x»ᷣl. Autbherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
Aet. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
hglatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1.4 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 60 4, einschließlich
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 135 , bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
89.
Sonntag, 7. Mai 1882.
17. Jahrg.
An¶
iti *— Wie sich die Leser erinnern, hatte vor
Politische Uebersicht einigen Wochen der Mezzgerbursche Ernst Gerwich
aus Pforzheim zum Nachtheile seines Dienstherrn
des hiesigen Metzgermeisters Ludwig Dietrich 141
Mark, für welches Geld er in Niederberbach ein
Rind holen sollte, unterschlagen und sich dann aus
»em Staube gemacht. In Trier, wohin er sich
ewandt hatte, verjubelte er die unterschlagene
S„umme; daselbst fiel er auch in die Hände der
hm nachforschenden Polizei. Da er im Rüchfalle
ich befand, so verhängte die Strafkammer des k.
Landgerichts Zweibrücen in der Sitzung vom
Mittwoch eine Gefängnißstrafe von 8 Monaten
iber ihn.
*— In Homburg hat sich am Donnerstag
Abend ein Vorschußverein gebildet, der bis
l. Juni mit seinen Geschäften beginnen will.
*— Auf sämmtlichen deutschen Eisen—
bahnen — also auch auf den pfälzischen —
wird in Zukunft der Sommerfahrplan mit
dem 1. Juni und der Winterfahrplan mit
dem 1. Oktober in Kraft treten.
Z Blieskastel, 5. Mai. Heute war Herr
dreisscholarch Dahl von Speyer hier, um die dre
urse der hiesigen Präparandenschule einer Prüfung
in der Religionslehre zu unterziehen. — Der nun—
mehr verflossene „Kreuztag“ zog viele Fremde aus
Nah und Fern hierher. — Zu dem kürzlich er—
wähnten Feste in Wolfer sSheim hat bereits auch
der Gesangverein Webenheim seine Betheili—
Jung zugesagt.
— Aus der Wittelsbacher Landesstiftung sind
für die Pfalz 1000 Mark als Stipendien
von je 50 Mark an etwa 20 wohlerprobte brave
dandwerksgehilfen zum Besuche der Nürnberger
Ausstellung zur Verfügung gestellt. Eine Be—
chrankung auf bestimmte Gewerbe ist nicht beab⸗
ichtigt, dagegen ist bei der beschränkten Anzahl der
Stipendien eine möglichst umsichtige Auswahl selbst
Derständlich.
— Am Mitwoch Morgen verunglückte auf dem
hom burger Bahnhofe der Rangirer Peter Poth
»on Vogelbach, indem er bei'm Rangiren zwischen
die Puffer zweier Wägen gerieth und derart ver—
etzt wurde, daß er bereits Mittags starb. Derselbt
var bis zu seinem Tode vollständig bei Besinnung;
er hinterläßt eine Wittwe mit zwei unversorgten
dindern.
— Wie ein Correspondent der „Pf. Pr.“ wissen
vill, beträgt der Nachlaß des in Wachenheim
rtürzlich verstorbenen Gutsbesitzers Joh. Ludwig
Wolf 12 Millionen Mark.
— Aus Knöringen, 4. Mai, wird dem
„L. A.“ berichtet Wie es eben auf den Aus—⸗
vandererschiffen zugeht, davon kann man
ich kaum einen Begriff machen. Hier ein Beispiel:
Ddie Eltern des Portier Roch aus Knöringen gingen
im 15. März mit dem so sehr berühmten Bremer
Dampfer „Elbe“ nach New-York, wurden aber von
dessen Vorzügen durchaus Nichts inne. Ein steinernes
herz müßte weinen, wenn es den Brief dieser alten
deute läse, wie miserabel die Kost und Alles war.
Wäre es nicht da am Platze, wenn die zuständige
Behörde einträte und verlangte, daß die Auswan—
derer eine mehr menschliche Behandlung erfahren?
