Full text: St. Ingberter Anzeiger

»*l. Futbherter Amzriger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts;St. Ingbert. 
75 St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungb⸗ 
att und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1A 40 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 60 A, einschließlich 
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 1I5 3, bei Neclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechneit. 
— 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
München, 7. Juni. Se. Maj. der König 
aben dem Prinzen Karl von Preußen anläßlich 
in dessen Kasseler Unfall die herzlichste Theil— 
hme ausdrücken lassen. 
Berlin, 8. Juni. In gut unterrichteten 
reisen erzählt man sich, die Amnestirung der Bischöfe 
n Sinne des neuen Kirchengesetzes werde am elften 
mi, d. i. am Tauftag des jüngsten preußischen 
inzen erfolgen. (Frankf. Journ.) 
Berlin, 8. Juni. Die heute ausgegebene 
mnmer 22 der Besetzsammlung veröffentlicht das 
cseßz vom 31. Mai, die Abänderung der kirchen⸗ 
itischen Gesetze betreffend. (Frankf. Journ.) 
jin seiner ersten Sitzung beschäftigte sich der 
zeichstag mit der zweiten Lesung der Zol!l⸗ 
rifno velle. Zuvörderst wurde Paragraph 1, 
leichterungen für die Mühlenindustrie angenommen, 
enso die Herabsetzung des Zolls auf Walzdraht 
cKratzenfabrikation von 324k. auf 50 Pf., Er—⸗ 
hung der Zölle für Asbestwaren (Pappe, Garn, 
trike und Gewebe aus Asbest) von 10 bis 60 
tk. wurden mit 121 gegen 93 Stimmen abgelehnt. 
on derselben Mehrheit wird auf Antrag Ritting⸗ 
wsen Elfenbein und Perlmutterstücke, für kurze 
zaaren vorgearbeitet, mit 10 Mk. verzollt; die 
arlage wollte 30 Mk. Ferner wurden abgelehnt 
Positionen: Grobe ungefärbte Fußdecken aus 
ianillahanf ꝛc. 6 Mk. Sodann wurde abgelehnt 
Erhöhung des Zolls auf Lichte von 15 auf 18 
i. Es folgte die Berathung der Erhöhung des 
onigzollzs von 3 auf 20 Mk. Braun sprach sehr 
ischieden gegen den Honigzoll. Das Land wolle 
idlich Ruhe und keine Zollerhöhungen haben. 
ie Erhöhung des Honigzolls wurde abgelehnt, 
renso die Erhöhung des Stearinzolls von acht auf 
n Mark. Das Haus trat in die Debatte über 
rhöhung des Schieferzolls. Die Erhöhung des 
tieferzolls von 50 Pf. auf 1 Mk. wurde mit 
wher Majorität abgelehnt. Es folgte die Be— 
thung des Antrags Schmidt (Elberfeid) auf Er— 
uzigung der Zölle für hartes Kammgarn von 8 
f8 Mt. Buddeberg vertrat diesen Antrag, den 
ih Leuschner (Sachsen) empfahl. Lohren und 
anmissar Burchard waren gegen den Antragq. 
er Antrag wurde angenommen. 
Berlin, 7. Juni. Der Reichstag lehnte den 
ag Barth, Aufhebung des Zolles auf Schweine⸗ 
walz und Gänseschwalz, bei namentlicher Ab⸗ 
amung mit 129 gegen 20 Stimmen ab. Dafür 
aschrift, Sezessionisten, NationalLiberale (außer 
denda, v. Bennigsen, Dr. Hammacher, Stephani 
d Jaglichsbeck), Volkspartei Sogialdemotraten 
d Danen; dagegen (also für Fortbestehen des 
ilet) Konserdaive Zentrum und Polen. 
Noch der „Nationalzeitung“ wird Fürst Bis- 
ut sich im Laufe der nächsten Woch⸗ zur Kur 
d Kissingen degeben. Seine Wohnung wird er 
e either in de vbeten Saline nehmen. 
Ausland. 
