Full text: St. Ingberter Anzeiger

— Speyer, 21. Juli. Ein in gestriger 
Schöffengerichtssitzung verhandelter Straffall mahnt 
ei Geldeinnahmen wiederholt zu besonderer Vor⸗ 
sicht. Ein junger Mann hatte eines von den hier 
ursirenden falschen 1-Markstücken eingenommen und 
a er den Schaden leiden wollte, suchte er dasselbe 
wieder an den Mann zu bringen, wobei er jedoch 
ertappt und zur Anzeige gebracht wurde. Es 
wurde derselbe deshalb wegen Münzvergehens zur 
Herantworiung gezogen und erhielt eine Strafe 
hon 3 M. und den Kosten. Hierbei wollen wir 
noch bemerken, daß auch falsche 50-Pfennigstücke 
rurfiren, beide find, weil von Blei oder Zink her⸗ 
gestellt und daher ohne Klang, leicht zu erkennen. 
Gestern Nacht fand in einer: hiesigen Wirth⸗ 
schaft kurz vor Feierabend zwischen Militär und 
Fipilisten eine ziemlich heftige Säbelaffaire statt, 
die durch die sofortige Intervention eines Polizei⸗ 
dieners, der sich auch die Namen notirte, zum Glück 
inen unblutigen Ausgang nahm. Der eine Säbel— 
held, ein Infanterist, wird jedoch noch nachträglich 
in den Folgen zu leiden haben, indem er beim 
Appell umsonst nach seinem Seitengewehre suchen 
ürfte, das ein Civilist fürsorglich mitnahm. 
Mörlheim, 24. Juli. Heute früh 
halb 7 Uhr hat sich der beurlaubte Gefreite Ignatz 
Zickgraf, 23 Jahre alt, Sohn von Ignatz Zickgraf, 
Huͤller auf der Mörlheimer Mühle in dessen Wohnung 
nit einer alten Jagdflinte, durch die Brust geschossen, 
d daß der Tod sofort eintrat. (Land. Tgbl.) 
Ruppertsecken, 21. Juli. Heute 
wurde der Korbmacher Poilipp Dremel II. in sei⸗ 
ner Wohnung vom Blitz erschlagen. Derselbe war 
ofort todt. Das Haus selbst erlitt keine weitere 
Beschädigung. (Pf. Pr.) 
Die Direktion der pfälz. Bahnen hat den 
Theilnehmern an dem am 6. August in Frankenthal 
zattfindenden 4. Turnfest des Rhein⸗Necargaues die 
ibliche 50procentige Fahrtaxermäßigung eingeräumt. 
die Vergünstigung erstreckt sich nur auf mit Legiti⸗ 
mation versehene Turner. 
— Aus Anlaß der in den ersten Tagen des 
Monats Augufst stattfindenden dreihundertjährigen 
Feier der Universität Würzbur g hat die Direktion 
‚er Pfälzischen Bahnen zur Erleichterung des Be⸗ 
uches den sich legitimirenden Theilnehmern eine 
Fahrtaxermäßigung auf den Pfälzer Bahnen in der 
Weise gewährt, daß die vom 306. Juli ab nach 
ven pfaͤlzischen Uebergangspunkten Speyer Lud⸗ 
vigshafen, Worms, Monsheim, Alzey und Münster 
St. gelösten Retourbillete bis einschließlich 
7. August l. Is. zur Rückfahrt benützt werden 
önnen.“ Die gleiche Begünstigung wird auch im 
Finvernehmen mit den betheiligten Verwaltungen 
auf die direkten Retourbillete nach Würzburg sowohl 
über Mannheim als auch über Worms-Mainz- 
Aschaffenburg ausgedehnt; außerdem können auch 
bon den Pfalzer Stationen zu diesem Zwecke direkte 
Retourbillete nach Aschaffenburg (Hess. Ludwigsbahn) 
abgegeben werden. Sämmtiliche hiefür ausgegebene 
Billeie müssen auf der Rückseite den Stempel der 
Abgabestation aufgedruckt erhalten und ist behufs 
Fontrole dem Zugpersonale gegenüber event. auch 
die bezügl. Legitimatiousfestkarle vorzuzeigen. 
Vermischtes. 