Können die Schiffslinien es um den jetzigen Preis
nicht thun, so sollen sie lieber mehr nehmen.
Deutsches Reich.
Im Reichsta gze haben die Sozialisten, unter—
zützt von Mitgliedern der Fortschrittspartei, einen
nrag wegen Aufhebung sämmtlicher Ausnahms—
gesete: des Jesuitengesetzes, des Gesetzes wegen
Abefugter Ausübung von Kirchenämtern, des
ssozialisten ⸗Gesetzes, des Kanzelparagraphen und
der Diktatur für Elsaß-Lothringen, eingebracht. Der
Antrag führt jedenfalls zu lebhaften Debatten.
Aus Berlin schreibt man der „Allg. Ztg.“:
von officiöser Seite giebt man sich die Mühe, den
Intrag von Mecklenburg⸗Strelitz wegen Aufhebung
er obligatorischen Civilehe als aussichtlos
—
esen nicht recht. Wenn die preußische Regierung
ie Beunruhigung hätte vermeiden wollen, so hatte
je eßs ja in der Hand, den Antrag kurzer Hand
u beseitigen, oder denselben wenigstens zur Schluß⸗
erathung im Plenum des Bundesrathes zu stellen.
die Verweisung an den Justizausschuß kann nur
d ausgelegt werden, daß die obligatorische Civilehe
achgerade als eine discutirbare Einrichtung be—
rachtet wird.
Karlsruhe, 5. Mai. Die „Karlsr. Ztg.“
jeldet, daß der Papst den neuerwählten Erz—
ischof von Freiburg sofort telegraphisch be⸗
tatigt und dieser die Regierung der Erzdiözese über⸗
gommen habe.
Ausland.
London, 5. Mai. Presse und Publikum
aind größtentheils noch unendschieden in ihrem Ur⸗
cheil über den Systemwechsel, welcher sich durch die
beränderungen in den auf die Verwaltung Irlands
ich beziehenden hohen Aemtern kundgiebt. Man
cheint die Erklärung abwarten zu wollen, in welcher
Forster in der heutigen Sitzung des Unterhaufes
jeinen Rücktritt von dem Posten des Obersecretärs
üt Itland begründen wird. Sieht man ab von
der radicalen Presse, so trifft man fast überall auf
Nißtrauen. Niemand hält es für möglich, daß die
irische Gesetzgebung schon ihr Endziel erreicht haben
nne. Die öffentliche Meinung drückt sich so
diemlich in den Worten des „Daily Telegraph“
dus: „50 Morde waren nöthig, um die Pforten
des Gefängnisses von Kilmainham zu dffnen, wie
biele werden erforderlich sein, um ein irisches Par⸗
ament durchzusetzen ?“ Parneil soll die Absicht hegen
ine Rundreise nach Amerika zu machen, um die
dortige Homerulebewegung und den von dort her
auf England geübten Druck zu verstärken.
Xα
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 6. Mai. Unser Reichs—
Agsabgeordneter, Herr Hüttenwerksbesitzer Osiar
dräamer, war durch ein Unwohlsein verhindert,
der Eröffnung des Reichstages am 27. vor. Mis—
zuwohnen. Derselbe ist nun vorgestern nach
hetlin abgereist, um an den weiteren Arbeiten des
eichstages theilzunehrnen.
— St. Ingbert, 6. Mai. In der am
wnnerstag stattgehabten Generalversammlung des
reinz Gem u thli chtern wurde an Steue de
vherigen J. Präsidenten, welcher nach Hasel ver⸗
. das Vereinsmitglied Herr Kaufmann Friedrich
teinfel d gewähll. Tas Vereinslokal bisher
verrn Rudolf Munzinger, wurde zu Herrn
Weirich — Betersche Wirthschaf
uecstadt — verlegt.
Vermischtes.
