Full text: St. Ingberter Anzeiger

uyit z. B. 56 Vereine mit 7751 Mitgliedern; 
ie Berathungsgegenstände bildeten die Abänderung 
der Gewerbeordnung bezüglich des Hausirhandels, 
die bayerische Landesausstellung und die Thätigkeit 
her einzelnen Vereine. 
Neu⸗Ulm, 1J. Juni. Heute früh wurde 
vährend einer Felddienstübung ein Sekondeleutnant 
der 11. Kompagnie des k. 12. Inf.-Regts. durch 
einen Schuß bedeutend am Oberschenkel verletzt. 
Die Kugel durchbohrte das Bein und verletzte das 
andere noch leicht. Ob hier Absichtlichkeit oder ein 
bloßes Versehen vorliegt, wird wohl die Unter⸗ 
iuchung ergeben. 
Saarbrücken, 5. Juni. Die Saar 
hat ihr erstes Opfer in der jetzigen Badezeit ge— 
fordert. Samstag Abend ertrank in der Saar in 
her Nähe des Sensenwerkes der 17jährige Sohn 
einer hiesigen Wittwe. Der Unglückliche, obwohl 
—D— 
za er unmittelbar nach eingenommenem Abendessen 
nn das Bad ging. (Saarbr. Ztg.) 
F Ein im 2. Fuß-Artillerieregiment in Metz 
dienender Soldat Namens Effert aus Rockenhausen, 
velcher sich dem Dienste dadurch entziehen wollte, 
daß er sich das Trommelfell durchstochen, wurde 
für diese That vom Militärbezirksgericht Würzburg 
in eine zehnmonatliche Festungsstrafe verurtheilt und 
in den Soldatenstand 2. Klasse versetzt. 
4Nachstehende charatteristische Anekdote ent— 
nehmen wir dem schon mehrfach erwähnten Buche 
„Preußen im Bundestage“. Fürst Bismarck 
ist stets Miether in Frankfurt gewesen. Als er 
ein Haus an der Bockenheimer Landstraße bezogen 
Jaite, verlaugte er von dem Besitzer, daß dieser 
inen Gartenpavillon, in welchem zur Sommers⸗ 
eit Herr v. Bismarch zu speisen pflegte, mit der 
Züche durch eine Schellenleitung verbinde. Als der 
Dausherr sich weigerte, erklärte sein Miether: Gut, 
d werde ich mir selbst helfen. Und was geschah? 
Am folgenden Mittag fielen in regelmäßigen Pausen 
oerschiedene Pistolenschüsse: auf diese Weise setzte 
ich Herr v. Bismarck, wenn ein Gang der Malzeit, 
erledigt oder eine Flasche geleett war, mit dem 
Küchenpersonal in Rapport. Ob der Hausbesitzer 
ich durch diese seltsame Anwendung der ultima 
ratio zur Herstellung der begehrten Kommunikation 
‚wischen Küche und Pavillon bewegen ließ, haben 
wir nicht erfahren, wohl aber daß die Polizei er— 
klärte, sie sei gegen ruhestörenden Lärm, wenn er 
von Gesandten der hohen Mächte verübt werde, nicht 
mit der Schärfe des Gesetzes bewaffnet. 
F Die Hessische Ludwigsbahn hat eine 
direkie Schneuͤzugsverbindung über Fraukfurt a. M., 
Hanau, Ebersbach zum Anschluß an die Linie 
Stuttgart- Zürich⸗ Mailand via St. Gotthardt 
eingerichtet. Mit diesem Zuge kann man also 
von Frankfurt in 23 Stunden bis nach Mailand 
jahren. Der Zug fährt aus Frankfurt 8,50 Abends, 
Jeht von Luzern um 10 Uhr Vormittaas und trifft 
uim 7,41 in Mailand ein. 
