xxi. Jutberter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
a St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünufmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
glait und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 4A 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 10 60 H, einschließlich
—V tZustellungsgebuhr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen,
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, I35 4, bei Reclamen 30 A4. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
133.
Sonntag, 9. Juli 1882.
17. Jahrg
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Politische Uebersicht. JNan glaubt übrigens die Pforte werde heute die
Einladung zu einer Intervention in Egypten er—
alten.
Deutsches Reich.
München, 6. Juli. Dem Vernehmen nach
—D
berordnung vom 20. December 1868, die Handels⸗
ind Gewerbekammern betr. einer Revision zu un⸗
erziehen und dies namentlich auch in Betreff der⸗
enigen ihrer Bestimmungen, welche sich auf die
herechtigung zur Theilnahme an den Wahlen ge⸗
iannter Kammern beziehen.
Ausland.
Paris, 6. Juli. In der französischen Kam—
ner fragte Lockroh betreffs der Rüstungen, ob die
kegierung die Intervention Frankreichs in Aegypten
—I
ehe, oder isolirt vorgehen wolle. Freycinet erwiderte,
daß der Marineminister gewisse, über nothwendige
horsichtsmaßregeln nicht hinausgehende Vorbe—⸗
reiuungen geiroffen habe. Die Intervention Frank⸗
reichs, welche er weder bejahen, noch nur voraus—⸗
ehen köͤnne, würde nicht ohne vorgängige Zustim⸗
nung der Kammern eintreten, Frankreich müsse
wer füt jede Eventualität bereit sein.
London, 6. Juli. Im Unterhaus erklärte
gladstone, die Regierung fordere keinen Credit für
drieggoperationen. Aegyptens gegenwärtiger Zu⸗
sand bedinge solche Maßregeln nicht; sollte aber
tin derartiger Zustand eintreten, so sei es die
gzflicht der Regierung, das Haus unverzüalich zu
xenachrichtigen.
London, 6. Juli. Man telegraphirt aus
siexandria: Bis heute Mittag 12 Uhr wurde
ifrig an den Vefestigungen gearbeitet. Auf die
erllaärung Admiral Seymours jedoch, daß er zum
Angriffe schreiten würde, wenn die Einstellung der
Arbeiten nicht sofort erfolge, wurden die Arbeiten
instweilen zurückgezogen. Für den Fall der Wieder⸗
aufnahme der Schanzarbeiten haben die englischen
driegsdampfer Befehl, mit der Beschießung zu be⸗
innen. Die egyptischen Minisier erhielten tele—
raphisch von der Pforte die Weisung, ein weiteres
lufwerfen von Fortifikationen zu unterlassen. Es
errscht große Aufregung. Man hegt die Hoffnung,
lrabi Bey werde die volkerrechtlichen Bestimmungen
wischen kriegfuhrenden Nationen respektiren. Die
ropäer flüchten auf die Schiffe.
London, 7. Juli. Ein Telegramm der ,Times“
3Alexandria meldet: Der Garnisonskommandant
budem Admiral Seymour die schriftliche Ver—
herung, daß angeblich feindselige Handlungen
icht unternommen worden seien, noch auch statt⸗
inden würden. Die Versicherung schließt mit der
derufung an die wohlbekannte Humanität des Ad—
ritals. — Den Daily⸗News wird berichtet: Die
labeiten an den Forts sind eingestellt, wahrschein⸗
in Folge eines Befehles des Sultans. Admi-—
ul Seymour theilte darauf dem Kommandanten
wiederholt mit, daß er jeder Wiederaufnahme der
liheiten nachdrüdlichst entgegentrelen würde. Zwei
zußregimenter gehen morgen nach Gibraltar ab. —
des ͤriegsamt bestellte 6000 Fuß abyssinischer
unnentöhren und vierzig Taucherapparate zur
erwendung in Aegypten.
Petersburg, 6. Juli Der russische Ver⸗
er in Konstantinopel ist instruirt, in der egyp⸗
shen Frage stets Hand in Hand mit den Vertretern
dutschianvbs, Oesterreichs und Italiens zu gehen.
be wird aber großer Werth darauf gelegt, daß
en beiden Westmächten jeder Vorwand eines eigen⸗
ixdtigen Vorcehens in Eaypten benommen werde.
