ↄu. Jullherter Atzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert.
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Aeẽt. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs
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N 110.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
Heute Dienstag) tritt der Reichstag zur
zortsetung seiner Arbeiten wieder zusammen. Zu⸗
uchst wird die Zolltarifnovelle zur zweiten Lesung
rlangen, wobei es über verschiedene Einzelheiten
hartem Kampf kommen wird. Ende der Woche
jrd alsdann voraussichtlich die Entscheidung über
je Tabakmonopolvorlage getroffen werden. Es
jehen also gleich von Anfang an sehr wichtige
herhandlungen bevor; neuerdings glaubt man auch
dieder der Anwesenheit des Reichskanzlers bei
vichtigen Reichstagssitzungen entgegensehen zu dür—
N Im höchsten Grade bedauerlich wäre es, wenn
e ohnehin schwierige Geschäftslage des Reichs⸗
ags durch wiederholte Beschlußunfahigkeit noch
nhr erschwert würde. In der That sind ja die
Unsprüche, welche an die Arbeitskraft der Abge—
addeten gestellt werden, in diesem Jahre ganz
ußerordentlich groß. Mehr als höchstens drei
Wochen wird man denn auch dem Keeichstag nicht
umuthen können auszuharren. Wieviel an posi⸗
den Früchten in dieser Frist einzuheimsen gelingen
vird, läßt sich heute noch nicht übersehen.
Hei der sieigenden Verwirrung in Aegypten
ind der don den Westmächten angeregten Botschafter⸗
zonferenz in Konstantinopel wird es in Berlin
ir nicht an der Zeit gehalten, daß Graf Hatzfeldt
einen Botschafterposten in Konstantinopel endgiltig
wfgibt, um in Berlin das auswärtige Amt zu
ibeinehmen. Bis jetzt scheinen die Unruhen in
leghpten den europäischen Frieden nicht zu be—
rxohen. Sie könnten ihm nur dann gefährlich
verden, wenn darüber die Mächte unter sich in
Streit geriethen. Nun aber sind sie einig, Ruhe
ind Ordnung in Aegypten auf Grundlage der bis—
erigen Verhaͤltnisse zu bewahren und die Ange—
legenheit als eine gemeinschaftliche zu betrachten
cngland und Frankreich haben aufgehört, als Vor⸗
nächte eigenmaͤchtig handeln zu wollen, und sind
ihereingekommen, falls eine bewaffnete Einmischung
nöthig wird, diese Einmischung, wie fie auch natür—
ich ist. dem Sultan als rechtmäßigen Oberherrn
leghptens zu überlassen.
Im „Verl. Tagl.“ lesen wir: Der gesellschaft⸗
che Verkehr in der Gegend von Mohileff und bis
nach Moskau hin nimmt immer mehr eine Färbung
n, die den Ausbruch offener Feindseligkeiten gegen
ie zahlreichen Deutschen in nächster Zeit
twarten läßt. In der Gesellschaft, so schreibt ein
iussischer Korrespodent der Bad. Landeszeitung,
verrscht eine wahrhaft epidemische Furcht vor den
jolgen weiteren Verkehrs mit Deutschen, und Jeder
xeeilt sich, den deutschen Lehrer, die Gouvernante,
yen Techniker, Gutsverwalter ⁊c. zu entlassen, um
selbst von Seinesgleichen gemieden zu werden.
er Abscheu vor den Deutschen wird so demonstrativ
in Schau getragen, daß es kaum noch ein anderes
e giebt, seine Vaterlandsliebe zu beweisen.
end dessen ziehen Hunderte von brodlosen
nden von Orl zu Orh, der Grenze zu oder
den nächsten deutschen Kolonien, wodurch nach
gach ebenfalls eine panische Furcht vor Massen⸗
en des russischen Pobels erzeugt wird. Die
iengen können, schon um ihrer eigenen Sicher⸗
den keine Russen mehr in Dienst behalten,
es sind in den letzten zwei Monaten an
dang gane vorgekommen, daß diese Gehilfen
9 stiftungen versucht oder gar durchgeführt
n. um dann einige Stunden entfernt bei russi⸗
Dienstag, 6. Juni 1882.