Aus Heidelberg wird der „N. B.L. 3.“ 
geschrieben: Außer dem Weichenwärter Philipp 
Herger ist nunmehr auch dessen Bruder Sebastian 
Berger verhaftet worden. Es soll sich nämlich 
zerausgestelli haben, daß letzterer von dem ersteren 
ersucht worden war, an seiner Statt die Weiche zu 
eaufsichtigen, da er, der verwittwete Philipp B., 
sich während des Tages in Schwetzingen zum Zwecke 
einer Verlobung aufgehalten hatte und in seiner 
Hütte sich ausruhen wollte. Sebastian Berger, 
velcher ebenfalls Weichenwärter ist und gleichzeitig 
in dem Unglückstage Vorgesetzter seines Bruders 
var, hatte diesen Auftrag unalückseligerweise ver⸗ 
äumt. 
(Wenn jemand eine Reise thut.) Der 
Professor W. aus B. kam mit seiner Gattin nach 
halle und reiste von dort weiter, vergaß aber in 
Halle, seinen Reisesack mitzunehmen. Die Frau 
Professorin stieg deshalb in Naumburg aus, um 
aach Halle telepraphieren zu lassen daß der Reisesack 
aach Gotha geschickt werde; sie hatte sich aber wahr⸗ 
cheinlich etwas zu lange aufgehalten, und der Zug 
zing ohne sie ab. Deshalb stieg nun der Professor 
n Apolda aus, um sofort mit dem nächsten Zuge 
die Gattin wieder zu treffen. Als er nicht wieder 
erschien, bemerkten die anderen Passagiere, daß der 
Professor seinen Paletot und seine Hutschachtel habe 
negen lassen, und gaben die Effekten nach der Adresse 
auf dem Bahnhofe in Gotha ab. So befanden sich 
nun der Paletot und die Hutschachtel in Gotha, 
der Profesjor in Apolda. die Frau Professorin in 
jat sich inzwischen ales wieder zusammengefunden. 
Witten, 80. Mai. Neulich wurde von 
jier berichtet, daß ein Dienstmädchen hierselbst in 
dilflosem Zustande aufgefunden worden sei und 
ingegeben habe, ein Bursche habe sie überfallen und 
hr rauchende Salpetersäuere in den Mund gegossen. 
ils der That verdächtig bezeichnete sie einen jungen 
Mann, mit dem sie früher verlobt gewesen. Dieser 
onnte aber nicht allein glänzend sein Alibi beweisen, 
ondern der Polizei auch einen Brief übergeben, in 
velchem ihm das Mädchen mittheilt, daß es sich 
nus Gram über die aufgelöste Verlobung das Leben 
nehmen werde. Es liegt somit zu Tage, daß das 
Maädchen die Salpäatersäuere sich'selbst in den Mund 
zegossen und nur ihre Absicht, sich selbst zu töten, 
aicht völlig erreicht hat. Aus Scham hat sie dann 
zurch falsche Angaben die Behörden getäuscht und 
n unverantwortlicher Weise eine große Aufregung 
n unserer Stadt hervorgerufen. 
In Deutz hat der Tod einen alten, dem 
Trunke ergebenen Menschen in einer eigenthümlichen 
dage überrascht. Als man die Thür des Zimmers 
zffnete, in welchem der Betreffende wohnte, saß er als 
reiche, nur mit einem Hemd bekleidet, an seinem 
Tische. Die Linke hielt die Branntweinflasche. die 
kechte das Glas. 
4 In Berlin stand ein bisher unbestrafter 
Fommis wegen Unterschlagung vor dem Schöffenge⸗ 
richte. Als der Richter den Personenstand des An— 
zeklagten verlas und unter Anderem die Worte 
agte: „Ersatzreservist 11. Classe“ erscholl aus dem 
Zuschauerraume der Ruf „und ein Lump erster 
ẽlasse.“ Es war der Vater des Angeklagten, ein 
ilter braver Mann, der durch diesen Ausruf seinem 
AInwillen über den ungerathenen Sohn Luft machte. 
Essen, 3. Juni. Gestern ist bei Bochum 
vieder ein Lust mord vorgekommen, der neunte 
n hiesiger Gegend. 
4 Der Einfluß der Eröffnung der Gotthard— 
zahn auf das westfälische Kohlengeschäft 
nacht sich erfreulicherweise bereits bemerkbar. Von 
»er Ruhr wird gemeldet, daß das erste Kohlen— 
jeschäft der Ruhrgegend mit einer italienischen 
risenbahngesellschaft einen Abschluß von 4500 
Vaggons à hundert Centner gemacht hat. Aus 
em Saarbrücker Gebiet werden hiervon vier Fünftel, 
in Zehntel aus Ruhrort und ein Zehntel von einer 
Bochumer Zeche geliefert. 
