Full text: St. Ingberter Anzeiger

ↄ*l. Justbherter Auzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert. 
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* 151. 
Donnerstag, 3. August 1882. 
—17. Jahrg. 
41 Es liegt auf der Hand, daß namentlich nach dem 
Politische Uebersicht. Ausgange der französischen Samstagsdebatte England 
eigentlich die Annexion des Pharaonenlandes abge— 
sehen von dem bischen Türkei als besiegelt ansehen 
konnte. Ein längerer Leitartikelzyklus der „Times“ 
hatte bereits für Egypten eine ähnliche Stellung wie 
diejenige Indiens verlangt; bekanntlich bestehen auch 
in dem letzteren Lande noch Vasallenfürstenthümer 
neben der unmittelbaren englischen Herrschaft. Der 
Khedive als ein anderer Guikowar von Gwalior, 
das war der Kern jener aus Regierungskreisen 
stammenden Darlegung. England knüpfte die Zu— 
lassung der türkischen Mitintervention hochfahrend 
an den englischen Oberbefehl über die türkischen 
Truppen, eine einer Ablehnung gleichkommende Be— 
dingung. Plötzlich aber ändert sich das Bild und 
der Suezkanal wird aus einer englisch-französisch— 
türkischen eine europäische Angelegenheit. Ohne 
den Kanal aber ist Egypten mit seinen blutbe— 
pritzten Trümmern und seinem fanatisirten Volke 
naur ein Ballast und kein Besitz. Die Engländer 
werden sich um dieses Land allein nicht in eine 
europäische Verwicklung stürzen. 
Ausland. 
einverstanden, welche von der Conferenz gebilligt 
werde. 
Konstantinopel, 2. Aug. Der Kriegs— 
minister hat für morgen die Abfahrt der Trans⸗ 
portschiffe mit vier Batterien Artillerie angeordnet; 
die Schiffe nehmen in Salonichi fünf Bataillone, 
in Stutari Albanien drei Bataillone auf und gehen 
sodann nach Alexandrien. Weitere Truppensendungen 
folgen nach— 
München, 1. August. Der kgl. Staats· 
mister des Innern, Frhr. v. Feilitzsch, wird 
m 24. d. M. in Nürnbetg eintreffen und am 
olgenden Tage, dem Geburts. und Namensfeste 
5. M. des Königs, die Preisevertheilung in der 
dandesausstellung vornehmen. Wie man hier ver⸗ 
nuthet, werden am genannten Tage auch einige 
urch die Ausstellung veranlaßte Ordensverleihungen 
nolgen. (Pf. K.) 
Berlin, 1. Aug. Der Kriegsminister hat 
irzlich bestimmt, daß die Prüfung zum einjährig— 
reiwilligen Dienst nur einmal gemacht werden kann, 
tia nicht wiederholt werden darf. 
Berlin, 1. August. Behufs energischer 
—D 
n Suezkanal ist die Berufung einer internationalen 
iontrolkommission projektirt. 
Bezuglich der bayerischen und württem⸗ 
gergischen Reservatpostrechte will die „Magdb. 
ztg.“ wissen, daß von hier aus Verhandlungen mit 
beiden Regierungen eingeleitet werden, während man 
hiehet es vermieden hat, der Angelegenheit näher 
zu treten. Vielleicht wird vorerst so viel erreicht, 
daß dort abgegebene Reichs- und im Reichsgebiete 
aufgegebene bayerische und württembergische Marken 
und Karten wenigstens zur Absendung, wenn auch 
dieleicht als unfrankierte Briefe, gelangen, was 
bis jetzt nicht der Fall ist. 