F(Eangjahriger Concurs.) Im Jahre
1781 starb der Commercienrath Scharf in Einbeck
Die königlich großbrittannische, kurfürstlich braun—
chw eigisch⸗lüneburg'sche Justizkanzlei zu Hannover
jatte schon 1779 über sein Vermögen den Concurs
zröffnet. Jetzt nach 103 Jahren gelangt eine Concurs-
masse von 16,000 M. zur Vertheilung, nachdem
die in Südamerika lebenden Nachkommen Scharf's
—XVVV
gelegenen Güter haben verkaufen lassen.
F(Ger Tabakverbrauch.) Ein Liebhaber
tatistischer Rechenexempel hat kürzlich nachstehende
eltsame Berechnung angestellt. Wenn man den in
Formen von Rauch-, Schnupf- und Kautabak all⸗
ährlich verbrauchten Tabak nehmen und daraus ein
Tau von 2 Zoll Dicke machen würde, so würde
man eine Länge erhalten, welche gestatten würde,
die Erde Z0mal am Aequator zu umspannen. Wenn
nan aus diesem Tabak einen einzigen Haufen
nachen würde, so würde man eine Pyramide von
einer Höhe gleich derjenigen der höchsten Pyramiden
ẽgyptens erhalten; endlich in Schnupftaback ver—
wandelt, würde derselbe hinreichen, um eine Stadt
don mittlerer Ausdehnung zu begraben, wie Herku—
sanum und Pompeji es einst unter der Asche des
Vesuvs wurden.
Ein französischer Arzt, namens Delaunay hat
neuerdings die Frage der Entstehung der Träume
eingehend studiert und ist zu folgenden Ergebnissen
zelangt: Zunächst könne man Vernunft und Zu—
sammenhang in die Traumerscheinungen bringen,
wenn man sich vor dem Schlafengehen die Stirn
mit Watte umwickelt. Sodann verschaffe die Rücken⸗
lage meist angenehme Träume, liegt man aber auf
der rechten Seite, so seien die Träume vergänglich
wechselvoll, voll Uebertreibungen und an längst ver—
gangene Erlebnisse anknüpfend, während, wenn man
auf der linken Seite schläft, die Träume einen
Zusammenhang haben und sich auf neue Erlebnisse
beziehen. Schade, daß das so schwer zu kontro—
lieren ist.
f London, 3. Mai. Vorgestern fanden in
zwei Kohlenbergwerken Explosionen statt. Bei der
einen in der Nähe von Atherstone verloren neun
Personen das Lehen; in der andern zu Morley in
der Nähe von Leeds wurden sieben Marn getödtet.
F Guiteau, der amerikanische Präsidenten⸗
moͤrder, schreibt im Gefängniß seine Lebensbeschrei—
bung; seine Schwester Mrs. Scoville wird sie nach
seiner im Juni stattfindenden Hinrichtung heraus—
zeben und sein Schwager und Vertheidiger Mr.
Scoville über den Prozeß öffentliche Reisevorträge
jalten; die Kleider des Verurtheilten sind bereits
m Voraus für 250 Doll. verkauft worden. Die
Familie Scoville scheint einen Handel mit der
ünftigen Leiche des verbrecherischen Verwandten
keineswegs für unangemessen zu halten.
F Die Vorzüge Amerikas vor allen anderen
dändern schildert S. Cox in folgender Weise:
„Amerika hat die längsten und zahlreichsten Flüsse,
velche schneller fließen, höher steigen und mehr Ge—
räusch machen, tiefer fallen und größeren Schaden
urichten als die Flüsse eines jeden andern Landes.
Es hat die meisten Seen, welche größer und tiefer,
larer und nässer sind, als die aller anderen Länder.
uinsere Eisenenbahnwaggons sind geräumiger und
laufen schneller, geraten öfter von den Schienen
und töten mehr Menschen, als die Eisenbahnwaggons
aller anderen Länder. Unsere Dampfer führen
größere Ladungen, sind länger und breiter, ver⸗
lieren öfter ihre Kessel durch Explosion, lassen ihre
Passagiere höher in die Luft fliegen und haben
räftiger fluchende Kapitaine als die Dampfer