(GUnheimliche Fracht.) Am letzten 
Freitag abends 1193 Uhr waren in Posen nach 
Inkunft des Personenzuges von Breslau die Post- 
chaffner gerade damit beschäftigt, den Postpaket- 
Haqen zu entleeren, als der eine Beamte plötzlich 
twas Kaltes, Schlüpfriges, was durchaus nicht an 
in Postpaket erinnerte, in die Hände bekam. Er 
ieß den Gegenstand sofort los und sah nur, wie 
2lötzlich eine Schlange von ca. 6 Fuß Länge bis 
zur halben Höhe des Wagens emporschnellte und 
in der Dunkelheit verschwand. Zwar wurde sofort, 
ind auch an dem Tage nachher nach dem gefähr— 
ichen Flüchtlinge gesucht, doch blieb derselbe ver— 
chwunden. Erst zwei Tage darauf am ersten Pfingst⸗ 
eiertage abends, bemerkte ein Rangierer unter einer 
Ztufe eines der Magazine der Oberschlesischen Eisen⸗ 
zahn die Schlange, welche sich mit dem Leibe zum 
Theil in den Sand hineingewühlt hatte und matt 
uu sein schien. Er packte sie sofort in der Mitte 
les Leibes, aber ließ sie augenblicklich los, als sie 
hren Kopf ihm zuwandte und ihn anzischte. Es 
vurden nun andere Arbeiter zu Hilfe gerufen, und 
ine Kiste mit einem Deckel bereit gehalten; alsdann 
vurden Röcke über die Schlange geworfen und sie 
o eingehüllt, daß sie in die Kiste expediert werden 
'onnte, die alsdann geschlossen wurde. Vorläufig 
st die Schlange nach dem zoologischen Garten ge— 
»racht worden, wo sie gespeist und getränkt wurde, 
o daß sie jetzt wieder recht munter ist. Natürlich 
verden Recherchen nach dem Absender des gefähr⸗ 
ichen Thieres angestellt, welcher dasselbe ohne die 
erforderlichen Vorsichtsmaßregeln und ohne Dekla⸗ 
ration der Post zur Versendung übergeben hat. 
— Wichtiger als ein Dutzend politischer Nach— 
ichten dürften unseren Lesern zwei Lehren erscheinen, 
ie der berühmte Chirurg, Prof. Es march, seinen 
dieler Zuhörern gegeben hat. Was kann der Laie 
zei Verwundungen ihun? Weder Charpie noch Heft⸗ 
flaster, noch gebrauchte Schwämme, noch schmutzige 
deinwand mit der Wunde in Berührung bringen, 
ioch auch mit schmutzigen Fingern sie berühren. 
Mit ganz reinem, wenn möglich gekochtem, noch 
desser mit etwas Karbol, Salichl, Borarxlösung ver— 
ceinwand in diese Flüssigkeit und 4. 
nuf die Wunde gelegt, und man ist sicher, 
tens nicht geschadet zu haben. Ist kein Arz 
er Nähe und muß der Verwundete zu ihm 
racht werden, so ist es nothwendig, diesen vorläufi⸗ 
Verband mittelst eines Tuches oder einer Ving 
juuf der Wunde zu befestigen und zugleich das * 
bundete Glied gut zu unterstützen. Ist die Wim 
nit einer Schicht von geronnenem Blut überzogi 
'o hüte man sich, dieselbe abzuwischen oder wegn 
pülen, weil man dadurch die Blutung aufs R 
ervorrufen könnte. — Bei Quetschungen und 6 
chütterungen muß der Laie sofort ärztliche Huh 
serbeiholen, alle engen Kleiderstücke lösen, den Ve 
etzten bequem lagern, mit niedrigem Kopf, wen 
erselbe blaß aussieht oder ohnmächtig ist, p 
Wasser bespritzen, wenn der Puls nicht mehr 
rühlen ist. 
Gas deutsche Turnwesen) 9 
tatistischen Erhebungen am 1. Januar d. J. innen 
Jalb der deutschen Turnerschafl haben ergeben, deh 
n 2067 Orten 2359 Turnvereine mit 200,35 
Mitgliedern bestehen, von denen 108. 082 Mem 
turnen. 