Lokale und pfälzische Nachrichten.
* Zweibrücken. Strafkammersitzung
dom 5. Juli. Die Berufung des vom Schöffen⸗
zericht zu Waldmohr wegen Bedrohung des Wald—
hüters Michael Sommer zu 14 Tagen Gefängniß
ꝛerurtheilten Leinenwebers Jakob Donauer aus
Blanmünchweiler wurde abgewiesen; ebenso jene
des wegen Berufsbeleidigung eines Nachwwächters
zu gleichfalls 14 Tagen Gefängniß verurtheilten
Schusters Christian Köfer von Pirmasens. —
Emilie Busch, 38 J. a., Ehefrau des kürzlich aus
dem Zuchthaus entlassenen Tagners Nik. Lipps aus
Hinterweidenthal, wegen Diebstahls selbst schon
wiederholt bestraft, hatte im Dezember vor. Jahres
aus dem Keller des Lehrers Nordt in Hinterweiden⸗
thal zum Nachtheile desselben ein Körbchen mit
Fiern (34 bis 36 Stück) entwendet, wofür sie eine
Hefängnißstrafe von 6 Monaten erhielt. Als Mil⸗
derungsgründe ließ das Gericht die große Armuth
uind Noth, in der die Angeklagte lebt, gelten. —
Die in der vor. Sitzung vertagte Verhandlung
zegen den 18 Jahre alten, schon früher einmal
vegen eines Sittlichkeitsverbrechens zu 9 Monaten
Befängniß verurtheilten Steinhauers Adam Os—
vald von Altheim endigte heute, trotz Leugnens
»es Angeklagten, mit der Verurtheilung desselben
u 6 Monaten Gefängniß. Oswald hatte bekannt⸗
ich versucht, den Geldschrank des Maurermeisters
Fakob Pfleger in St. Ingbert, bei dem er in Arbeit
tand, zu erbrechen, jedenfalls in der Absicht, dessen
Inhalt an Geld (473 Markh), von dem er Kenntniß
jatte, sich anzueignen. — Wegen Vornahme un⸗
üchtiger Handlungen erhielt der 48 J. a. Schuster
Zarl Schellhaas von Ixheim 2 Monate Ge—
ängniß.
*Das Bergfest auf den benachbarten
gl. preußischen Gruben wird in diesem
Jahre Sonntag, den 13. August, stattfinden.
* Aus Ems, 6. Juli, wird uns von befreundeter
dand über den Aufenthalt S. M. des Kaisers da⸗
elbst mitgetheilt: Jeden Morgen um 8 Uhr er—⸗
cheinen S. Majestät der greise Kaiser, begleitet
von dem Adjutanten und dem Kurkommissär, an
»en Brunnen. Der hohe Herr nimmt sich selbst
»as Wasser — Kesselbrunnen — und macht sodann
einen Spaziergang. In dichten Schaaren folgt ihm
das Volk. Leutselig wendet er sich bald zu Diesem,
hald zu einem Andern und spricht in der herzlichsten
Weise mit ihm. Er ist der liebenswürdigste, wirklich
auch geliebte Vater inmitten seiner Kinder. Um
3 Uhr des Nachmittags macht er eine Spazierfahrt,
uind am Abend besucht er das Theater. Gestern
vurde in französischer Sprache gegeben: L'ami Fritz,
Tomödie in 3 Akten, von Erckmann⸗-Chatrian; die
Zurkapelle aber spielte die Ouvertüre zu: „Raymond“
o. Thomas.