Fürst Bismarck hat nach einer glaubwür⸗ 
gen Berliner Nachricht der „Sir. P.“ sich in der 
württem ber gisch bayerischen Briefmarken⸗ 
ugelegenheit dahin ausgesprochen, daß es nicht 
kache des Reichs sei, in dieser Angelegenheit einen 
druck auf die betreffenden Einzelstaaten auszuüben, 
ielmehr sei von der , Aeußerung der öffentlichen 
Neinung“ und der zu erwartenden, besseren Einsicht“ 
e Wandlung zu hoffen. Damit können die 
ireunde der Reform vollauf zufrieden sein; legt 
od damit der Reichskanzler das Gewicht seiner 
Zümme selber in die Waagschole der dffentlichen 
beinung. 
nie neuesten Vorgänge in Betreff der egyp⸗ 
cen Frage veranlaßt die Sudd Pre* zu 
enden Bemerkungen: Zu den erprobtesien poü- 
shen Künsten des Fürsten Bismara gehört seine 
mhigleit, sich in dem techten Uugenbůg iodl zu 
ilen und dann plötzlich sehr lebendig zu werden. 
ugland gla:rbte am Hil allein zu sein und höchstens 
arme Türkei ein wenig mit in Rechnung ziehen 
dürfen; plötzlich sieht es Europa vor sich. Auf 
Antrag deutschlands finden Verhandlungen 
ver ein europäisches Organ zum Schutz des Suez⸗ 
gus statt, außer den Großmächten werden Spanien, 
Niederlande und Griechenland hinzugezogen 
n Der Antrag kann nirgends abgelehi werden, 
— er ist selbstverständlich; Oesterreich und die 
tunte haben ihm bereils enthusiastisch zugestimmt 
die „mitei igeladenen Mittel- und Kleinmächte 
en sich gewiß gerne einmal in der größeren 
lchaft sehen lassen. Der Antrag ist ein sehr 
ames „Schach“ auf dem von der englischen 
viik in Egypten eingeschlagenen Wege. In 
on behaupiet man, auf dem Berliner Kongresse 
id7s Egyplen bereits durch Deutschland ange⸗ 
nerhalten, damals aber ausgeschlagen zu haben. 
‚mn das wahr ist, kann man Gelegenheit zum 
auern über diese seltene Enthaltsamten hekommen. 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
*St. Ingbert, 2. Juli. Gestern wurde 
auf dem hiesigen Hüttenwerke das neuerrichtete 
Walzwerk für schweres Balkeneisen in Betrieb ge⸗— 
esetzt. 
— St. Ingbert, 3. Aug. Dem Vernehmen 
nach hat sich der Stadtrath in seiner letzten Sitzung 
hezüglich der Baustelle für das im Laufe des näch- 
ten Sommers zu erbauende 3. Volksschulhaus für 
den Platz neben dem neuen Amäisgerichtsgefängniß 
in der alten Bahnhofsstraße entschieden. 
—t Blieskastel, 1. August. Aus dem 
Jahresbe richt der hiesigen königl. Präpa— 
randenschule entnehmen wir hinsichtlich der 
AͤDVV 
zählte zu Beginn des Schuljahres 19 Schüler; von 
diesen verließen im Laufe des Schuljahres — in⸗ 
folge unbefriedigenden Fortgangs — 2 die Anstalt, 
so daß die Zahl derselben am Schlusse noch 17 
deträgt. Der Mittelkurs zählte zu Anfang des 
Schuljahrs 25 Schüler, wovon im Laufe des 
Schuljahres 5 austreten mußten, so daß ihre nun— 
mehrige Zahl noch 20 beträgt. Der Oberkurs 
zählte anfänglich 21 Schüler, von denen einer frei— 
villig ausgetreten ist; Summa der Schüler des 
Oberkurses am Schluß des Schuljahres fomit 20. 
Summa der Schüler der 3 Kurse: 57. Diese am 
Schluß des Schuljahres vorhandenen 57 Zoglinge 
bertheilen sich nach den Berufsarten der Eltern 
folgendermaßen: 7 oder! 12,28 00 sind Lehrerssoöhne; 
19 oder 33/3 0 sind Söhne von Landwirthen; 
15 oder 28,07 80 sind Söhne von Handwerkern 
und Gewerbetreibenden, 12 oder 2105 600 sind 
Söhne von Bediensteten und Angestellten; 2 oder 
3,5 30 sind Söhne von Kaufleuten und Landkrä— 
mern und 1 oder 1,75 90 ist der Sohn eines 
Tagloöhners. Der Confession nach vertheilen sich 
die 17 Schüler des 1. Kurses in 9 Protestanten 
und 8 Katholiken. die 20 Schüler des 2. Kurses 
in 5 Protestanten und 15 Katholiken, die 20 
Schüler des 3. Kurses endlich in 4 Protestanten 
und 16 Katholiken. 
