Full text: St. Ingberter Anzeiger

st. Fugherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingabert. 
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Tet. Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
dlatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 14 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 146 60 4, einschließlich 
04 Zustellungsgebühr. Die Einrückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 —, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 15 , bei Reclamen 30 3. Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
Montag, 31. Juli 1882. 
17. Jahrg. 
Für die Monate August 
* und September nehmen die Post⸗ 
mstalten, die Austräger und die Expedi— 
son Bestellungen auf dieses Blatt entqgegen. 
Padischah. Die Schwierigkeiien würden auch da⸗: 
zurch nicht geringer werden, wenn etwa in letzter 
-cZtunde doch noch eine zweite und dritte Macht zur 
Intervention mit herangezogen werden sollte. Die 
Hemächlichkeit, mit der die türkische Diplomatie den 
Interventionsmodus berathen will, während die 
ürkische Truppensendung selbst in aller Eile be— 
rieben wird, weist sehr auf die eingangs erwähnten 
Absichten der Pforte hin, vollzogene Thatsachen zu 
chaffen, angesichts deren die älteste „Frage“ immer 
wieder die Neueste werden müßte, die Frage nämlich, 
ob England überhaupt noch als intervenirende Macht 
am Nile nöthig ist. Die Pforte hat übrigens be— 
reits confidentielle Mittheilungen über die Zahl der 
don ihr nach Egypten zu entsendenden Truppen 
und die dazu bestimmten Truppenkörper gemacht, 
auch mit den Bankiers von Galata schon wieder 
ꝛines jener Finanzgeschäftchen in die Wege ge— 
eitet, die in ihrer fragwürdigen Reinlichkeit den 
türkischen Credit wohl mehr untergraben haben, als 
dies selbst die Paschawirthschaft im Stande war. 
Und das will gewiß nicht wenig sagen. 
Konstantinopel, 29. Juli. Achmed Mukhtar 
ergriff Dispositionen zur Entsendung eines Expe— 
ditions-Corps von 20,000 Mann nach Egypten 
in nacheinander folgenden Abtheilungen. 
Athen, 27. Juli. Nach der gricechischen Zeit⸗ 
ung Stoa haben die Kretenser ein Bittgesuch an 
den englischen Gesandten in Athen eingereicht, worin 
sie sich unter den Schutz von England begeben und 
ich bereit erklären, mit England in Egypten zu 
ämpfen. 
— 
Politische Uebersicht. 
Deutiches Reich. 
Der unter dem Vorsitze Bayerns reichsver⸗ 
assungsmaßig bestehende VIII. Bundesrathsausschuß 
wind behufs Prüfung der egyptischen Aktenstücke 
inberufen werden. Derselbe umfaßt außer Bayern 
die Königreiche Sachsen und Württemberg als ge⸗ 
borne und die Großherzogthümer Baden und Meck— 
lenburg⸗Schwerin als gewählte Mitglieder. 
die egyptischen Angelegenheiten sind 
mf diplomatischem Wege soweit in ein europäisches 
Fahrwasser geleitet, daß jetzt nur England und die 
rürkei sich uber den Modus des beiderseitigen mili— 
arischen Vorgehens in Egypten zu einigen brauchen. 
