Full text: St. Ingberter Anzeiger

Verein nächsten Sonntag einen Ausflug nach 
Neunkirchen, um sich daselbst an einem Be— 
zirksfeste der benachbdarten preußischen Krieger— 
Vereine zu betheiligen. Zu diesem Feste haben 
bereits über 1000 Mitglieder der verschiedenen 
Vereine ihre Theilnahme zugesagt und dürfte dem— 
nach dasselbe, sofern ihm die Witterung gewogen 
hleibt, einen außergewöhnlichen Umfang annehmen. 
* St. Ingbert, 21. Juli. Am Mittwoch 
Abend, als bei einem hiesigen Bäckermeister Brod 
aufgeladen werden sollte, stellte es sich heraus, daß 
an der Zahl der Brode zwei fehlten. Als daraus 
von der Polizei, der man die Sache angezeigt hatte, 
der Bäckerlehrling NNeäin's Verhör genommen 
wurde, gestand er, daß er die 2 sehlenden Brode 
unter dem Backholze verborgen halte, um sie später 
seiner Mutter über den hinter dem Hause vorbei— 
ließenden Bach zu werfen. Bei der Nachsuchung 
fand man an dem angegebenen Orte unter dem 
Holze die beiden Brode. 
* St. Ingbert, 21. Juli. Nach der drückenden 
Hitze des gestrigen Tages brachten uns der Abend 
und die Nacht mehrere heftige Gewitter, die unter 
intensivem Blitzen und starkem Donner über unsere 
Stadt hinzogen. Der reichliche Regen, den dieselbden 
im Gefolge hatten, war manchmal auch mit Hagel 
gemischt. Wahrscheinlich hat es in der Nähe auch 
mehrmals eingeschlagen. 
— Der Jahresberichtder Pfälzischen 
Handels- und Gewerbekammer für 1881 
ist in den jüngsten Tagen zur Ausgabe gelangt. 
Derselbe erwähnt in dem „Allgemeinen Theil“ an 
erster Stelle der von verschieden Seiten verweigerten 
Beitragspflicht zu den Kosten der Kammer und legt 
das Verhältniß der Gewerbetreibenden zur Kammer 
dar, wonach diese sowohl als die einzelnen Gremien 
zur Erhebung von Beiträgen behufs Deckung der 
entstehenden Kosten zweifellos berechtigt sind. Im 
Weiteren enthält dieser allgemeine Theil Mittheil⸗ 
ungen über die angestrebte Regelung des Submis—⸗ 
sionswesens, über das Eisenbahn⸗Tarifwesen, haupt⸗ 
sächlich der Herabsetzung der Kohlenfrachten, über 
das Spar⸗ und Darlehenskassenwesen, sowie über 
die Förderung der pfälzischen Gewerbethätigkeit, 
welch letzterer Abschnitt ein vollständiges Programm 
dazu in kurzen Zügen entwirft. 
— Zu dem am Sonntag in Neustadt Statt 
gehabten 7. pfälzischen Feuerwehrtag hatten sich ca. 
500 auswärtige Theilnehmer eingefunden. Als 
Vertreter der Kreisregierung war Hr. Regierungs⸗ 
Assessor Tucher erschienen. Die Verhandlungen 
wurden von Hr. L. Heydenreich⸗Speier geleitet. Be⸗ 
schlossen wurden u. A., aus der Veinslkasse keine 
Unterstützung in Geld, sondern solche nur in Natur 
zu gewähren und die nöthigen Erfordernisse nur 
von als solid bekannten Firmen zu beziehen. Der 
bisherige Ausschuß wurde per Akklamation einstimmig 
wiedergewaählt; derselbe besteht aus den HH. Hey⸗ 
denreich und Bechluft in Speier, Dr. H. Bischoff 
in Dürkheim, J. Fuchs in Neustadt, W. Gelbert 
Kaiserslautern, Julius Hindenlang in Landau und 
P. Loch in Zweibrücken. Durch die Berichterstatt⸗ 
ung der Bezirksvorstände wurde ein erfreulicher 
Stand des pfälz. Feuerlöschwesens konstatirt, beson⸗ 
ders in den Bezirksämtern Bergzabern, Landau, 
Neustadt, Speier und Homburg. Die Wahl eines 
Ortes für die nächste Versammlung siel auf Homburg. 
