Full text: St. Ingberter Anzeiger

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eyset Au;zeiget 
st. Funherter Amzeiger. 
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Inabert. 
7 Ingberter Anzeiger“ erscheint woͤchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗ 
eit und Sonntags mit Sfeitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 1.4 40 3 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 146 60 H, einschließlich 
I Zufiellungsgebuhr. Die Eiurückungsgebühr fur die 4gespaltene Garmondzeile oder deren Raum beträgt bei Inseraten aus der Pfalz 10 Z, bei außerpfälzischen und solchen 
auf welche die Expedition Auskunft ertheilt. 13 4. bei Reclamen 80 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet. 
M 155. 
Politische Uebersicht. 
Deutsches Reich. 
gerlin, 7. Aug. In den Conferenzbera⸗ 
ugen dürfte eine Pause eintreten, insofern die 
Midelung der Ereignisse auf dem Actionsschau— 
ein Abwarten nothwendig machen wird. 
h wird versichert, daß es sich auch in diesem 
e nur um eine Sistirung der Berathungen für 
jange handelt, als sich eben für die Conferenz 
Alaß zu Verhandlungen bietet. Die Confe— 
qz würde aber den Ereignissen gegenüber auf dem 
rire bleiben, woraus sich von selbst ergibt, 
zdas gemeinsame Streben der Mächte darauf 
uichtet bebe, im Wege der Conferenz zu ver⸗ 
ten, daß aus der egyptischen Frage eine weitere 
nflagration entstehe 
Ausland. 
leber euglische Mängel und Gebrechen 
reibt der Londoner Correspondent des „Berl. 
gbl.“: „Sie werden mir gewiß nicht den Vor—⸗ 
uͤrf der Engländer-Feindschaft machen können; im 
zegentheile, ich gehöre zu den begeistertsten Be⸗ 
underern von Alt⸗England, dessen kernigen, präch⸗ 
den, zähen Volkes und der wunderbaren Einrich⸗ 
ingen des Landes. Allein in gewissen Dingen 
heinen die Engländer geradezu unfähig zu sein, 
was zu lernen. Jedermann erinnert sich, wie 
uz englische Kriegsdepartement zu Anfang des 
rimkrieges vollständig zusammenbrach, und wie 
zfähig sich dasselbe für seine Aufgabe zeigte. Die 
glischen Journale deckten schonunbslos alle Fehler 
. Kommissionen wurden eingesetzt, um für die 
ukunft derartige Verhältnisse unmöglich zu machen; 
ne Armee⸗Reorganisation wurde vom Parlamente 
chlossen und eingeführt, und — das Resultat 
ugt heute genau dieselben Vorkommnisse wie vor 
3 Jahren. Die Armee- sowie die Seebehörden 
zeinen von dem Gedanken einer Kriegserklärung 
xttascht zu werden, Alles ist unfertig und unvor— 
reitet, in allen Departements muß von Grund 
if Alles erst neu angeschafft, neu angeordnet werden, 
3 wäre die Möglichkeit eines Feldzuges etwas 
anz außerhalb aller Berechnung Liegendes. Die 
narden sollen ins Feld geschickt werden. Anftatt 
t schon während der langen Friedensjahre Be⸗ 
uthungen und Vorbereitungen getroffen worden, 
xlche Uniform für den Fall einer Campagne in 
gem heißen Klima die passendste wäre, bleibt es 
ir den letzten Augenblick vorbehalten, darüber zu 
athen und zu enischeiden. In den letzten Stunden 
rortlich zu nehmen) werden die Uniformen und 
rüstung für Mann und Pferd angefertigt; die 
hiffe in einem Lande wie England, welche zum 
lansborte der Soldaten extra gebaut werden, sind 
iht verwendbar oder bereit, und man muß für 
aures Geld bei allen Privat⸗Gesellschaften Schiffe 
m Transport miethen. Alles was für den Feld⸗ 
nöthig ist, muß erst neu gemacht werden; kein 
under denn, daß seit Wochen die angestrengieste 
tuigteit nothwendig ist, daß für die Fortsendung 
.Einschiffung von einigen Tausend Soldaten 
unige immense Vorbereitungen nothwendig sind. 
einer Kriegsparatschaft ist nicht die geringste 
vorhanden. Die Kommandos, vom Ober⸗ 
eral dis zum letzten Lieutenant herab, werden 
in der letzten Stunde und da nach manchem 
und Herzerren vergeben. Herzweh und Murren 
herufskreisen. weil Dieser oder Jener vorgezogen 
Dienstag, 8. August 1882. 
