzer, hein 
rich Hilgard mit Namen, welcher zu Ruünchen Juri 
prudenz studirte, dann auswanderte und jetzt 
16. Lebensjahre steht. Den Namen Villard, weldh 
ihm als Correspondenten der „Chicago Tribünt 
als Nom de plume diente, hatte er angenomme 
weil er unter demselben zuerst in weiteren Kreise 
hekannt wurde. Vor wenigen Jahren machte 
sein Debut auf der New⸗-Yorker Börse mit der Vi 
dung einer Dampfer-Gesellschaft, welche die Sen 
in Hregon befahren läßt und deren Actien, naq 
dem Villard eine Dampfer-Verbindungslinie nmue 
San Francisco und eine californische Secundärbah 
um einen Spottpreis gekauft hatte, von 15 6 
190 Dollars stiegen. In wenigen Monaten hat 
der kühne Speculant acht Millionen Dollars on 
—X— 
„»orgten Millionen, für 30 Millionen Dollars Alie 
der „Northern Pacific-Bahn“ in seinen Besißz 4 
hracht, in deren Direktoren⸗Rath er nun die maß 
jebende Stimme führt und welche er seiner Damp' 
chifffahrts⸗Gesellschaft tributär gemacht hat. Be 
Jahren wurde er von den deutschen Bondholden 
der Chicago⸗Roc⸗Island⸗ und Rockford-Bahn m 
der Führung ihrer Geschäfte betraut, und legte debe 
eine so staunenswerthe Energie an den Tag, d 
man ihm seither in deutschen Finanzkreisen dunm 
gerößte Vertrauen entgegen gebracht hat. 
F Ein Landmann, der verschiedene künfllih we 
Düngerproben gern auf ihre Beschaffenheit hamt su 
untersuchen lassen, erhielt von einem Nachbarn du do. 
Rath, er solle sie zur Analyse nach arin heu 
schicken, da werde es besorgt. Andern Tags konm noa 
nuf der Göttinger Post ein Packet an mit duund 
Adresse: „An die Anna Lise in Göttingen.“ — 
post ist aber nicht auf den Kopf gefallen, sit litt m 
sich nicht so leicht aus dem Konzept bringen, dafu 
hat der Generalpostmeister Stephan gesorgt. Durt hun 
proben? Anna Lise? Halt! das muß für die land Ter 
wirihschaftliche Versuchsstation sein, denkt die Pefha 
Und richtig, so war's. 
Ein' bei Kindern beliebtes Vergnügen, jtnn 
auf dem ——— 
zu lassen, hat in Koblenz ein Opfer heforden — 
Das 7jahrige Söhnchen einer daselbst wohnendn 
Familie fiel so uͤnglücklich in den Flur, daß den 
chon nach 4 Stunden starb. 
Die Firma Friedrich Krupp in Efsen 
besitzt 489 Dampffkessel, 480 Dampfmaschinen ven due 
zusammen 18,500 Pferdekraft, 82 Dampfhamnn W 
on 100 bis 30,000 Kilogramm Gewicht (letziert don 
sängere Zeit ein Unicumeist seit einigen Jahen der 
llerdings bereits weit überfluͤgelt durch zwei audeund 
noch kolossalere Dampfhämmer in Frankreich Ir 
England)', 21 Walzenstraßen, 1622 Werhen hu 
maschinen, 1556 verschiedene Oefen, darunter * 
Hochöfen, 25 Lokomotiven, 5 Schraubendambtt 
hon zusammen 7800 Tonnen Tragkraft. 
Jahresproduktion beträgt ungefähr 130,000 Zorn v 
Stahl und 26,000 Tonnen Eisen. Die belann pr 
rupp'sche Arbeiterstadt ist bevölkert von beiläusl di 
15.700 Arbeitern. 
Wie Welt und Leben, von verschieden 
Standpuntten aus betrachtet, sich doch recht w 
schieden ausnehmen. du Bettler in Patis. 
hom alten Beitleradel absammend, in welchet ir 
goldene Profession nebst einem Sitze an der —I 
shür von St. Sulpice schon viele Generationen 
ebie — bricht dem ersten Kinde, welches sein 
—