Vermischtes. 
Wie gewöhnlich, so nahm Kaiser Wil⸗ 
helm auf seiner Reise nach Bad Gastein auch 
diesmal wieder Nachtquartier in der bayerischen Stadi 
Rosenheim. Der Empfang daselbst am Abend 
des 17. d. war ein überaus herzlicher. Das 
Stadichen hatte sich flott herausgeputzt, einen Triumph⸗ 
bogen und ein Maftenspalier errichtet, und als der 
Kaiser eintraf, wurde er vom Bürgermeister und 
Stadtrath begrüßt, worauf der hohe Herr sich mit 
mehreren Rosenheimern aufs leutseligste unterhielt; 
auf der Fahrt nach dem alten Bade“, wo der Kaiser 
zu wohnen pflegt, begrüßte ihn das zahlreiche Pub⸗ 
likum mit enthusiastischen Hochrufen. Abends gab's 
Illumination und Ständchen seitens der „Lieder⸗ 
tafel.“ 
F In Frankfurt warf ein „Bretzelbub“ 
dieser Tage unweit des Zollhofs seine Bretzeln in 
den Main, sprang ihnen nach und ertränkte sich. 
Am Sonntag, den 16. Juli, hat in vielen 
GBegenden Württembergs ein schweres Wetter 
zehaust. Berichte aus den Aemtern Eßlingen 
Reuflingen, von der Steinlach, aus Möffingen 
Balingen, Tuttlingen, Sveichingen, Ulm, Backnanç 
ꝛc., sprechen von Wolkenbrüchen und Hagelschaden, 
die theilweise die ganze Ernte vernichteten. 
F Es dürfte vielleicht die Leser aus dem Lehrer— 
tande interessiren, zu erfahren, daß sich im Bade 
Ems Freistellen für leidende deutsche Lehrer be— 
finden. Da unter denselben namentlich Kehlkopf⸗ 
katarrhe sehr häufig und die dortigen Heilquellen 
zur Beseitigung derselben besonders geeignet sind, 
o sind diese Freisiellen sehr begehrt. Während der 
Zeit ihres Aufenthaltes, die auf 4 Wochen festge⸗ 
setzt ist, haben die aufgenommenen Lehrer nicht nur 
reie Station, sondern erhalten auch die Vergünstigung, 
die täglichen Concerte im Kurgarten und das vLese— 
kabinet unentgeltlich zu besuchen. 
F In Berlin hat der Kassenbote Rahn seit 
30 Jahren im Bantkgeschäft von Louis Kuczynskti 
dahier, ihm anvertraute Gelder im Betrag von ea 
einer halben Million Mark unterschlagen und ver— 
zeudet oder bei Seite geschafft. Unbegreiflichen 
Weise hatten viele Leute ihm ihr Vermögen ganz 
oder theilweise „in Depot“ gegeben, worüber er 
Empfangsscheine ausstellte; ein Mehlhändler ver— 
liert 92,000 Mtk. Unglaublich, aber wahr! 
Sächsischen Blätter zufolge ist wieder einmal 
ein Fall eines wäahrhaft entsetzlichen Justizmordes 
zur Kenntnis der zuständigen Behörden gelangt 
Auf Grund haltloser Indizien wurde nämlich im 
Jahre 18653 zu Bautzen der Bandweber Friedr. 
Aug. Böhme wegen Mordes zum Tode verurteilt 
und soll bei dem Vollzug des Todesurteils in bar— 
barischer Weise mißhandelt worden sein. Es hat 
ich herausgestellt, daß Böhme unschuldig war, und 
hat der Justizminister sich veranlaßt gefühlt, sich 
eingehend mit dem Fall zu beschäftigen. Spricht 
nicht ein einziger solcher Fall eindringlicher und 
zeredter für die Abschaffung der Todesstrafe, als 
vie man in tausend dicken Bänden an Gründen 
für die Beibehaltung derselben vorbringen kann?! 
Franz Hoffman, der mit Recht beliebte Ver⸗ 
fasser zahlreicher Erzählungen für die Jugend, ist 
aim 11. d. M. in Dresden, woselbst er seit 27 
Jahren gelebt hatte, gestorben. Er war am 21. 