17. Jehrg 
cheint, weil im letzten Augenblicke wieder alles über 
den Haufen geworfen wird, was früher beschlossen 
purde; Einfluͤsse aller Art, die sich geltend machen; 
urz, das gerade Gegentheil dessen, was für eine 
asche Organisation nothwendig ist. Doch England 
st zähe und patriotisch, und trotz aller Mängel 
jelang es ihm immer noch bisher uͤber seine Feinde 
u siegen. Darauf verläßt sich und sündigt denn 
as Land immer auch von Neuem wieder.“ 
London, 7. Aug. Einer offiziellen Meldung 
jus Alexandrien zufolge war die englische Recog- 
oscirung durch die Meldung veranlaßt, Arabi 
volle sich von Kafr⸗el-Douwar nach Damanhur 
urückziehen. Die englischen Verluste sind: 1 
rieutenant und 1 Mann todt, sowie 7 Mann ver⸗ 
vundet, von der englischen Marincabtheilung 2 
Nann todt und 22 verwundet. Privatmeldungen 
chätzen den Verlust der Egypter auf 200 bis 300 
gefangene, sowie ein Offizier und 14 Mann todt. 
dach den Berichten der Gefangenen bestanden die 
Cruppen Arabi's aus einem Bataillon des zweiten 
segiments und einem Bataillon Mustaphezims (2). 
die bei Kafr⸗el-Douwar zusammengezogene Trup⸗ 
enmasse Arabi's besteht nach der Angabe der Ge⸗ 
angenen aus 4 Regimentern Infanterie, je einem 
segiment Cavallerie und Artillerie und 455000 
zeduinen, im Ganzen 16,000 Mann. Die erste 
Zertheidigungslinie Arabi's wird nicht durch 
Schanzwerke, sondern nur durch Gebüsche. Gebäude 
ind Barrikaden geschützt. 
* St. Ingbert, 8. August. Unter den 
zür das DI. Quartal der pfälzischen Schwurgerichts- 
itzungen als Geschworene ausgeloosten 30 Herren 
befindet sich auch Herr Apotheker C. A. Weigand 
von hier. 
* St. Ingbert, 8. Aug. Morgen Abend 
indet in unserem Saison-Theater zum Benefize 
ür Fräulein Toni Lippert die Aufführung des 
2Arronge'schen Lustspieles „Wohlthätige 
Frauen“ statt. Wie in den übrigen Erzeugnissen 
zer L'Arronge'schen Muse, so weht auch in „Wohl⸗ 
hätige Frauen“ ein gesunder Humor, und es sei 
zarum allen Freunden eines solchen die morgige 
Vorstellung zum Besuche recht angelegentlichst em⸗ 
Fohlen 
*St. Ingbert, 8. August. Dem am ver— 
lossenen Sonntag in Lambsheim bei Franken⸗ 
hal stattgehabten Verbandstage der pfälzischen 
dampfgenossenschaft CVerband der Krieger⸗, 
Veteranen⸗ und Kampfgenossen-Vereine der Pfalz), 
vohnie von hier Herr Kaufmann H. Fischer 
in seiner Eigenschaft als Kreisausschußmitglied und 
ils Vertreter des hiesigen Krieger-Vereins an. Der 
Verbandstag war von Nah und Fern sehr zahlreich 
zesucht und verlief in recht würdiger Weise. Eine 
besonders lebhafte Debatte knüpfte sich an den 
Punkt der Tagesordnung, der von der Gründung 
eines Sterbekassevereins für die bayerischen Kampf⸗ 
jenossenschaftsglieder handelte. Nachdem von ver⸗ 
schiedenen Seiten diesem Projekte das Wort geredet 
worden war, glaubte der J. Vorstand des Lambs⸗ 
hzeimer Krieger⸗Vereins, Herr Bürgermeister und 
Reichstagsabgeordnete Dr. Groß, unter Hinweis 
nuf das in Aussicht stehende Reichsunfallversicher⸗ 
ingsgesetz, in dieser Angelegenheit eine zuwartende 
S„tellung, einnehmen zu sollen, um so mehr, da die 
Berwirklichung dieses Gedankens auf ungeahnte 
-Zchwierigkeiten stoßen werde. Herr Dr. Groß 
ibernahm es auch, im Reichstage einen Antrag zu 
tellen, durch welchen Erleichterungen bei Pen—⸗ 
ionierung erkrankter Krieger bezweckt werden sollen. 
ach Erledigung verschiedener anderer, minder wich⸗ 
iger Angelegenheiten, wurde der bisherige Vorstand 
oer Akklamation wiedergewählt. 