17. Jahrg.
chen Gutsherren bessere Stellungen zu finden und,
noch dazu vollen Schutz gegen die gesetzliche Ver—⸗
'olgung ihrer Schandthaten So weit gehen auf
dem Lande die aufgewiegelten Bauern schon, daß
sie ihre eigenen Gutsherrschaften mit Feuer und
Verwüstung bedrohen, wenn dieselben nicht binnen
einer bestimmten Frist den deutschen Verwalter ent⸗
ließen und wieder sind in zahlreichen Fallen ganze
Rotten bewaffnet auf die Edelhöfe gekommen, um
den wegen der Getreidegeschäfte anwesenden jüdischen
aufmann zu vertreiben, da es Verrath am Volke
jei, mit diesen Feinden des Landes zu verkehren und
nan an solchem Thun auch die „Herren“ hindern
nüsse. Bei alledem ist es zu verwundern, daß man
den deutschen Ursprung des Czarenhauses selbst noch
nicht mehr in die Bewegung hineingeworfen sieht,
alz es bis jetzt in einzelnen Fällen geschieht.
Kassel, 4. Juni. Prinz Karl von Preußen
Jjat gestern Abend hier, wo übernachtet werden
ollte, nach Aufhebung des Diners ein Bein ge⸗
zrochen.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
— (Ordensverleihungen.) Dem In—⸗
senieur Otto Diugler aus Zweibrücken, z.
3. in Konstantinopel, wurde die Bewilligung zur
nnahme und zum Tragen des ihm verliehenen
aiserlich-rürkischen Osmani-⸗Ordens UI. Klasse er⸗
heilt.
— Aus dem Westrich schreibt man der
Ppf. Ztg.“: Als vor ca. 10 Jahren die ersten Bier⸗
zressionen aufkamen, begrüßte man die Erfindung
nit Jubel. Aber jetzt, wie siehts jetzt aus? Die
Zolizei möge doch einmal von Spehyer bis St.
zngbert, von Bitsch bis nach Kreuznach die einzelnen
dorfwirthschaften visitieren. Es ist ein wabrer
hraus, was man oft für Schandbrühe vorgesetzt
sekommt. In allen Orten sind Gesundheitskom⸗
nissionen eingesetzt, aber um diese Vergiftungsan⸗
talten scheint sich niemand zu kümmern. Es gibt
jier nur ein Radikalmittel: alle Bierpressionen
ibzuschaffen. Jetzt, wo das Bier mehr Nahrungs-
nittel als Luxusgegenstand ist, sollte man doch auch
oviel Rücksicht auf das Publikum nehmen, daß es
ür sein gutes“Geld auch einen auten unschädlichen
Trunk erhielte.
— Die Nähmaschinenfabrik von Gebr. Kayser
n Kaiserlautern hat, dem „Fr. Kur.“ zu⸗
'olge, dem Magistrate von Nürnberg sechs Näh—
naschinen für bedürftige Armen zur Verfügung
gestellt.
— Aus dem Gaäu berichtet die „N. Z.“:
daum athmen wir von der Vagabundennoth etwas
reier auf, so erhebt sich eine neue Kalamität über
ins, die wir die „Zigeunernoth“ nennen
önnten. Seit Januar ist es schon die dritte Bande,
zie unsere Gegend unsicher macht. 16 bis 18
Mann hoch quoll dieselbe heute aus dem Haßlocher
Wald hervor; acht Kinder, vier Weiber, drei starke
Burschen und etliche Männer lagerten heute an der
Brücke unterhalb Speyerdorf, welchem Dorfe sie die
Ehre ihres Besuches zugedacht hatten. Ihr Lieb⸗
ingsaufenthalt scheint überhaupt der Haßlocher Wald
au sein und ihre Lieblingsstraße der einsame Weg,
der von Haßloch nach Lachen führt. Es ist auch
jar nicht übel, in diesem schönen Reviere der Jagd
zbzuliegen, seine Zeit mit Nichtsthun hinzubringen
ind sich wie eine Schmarotzerpflanze auf Kosten
inderer Menschen, die im Schweiße ihres Ange—⸗
ichtes sich iht Brod verdienen müssen, zu ernähren.
