Full text: St. Ingberter Anzeiger

ðxSXi. Jugherter Amzeiger. 
7 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
7 St. Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmalz Am Montag, Dienstag, Donuerotag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 14 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1M 60 Z, einschließlich 
d ⸗Zusftellungsgebühr. Die Einrückunsogebühr: für die 4gespalten e Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen, 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 , bei NReclamen 30 . Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
M YTJ. 
Politische Uebersicht. 
Deutiches Reich. 
Der Reichstag berieth am Montag in erster 
esung die beiden Gesetzentwürfe über Unfall— 
ud Krankenversicherung der Arbeiter. 
ʒtaatssekretär v. Bötticher leitete die Verhandlung 
m, indem er einen Rückblick auf die bisherige Ent⸗ 
iclung dieser Frage warf, den Zusammenhang der 
iden Entwürfe beleuchtete und die Unterschiede 
wischen der früheren und der jetzigen Unfallver⸗ 
herungsvorlage sowie zwischen der letzteren und 
m Entwurf der Liberalen erörterte. Aus dem 
ause kamen nur Abg. Hirsch, der eine sehr ein⸗ 
hende Kritik an den Vorlagen übte und ihre Ab⸗ 
hnung empfahl und die Abgg. Sonnemann und 
räcker (Sozialdemokrat) zum Wort, die eine weit 
reundlichere Stellung zu den Entwürfen einnahmen. 
de Berathung sollte am Dienstag fortgesetzt werden. 
bahrscheinlich werden die Gesetzentwürfe an eine 
sommission verwiesen. 
In der Reichstags-Kommission für die Tabak⸗ 
nonopol⸗Vorlage sitzt auch ein Pfälzer, Dr. 
zroß von Lambsheim. 
Ausland. 
Wien, 16. Mai. (Ringtheater⸗Prozeß.) 
uner erhielt vier, Nit sche acht, Geringer 
t Monate Arrest. 
Paris, 16. Mai. Der „Agentur Havas“ 
ird aus Kairo gemeldet: Infolge von Rath⸗ 
zlägen, welche die Konsuln machten, ist eine Ver⸗ 
hnung zwischen dem Khedive und den Ministern 
ergestellt. Der Khedive erklärte, seine Beschwerde 
rgessen zu wollen. Das Gesammtministerium bleibt. 
Rom, 16. Mai. England und Frankreich 
ben den Regierungen von Oesterreich⸗ Ungarn, 
eutschland, Italien und Rußland den Entschluß 
dannt gegeben, eine Flottendemonstration gegen 
leghpten in's Werk zu setzen und gleichzeitig erklaͤrt, 
aß die Demonstration bloß den Zwed habe, den 
hedive bei Aufrechthaltung des Status quo zu 
nterstützen. Unter den vorerwähnten Cabineten 
udet ein Meinungsaustausch über die franzoösisch⸗ 
nglische Mittheilung statt. 
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Lokale und pfälzische Nachrichten. 
St. Ingbert, 17. Mai. Die angekün⸗ 
ge Sonnenfinsterniß war heute Morgen 
zut gut zu beobachten. Durch ein geschwärztes 
las sah man deutlich auf der unteren Seue der 
»onnenscheihe den schwarzen Schatten des Mondes. 
Die lezte Nacht war für die garte Pflanzen⸗ 
rt sehr nachtheilig. Wir sahen Kartofsein und 
Johnen, die stark durch den Frost gelitten hatten, 
nd steht zu befürchten, daß es anderwärts nicht 
esser aussieht. 
, Die „Kaiserslauterer Zeitung“ berichtet: 
borsichtsmaßregel. Für den 29. Mai, dem Tage 
projectirten Hambacher Festes, haben die Trup⸗ 
n der Garnison Landau, dem Vernehmen nach, 
darschbereitschafts · Ordre erhalten und bleiben in 
n Stadt consignirt.“ Hierzu bemerkt der Lan— 
er „Eilbote““ Wir glauben diese Mittheilung 
us verschiedenen Gründen bezweifeln zu sollen 
ahens ist das Fest überhaupt berboten und dieses 
erbot bis jetzt noch nicht aufgehoben; zweitens ist 
us auf unsere Anfragen von verschiedenen Seiten 
ntwort geworden, daß man von einer solchen 
aßregel hier nichts wisse und endlich halten vpit 
Donnerstaa. 18. Mai 1882. 