F GOie unangenehmsten Klienten 
Fin berühmter Advokat, der auf eine mehr als ein 
Menschenalter umfassende Praxis zurückblickt, wurd 
üngst gefragt, welches die unangenehmsten Klienten 
eien, die ihm im Laufe seiner Erfahrung vorge⸗ 
ommen wären. Er antwortete: „Ein Mädqhn, 
as verheirathet sein will, eine Frau, die geschieden 
ein will, und eine alte Jungfer, welche gar nich 
veiß, was sie will.“ 
FWerohne obrigkeitliche Erlaubniß ein 
jffentliche Ausspielung von Eßwaaren dadurch ver 
instaltet, daß er in einem Wirthshause einer Anzahl 
von Personen gegen einen, wenn auch noch so ge 
ingen Einsatz nach dem Erfolge einer Auslosung 
». h. je nachdem eine gerade odrr ungerade Numme, 
zie der Handelsmann ziehen läßt, als Gewinn 
inen der vorbezeichneten Gegenstände dem Spielenden 
ich zu wählen gestattet, macht sich des Vergehenß 
»es strafbaren Eigennutzes durch unerlanbte Ver 
instaltung einer Lotterie schuldig. Denn dies 
zandhabung stellt sich nicht als eine einfache Wetle 
ondern als eine Ausspielung dar, da an derselben 
eder der anwesenden Gäste, der von dem Handels- 
nann ausgegangenen Einladung entsprechend, sid 
netheiligen konnte — so erklärt eine gerichilicht 
kentscheidung in einer Anklage sache gegen einen in 
»er bezeichneten Weise in den Wirthshäusern vagier 
inden Händler mit allerhand Eßwaaren. 
GDuell mit Musikbegleitung.) J 
zen letzten Tagen hat, wie der „Figaro“ schreibt 
n Folge eines Wortwechsels ein höchst seltsames 
duell in Brüssel zwischen dem Baron de V.. 
ind dem Baron B. C... stattgefunden. Baror 
B..„eine der besten Klingen in Brüssel, ist ein 
eidenschaftlicher Musikliebhaber, der keinen Schrit 
nachen kann, ohne einen Leierkasten oder einen 
gzfeifer hinter sich zu haben, der ihm ein Stück vor 
pielt. So wie nun der Ort für das Duell fes 
jesetzt war, schickte er allsogleich ein Orchester don 
wanzig Musikern dahin ab, die sich in dem nächsten 
hdebüsch aufstellen mußten und im Moment, als daß 
Fommando„allez, messieurs!“ ertönte, die Ari— 
nus „Madame Angot“ zu spielen begannen: „Abl 
v'est donc toi, madamo Barras“ ꝛc. 
(Ein Nachspiel zum Rhingtheater 
Prozeß.) Nach einer Meldung der „Presse“ ha 
zie im Rhingtheater-Prozeß als Zeugin vernommene 
Maria Weßely, welche angab, daß sie ams 
Dezember im Rhingtheater war und dort schwer! 
Verletzungen beim Springen in das Springtut 
lim die ihre Gesundheit total zerrütteten, urd 
velche so sehr das öffentliche Mitleid erregte, de 
der Gerichtspräsident das Hilfskomitee förmlid 
adelte, weil es, den Angaben der Weßely mi. 
rauend, derselbden blos Iö Fl. bewilligte, nunmet 
vor dem Polizeikommissär Miteis das Geftänduin 
lbgelegt, daß sie am 8. Dezember gar nicht in 
Rhingiheater war. Bemerkenswerth ist, daß 
dilfslomitee der Weßely vor 14 Tagen eine vr 
on 600 Fl. zugesprochen, wovon sie 500 
zereits bezogen hat. Marie Weßely wurde 
zaftet und dem Gerichte eingeliefert. — 
fFGochzeit im Hause Rothschild,) 
Jlänzende Festlichkeit fand am Sonntag in 
hotel des Frhrn. Gustav v. Rothschild in In 
rus Anlaß der Unterzeichnung des Ehelonngn 
wischen seiner Tochter Lucie und Hertn*