Full text: St. Ingberter Anzeiger

betta's für nächste Woche an; er soll in Bradford 
mit dem Prinzen von Wales zusammentreffen. Wie 
die Dinge in Egypten und Paris liegen, ist ein 
solcher Besuch nicht ohne Bedeutung. Die Ansichten 
und Wünsche beider Männer in Bezug auf die aus— 
wärtige Politik und Egypten im Besonde ren sind 
bekannt. 
Warschau, 12. Juni. (GGewaltthätigkeiten 
gegen die Deutschen. Aus Wolhynien wird ge— 
meldet, daß am vergangenen Freitag die deutschen 
Colsnisten in der Umgegend von Sythomir von 
russischen Bauern angegeiffen wurden, welche die 
Gebäude der Colonisten vernichteten, die Anpflanzungen 
in Gärten und Feld zerstörten, das Vieh fortnahmen 
und verschiedener anderer Gewalthaten sich schuldig 
machten. Die Geschädigten wendeten sich beschwerde⸗ 
führend an den Kreishauptmann und verlangten 
Schadenersatz, wurden aber, ohne gehört zu werden, 
abgewiesen. Die bedrängten Colonisten haben sich 
nun schutze und hilfesuchend an den Gouverneur 
gewendet. Ob dieser nun im Interesse der deut⸗ 
schen Colonisten eingreifen wird, das müssen die— 
selben allerdings abwarten. Eilig haben es die 
russischen Verwaltungsbeamten in dergleichen Ange⸗ 
legenheiten, die ja doch so schleunig wie möglich 
erledigt werden sollten, allerdings nicht. 
Kairo, 14. Juni. Die Panik ist im Zu— 
nehmen begriffen; der allgemeine Fortzug der Eu— 
ropäer dauert fort. Mehrere Bankinstitute sind ge— 
schlossen, ebenso das Bureau der europäischen Finanz- 
Controleure; von diesen hat sich Colvin gestern nach 
Alexandrien begeben, Bredif reist heute Abend ab 
ihre Beamten sind in Urlaub gegangen. Voraus— 
sichtlich werden alle Bureaux der egyptischen Ver— 
waltung, auch die Staatsschuldencasie, nach Alerx⸗ 
andrien verlegt. Wie es heißt, hat der diplomatische 
Agent Frankreichs um seine Abberufung gebeten; 
derselbe theite heute in einer Vesammlung von franzö⸗ 
sischen Staatsangehörigen mit, daß er es ablehnen 
müsse, die Verantwortung für ihre Sicherheit zu 
übernehmen. 
Alexrandrien, 15. Juni. Der Khedive 
und Derwisch Pascha ersuchten die Pforte gemein⸗ 
schaftlich, 18,.000 Mann türkische Truppen nach 
Egypten zu senden. Es haben 450 Verhaftungen 
statigefunden. Eine internationale Commission zur 
Aburtheilung der Theilnehmer an den jüngsten Ruhe— 
ftörungen soll eingesetzt werden. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 16. Juni. Die am Mitt— 
woch Abend im Oberhauser'schen Saale stattgefundene 
Eröffnungs-Vorstellung des Theaters der 
Frau Caroline Schroth hatte sich eines ziemlich 
zahlreichen Besuches zu erfreuen. Zur Aufführung 
kam das L'Arronge'sche Volksstück „Hasemann's 
Töchter.“ Im Allgemeinen wurde recht gut und 
wirkungsvoll gespielt. Das Stück fand demgemäß 
bei den Zuschauern sehr beifällige Aufnahme und 
rief bei denselben eine recht animirte Stimmung 
herdor. Wünschen wir, daß dieser günstige Erfolg 
der ersten Vorstellung, der bekundete, daß Frau 
Schroth unter ihrer Direktion ein leistungsfähiges 
Personal vereinigt, für dieselbe die angenehme 
Wirkung hat, auch für die nächsten Vorstellungen 
zu fleißigem Besuche anzuregen. 
t. Blieskastel, 15. Juni. In unserer 
Stadt besteht eine Calamität, der leicht abgeholfen 
werden könnte. Wir haben nämlich hier nur am 
Lokale der Postexpedition einen Briefkasten. Obwoh' 
nun die Postexpedition so ziemlich in der Mitte der 
Stadt sich befindet, so wäre es doch im Interesse des 
Publikums sehr wünschenswerth, wenn an geeigneten 
Stellen noch einige weitere Briefkasten angebracht 
wären. 
