Full text: St. Ingberter Anzeiger

vt. Jugherter Amziger 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
* „St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Dounnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs- 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 , bei Neclamen 30 4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M O2. 
Donnerstag, 11. Mai 1882. 
—17. Jahrg. 
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jfi Den Mördern Lord Cavendish und Bourke's scheint 
Politische Uebersicht. man somit immer noch nicht auf der Spur zu sein 
Deutsches Reich. Petersburg, 10. Mai. Nach — des 
10. Mai. Der Kronprinz be— Daily Telegraphꝰ wäre die Czaren rönung in 
——F licheizufteer Fen — ach ag Mostau definitiv aufgehoben, weil die Behörden die 
dolheingen zu begeben, um den in der Rähe bon Sicherheit des Kaisers nicht garantiren können. 
A Peters burg ge⸗ 
der Kavalleriedivisien des 15. Armeekorps beizu- chrieben wird, ist, nachdem Fürst Rismarck schon 
wohnen. Auch, die Anwesenheit Sr. kaiserlichen rüher warnende Andeutungen dezuͤglich der Juden⸗ 
hoheit bei dem Kaisermanöver des 6. Armeekorps, und Deutschen-Hetzen gemacht hatte, aus Anlaß der 
sowie bei dem damit in Verbindung stehenden Ma- der deutschen Colonie Sagadowstka verübten 
adver des königlich sächsischen (12.) Armeekorpe Inthaten aus Berlin eine Meinungsaußerung in 
jult schon seit langerer Zeit als fesistehend. vatschina eingetroffen, welche an Fennchten nichts 
Der Reichstag erledigte am Dienstag die uu wünschen übrig lassen und den Czar in große 
erste Lesung des Gesetzentwurfs betreffend die Ab⸗ Uufregung versetzt haben soll. Letzterer möchie * 
nderung des Folltaͤrifgesehes vom 13. Juli nit Deutschland nicht verderben und kann sich 
1879. Ein Antrag Bambergers auf Verweisung uindererseits von Ignatieff und den Panslavisten, 
der Vorlage an eine Kommission wurde mit 118 velche diese Hetzen incseniren nicht los machen. 
jegen 106 Stimmen abgelehnt. Die zweite Be— Die Moslauer Faufmannschaft bereitet ene 
cathung findet demnach im Plenum statt. Petition an die russische Regierung gegen die 
das „Herliner Tagebl.“ schreibt aus Anlaß J‚uden⸗Ausweisungen vor, weũu durch die— 
»es Dubliner Doppelmordes: Englant elben Fabrikanten und Kaufleute einen großen 
teht vor einer Kabinets-, vielleicht auch vor einer Schaden erleiden. Der Totalverlust bei der Juden⸗ 
nsthaften Staatskrisis. Fur uns von höherem ebze in Balta beträgt 976 Häuser, J bis 2Mill. 
Inieresse ist aber die Einwirkung dieser irischen Ktubel an Eigenthum, 211 Verwundete und 8 Todte 
horgänge auf die auswärtige Politik. Und da resp. an ihren Wunden Gestorbene. Geftern fand 
tellt sich die Sache wohl folgendermaßen: Ersichtlich ein neuer Versuch statt, die uͤbrig gehliebenen Juden 
England durch die irische Frage auf langer⸗ muhnZtündern, wurde aber von den Behörden unter⸗ 
zeit hinaus so völlig aktionsunfähig nach außen J .8 
in —A daß bei den Berechnungen der New⸗-Yortk, 9. Mai. Der britische Consul 
anopaischer Diplomaten in die zweite Linie rüdt. st angewiesen, für alle Mittheilungen, welche zur 
In mancher Hinficht erscheim es noch aktionsun⸗ Entdecung der Worder von Cavendish und Bourke 
aͤhiger als Ruͤßland. Dieser Zustand lann nicht ühren könnten, Belohnungen auszusehen. 
dazu beitragen, seinen Einfluß im Orient und 
in Egypten zu erhöhen, wo zur Zeit die Zünd⸗ 
schnüre zu einem europäischen Konflikte allenfalls 
noch am offensten und gefährlichsten dalägen, wenn 
nicht die Hand des Fürsten Bismard 
löschbereit überall zu verspüren wäre. England 
cheidet durch seine irische Frage also auf einige 
Zeit aus dem Konzert der europaischen Großmächte 
und erleichtert dadurch der deutschen Politik, das 
oiplomatische Garn im Osten so zu spinnen, wie 
im Sinne des europüischen Friedens und zum 
Vortheile des deutschen Reiches am besten ist. Denn 
das Gladstone'sche England war nie ein Freund 
und Förderer der deutschen Interessen.“ 
.Darmstadt, 9. Mai. Die zweite Kammer 
ieß ihren früheren Beschluß gegen den Fortibestand 
es Polytechnikums mit 26 gegen 20 Slimmen fallen. 