Febr. 1814 zu Bernburg geboren und hatte sich 
anfänglich dem Buchhandel gewidmet, dem er zu 
Gunsten seiner schriftstellerischen Thätigkeit 1839 
entsagte. Er wandte sich zunächst nach Halle, wo⸗— 
jelbst er philosophische und naturwissenschaftliche Vor⸗ 
esungen an der Universität besuchte. Dann lebte 
er in Dessau, bis er 1855 Dresden zum bleiben⸗ 
den Aufenthalte erkor. Seine erste literarische 
Arbeit war die seitens dem viel verbreitete und 
mehrfach in fremde Sprachen übersetzte Bearbeitung 
der „Märchen der Tausend eine Nacht, für die 
Jugend. Seit 1840 hat er weit über 1000 
Driginal⸗Erzählungen publizirt, die in kleinen Bänd⸗ 
hen herausgegeben, große Populorität erlangten. 
Seit 1846 gab er den „Deutschen Jugendfreund“ 
eine der besten Jugendzeitschriften, heraus. 
F Die Zahl der Studirenden an deut— 
chen polytechnischen Anstalten ist von 6433 
m Wintersemester 1877 /78 im Wintersemester 1881/82 
iuf 3900. somit um 60 pCt. zurückgegangen. 
Diese Abnahme erklärt sich zum guten Theil aus 
der Lage der Industrie, außerdem aber wesentlich 
anus dem vorhandenen Ueberfluß an akademisch ge⸗ 
bildeten Technikern. Der Bedarf an solchen beträgt 
— wie Hofrath Graßhof in Karlsruhe ausführte 
— nach einer auf die Gewerbestatistit von 1875 
sich ftüßenden Schätßung jährlich 660; demselben 
würde eine Gesammtzahl von 2300 Studirenden 
jährlich entsprechen, welche bei Zurechnung von etwa 
700 Ausländern auf 3000 sich erhöhen würde. 
Somit gehe selbst die gegenwärtige Frequenz um 
300 (und auch mit Abrechung eines Abganges aus 
yerschiedenen Gründen) doch jedensalls über den 
orhandenen jetzigen Bedarf hinaus. Professor Graß 
jof ist der Meinung, daß es an 6 technischen Hoch 
ichulen in Deutschland ftatt 10 genug sein würde., 
zagegen fehle es an technischen Mittelschulen. 
FC(Geuschrecken⸗Plage.) Unangenehme Gäste 
haben die Gegend von Verona heimgesucht: un⸗ 
zählige Schwärme von Heuschrecken ließen sich 
nämlich dort auf den Feldern nieder, so daß sich 
zie Regierung veranlaßt sah, ausgedehnte Maß⸗ 
egeln zu deren Vernichtung zu ergreifen. Die 
dosten für die Einsammlung und Tödtimg diesen 
Thiere belaufen sich bereits auf 20,077 Lire 25 
Fent. Das Gewicht der getödteten Thiere ergib 
bis jetzt schon 89077,25 Kgr. 
F Eine Episode aus den Schreckenstagen von 
Alexandrien. Einer der Marodeure, ein Sträf⸗ 
ing, der auf der Stirne das Brandmal des Moͤrders 
eingebrannt hate und der also für Lebzeiten 
schwersten Baggerarbeiten am Pharos der 
var, war unbewaffnet. Als die Englaͤndc hel 
den Elenden zielten, holte er aus seinem hett 
Mantel einen — kaum zehn Monate alten Den 
ing hervor und hielt den Wurm, das ineen 
Weißen, als Schild und Deckung vor den 
Dabei höhnte er die Engländer und rief ie eit 
ie mögen schießen! Zwei Soldaten schlichen 3 zu 
demerkt davon und fielen dem Unmenschen, * 
sie mehrere Straßen, in denen die Häuser N ge en 
brannten. mit Gefahr ihres Lebens passirt de 
in den Rücken. Zwei wohlgezielte Schusse 
Rücken streckten den Gesellen nieder. Das q 
ist gerettet und befindet sich an Vord des Farite 
Es wurde nach wenigen Stunden feierlich α 
und erhielt zu Ehren des Admirals Seymon d 
Vornamen „Friedrich Franz“, als Familiennam- 
des Schiffes, dessen Offiziere nunmehr die Erziehun 
des Kindes leiten werden. „Friedrich Fian p— 
llexibler ift der Name des geretteten Kindes e 
Eltern wohl ein Opfer der Mörder geworden e 
F. In Tereehana, Arcansas, schlug de 
Blitz in ein Haus ein, welches sammt dem Rehe 
Jebaͤude niederbrannte. Ungefähr 80 Parson— 
kamen in den Flammen um. 