— Die 3. allgemeine Fortbildungs—
konferenz der Lehrer an den Bolksschulen
der Pfalz pro 1882 findet statt: am 19. Juli zu
daltenbach; am 20. Juli zu Homburg, Lauterecken
ind Zweibrücken; am 21. Juli zu Kusel. Ausf der
Tagesordnung stehen folgende Gegenstände: 1. Wis—⸗
enschaftlicher Theil: „Der Begriff der Naturge—
näßheit in der Erziehung.“ 2. Praktischer Theil:
Welche Handreichung bietet unser Mittel und
)Iberklassen-Lesebuch beim Betriebe der einzelnen
arten des Sprachunterrichts?“ Außerdem kommt
noch der für die wegen Aufnahme der allgemeinen
Berufsstatistik in Wegfall gekommene 2. Konferenz
aufgestellte praktische Theil zur Behandlung. Das
Thema lautet: „Wie sind Fiebel und 2. Schuljahr
unseres Lesebuches zu gebrauchen, damit die Zwecke
des Anschauungs- und sprachlichen Unterrichts, so—
vie des Schönschreibens, Zeichnens und Singens
zurch sie gefördert werden?“
— Zur Fahrt nach Mannheim zu dem
»om 9. bis 16. Juli Statt findenden Verbands—
chießen erhalten die sich legitimirenden Schützen
yom 8. Juli ab 50 90 Fahrtaxermäßigung auf
»erschiedenen Bahnen, u. a. auf den pfälzischen
ind den Reichsbahnen.
— Um Gelegenheit zu geben, reinen Blüthen⸗
jonig kaufen zu können, errichtet der pfälzische Bienen—
üchterverein in Landau einen Honigmarkt.
— Riedelberg, 6. Juli. (Zur Warnung.)
borgestern kam ein junger verheiratheter Mann
us Rolbingen (Lothringen) in unserer Nähe auf
ffener Straße in höchst bedauernswürdiger Weise
ims Leben. Derselbe musterte zuerst ein jüngeres
Fuhrpferd des Ackerers Sommer von hier, welches
in einem Wagen eingespannt war, und befühlte es
chließlich auch auf dem Rücken; das Pferd erschrack
ind schlug dem Unglücklichen so heftig auf die Brust,
daß er sofort todt niederstürzte. (3. 3.)
— Vom obern Gebirg, 5. Juli. In
keinem Jahr ist die Entwicklung der Trauben—
blüthe von dem Winzer mit größerer Besorgniß
derfolgt worden als in diesem. Seit 5 Wochen ist
ije der Gegenstand aller Gespräche. Kein Wunder.
zst die Blüthe des Weinstocks naturgemäß und ohne
Ztörung vorübergegangen, so hat dieser die größten
Gefahren bestanden und es darf auf eine reiche
Ernte gerechnet werden, vorausgesetzt, daß die Hoff⸗
aungen nicht vernichtet werden durch Hagelschlag
»der durch ungewöhnliche Kälte und Frost unmittel⸗
hvar vor der Reife der Trauben. Bot der Weinstock
dieses Jahr durch sein frühes Erwachen und durch
die außerordentliche Menge der Gescheine schon von
pornherein die glänzendsten Aussichten auf einen
ergiebigen Herbst, so mußte naturgemäß die höchst
inregelmäßig vor sich gehende Blüthe mit Recht
chwere Bedenken erwecken. Handelt es sich doch
owohl bei dem begüterten als bei dem minder be—
jüterten Mann um ein nicht Geringes, wenn er
ich in den Hoffnungen, die er sich auf seine Wein—
zerge gemacht, getäuscht sieht. Daß die Entwicklung
der Blüthe bei dem so veränderlichen Wetter der
etzten 5 Wochen nur unregelmäßig vor sich gehen
onnte, liegt auf der Hand. Auf 3, 4 warme,
zünstige Tage folgten immer wieder 8 rauhe, trübe
ind regnerische. Daher kommt es, daß man nicht
nur an einem Stock, sondern auch an ein und dem—
elbigen Samen eine vierfache Bildungsphase der
Veinbeeren wahrnimmt. Ein Theil der Beerchen
st schon so stark wie ein dicker Stecknadelskopf, ein
weiter hat eben die Blüthenstengel abgestreift, ein
zxitier blüht gerade lustig und ein vierter hat es
noch gar nicht zum Blühen gebracht. Am weitesten
oran sind die „Oestreicher'. Am weitesten zurück—
jeblieben sind die „Gutedel“. Diese brauchen bis
um vollen Abblühen noch mindestens 8 schöne,
onnige Tage. Da sie meitaus die meisten Ge⸗
cheine zeigen, so versprechen sie sogar bei einem
tarken Durchfallen der Beerchen noch einen reichen
ertrag. Es dürfen auch alle, welche das „Käpp—
hen“ nicht abstreifen können, zurückbleiben. Zeitigt
»er Stock, was gesund ist, so hat er damit vollauf
u thun. Schenkt uns also der Himmel noch einige