Waris, 7. Jum. die hiesige Regierung be⸗ 
igt, falls die Pforte an der Konferenz heil⸗ 
tehmen sich weigert, Wien als Konferenzort vorzu⸗ 
agen. 
n Frankreich ist man über den Pariser 
udentenkrawall und seine Folgen ernstlich 
wuhigt. Die in der Parisen Gemeindevertretung 
Wehrheit bildenden Kommungeds wollen die 
werlage der Pariser Polizeidirektion zu einer 
Samstag, 10. Juni 1882. 
dandhabe behufs ihrer eigenen Besitzergreifung jenes 
Fistituts benützen; was der Erfolg jener Bemühungen 
zu bedeuten haben würde, bedarf an der Hand der 
Erfahrungen von 1793 und 1871 wohl keiner 
veiteren Darlegung. 
London, 7. Juni. (Egyptische Ange— 
egenheit.) Man höält hier die Lage bezüglich 
Egyptens für eine im höchsten Grade gespannte, 
iachdem auch die Einstellung der Befestigungs- 
irbeiten in Alexandrien nicht erreicht worden und 
lles, was hierüber von dort berichtet wird, auf 
andgreiflichen Ausflüchten beruht. Es schweben 
ehr ernste NRerhandlungen mit Frankreich wegen 
es weiteren Vorgehens, zu welchem man hier ent—⸗ 
hlossener zu sein scheint, als in Paris. 
Rom, 7. Juni. Nach langem Familienrath 
»eschloß man, dem Wunsch der Nation nachzugeben, 
ie Leiche Garibaldis nicht zu verbrennen, sondern 
n Rom auf dem Janiculus beizusetzen. 
Aus Rußland kommen jetzt übereinstimmende 
zerichte von Beschlüssen über Befestigung der West⸗ 
—R 
Nan meint, der Feind bedrohe Rußland bereits 
ind nötige zur Abwehr, wenn man dies liest, zu⸗ 
nal angesichts der Ausbrüche des Deutschenhasses 
er Russen. In Deutschland lassen diese Dinge 
uhiger als in Oesterreich, wo die Parole „Rußland 
üstet“ bereits ausgegeben ist und als stehendes 
hema in den Blättern behandelt wird. Ernster 
limmt man die in immer weiterem Umfange be— 
annt werdenden Nachrichten über die Verfolgungen 
»er Deutschen. In Massen werden den deutschen 
HButsinspektoren Erziehrinen, Lehrerinnen u. s. w. 
»ie Stellen gekündigt, täglich mehrt sich die Zahl 
er brotlos werdenden Landsleute, welche der Heimath 
uwandern; hier ist ein Uebelstand, dem schwer zu 
hegegnen sein wird — ein neues Symtom des 
nnern Zerfalles des großen Zarenreiches, den zu 
»erhüten eine große Hand erforderlich ist. Wird 
ie sich finden und wann? Hoffentlich ehe es zu 
pät ist! 
Honstantinopel. Die vier deutschen 
Affiziere, mit Oberst Köhler an der Spitze, 
ind bereits dem Sultan vorgestellt worden und 
verden ihre neuen Funktionen in Kurzem antreten. 
Die deutschen Militärs haben von der deutschen 
kegierung vörläufig blos einen dreimonatlichen 
Urlaub erhalten. Sollten dieselben nach Ablauf 
ieser Frist entschlossen sein, definitiv in türkische 
HRienste zu treten, so wird ihnen ein mehrjähriger 
irlaub ertheilt werden, wobei sie jedoch ihre An⸗ 
jennetät in der deutschen Armee, ihre Disponibili⸗ 
atsgage und das Recht zum jederzeitigen Wieder⸗ 
intritte in die deutsche Armee behalten. Gegen⸗ 
värtig bewilligt der Sultan den deutschen Offizieren 
ihne Unterschied des Grades eine jährliche Gage 
on 20,000 Fres. (1) Oberst Köhler wird den 
zang eines Brigadegenerals einnehmen, die anderen 
Iffiziere den von Obersten. Jedem der deutschen 
Militärs werden türkische Offiziere besonders atachirt 
verden. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 9. Juni. Das Frohnleich— 
ramsfest wurde gestern dahier, vom schönsten 
Wetter begünstigt, in der herkömmlichen feierlichen 
Weise begangen. Die Häuser in den Straßen, 
urch welche sich die Prozession bewegte, waren 
ast ausnahmlos und ohne Unterschied der Confession 
er Bewohner aufs prächtigste mit Fahnen, Kränzen. 
zuirlanden und Bilder geschmückt. An der Pro— 
17. Jahrg. 
zession selbst betheiligte sich von hier und auswärts, 
besonders aus der angrenzenden preußischen Nach— 
harschaft, eine nach Tausenden zählende Menschen— 
menge. 