* Ensheim, 8. Aug. Wie bereits in diesem 
Blatte bekannt gegeben, wird vom 10. dss. Mis. 
ib an jedem Donnerstag in der Woche dahier ein 
Wochenmarkt abgehalten. Es wird damit einem 
chon längst gefühlten Bedürfnisse unserer Bepölker— 
ung abgeholfen. 
*— Wie alljährlich, so wurde auch heuer der 
Jahrestag der Schlacht von Spichern in unseren 
stachbarstädten St. Johann und Saarbrücken 
eierlich begangen. 
*— Am verflossenen Sonniag fand zu Neustadt 
ine sehr zahlreich besuchte Versammlung der na—⸗ 
ionalliberalen Partei des Wahlkreises Neustadt⸗ 
dandau statt, in welcher der Reichstagsabgeordnete 
»es genannten Wahlkreises Herr Senaispräsident 
hetersen von Colmar, in längerer Rede seinen 
Wählern Rechenschaft erstattete über seine Wirksam⸗ 
eit im Reichstage, insbesondere auch über die 
Stellung der Nationalliberalen zu den von der 
Regierung vorgelegten Gesetzentwürfen. Nachdem 
er zu Ende seines mit großem Beifall aufgenommenen 
Vortrages das Verderbliche einer extremen Herr⸗ 
schaft an Frankreich bewiesen hatte, schloß er mit 
der Mahnung, „so sehr auch das Parteiinteresse 
hoch zu halten sei, höher als dieses stehe das Interesse 
Jes deutschen Nolkes“ 
Lokale und pfälzische Nachrichten. 
* St. Ingbert, 7. Aug. Auf dem Eta⸗ 
lissenent des Herrn Rud. Böcking u. Co. zu 
»allbergerhütte bei Saarbrücken ist seit einigen 
Tagen eine Telephonleitung eingerichtet, welche die 
edeutenden und ausgedehnten Betriebsanlagen die— 
es Werkes verbindet. Die neue Einrichtung soll 
ich besonders wegen ihrer Einfachheit und der durch 
ie bewirkten Zeitersparniß im Verkehre als sehr 
equem erweisen, sich überhaupt ausgezeichnet be— 
pähren. 
* St. Ingbert, 8. Aug. In jüngster 
zeit trafen abermals zwei frühere Bürger unserer 
„tadt, die vor Jahren nach Nordamerika aus— 
danderten und sich daselbst eine neue Heimath 
ründeten, zum vorübergehenden Besuche von dort 
jsier ein. Wie sie erzählen, ist in diesem Jahre 
iberhaupt ein sehr zahlreicher Besuch von Deutsch⸗ 
merikanern in ihrer alten Heimath zu erwarten. 
*St. Ingbert, 8. Aug. (artoffelkeime 
tatt Setzkartoffeln.) Unserer gestrigen Mittheilung 
ber einen selltenen und reichen Kartoffelsegen kön⸗ 
jen wir heute einen Bericht über eine weitere 
dartoffelkuriosität folgen lassen. Seiner Zeit 
rachten wir im „Anz.“ unter der Rubrik „Ge⸗ 
neinnütziges“ die Notiz, daß man außer Sezzar—⸗ 
offeln auch Kartoffelkeime zur Aussaat be—⸗ 
zützen könne. Frau B. dahier machte nun darauf 
ie Probe und sieht jetzt jene Mittheilung volllommen 
estätigt. Die aus den Keimen gezogenen Stöcke 
aben sich recht hübsch entwickelt, und wurde uns 
seute eine, an solchem Stocke gewachsene, wohlge⸗ 
ildete Kartoffel (rothe Frühkartoffel) gezeigt, welche 
die Groöͤße eines. Gänseeies hat. Frau B. beabsich— 
igt, die Kartoffeln vollig auswachsen und reif 
verden zu lassen, um zu sehen, wie dieselben lohnen. 
Jedenfalls dürfte es sich empfehlen, im nächsten 
Jahre noch weitere Proben in dieser Hinsicht 
machben