Ausland. 
London, 10. Mai. Lord Hamilton, seit⸗ 
ser Direktor des Rechnungswesens für die Marine, 
t zum probisorischen Unterstaatssekretär in Irland 
tnannt worden. 
London, 9. Mai. Michael Davitt ant— 
wortete einem Reporter: In den düstersten Tagen, 
die ich in Portland Prison verlebt, habe ich nie 
an der Zukunft meines Vaterlandes verzweifelt, 
ber diesem Verbrechen gegenüber verzweifle ich 
etzt daran, mein Vaterland zu finden und glück— 
bzu sehen. 
Dublin, 10. Mai. Die Regierung hat für 
tgreifung der Morder 19, doo vitund sur 
utheilungen, welche zur Etgreifung derselben 
hren können, 1000 Ist. ausgesetzt. 
Doublin, 10. Paai. Der zu Mainooth, 
At von hier verhaftete Amerikaner Moöobr 
dl wie andere wegen Mordsverdacht verhaftete 
tsonen sind wieder auf freien Fuß gesetzt worden. 
— Aus dem Bliesgau wird der „Pf. 
Ztg.“ von Hrn. Pfr. Arn. Rütter in Erfweile! 
zeschrieben: „Das Urtheil des Gartenbau⸗Inspektors 
Böthe von Geisenheim über den letzten Frost und 
eine Folgen gilt auch größtentheils für die, Pfalz. 
Die Nüsse sind wohl überal total erfroren, die 
dirschen größtentheils, wenn es hier im Gau auch 
nicht gerade so schlimm war und die meisten Bäume 
noch einen respektabelen Ansatz behalten haben. 
Aepfel und Birnen haben hier nur ganz unbe⸗ 
deutenden Schaden genommen. Die Bitnen haben 
reichlich und voll geblüht, und die Aepfel haben 
zegenwärtig ihren Blütenschmuck angezogen. Ja 
elbst die Aprikosen sind hier nicht cinmal sofort 
erfroren, da im hiesigen Pfarrgarten wenigstens ein 
Dutzend Stück kräftiger Ansätze davongekommen 
ind. — Der letzte Frost beftätigt auf's Neue, 
was ich überall betonte: Schaffet die Obstbäume 
aus den Thälern, von Bächen und Flüssen weg 
und verleget den Obstbau mehr auf die Höhen. 
und zweitens: Wählet und suchet Sorten, welche 
pät blühen. Herr Gartenbauinspektor Göthe em— 
pfiehlt zwei Sorten: von Aepfeln den kgl. Kurzstiel, 
oon Birnen Hardenpont's Butterbirnen. Bei uns 
jaben sich, wie immer, der Siebenschläfer und Pri— 
orsapfel bewährt,, denn diese Sorten blühen erst 
in 10-212 Tagen. Obwohl der rothe Kohlapfel 
beim Eintreten des Frostes schon weit vorgeschriiten 
war, so hat er doch nicht den geringsten Schaden 
genommen und prangt momentan in seltenem 
Blüthenschmuck. Auch in der Blüthezeit der Kirschen 
war ein großer Unterschied. Manche Bäume sind 
hier total erfroren, manche gar nicht. Vor Allem 
ist aus diesem Grunde auch der Anbau der Sauer⸗ 
kirschen zu empfehlen. Dieselben blüthen hier erst 
vierzehn Tage nach den Süßkirschen und haben 
gar keinen Schaden genommen, II 
olüht und zeigen reichen Ansatz. Solche Erfahrungen 
ind werthvoll für jeden —AV 
ache ist, daß man solche frostfreie Obstsorten sich 
orgfältig merkt und notirt und bei Bedarf und 
Veredlungen danach fahndet und fischt, bis man sie 
hat. .... Schließlich bemerke ich noch, daß in 
Folge des gelinden Winters und trotz der Früh⸗ 
ahrsfröste eine Unmasse von Ungeziefer allen Obst⸗ 