4In München find in jüngster Zeit einige 
dedeutende Unterschlagungen an öfsentlichen Kassen 
aufgedecht worden. Der städtische Taxamtsoffiziant 
Weder hat 40,000 M. veruntreut, der Hausmeister 
einer städt. Schule 3000 M., der Gehilfe des 
Bflasterzoll⸗Inspektors Namens Wimmer 1500 M., 
in Erxpeditor 1400 M. Ferner ist das Vermögen 
des Renten⸗ und Unterstützungsvereins für Frauen 
und Mädchen durch mangelhaste Führung des dem 
Verein gehörenden Ladengschäfts um 63,000 M. 
Jeschadigt worden. Diese Fälle thun dar, wie un⸗ 
Fläßlich eine genaue Kontrole in Geldsachen ist. 
Wäre streng kontrolirt worden, hätten die Verun⸗ 
reuungen und der Geschaftsverlust eine solche Höhe 
aicht erreichen können. 
Der „C. H.“ zufolge wird der Reichskanz⸗ 
ler zu Anfang des Monats August zu vierwöchent⸗ 
ichem Kurgebrauche in Kissingen eintreffen. 
Auf dem Mannheimer Schützen fest wur—⸗ 
den nicht weniger als 10,537 Flaschen Schützen⸗ 
vein, 2130 Flaschen Herrheimer, 198 Flaschen 
Deidesheimer Kieselberg, 200 Flaschen Niersteiner, 
51 Flaschen Scharlachberger Ausstich, 88 Flaschen 
Scharzhosberger, 260 Flaschen rother Oberingel⸗ 
Fin 34 vanze und 124 halbe Bordeaux, 706 
Flaschen Champagner und 50,000 Halbliterglas 
Bier getrunken. 
FIn Köoln sind 76 Soldaten in Folge des 
henusses von trichinenhaltigem Schinken erkrankt. 
4Unter der Ueberschrift: „Frevelhafte 
dindertrachten“, veröffentlicht die „Sozial⸗ 
Correspondenz“ einen Artikel. aus dem wir Fol⸗ 
gendes hervorheben: „Schon oft ist man in den 
Zampf gegen unsinnige, unsittliche und gesundheits- 
vidrige Kindertrachten eingetreten — häufig ver— 
jebens, zuweilen aber doch mit Erfolg. So mö— 
jen denn hier wieder ein Mal einige Mahnworte 
um Schutz der Kinder, zunächst der kleinen Mäd— 
hen, und mit ihnen zum Besten des ganzen jungen 
heschlechtes eine Stätle finden. Schon seit Jahren 
st die schnode Unsitte der ganz kurzen Kleidchen 
ir kleine Mädchen eingerissen. Als sie aufkam, 
ingen die Damen noch in Schleppen einher; man 
aud es vernünftig, daß wenigstens die Kinder 
kleider trugen, in denen sie sich frei bewegen und 
ummeln konnten. Aber dieser Zweck wird doch 
richt minder erreicht, wenn die Röckchen eine Hand 
reit über dem Fußknöchel enden, statt wie jetzt 
aum die Kniee zu bedecken, an denen auch alle 
Interröckchen und Höschen enden. Das sieht nicht 
los häßlich aus und ist ungesund — denn wenn 
iuch Strümpfe oder Gamaschen von Wolle die 
zeine bis über die Kniee bedecken, ist es doch kein 
usreichender Schutz gegen Erkältung im Winter, 
amentlich des Unierleibes —, sondern das Schlimmste, 
vas der weiblichen Jugend geschehen kann: es läßt 
as Gefühl der Scham nicht aufkommen oder er⸗ 
zdtet es, wo es vorhanden.“ 
p Die vom Bundesrathe beschlossenen Bestim⸗ 
nungen über die Verladung und Beförder⸗ 
ug'von lebenden Thie ren auf Eisenbahnen 
nthalten im 8 3 Absatz 5 das Verbot, die Fuß⸗ 
öden offener Wagen mit brennbarem Material zu 
estreuen. Die in Rücksicht hiecan, insbesondere über 
ie Zulässigkeit von Sägemehl, hervorgetretenen 
zweifel haben dem Reichseisenbahnamt Anlaß zu 
ärhebuugen über die im Eisenbahnverkehr bei der 
ziehbeförderung auf offenen Wagen üblichen Streu—⸗ 
rten, wie über die Frage gegeben, wie weit die— 
»lben als „brennbares“ Material auzusehen sind. 