zunächst liegt auch hierzu der Boden leidlich geebnet 
—X 
Wendung, welche durch das Einwilligen der Pforte 
ur Intervention für das europäische Concert sich 
rgeben hat, bedingungslos acceptirt. Konnte es 
a dedurch ermöglichen, aus den Verlegenheiten 
xrauszukommen, die es sich durch sein überstürztes 
borgehen selbst bereitet hatte. Und die Türkei hat, 
hren sonstigen Gepflogenheiten entgegen, die von 
hren Vertretern auf der Conferenz gemachten Zu⸗ 
agen pünktlich erfüllt und bereits am Freitag Abend 
die identische Note vom 15. d. M. schriftlich be— 
mtwortet. Es war also der türkischen Diplomate 
elbst diesesmal um Vermeidung jedes Zeiterlustes 
zu thun. Man folgert daraus, daß die Türkei 
nit der ihrerseitigen Intervention eine vollzogene 
chatsache schaffen wollte, bevor die in Aussicht ge— 
ommenen englischen Truppennachschiebungen erfolgt 
ein kͤnnten. Und als ob diese Thatfache schon 
peschaffen wäre, spricht die Pforte bereits die Hoff⸗ 
aung aus, daß nunmehr jede Intervention von 
anderer Seite gegenstandslos geworden sei und 
mterbleiben werde. Hier ist nun der Knolen nach 
ꝛer einen Seite hin noch zu entwirren. Einstweilen 
rtlärt England, an eire Zurückziehung seiner Truppen 
ei nicht zu denken, eben so wenig an eine Sistirung 
xr Truppennachsendungen. Vielmehr wolle es durch 
den Besitz Alexandriens ein Faustpfand für die 
lünftige Räumung Egyptens feitens der türkischen 
Truppen in der beschlossenen Weise in Händen 
saben. In Berlin mag man sich, wie ein Corre⸗ 
bondent des „Frf. J.“ signalisirt, nicht entschließen, 
wem Wunsche der Pforle Bedeutung beizulegen; 
zuumal derselbe nur in Form einer anmerkenden 
Erklarung“ an den Tag gelegt worden sei. Demnach 
s anzunehmen, daß man in Berlin an ein leichtes 
hinwegkommen über die bestehende Schwierigkeit 
laubt. Wir wollen nur wünschen, daß keine neuen, 
iberraschenden Storungen eintfreten. Sodann buüͤebe 
ur noch die Einigung zwischen England und der 
Rorte über die Daͤgile der mlitärisschen Action zu 
ielen. Bezüglich dieser Details nun will uns 
heinen, als vb zur Zeit noch ein lebhaftes Mis- 
uen die Verständigung nid t vorwärts kommen 
usse. Der Sultun verzögert in augenfälliger Weise 
Proklamation, durch welche Aradi zum Rebellen 
ldaͤrt doerden soll; und, zumal seitdem Arabi neuer. 
ch seine Treue und seinen Gehorsam dem Sultan 
enüber betheuert hat, fürchtet man in England 
cht ohne Grund ein neuerliches Doppelspiel des 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 31. Juli. Die gestern Nach— 
mnittag im Lokale des Herrn Joh. Weirich stattge— 
abte Generalversammlung der Kranken— 
unterstützungs- und Sterbekasse St. 
Ingbert war, in Betracht der regnerischen Wit—⸗ 
terung und der gleichzeitig tagenden Generalver⸗ 
sammlung des Kriegervereins, ziemlich gut besucht. 
Nach dem von dem II. Vorstande, Herrn Stadt⸗ 
schreiber Bayer, erstatteten Bericht über den Stand 
des Vereins beträgt die Mitgliederzahl gegenwärtig 
127 — 81 ordentliche und 46 außcrordentliche 
Mitglieder —, wozu noch 5 Unterstützer des Vereins 
ommen. Der Verein verfügt bereits über einen 
sapitalstock von 500 M., welcher auf dem Vor—⸗ 
schußvereine deponirt ist. Zweimal wurden bis jetzt 
oon der Kasse an erkrankte ordentliche Mitglieder 
die statutengemäße Krankengelder (pro Woche 4 M.) 
ausbezahlt. Nach eingehender Prüfung der vom 
Kassierer, Herrn Karl Becker, vorgelegten Rech— 
nungsbelage seitens dreier von der Generalversamm⸗ 
lung gewählten Revisoren, wurde demselben Decharge 
ertheilt und ihm zugleich für die promte Führung 
der Kasse der Dank der Versammlung ausgedrückt. 
Der Antrag, betr. Gleichstellung des Sterbegeldes 
für die Frau eines Mitgliedes mit dem des Mannes, 
wurde nach eingehender Besprechung einstimmig ab⸗ 
gelehnt, und bleiben also in Zukunft, wie bisher, die 
Vorschriften des 311 der Statuten über das Sterbegeld 
in kraft: „Beim Ableben eines Mitgliedes erhalten 
die Hinterbliebenen ein Sterbegeld von 40 M.; im 
Falle die Frau eines Mitgliedes stirbt, erhält das⸗ 
elbe 20 M. ausbezahlt. Sind Mittel vorhanden, 
önnen diese Beträge, und zwar je um 10 Mark, 
erhöht werden.“ Nachdem noch einige andern, 
ninder wichtige Vereinsangelegenheiten besprochen 
varen, wurde die Generalbersammlung von dem 
Vorstande mit dem Wunsche geschlossen, daß der 
Lerein, wie bisher, sich weiter eniwickeln, daß er 
lühen, wachsen und gedeihen möge. — Die Ver⸗ 
jandlungen hatten zur Folge, daß sich mehrere an⸗ 
vesende Nichtmitglieder sofort zur Aufnahme in den 
Verein anmeldeten. 