—17. Jahrg. 
das projectirte Fest für viel zu harmlos und den 
Jesetzlichen Sinn der Pfälzer für zu groß, um 
nilitärische Vorkehrungen als auch nur im ent— 
terntesten für nothwendig erscheinen zu lassen. 
— Am 22. d. Mts. geht ein Extrazug 
von Straßburg nach Berlin, für welchen 
die Fahrtare ab Landau in der J. Classe 51 M. 
50 Pf., U. Classe 37 M. 90 Pf. und in der 
II. Cl. 25 M. 20 Pf. beträgt. Der Zug nimm 
n der Pfalz nur in Landau, Neustadt, Schiffer⸗ 
tadt, Ludwigshafen und Frankenthal Reisende auf, 
‚on andern pfälzischen Stationen werden einfache 
gzillets bis zu einer der erwähnten Stationen aus⸗ 
gegeben, die zur freien Rückfahrt ermächtigen. 
— Der „Pf. K.“ ergänzt seine Nachricht über 
das Verbrechen in Frankenthal (siehe vor. Nr. 
des „Anz.“) dahin, daß der Verunglückte nach vor⸗ 
usgegangenem Streite mit mehreren Burschen un⸗ 
veit der Kanalmündung in den Rhein sprang und 
rtrank. Man vermuthet, daß er sich habe seinen 
Begnern entziehen wollen und in der leicht begreif⸗ 
ichen Aufregung einen Fehltritt gethan habe. — 
Die Betheiligten sind inzwischen auf freien Fuß 
gesetzt. 
F Nürnberg, 13. Mai. (Ausstellung.) 
Allerliebst ist ein französischer Reiterangriff nach 
»em Motiv von Floing bei Sedan 1870, aus 
Rürnberger Zinnsoldaten hergestellt (Ernst Hein⸗ 
richsen, hier). — Bedeutend ist die Kollektiv⸗-Aus⸗ 
stellung PourmasenserSchuhwaaren. Die Pfalz 
ist überhaupt auf das vortheilhafteste vertreten. 
F(Ein verzweifelter Vater, In Kehlings— 
dorf Gahyern) erhängte sich der Gütler Ury „aus 
Hram“ über die Geburt seines 21. Kindes. 
FSobernheim, 14. Mai. Heute wurde 
nach dem „Krzn. Tgbl.“ in hiesiger Stadt ein 
unger Mann das Opfer einer Blutvergiftung. 
bor ungefähr 8 Tagen trat ein Buchdruckerlehrling 
n einen rostigen Nagel, welcher ihm zwischen den 
zehen ins Fleisch drang. Der herbeigerufene Arzt 
onstatirte eine Blutvergiftung, donnte aber trotz 
ingewandter Gegenmittel den Lehrling nicht mehr 
am Leben erhalten. 
FMainz, 15. Mai. Entdeckung von 
Sprengstoffen. In dem belebtesten Theil 
unserer Neustadt hat die Polizeibehörde gestern eine 
Entdeckung gemacht, die begreiflicherweise in der 
Stadt eine nicht geringe Aufregung hervorgebracht 
hat. In einer halb verfallenen Scheune — das 
Eigenthum eines Fuhrunternehmers — wurden 
ohne die geringste Aufsicht nicht weniger als 50 
Centner Schießpulver und circa 2 Centner Dyna⸗ 
nit auf einem Wagen liegend vorgefurden. Der 
Fuhrunternehmer hat diese gefährliche Ladung vor 
ta. 3 Wochen erhalten und dieselbe der Polizei 
gegenüber für Cement ausgegeben, bis durch eine 
Denunciation der wadre Thatbestand an die Oeffent- 
lichkeit kam. Die Militärbehörde hat die unheim⸗ 
liche Sendung heute Morgen in ein Fort unter⸗ 
zebracht. Welches Unheil hätte die Gewissenlosig⸗ 
keit dieses Menschen über unsere Stadt bringen 
fönnen: es sind jetzt gerade 25 Jahre her, daß 
ein ganzer Stadttheil durch die Explosion eines 
Pulverthurmes — des soq. Martinsthurmes — 
zerstört wurde. 