bäumen nachstellt. Daher kann ich das Ablesen 
der Raupen nicht genug empfehlen. Sobald 
wei oder drei oder mehr Butter aneinanderpappen, 
vesteht gar kein Zweifel, es steckt eine Raupe in 
der Mitte; da gilt es nachzusehen, besonders bei 
Zwergobst. Pflaumen und Zwetschen, Reineclaudes 
und Mirabellen haben hier gar nicht gelitten. So— 
mit besteht Hoffnung, wenn Ungeziefer und Mai⸗—⸗ 
käfer nicht verheerend auftreten, daß es trotz der 
Früjahrsfröste in unserer Gegend ein gutes Obst⸗ 
jahr gibt.“ 
— In Pirmasens war eine Ausstellung 
derjenigen Schuhwaaren veranstaltet, welche nach 
Nürnberg zur Landesindustrie-Ausstellung geschickt 
werden, und es war Se. Exc. Herr Regierungs⸗ 
präsident v. Braun gekommen, um dieselbe zu be⸗ 
ichtigen. Derselbe sprach den Aasstellern seinen 
oollen Beifall aus. 
— Kaiserslautern, 8. Mai. In der 
gestrigen Generalversammlung des kath. Kirchenbau⸗ 
ꝛereins theilte Herr Pfarrer Heiter mit, daß der 
Zirchenbau, nach dem ersten Plane zu 800,000 
M. veranschlagt für zu theuer befunden wurde. 
Nach dem neueren billigeren Plan werde die Kirche 
benfalls sehr schon in rein got. Stile ausgeführt 
eind koste mit der gesammten inneren Einrichtung 
—31 
Lotale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 11. Mai. Der hiesige 
Zweigverein des Pensionsvereins „Bavaria“ wahlte 
zestern Abend als Delegirten zur Generalver— 
ammlung in München Herrn Lehrer Samter, 
als Ersatzmann Herrn Stadischreiber Bayer— 
— Die Sonnenfinsterniß am 17. Mai 
vird, wie Professor Valentiner in der Karlsr. 3.“ 
cchreibt, bei uns nicht als totale, sondern nur als 
heilweise zu bemerken sein. Als totale ist sie in 
Aegypten, Persien ꝛc. wahrzunehmen. 
— In der Sitzung des landwirthschaftlichen 
streiscomite's der Pfalz vom 6. l. Mis. wucd⸗ 
beschlossen, die Stelle eines technischen Secretärs 
berrn Ch. Hauter, bisher Inhaber einer Hand 
lung landwirthschaftlicher Maschinen in Homburg 
mit Wirkung vom 1. Juni l. Is. zu übertragen 
— Nachdem der Mai sich so überaus günstig 
angelassen hatte, scheint er in der kritischen Herr 
— — — 
zu wollen. Die „Allgemeine Uebersicht“ der Wetter 
varte der „Köln. Ztg.“ vom 8. Mai ruft in diesen 
Beziehnng schwere Vesorgnisse wach, indem sie meldet 
„Ueber Mittel-Deutschland liegt eine flache De⸗ 
Aression, infolge welcher in West⸗ Deutschland nörd⸗ 
liche Winde mit sinkender Temperatur und eiwas 
nebeligem, meist trübem Wetter eingetreten sind 
Es ist jetzt ungefahr die Zeit, wo die sogen. „ge⸗ 
trengen Herren“ ihr unfreundliches Regiment aus— 
zuüben beginnen, und die Lage der erwähnten De⸗ 
zression ist durchaus eine solche, welche als eine 
Vorbedingung zum Eintrttt der berüchtigten kalten 
Tage des Mai betrachtet werden darf. Es em—⸗ 
ofiehlt sich daher, demnächst für Pflanzen, welche 
urch Nachtkälte leiden, Vorsichtsmaßregeln zu treffen.“ 
— Möchte die sonst so zuverlässige Wettetwarte sich 
ies mal in ihren Berechnungen geirrt haben!