Full text: St. Ingberter Anzeiger

J190506 — — 4 
0 —— 1593 — c7c169 
—340 5 
— 0 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
za St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Wtontag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
glatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteliährlich 14 40 — einschlieklich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 60 4, einschließlich 
—PRKB tZuftellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen, 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 13 8, bei Neclamen 30 3. Bei 4maliger Einruckung wird nur dreimalige berechnet. 
M 999. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 17. Mai. (Die Landesverraths⸗ 
afaire.) Der in der Lan desverraths⸗Affaire viel⸗ 
riannie Brunner hat sich, wie verlautet, der 
afmahme zu entziehen gewußt und soll sich wieder 
der Schweiz befinden. Die beiden übrigen An— 
chuldigten, Frhr. Kreittmayr und Marquis de 
Fouillers, befinden sich noch hier in Haft. 
Ausland. 
wWien, 18. Mai. Das Armee⸗Verordnungs⸗ 
veröffentlicht das provisorische Statut über die 
ganisation derbosnisch-herzegowinischen 
cuppen Der von den Wehrpflichtigen abzu⸗ 
gende Eid lautet: „Ich schwöre zu Gott dem All⸗ 
noͤchtigen, daß ich treu sein werde dem Kaiser und 
zönig Franz Joseph und allen Befehlen meiner 
dorgesetzten gehorchen werde, selbst auf die Gefahr 
neines Lebens.“ 
stonstantinopel, 19. Mai. Die Pforte 
cstete am 17. Abends an ihre Vertreter bei den 
uswärtigen Mächten ein telegraphisches Rundschreiben, 
zorin sie die identische Eröffnung Frankreichs und 
inglands vom 16. d. M., welches die Absendung 
mes combinirten Geschwaders mittheilte, beantwortet. 
die Pforte rieth, um die Situation nicht zu com⸗ 
uciren, sich jeder Einmischang und Ingerenz zu 
thalten. Das Rundschreiben weist das Souverä⸗ 
etätsrecht des Sultans ausführlich nach, welcher 
lein das Interventionsrecht habe und dem insbe— 
indere zustehe, den Status quo aufrecht zu erhalten 
id die Autorität des Khedive zu befestigen. Die 
sotte erkennt an, daß namentlich Frankreich und 
ugland Interessen an Egypten haben, allein wenn 
nese Interessen bedroht, müsse die Pforte in erster 
inie zum Schutze derselben angerufen werden. 
die Pforte ist bereit, sich zu diesem Zwecke über 
ie zu ergreifenden wirksamsten Maßregeln mit 
ilen Mächlen zu verständigen; eine fremde Inter⸗ 
eention würde das Prestige des Sultans beeinträch⸗ 
gen. Schließlich werden die Botschafter beauftragt, 
as Rundschreiben den betreffenden Regierungen 
iitzutheilen, eine Abschrift zurückzulegen und Auͤes 
nzuwenden, um jedes Project einer Schiffsexpe⸗ 
vition nach Egypten zu beseitigen. 
Aus Amerika wird berichtet, daß der mit der 
jstage des Frauenstimmrechtes betraute Aus⸗ 
huß des Kongreßsenates sich für dieses Recht aus⸗ 
esprochen hat. Es wird interessant sein zu er⸗ 
ahren, wie viele von den Begünstigern dieses Stimm⸗ 
echtes verheirathet sind. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
— Sitzung der Strafkammer des k. Land⸗ 
euchts Zweibrücken vom 17. Mai: 1) Einer 
berifung des Schreiners Max Wadle von Münch⸗ 
weilet gegen ein Urtheil des k. Forstrügegerichts in 
irmasens, durch welches er wegen Holzfrevel ver⸗ 
urtheilt worden war, wurde insofern emsprochen, 
.dur Entscheidung der Frage, ob hier ein Frevei 
otliege oder eine Berechtigung obwalte, der Aus⸗ 
zang eines in der Sache anhängigen Zivilprozesses 
wishen der Gemeinde Munchweiler und dem be. 
duldigten Wadle abgewartet werden müsse. 2) Eine 
xXrufung des schon mehrfach bestraften 33 J. a. 
ohaun Michael Wol f, früher Kaufmann in Otter⸗ 
A jetzt, nach seinem Bankerotte in Horbach wohn⸗ 
eit gegen ein Urtheil des Schöffengerichts Wald⸗ 
Aooch, wonach er wegen Beleidigung des Steuer⸗ 
Sonntag, 21. Mai 1882. 