dach dem Ergebniß dieser Erhebungen hat sich das 
deichsseisenbahnamt, wie man hört, dahin ausge— 
prochen, daß Sägmehl auch ohne Zusatz, von 
ʒand, sofern es bei der Viehverladung mit Wasser 
esprengt wird, als brennbares Material im Sinne 
er vorbezogenen Vorschrift nicht zu betrachten, da⸗ 
agegen die aus vereinzelten Fällen constatirte Ver— 
»endung von Stroh, Spreu, grasartiger Streu und 
Torfstreu unzulässig sei. Das Reichseisenbahnamt 
— DDD 
nit entsprechender Weisung versehen werden. 
pCammbluttin den Adern.) Eine in⸗ 
eressante Opperation wurde neulich im Garnisons⸗ 
pital der Uellöerstraße zu Budapest vom Regiments- 
irzt Dr. Tyroch vollzogen: Die Transfussion von 
ꝛammblut in die Blutgefäße eines durch Skorbut 
ingemein herabgekommen und an allgemeiner Atro⸗ 
hie leidenden Soldaten. Der Soldat wurde von 
»em ordinierenden Arzte zu Beginn der vergangenen 
Woche aufgegeben, worauf sich Dr. Tyroch zu der 
Transfussion entschloß. Die Halsschlagader eines 
jesunden Lammes und die Hauptschlagader am 
Urme des Patienten wurden geoͤffnet, und mittelst 
ines eigenen Apparates das Blut aus dem Thier⸗ 
örper in den menschlichen Körper transfundiert. 
Der infolge des Aderlasses ohnmächtig gewordene 
Zoldat eriangte, als das warme frische Blut seinen 
dötper durchströmte, das Bewußtsein wieder und sein 
rüher leichenhaftes Antlitz zeigte eine scheinbar ge⸗ 
unde Röte, Das Befinden des Patienten ist seit⸗ 
er den Umständen angemessen. Er ißt mit Appetit, 
chläft gut; abnorm ist nur seine Körpertemperatur, 
velche mitunter zu 89 bis 40 Grad steigt. 
FGUnterirdische EisenbahninParis.) 
da das Projekt einer oberirdischen Stadtbahn in 
Paris der hohen Kosten für Grundeigenthum wegen 
nicht zur Ausführung gebracht werden kann, so 
vird beabsichtigt, eine unterirdische Bahn zu bauen, 
velche von Saint Cloud nach dem Lyoner Bahn⸗ 
sof führen, und von der eine innere und außere 
dreisbahn abzweigen soll. Die Bahn wird unzähliche 
Stationen und eine Gesammtlänge von 38 Km. er⸗ 
salten. Die Baukosten werden auf Fres. 150 Mill. 
jeschätzt. Bei einem Personentarif von 50 CEts. 
ur die erste, 20 Cts. für die zweite und 10 Ets. 
ür die dritie Klasse rechnet man auf eine Brutto⸗ 
abme von mindestens Fres. 400.000 per Meile 
ind Jahr oder Fres. 15,200,000 für die — 
Bahn. 
(Sonderbare Werthe.) Die Vewoh 
der Salomon⸗Inseln haben ein eigenthunen 
Dezimalsystem. Eine Kokosnuß scheint die 
zu repräsentiren, aber das zirkulirende Rn 
ind Schnüre von weißen und rothen Misgen 
Perlen, Hunde⸗ und Fischzähne. Eine Schur 
geldes ist gleich 10 Kokosnüssen oder einem —9— 
5tock von Tabak (fat stick ef tobaceo). d 
chnüre weißen Geldes gelten so viel, wie 
ZIchnur rothen Geldes oder wie ein dund 
10 Hundezähe machen eine „isa“ oder 50 dsh 
zähne und 10 isa sind gleich einem Frauenztnn 
»on guter Qualität“ — so daß eine Frau 
„esseren Gesellschaft daselbst 10,000 Kokosnn 
verth ist. 