-Bekanntlich sind seit dem 1. März l. Is. 
neue bayerische Gebührenmarken zur Ausgabe ge—⸗ 
langt und die im Privatbesitze befindlichen älteren 
Gebührenmarken können nur noch bis zum 20. Juni 
l. Is. einschließlich zur Entrichtung der Gebühren 
verwendet oder bei den am Sitze der k. Oberpostämter 
befindlichen Briefposterpeditionen gegen neue Gebühren⸗ 
marken vom gleichen Nennwerthe umgetauscht werden. 
Wir machen daher darauf aufmerksam, daß die 
nach dem 20. Juni. noch im Verkehre befindlichen 
älteren bayerischen Gebürenmarken ungiltig und 
werthlos sind und zur Entrichtung von Gebühren 
nicht mehr verwendet werden dürfen. 
— (Pfälzisches Schwurgericht.) 14. 
Juni. Verhandlung gegen Ludwig Harth, 50 
J. a., Ziegler von Glanmünchweiler, wegen be— 
crügerischen Vankerotts und Meineids. Vertreter 
der k. Staatsbehörde: Herr Staatsanwalt Schneider; 
Vertheidiger: Herr Rechtsanwalt Gink. Der An— 
zeklagte hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich 
Bis zum Jahre 1851 half derselbe seinem Vater 
in der Landwirthschaft, wanderte dann nach Amerika 
aus, von wo er sich nach 4jährigem Aufenthali 
nach Australien begab, wo er während eines sieben⸗ 
ährigen Aufenthaltes die Uhrmacherei erlernte, dann 
aber im Jahre 1862 nach Deutschland zurückkehrt 
und sich in St. Ingbert als Uhrmacher niederließ. 
Von dort zog er nach Haschbach, errichtete abe— 
zugleich in Glanmünchweiler ein Uhrmachergeschäft 
Im Jahre 1873 ersteigerte er von dem Ziegler 
Daniel Weber in Glanmünchweiler dessen überschul⸗ 
dete Ziegelhütte um 2010 fl. Am Tage vor der 
Versteigerung kam zwischen Beiden ein Vertrag zu 
Stande, wonach sie eine Aktiengesellschaft unter der 
Firma, Baumaterialiengesellschaft Glanmünchweiler“ 
nach dem Muster und den Statuten der „Kamm— 
garnspinnerei“ in Kaiserslautern und der, Deutschen 
Handelsgesellschaft“ in Frankfurt a. M. gründen 
wollten. Es sollte Weber 40 pCt. und der An—⸗ 
geklagte 60 pCt. des Aktienkapitals im Betrage von 
12000 Thaler übernehmen. Das Projekt zerschlug 
sich jedoech, und nach einem halben Jahre trennten 
sich die Beiden von einander. Bis zum Jahre 
1875 führte der Angeklagte die Ziegelei allein 
Dann kam am 27. August vor. Is. vor Notan 
Roebel in Landstuhl ein Vertrag über eine Aktien⸗ 
zesellschaft des vorerwähnten Namens zu Stand« 
mit Entwurf der Statuten. In diese Gesellschaft 
raten Vater und Bruder des Angeklagten ein. 
Das Aktienkapital wurde auf 36000 M. festgesetz! 
und sollten 10 pCt. der auf 600 M. lautenden 
Aktien eingezahlt werden. Unterm 27. Oktober 
1881 wurde über den Angeklagten der Konkurs 
zröffnet und Geschäftsmann Walter in Waldmohr 
zum Konkursverwalter ernannt. In der Sitzung 
des Amtsgerichts Waldmohr vom 21. Dezember 
1881 schwor der Angeklagte einen Eid dahin aus, 
daß außer den wenigen dem Konkursverwalter an⸗ 
gegebenen Gegenständen die sämmtlichen Mobilien 
der Baumaterialiengesellschaft Glanmünchweiler ge— 
hören. (Schluß folgt.) 