hoten und Renitenz gegen die Gesetze 14 Tage Ge— 
ängniß erhalten hatte, wurde abgewiesen. 8) Die 
Berufung des Metzgers Christian Roß von Pir⸗ 
nasens gegen ein Urtheil des dortigen Schöffen⸗ 
jerichts wurde ebenfalls abgewiesen. Er war wegen 
Beseitigung gepfündeter Gegenstände, begangen da— 
durch, daß er Theile einer geschlachteten Kuh, die 
Tuberkulose hatte und darum vom Thierarzte in 
dirmasens mit Beschlag belegt worden war, an sich 
jenommen, zu 5 Tagen Gefängniß verurtheilt 
worden. 4) Der 25jährige ledige Ackerer Peter R. 
aus Sengscheid, angeklagt zweier Vergehen der vor⸗ 
ätzlichen Körperverletzung, mittelst gefährlichen Werk⸗ 
euges und hinterlistigen Ueberfalles, jedoch nur der 
steren für überführt besunden, wurde unter An⸗ 
nahme mildernder Umstände zu einer Gefängniß⸗ 
trafe von 8 Tagen und zu den Kosten verurtheilt. 
— Aus der Pfalz. Da an der Erhebung 
der Berufsstatistik am 5. Juni die Volksschullehrer 
der Pfalz vielsach als Zähler fungiren werden, so 
vurde gestattet, daß an diesem Tage der Nachmit— 
ags⸗ Unterricht ausgesetzt werden darf. 
— Eine Bekanntmachung des k. bayerischen 
Ztaatsministeriums des Innern und des Krieges 
ezeichnet diejenigen Lehranstalten, welche über die 
Ausstellung von Zeugnissen für die Befähigung 
um einjährig-freiwilligen Dienst berechtigt sind. 
In der Pfalz befinden sich unter den Lehranstalten, 
bei welchen der einjährige erfolgreiche Besuch der 
weiten Klasse erforderlich ist, die Gymnasien zu 
Zaiserslautern, Landau, Neustadt, Speyer und 
Zweibrücken, sowie das Realgymnasium zu Speyer; 
unter den Lehranstalten, bei welchen das Bestehen 
der Entlassungsprüfung erforderlich ist, befinden sich 
die Realschulen zu Kaiserlautern, Landau, Neustadt, 
Speyer und Zweibrücken; außerdem ist noch ge⸗ 
annt die Industrieschule zu Kaiserslautern. 
— Dammheim, 18. Mai. Eine beson⸗ 
ders kräftige Butter hat vor einigen Tagen eine 
hiesige Ftau gestoßen. Dieselbe verließ unter der 
Arbeit einige Augenblicke ihr offen stehendes Butter⸗ 
iaß; als sie zurückkam, setzte sie den Verschluß auf 
und begann wieder emsig weiterzustoßen. Als nach 
deendigter Arbeit eine Nachbarsfrau sich etwas 
Buttermilch holen wollte, wurde die Erstere gewahr, 
daß sie eine ihrer besten Hennen, die den Augen⸗ 
zlick des Offenstehens des Butterfasses zum Hinein⸗ 
allen benützt hatte, mit eingestampft hatte. Die 
Nachbarsfrau verzichtete natürlich auf den Genuß 
dieser Kraftbuttermilch. (Eilbote.) 
f Niederlustadt. Ein trauriges Vor—⸗ 
ommniß traf dahier eine achtbare Familie. Der 
im 20. Lebensjahre stehende Sohn derselben hatte 
das Unglüch, verflossenen Sonntag bei Gelegenheit 
»es sog. Maikurreitens vom Pferde zu siürzen. 
Derselbe blied mit dem einen Fuße im Steigbuͤgel 
jängen, wurde vom Pferde geschleift, und derart 
erletzt, daß er im Laufe der Woche seinen Wunden 
rlag. 
4. An der Faßaiche zu Ludwigshafen 
and dieser Tage ein Mann von Zeiskam dadurch 
einen Tod, daß er, wie die „N. B. L.“ mittheilt, 
iber 20 Viertelschoppen Schnaps trank, dann be— 
vußtlos zusammenbrach und förmlich von innen 
geraus verbrannte. 
Vermischtes. 