*St. Ingbert, 381. Juli. In einer zahl⸗ 
cdeich besuchten General-Versammlung hat gestern 
Nachmittag der Krieger-Verein definitiv die 
S„tatuten der von ihm für seine Mitglieder zum 
Zwecke der Unterstützuug bei Sterbefällen gegrün— 
ꝛeten Sterbekasse festgesetzt. Näheres über den 
Inhalt derselben bringen wir morgen. 
* St. Ingbert, 31. Juli. Auf dem gestern 
in Zweibrücken stattgehabten Bezirksturnfeste 
war der hiesige Turnverein durch seinen J. und II. 
Präsidenten, die Herren Karl Becker und Karl 
Bernasko, sowie durch drei Vorturner, die Hrn. 
Jul, Pickel, Pet. Legner und Joh. Thiery, 
hertreten. Die drei Letztgenannten nahmen auch 
au dem von dem Bundesturnwarte Herrn Mein— 
Ausland. 
Paris, 29. Juli. Die Kammer lehnte die 
Treditforderung für die egyptische Intervention mit 
150 gegen 75 Stimmen ab. In Folge dessen be 
jaben sich die Minister ins Elysee, um ihre Ent— 
assung einzureichen. Grevy bat dieselben, die Ge⸗ 
chäfte bis zur Bildung eines neuen Cabinets 
ortzuführen. 
London, 29. Juli. Die angeblich friedlichen 
Absichten Arabi's werden allgemein bezweifelt. 
Die englischen Bedingungen für eventuelle Unter— 
jandlungen würden sein: Verbannung Arabi's und 
einer Haupt⸗Parteigänger, Auflösung des größten 
Theiles der nationalen Armee und strenge Bestraf— 
ing der Schuldigen an den Greuelthaten vom 11. 
Juni und aus der Zeit des Bombardements. — 
Daily News erklärt, weder Admiral Seymour noch 
Heneral Alison würden sich durch solche Spiegel— 
echtereien Arabi's täuschen lassen, da dieselben von 
fortgesetzten militärischen Rüstungen begleitet seien. 
Das Organ Aksakow's, die Russj., fährt fort, 
zegen Deutschland aufzureizen. In der 
neuesten Nummer schreibt der Posener Correspondent 
des Blattes: „Wie mich einige Posener Einwohner 
hersicherten, reden die kriegerischen Deutschen in 
Preußen, wie man sie abcommandiren wird, um 
ins (den Russen) Polen und die Ostseeländer ab⸗ 
unehmen. Die auf den französischen Krieg ge⸗ 
iichteten Kriegslieder seien umgearbeitet: statt 
Frankreich“ ist überall „Rußland“ gesetzt, statt 
„Franzosen“, „Russen“, und so werden diese Lieder 
etzt gesungen.“ Nowoje Wremia citirt diesen Passus 
mit innigem Behagen. 
Kousftantinopel, 29. Joli. Die Engländer 
'ordern Alexandrien als Faustpfand für den recht⸗ 
jeitigen Wiederabzug der türkischen Interventions⸗ 
truppen, bis zu welchem sie den Platz besetzt halten 
wollen. Die Schein-Versuche Arabis, behufs seiner 
Unterwerfung zu unterhandeln, sollten nur dem 
Sultan ermöglichen, den von den Engländern ge— 
forderten Erlaß, durch den Arabi vom Sultan als 
Rebell erklärt werden soll, zu umgehen. 
Konstantinopel, 29. Juli. Das türkische 
Zögern in Verbindung mit der Arabi bezeugten 
Achtung erweckt bei England Verdacht und erschwert 
zie Verständigung über die Durchführung der 
nterbention.