(Ludwig Harth wurde zu einer Gesammt— 
zuchthausstrafe von 6 Jahren verurtheilt.) 
Zweibrücken, 12. Juni. Vor kurzem 
passfierte hier ein nettes Stücklein. Ein kaum aus 
der Sonntagsschule entlassenes Bürsch'chen bewarb 
iich um die Liebe der hübschen Kellnerin einer hiesigen 
requenten Restauration. Dieselbe erwiederte scheinbar 
diese heiße Liebe des Hoffnungsvollen und versprach 
ihm, nachdem er seiner Angebeteten ein Geschenl 
don sechs Mark gemacht, ein süßes Rendezvous 
nuf den Abend. Als nun der schmachtende Jüng—⸗ 
ing zitternd und zagend vor Erwartung den Ort 
)es Stelldichein's, ein Zimmer des zweietn Stockes, 
ur bezeichneten Stunde betreten wollte, war er 
nicht wenig überrascht, anstatt der erwarteten Ge— 
iebten den stämmigen Hausknecht vorzufinden, der 
hn, ohne vieles Fragen, was er hier oben verloren 
hätte, gehörig durchprügelte und die Treppe hinunter 
rpedierte. Jetzt kommt das Ergötzlichste. Andern 
ags erblickte die besorgte Mutter des nach Liebes⸗ 
ibentheuer Jagenden etliche Schrammen und Risse 
— die hinterlassenen Spuren der erhaltenen Züch⸗ 
igung — auf dem Gesichte ihres Lieblings. Auf 
hre dringenden Fragen nach der Ursache dieser 
Wunden, gab der unglückliche Liebhaber an, er se 
ibends zuvor beim Nachhausegehen von einem wüss 
aussehenden Manne angepackt und auf diese Weise 
zugerichtet worden. Die sorgvolle Mama hatte nichts 
Eiligeres zu thun, als Anzeige von dem auf ihren 
hoffnungsvollen Sohn verübten Attentate bei der 
Polizei zu machen. In dieser Zeit erhielt die nichts 
Böses ahnende Mutter das Geldgeschenk, das ihr 
Sohn vergangenen Abend seiner vermeintlichen Dul⸗ 
rinea gemacht hatte, zugesendet und erfuhr auch 
die nähreen Umstände des Attentates auf ihren 
Liebling und somit den wahren Sachverhalt. So— 
fort wurde die Anzeige wieder rückgängig gemacht 
und der Sohn, um sich mehr Erfahrung in Liebes— 
affairen zu verschaffen, auf Reisen geschickt. 
(Frankth. Tgbl.) 
— Zweibrücken, 15. Juni. Der 16. 
Verbandstag der pfälzischen Kreditgenossen— 
schaften findet am 13. und 14. Juli im Ka⸗ 
inosaale dahier statt. Die Anwaltschaft wird durch 
Herrn Parisius vertreten sein. Zur Verhandlung 
'ommen: eine Instruktion für die Vorstände, dann 
der Antrag des mittelrheinischen Verbandes auf 
Anstellung eines Revisors für Ober⸗- und Unter—⸗ 
vaden, Hessen, Pfalz und Mittelrhein, weite 
Stempelgesetz und seine Praris. 
— Nach der „Zw. Ztg.“ wurde der Fu 
Heinrich Simon, Plüschfabrik in Zweibruͤn, 
die Auszeichnung zu Theil, dem Kollegium 
Preisrichter fuͤr die Ausstellung in RNigeh 
berg zugezogen zu werden. Vertreten wird 
Firma hierbei sein durch ihren Theilhaber du 
Alfred Simon. 
— Waldmohr. Fiür die nächsten beide 
Sonntage stehen der hiesigen Gemeinde * 
kirchliche Festtage bevor. Sonntag den s 
Juni feiert der Gustaph-AdolpheVerein für d 
Dekanat Homburg dahier sein Jahresfest. And 
darauffolgenden Sonntag weihen die Kathohs— 
zwei neue Glocken ein. 