Vor Kurzem wurde auf einer von der General⸗ 
direktion der württembergischen Staats— 
eisenbahnen unternommenen Probefahrt, an 
velcher sich auch unser Verkehrsminister v. Mitt⸗ 
aacht betheiligte, Versuche mit der Heberlein'schen 
Bremse (continuirliche Frictions-Schnellbremse) 
zemacht, die sehr günstig ausfielen. Nach Heberlein 
rfolgt die Bremsung des Zuges nicht mehr durch 
dandarbeit, sondern auf mechanische Weise und 
war durch eine starke Leine, welche über den ganzen 
Zug gespannt wird und mit jeder einzelnen Vremse 
in Verbindung steht. An dieser Leine sind sämmt— 
liche Bremsen aufgehängt. Wird diese Leine von 
der Lokomotive ausgelassen, so wirken alle Bremsen 
zleichzeitiig. Die Ergebnisse waren: Bei einem Ge— 
älle von 1: 100 und einer Geschwindigkeit von 68 
dilometer in der Stunde wurde der Zug in 36 —45 
Sekunden auf einer Lange von 390 —520 Meter 
zum Stillstand gebracht. Bei einem Gefaälle von 
1: 55 und 1: 532 und einer Geschwindigkeit von 
ungefähr 38 Kilometer in der Stunde wurde a. bei 
Anwendung der gewöhnlichen Handspindelbremsen 
in 34 Sekunden auf etwa 250 Meter Länge an— 
gehalten, b. bei Anwendung der Heberlein⸗Bremsen 
in 13—18 Sekunden auf ungefähr 70— 100 Meter 
Lange. 
F (Beerdigung der verunglückten 
Bergtleute.) Eickel bei Bochum, 13. Mai. 
Dreiundfünfzig der am Mittwoch auf der benach— 
barten Zeche „Pluto“ durch schlagende Wetter ge— 
Vermischtes. 
— Ueber eine eigenthümliche Gerichtsverhandlung 
vird aus München berichtet: Unterm 1. Febr. 
d. Is. erschien im „Starnberger Land⸗ und See— 
joten“ ein Inserat, inhaltlich dessen zu einem am 
5. Febr. d. Is. bei dem Wirthe Ingnaz Schalper 
ju Söcking stattfindenden Knödelwettessen einge— 
aden wurde. Am genannten Tage fand denn auch 
»as Leberknödelwettessen statt und es betheiligten 
ich bei demselben 15 Personen. Für diejenigen, 
velche die meisten Knödel verzehrten, waren 3 Preise 
rusgesetzt, bestehend in 83 Flaschen Wein. Es 
vurden um 15 M. Knödel verzehrt und aus dem 
rbitterten Kampfe ging der Bauer Gg. Fink aus 
ZStarnberg als preisgekrönter Sieger hervor, der im 
S„chweiße seines Angesigts 22 Stück der faust— 
zroßen Knödel verzehrt hatte! Bis soweit wäre 
ver Fastnachtsscherz recht wohl gelungen gewesen, 
illein derselbe bekam ein Nachspiel vor dem Straf⸗ 
jerichte, weil der Veranstalter des Wettessens ver⸗ 
äumt hatte, entsprechend der Vorschrift des 8 32 
des Polizeistrafgesetzbuches die polizeiliche Bewilli⸗ 
zung für diese Lustbarkeit einzuholen. Das Amts- 
jericht Starnberg erkannte indessen am 21. März 
d. J. auf Freisprechung, wogegen der Amtsanwalt 
Berufung ergriff. In zweiter Instanz beantragte 
der Staatsanwalt 2 M. Geldstrafe, doch das Ge— 
richt erkannte gleichfalls auf Freisprechung, da ein 
enödelwettessen nicht unter den 8 32 des Polizei⸗ 
zesetzbuches falle. 
F Nürnberg, 15. Mai. Die Ausstel— 
ung ist um 12 Uhr 40 Min. durch den Prinzen 
Luitpold im Repräsentationsraume des Haupt⸗ 
sebäudes eröffnet worden. Im Empfangsgebäude 
sielt vorher der erste Bürgermeistet v. Stromer eine 
ängere Ansprache und hierauf der Regierungspräsi⸗ 
)ent Pfeuffer eine Rede, in welcher er die Geschichte 
der Ausstellungen in Bayern berührte. Sodann 
vurde die Ausstellung für eröffnet erklärt, und der 
Prinz durchwanderte unter Führung des Direktors 
—Al 
ollendet, der Gesammteindruck vortrefflich; besonders 
obenswerth sind die Beleuchtungsverhältnisse der 
Säle. Das Wetter war anfangs regnerisch und 
ühl, heiterte sich aber gegen Mittaq auf.