Sollte es denn über alle menschlichen Kräfte gehen,
insere Pfalz von diesen fremden und eigenthums⸗
Jefährlichen Banden rein zu halten, deren erstes
Bebot lautet: „Du sollst nicht arbeiten!“?
— Aus Spehyer meldet die „Sp. Z.“: Auf
den Ländereien des Herrn Heinr. Weltz wurden be⸗
ceits am 1. ds. M. die ersten Kartoffeln ausge—
nacht, die vollständig reif und wohlschmeckend sind.
— In Heuchelheim wurde, wie das ‚L. T.“
neldet, auf der Straße nach Klingenmünster ein 3
Jahre altes Mädchen todt aufgefunden, das über⸗
'ahren worden ist. Dem Kinde war allem Anscheine
iach das Rad über den Kopf gegangen.
Ausland.
RNom, 4. Juni. (Garibaldi.) Die römischen
radicalen Vereine beschlossen, im Triumphzug die
Marmorbüste Garibaldi's am Sonntag, den 11.
Juni, von der Piazza del Popolo bis zum Capitol
zu tragen, wo die Krönung mit Lorbeer, sodann
die Aufstellung unter der Büste Mazzini's erfolgen
osll. Der „Großorient“ zu Rom meldete die
Trauerbotschaft an sämmtliche Freimaurer-Logen
Furopas und Amerikas. Die Mazzinifeier in Genua
vurde vertagt. In ganz Italien wird eine Sub⸗
cription füt ein Nalionaldenkmal eröffnet. Pa—⸗
ermo beschloß, für sich eine besondere Reiterstatue
iu errichten. Eine Anzahl Studenten zerstörte die
Druckerei des klerikalen Witzblattes „Cassandrino“,
veil dasselbe den todten Garibaldi verspottete.
Beziehungen der Türkei zu Deutschland.) Die
zier erwarteten preußischen Offiziere sind Sonntag
n Konstantinopel angekommen. Man sagt
n Hofkreisen, der Sultan beabsichtige, seiner Stim⸗
nung gegen Deutschland einen neuen Ausdruck zu
zeben, indem er dem deutschen Kronprinzen einige
dle Pferde zum Geschenk macht; eine Abordnung,
vahrscheinlich unter Führung Reschid Bey's, der
nit Ali Nizami zusammen die frühere Ordens⸗
zesandtschaft an den deutschen Kaiser bildete. soll
zas Geschenk überbringen.
New-NYork, 1. Juni. Der lange drohende
Strike in den Eisenregionen Pennsylvaniens und
n den benachbarten Staaten begann heute Morgen.
ndem 120, 000 Eisenarbeiter die Arbeit niederlegten,
hestern wurde nochmals ein Versuch gemacht, ein
Fompromiß zu stande zu bringen, was aber nicht
Jelang. Drei Firmen in der Stahlmanufactur be—
villigken die Forderungen der Skrikenden, aber es
amen nur verhältnißmäßig wenig Leute zur Arbeit.
die Besitzer der großen Eisenwerke weigerten sich,
zie Forderungen der Arbeiter zu erfüllen und das
stesultat ist. daß 150,000 Arbeiter außer Beschäf⸗
igung sind. Die Frauen und Kinder, die densel—
zen zugehören, kann man auf 50,000 rechnen. Der
Zräsident der „iron association“ spricht es aus
zaß die Strikenden einen Fehler begangen haben.
Sie haben nur 300,000 Doll. disponibel zu ihrer
uind ihrer Familien Unterhalt; dies will aber nicht
iel sagen. Man fürchtet, falls der Strike lange
indauert, Unruhen. In Cleveland und PYoungs⸗
own und Wheeling in West-Virginia haben die
Fisenarbeiter ebenfalls gesterikt. Dort sind mehr als
201000 Monn außer Beschäftiagung.
Vermiichtes.
F In Nürnberg tagte der 7. Verbandstag
ayerischer Gewerbevereine. Der Vorsitzende Direktor
Siegmann betonte in seinem Referate über den Ver⸗
yand den nutzbringenden Erfolg desselben für die
ayerische Landesausstellung, die ein glänzender Be—
veis dafür sei, daß das Ideal der freiheitlichen
Entwicklung der Gewerbe auch ferner vom Ver—