— Die Einwohnerzahl von Kaiser slauten 
beträgt laut amtlicher Mittheilung zur Zeit 2800 
— Der Gewerbeverein Kaiserslautern steht mitd 
Eisenbahndirektion wegen Ablassung eines Ertrazug 
nach Nürnberg in Unterhandlung. Kais. J. 
— Landau, 12. Juni. Bierbrauer Ka 
Wagner ist nicht im Fallimentszustande, sonden 
will sein Besitzthum veräußern und seine Gläubi 
befriedigen. 
— Dürkheim, 13. Juni. In der geften 
Abend stattgefundenen Stadtrathssitzung wurde Hrn 
o. Féral die hiesige Felde und Bruchjagd auf fin 
Jahre für den jährlichen Pachtpreis von 12009 
iberlassen; bisher ertrug die Pacht ca. 500 
Außerdem wurde dem Bade- und Salinendverer 
zugestanden, daß, wenn das Féral'sche Unternehme 
iach vier Jahren nicht flott würde, der Verein ijr 
dasselbe rechtliche Verhältniß zur Stadt treten soll 
»as vorher gegolten hat. — Herr v. Féral hat zu 
Zeit schon ein disponibles Kapital von 300,00 
Mark und hofft, bis näüchste Saison durch Errich 
tung der Colonnade, Fertigstellung des Badehause 
Aufstellung des neuen Badehotels u. s. w. der 
Unternehmen eine gesicherte Basis bieten zu können 
Für das Jahr des Uebergangs wird die saiso 
morte von den Fremden und Einbeimischen ertrage 
werden müssen. (Pf. K) 
— Dürkheim, 14. Juni. Die für d 
Traubenblüthe anhaltend ungünstige Wi 
ierung läßt unsere Winzer, wenn nicht bald wärmere 
Wetter eintritt, mit Besorgniß wegen der fernert 
Entwickelung in die Zukunft sehen. Während in 
den Maitagen die Temperatur nahezu 30 Grah 
Wärme nach Celsius erreichte sank dieselbe verwichenen 
Sonntag bis auf — 100 und auch heute herrsch 
noch eine fast winterliche — auf 80 gesunkene — 
regnerische Witterung, die das Erscheinen des Sauer 
wurms, welcher bereits von hier und anderwär 
gemeldet ist, leider begünstigt. 
--(Ein Vermißter. Am 5. März ging di 
Zwiebelhändler Th. von Nie derhochstadt au 
den Handel nach Trier und Umgegend, dann nad 
Metz. An Ostern wurde er zuletzt gesehen un' 
von da ab ist er, wie der „Land. Anz.“ erfähn 
spurlos verschwunden. 
— Die alljährliche Konferenz der Gaututt 
warte des 10. deutschen Turnkreises fand letzte 
Sonntag in der Zentralturnhalle zu Karlsruh 
Statt. Der pfälzische Turnerbund war dab⸗ 
bertreten durch den Bundesturnwart Meinhard 
von Speyer. 
— Im nächsten Jahre findet in Hambur 
eine internationale Viehausstellung Statt. Unte 
den Unterzeichneten figurirt Herr Direktor Ader 
nom pfälz. Landgestüt. F 
— In den Zentralausschuß der Gesellschaft fi 
Verbreitung von Volksbildung wurde bei der dies 
Tage in Gotha Statt gehabten Generalversamm 
lung aus der Pfalz Herr Dr. Armand Bubl' 
Deidesbeim dewöblt 
— 
Vermischtes. 
München, 13. Juni. Zu dem Informa 
tionskurse füt Regimentskommandeure der Infanten 
des deutschen Heeres, wescher in der Zeit vom 
bis 14. Oktober an der Militärschießschule zr 
Spandau abgehalten wird, sind aus der baherischer 
Armee nachstehende Oberste kommandirt, nämlich 
F. Maillinger des 1., F. v. Parseval des —X 
Hartoch des 6. L. Munler des 12 Th. Eppbe 
des 17. und K. Lindhamer des 18. Infantert 
Regiments. Gelegentlich dieses Kurses wird aut 
der große Schießplatz bei Tegel besucht werden. 
— Der Oberst des kgl. bayer. Jufanterie⸗Lei 
regiments Prinz Arnulph hat verboten, daß in p 
Kasernen des genannten Regiments irgend wol