* St. Ingbert, 9. Juni. Den gestrigen 
Festtag hatte der Gesangverein von Sa arlouis 
»enutzt, um einen Ausflug nach unserer Stadt zu 
nachen. In recht ansehnlicher Zahl trafen die 
Nitglieder desselben, Damen und Herren, zu Fuß 
»on Sulzbach kommend. unter Begleitung einer 
vohlgeschulten Kapelle gegen 83 Uhr hier ein. Im 
Lafé Seiter, wo dieselben ihre Ankunft schon vor—⸗ 
ser angesagt hatten, wurde Einkehr gehalten. In 
jzanz ausgezeichneter Weise trugen die Sänger im 
daufe des Nachmittags verschiedene Lieder vor. 
Sie bekundeten damit, daß die edle Musika an ihnen 
ifrige und geschulte Pfleger gefunden hat. Erwähnt 
ei noch, daß der Vorstand des Vereins Herrn 
S„eiter nach Absingung einer eigens hierzu com⸗ 
»onirten Hymne unter entsprechender Ansprache das 
übsch ausgestattete Diplom eines Ehrenmitgliedes 
iberreichte. Erst mit dem letzten Zuge verließ die 
Besellscheaft in der heitersten Stimmung und be— 
zleitet von dem sangesbrüderlichen Wunsche: „Fröh— 
liche Fahrt!“ unsere Stadt. 
* St. Ingbert, 9. Juni. Die gestern 
Nachmittag im Garten der Becker'schen Brauerei 
in der Unterstadt von der Kapelle der Grube Hei⸗ 
aitz unter Direktion des Herrn Wittich ausgeführte 
hdarmonie-Musik war sehr zahlreich besucht. 
Die Leistungen der schon von früher rühmlichst 
nekannten Kapelle verdienen alles Lob. 
*St. Ingbert, 9. Juni. Für die am 
nächsten Montag unter dem Vorsitze des Herrn kgl. 
Oberlandesgerichtsraths Hessert in Zweibrücken 
deginnende IJ. Session des pfälzischen Schweunr⸗ 
gerichts pro 1882 sind aus dem Kanton 
St. Ingbert als Geschworene einberufen 
die Herren: Franz Eduard Adt, Bürgermeister 
uind Fabrikant in Ensheim und Johann Wan—⸗ 
remacher, VBürgermeister und Kaufmann in 
Ommersheim. 
— Da bestimmungsgemäß sechs Monate hin—⸗ 
durch ausschließlich die seit dem 1. Dez. vor. Is. 
eingeführten neuen Wechselstempelmarken vertrieben 
werden sollten, so ist jetzt bestimmt worden, daß 
nach Ablauf dieses Zeitraumes, also vom 1. Juni 
ab, wieder die älteren Wechselstempelmarken und 
war bis die vorhandenen Vorräthe ausgegeben sein 
verden, nur die älteren Marken dem Publikum zu 
verkaufen sind. 
— Aus der Pfalz wird der „Sp. Zig.“ 
gemeldet: „Sicherem Vernehmen nach hat sich am 
2. Pfingstfeiertage ein Agitationskomite für Beibe⸗ 
jaltung des deutschen Gesanges beim kathol. Sonn⸗ 
ind Festtagsgottesdienste gebildet.“ 
— Das am Mittwoch in Zweibrücken 
tattgehabte Jahresfest des pfälzischen Missions⸗ 
»ereins war, obwohl vom Wetter nicht begünstigt, 
tark besucht, selbst von weit her und nahm einen 
chönen würdigen Verlauf. 
— Aus dem Westrich wird der „Pf. Z.“ 
zerichtet: Der Kreisfohlenhof auf dem Eichelscheider⸗ 
jof bei Waldmohr ist in erfreulichem Aufblühen 
»egriffen. Die Zahl der Fohlen hat sich in den 
letzten 14 Tagen gerade verdoppelt und beträgt jetzt 
48. Die zwei Zwinger, von denen der eine für 
hengst⸗, der andere für Stutfohlen bestimmt ist, 
imfassen einen Flächeninhalt von nicht weit unter 
190 Tagwerk Wiesen und Wald. Es ist eine 
vahre Freude, die munteren Thiere, die sich der