F Absonderlichen Umständen verdan 
jäufig die Städte ihren Namen; einen der drolb 
ten Namen aber führt die allen Rauchern wosh 
ekannte, ihren Frauen greuliche Stadt Habum 
Ddies Wort bedeutet der Tradition zufolge zu deust 
wahnsinnige Wilde“. Bevor die Stadt Habin 
jegründet wurde, befand sich eine Niederlassungdi 
ringeborenen auf der gleichen Stelle. Ein junge 
vahnsinniges, in den spanischen Feldherrn Sanch⸗ 
verliebtes Mädchen verrieth ihre Landsleute am 
Spanier, worauf letztere sich der Niederlassung bemäh 
igten und eine spanische Kolonie anlegten, der Sanqh 
den Namen gab, den die Eingeborenen in ihrer Sprat, 
der Verrätherin beigelegt hatlen: Habana. 
(Die Erntezeiten auf der Erden 
daß in Folge der verschiedenen Zonen und d 
adurch wieder bedingten verschiedenen Jahreszeie 
uuf unserer Erde die Getreide-Ernte in sehr ver 
chiedenen Zeiten siattfindet, ist eine altbekannn 
Thatsache; daß diese Erntezeit aber insgesamm 
nehr als drei Viertheile des Jahres umfaßt, un 
s so nur drei, ja man kann wohl sagen, m 
wei Monate giebt, in welchen nicht irgendwo aur 
eẽrden Getreide geerntet werde, diese Thatsach 
ürfte nicht Jedermann wissen. Es ist darum ni 
janz ohne Interesse, wenn wir hier einen Ernh 
dalender mittheilen. In Australien, Neu-Seelam 
em größten Theile von Chili und einigen Striche 
zer argentinischen Republik findet die Ernte m 
zanuar statt; im darauffolgenden Februar beginn 
je in Ostindien und wird je weiter gegen Notde 
ortschtreitend im März beendet. Mexiko, Aegypten 
Zersien und Syrien ernten im April, währen 
zies im nördlichen Kleinasien, in China, Japan 
Tunis, Algerien und Marokko, sowie in Teras ir 
Nai geschieht. Des Weiteren erntet man in Cab 
ornien, Spanien, Portugal, Italien, Griechenland 
iuf Sizilien und in einigen der südlichen. Deparh— 
nents von Frankreich im Juni. Im übrize 
Frankreich, in Oesterreich Ungarn, Südrußland un 
in einem großen Theile der Vereinigten Staut 
von Nordamerika findet die Ernte im Juli str 
ind im August foigen dann Deutschland, Beltie 
ie Niederlande, Dänemark, Newyork. Im Se 
ember endlich iommen Schottland, Schweden, No 
vegen, der größte Theil von Kanada und Rußlan 
in“ die Reihe und in den nördlichsten Gegend 
»es letztgenannten Reiches, sowie in Finnmatl 
indet das lehte Einbringen der dürftigen Fechsun 
jar erst im Oktober stati. Es sind also alleind 
Nonate November und Dezember, in welchen so 
isch auf Erden keine Ernte-Thätiqkeit vot in 
seht 
— — 
Die milt⸗arische Ausbildung der 
Jugend. 
uUnter dieser Ueberschrift bringt das 9— 
iner Tageblatt“ folgenden hemertenswerthen Aribl 
Es st' wohl auf die Antegung zurüchzufühen 
velche das im Jahre 1881 erschienene preisgelrͤun 
Veri don Raoul Frary Lo perũ nouioru 
Die nationale Gefahr) gegeben hat, daß in dien 
Jahre ein Zirkular des franzosischen Kriegsminisen 
die militärische Einübung der Schul⸗ Jugend Franb 
eichs organisirt, end daß in diesem Augerdlit 
inser den temperamentvollen Bewohnern der pie 
ence eine Bewegung im Gange ist, um auch 
nililtärische Uebung der jungen Leute von 166 
ig Jahren ins Werl zu sehen. Daß die —— 
orwärts geht, kann man daraus ersehen, daß 
em juͤngst ftaitgehabten Einweihungsfest des sn 
zauses zu Paris eines der ESchũler Bataiten 
hor dem Kriegsminister Billot in Harade aufun 
dirt in eaden sih daher: Ist jene Feuen 
— un