F (GWichtig für Biertrinker.) Die be— 
orstehende warme Jahreszeit veranlaßt uns, die 
hiertrinker vor den zersetzenden Wirkungen des 
Sonnenlichts auf den Gerstensaft zu warnen. Die 
17. Jahrg. 
bayerische Sitte, das Bier aus Krügen zu trinken, 
st hauptsächlich darauf zurückzuführen, daß der In— 
jalt dieser Trinkgefätze vor den Sonnenstrahlen ge⸗ 
chützt bleibt. Die Norddeutschen trinken das Bier 
uus durchsichtigen Flaschen und ahnen oft nicht, 
daß, wenn sich dasselbe als eine übelschmeckende 
Jarzig bittere Flüssigkeit erweist, sie selbst an diesem 
lebelstande schuld sind, weil sie das Bier den 
Sonnenstrahlen ausgesetzt haben. Wünschenswerth 
väre es, wenn die Brauereien durch Warnungen 
jierauf aufmerksam machten. Die Holstenbrauerei 
jat damit den Anfang gemacht, indem sie ihre 
Flaschenbiererzeugnisse mit der Warnung: „Vor 
Sonnenstrahlen zu schützen“, versehen läßt. 
FStraßburg, 15. Mai. Dem Straß— 
urger Turnverein sind anläßlich der gestrigen Feier 
eines zehnjährigen Bestehens als Beihilfe zu einem 
Turnhallenbau vom kaiserlichen Statthalter 20,000 
Mark aus Landesmitteln bewilligt worden. Vor 
venigen · Wochen wurden dem Verein durch kaiser⸗ 
ichen Erlaß die Rechte einer juristischen Person 
ʒerliehen. 
F Vom Nekar. Der Besitzer des Heidel— 
herger Schloßhotels beabsichtigt in der Nähe von 
Straßburg, dicht am Rheinufer, ein Concerie und 
Zergnügungslocal, ähnlich dem Palmengarten zu 
Frankfurt, zu errichten. Das Unternehmen soll auf 
Actien ausgeführt werden. 
,Aus Thüringen. Wie man in Schwarz⸗ 
burg-Sondershausen mit Leuten verfährt, welche 
nicht Ordre pariren, berichtet, Der Deutsche“: Das 
andrathsamt in Sondershausen verbot einem 
suungen Mann aus dem benachbarten Orte Berka, 
welcher am Sonntag sich an einem „Tumult“ be— 
heiligt hatte, auf eine bestimmte Zeit irgend ein 
Bier⸗ oder Schanklokal des Bezirks zu betreten. 
Der junge Mann verließ das Landrathsamt und 
— ging in's Wirthshaus. Hier wurde er durch 
zinen Gendarm verhaftet und vom „fürstlichen“ 
Landrath sofort auf vierzehn Tage in die Frohn⸗ 
jeste geschikct. V. R. W.? 
Vom 15. Mai l. Is. wurde die Giltigkeits— 
dauer der im Französisch-Deutschen Per— 
sonenverkehr zur Ausgabe kommenden Billete 
auf 10 Tage herabgesetzt, während fur den Ver— 
kehr zwischen denjenigen Stationen, für welche eine 
kürzere als zehntägige Giltigkeitsdauer bereits besteht, 
es auch ferner bei dieser niedrigen Giltigkeitsdauer 
verbleibt. 
FGer Rößlewirth von Cannstatt.,) 
In Cannstatt verschied vor wenigen Tagen, 38 
Jahre alt, der bekannte Rößlewirth Hahn, ein jo— 
dialer, stets heiterer und zu Scherzen bereiter Mann, 
der besonders in weiteren Kreisen bekannt geworden 
ist durch das bekannte Bild, auf welchem er mit 
»em Fürsten Bismarck und Jules Favre in einem 
Zimmer des Versailler Schlosses abgebildet ist. 
Als nämlich 1871 bei der Belagerung in Paris 
allmälig der Hunger einriß, kam Jules Favre ins 
deutsche Lager und wollte Bismarck begreiflich machen, 
daß auch die Deutschen Noth litten und zum Nach— 
geben bereit sein sollten. „Was“, rief Bismarck 
und befahl: „Der Rößlewirth von Cannstatt soll 
kommen!“ Der Dicke kam, stellte sich vor — und 
Jules Favre begriff, daß da noch keine Noth sei. 
An den Ringtheater-Brand knüpft 
die „Wiener Luft“ folgende Bemerkung: Das Grab⸗ 
denkmal für die Opfer des Ringtheater-Brandes 
besteht aus einem Obelisk, zu dessen Seiten zwei 
illegorische Figuren: „Die Liebe“ und „Die 
dlage“ stehen werden. Man sollte schon der