— Zweibrücken, 2. Aug. Die löbl. 
Bahnverwaltung dahier wünscht die Anzahl der— 
jenigen Personen zu erfahren, die sich an dem 
Extrazuge nach Nurnberg (Samstag den 5. 
August) betheiligen mollen. Man bittet daher um 
sofortige Anmeldung beim Vorstande des Gewerbe⸗ 
nereins. Hrn. Fabrikant Andres, dahier. 
—— 
— Gleishorbach, 30. Juli. Die so sehr 
gefürchtete Traubenkrankheit (das Oidium), die sich 
vor einiger Zeit am miittleren Gebirge angekündigt, 
st nun auch bei uns zum Vorschein gekommen, zwar 
noch sehr vercinzelt, aber doch genug, um unsere 
Hoffnung auf einen reichlichen Herbst etwas herab⸗ 
zustimmen. Die Bergwingerte find bis jetzt von 
dem unheimlichen Gaste befreit geblieben, werden 
aber infolge der zu sehr wechselnden Witterung qauf 
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London, 1. August. Sämmtliche in Alexan— 
drien gelandeten Matrofen und Seesoldaten sind an 
Bord zurückbeordert worden. Aus Port-Said wird 
dom Sonntag gemeldet, daß die Araber unermüdlich 
en ihren Fortifikationen arbeiten, besonders bei 
Damiette und Rosetta. Das deutsche Kanonenbool 
„Möve“ ist soeben in den Suezkanal' eingelaufen 
»s hat von seiner RPegierung den direkten Befehl 
erhalten, mehrere deutsche Schiffe die abwartend in 
Zuez liegen, durch den Canal zu begleiten. 
London, 1. August. Vor Alecxandrien ver—⸗ 
jält sich der Feind ruhig. Es verlautet, eine 
zrößere Zahl lagere in der Nähe und die 
zroße Menge Gesindel in der Stadt gibt indeß 
Befürchtungen wegen neuer Brandstiftungen Raum 
London, 1. August. Aus Alexandrien wird 
3 Uhr Nachmittags gemeldet: Ali Fehmy, ein Par⸗ 
eigänger Arabi's, wollte mit einer kleinen Abthei⸗ 
ung die Stadt Assinth in Oberegypten in Besitz 
nehmen, wurde aber von dem alten Gouverneur 
in die Flucht geschlagen. Osmann hält die Provinz 
iür den Khedive mit 2000 Mann besetzt. 
London, 2. Aug. Daily News wiederholt, 
»aß die britische Regierung eine Coopcration mit 
der Türkei in Egypten von der weiteren Bedingung 
ibhängig mache, daß kraft einer abzuschließenden 
nilitärischen Convention die Pforte sich verpflichtet 
die türkischen Truppen unter den Befehl Wolseley's 
zu stellen. 
Die europäische Konferenz⸗Pauke hat ein 
doch bekommen. Rußland ist formell von der 
onferenz zurückgetreten, d. h. der russische Ver— 
rreter auf der Konferenz hat den übrigen Mitgliedern 
derselben die Mitteilung gemacht, Rußland betrachte 
die egyptische Frage als eine zwiefache und werde 
cich lediglich an der Diskussion der Suez-Kanalfrage 
betheiligen. 
Konstantinopel, 1. August. Die Pforte 
toll demnächst ein Rundschreiben an ihre Vertreter 
m Auslande erlassen, worin sie auf die Hindernisse 
hinweist, welche England der türkischen Intervention 
entgegenstellte. — Betreffs der augenblicklich unter 
den Mächten schwebenden Verhandlungen bezüglich 
der durch die Conferenz herzustellenden gemeinsamen 
Zchutzmaßregeln für den Suezkanal soll die Pforte 
dereits erklärt haben, sie sei mit jeder Maßregel