F. Von einer heldenmüthigen Aufopferun— 
Nla Johanna Sebus erzählen eine 
Sturmes in den Südstaaten der Union amerilkanit 
Blätter. Auch über das Städtchen Denver in Texar 
entlud sich ein furchtbarer Wolkenbruch und 
wie sein Name anzeigt, gewöhnlich trockene „Du 
Creet“ im sudlichen Theile dieses Städichens un 
zu einem reißenden Strome, der Alles mitzureiße 
drohte. Ein dort gelegenes neugebautes Kosthan— 
don Julius Schirach und die Wohnhäuser von D 
dugo Brinkhaus, Wm. Keller und Clark ware— 
bald von den empoörten Wogen umgeben. dDi 
Brinkhaus wurde zuerst auf die Gefahr anf 
merkjam und brachte seine Familie nicht ohne Leben; 
jefahr in Sicherheit; dann wandte er sich nat 
Schirach's Hause und reitete diesen, sowie sein 
Frau und zwei Kinder aus den Fluthen, indem er 
nicht weniger als viermal den angeschwollenen Strom 
durchschwamm. Als nun noch ein Hilferuf von 
anderen Ufer an sein Ohr drang, stuͤrzte er fich 
nochmals in die Fluthen. Der heldenmüthige Atzi 
und Menschenfreund hat auf diese Weise vier Menschen 
direkt gerettet und fünf indirekt dadurch, daß er si 
aufweckte. Eine Bürger-Versammlung wurde nach 
der Turnhalle berufen, um dem braven Mann den 
Dank der Bevölkerung für sein Rettungswerl aus— 
zusprechen. Gleichfalls wird ihm die Stadt de 
Verlust seines Hauses mit 4000 Dollars ersetzen 
Uebervölkernug, Ausmanderung, Kolonisalica 
Von Ernst O. Hopp. 
II. 
Schluß.) 
Wir fragen weiter: Ist es denn in diesen 
Jahrhundert, da die Verkehrsmittel ganz andere 
geworden sind, da Dampfschiffe das Mutterland 
mit den entferntesten Kolonieen in wenigen Wocher 
verbinden können, so viel schwerer zu kolonisiren 
als vor zweihundert Jahren? Gibt es nicht so biel 
echnische Hilfsmittel jetzt? Die Feuerwaffen sind 
zroßartig vervollkommnet; man hat zerlegbare eisernt 
däuser und Böte konstruͤirt, die mitgeführt werden 
nnlen; man hat durch allerlei Präferven Lebenb 
nittel zur Hand, die monatelang für Forschung 
rꝛeisen ausreichen; man hat das Klima der meisten 
Lander, die Art ihrer Bodenerzeugnisse, die Gewächt 
die am vortheilhaftesten angebaut werden könnten, 
die Heilmittel gegen endemische Krankheiten wei 
ründlicher studiri, als dies zu den Tagen de 
dolonisatoren des sechzehnten und siebzehnten Jahr 
underis geschehen koͤnnte. Die deunsche Marin 
st erstarkt und weiterer Ausbildung fähig, fie — 
et einen mächtigen Schutz. Deutschland feh 
jochgeachtet oder gefürchtet im Rate der — 
a.“ Warum kolonisiren wir denn nicht und 
ördern lebhaften Unternehmungsgeist und 8 
neues Leben an? „In der Regel“, heißt * 
iner vorliegenden Broschüre, „verwechselt man 
hefahren, denen wissenschaftliche Reisende rn 
ind, mit den viel geringeren Gefahren tropis 
dolonisten, Händler, Faktoreibeamten und Soldern 
Die wissenschaftlichen Reisenden reiben fich 
elten durch Ueberanstrengung, Diätfehler, —— 
Durst, Schlaflosigkeit, Erkaliüngen ꝛc. — 
m Wildnisse dringen. Die Koͤlonisten, Händlet u