st. Inberter Anzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
Et. Ingberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
att und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 A 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 60 H, einschließlich
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auf welche die Expedition Auskunft eriheilt, 13 , bei Reclamen 30 . Bei 4maliger Einrückung wird nur dreimalige berechnet.
—J Samstag, 12. August 1882.
17. Jahrg
Politische Uebersicht. —
der Ausgewiesenen, nach Verhängung des Belager⸗
ungszustandes über Leipzig und Umgegend im Juli
»origen Jahres veröffentlichten und mit Namen
interzeichneten Flugblattes. Die Anklage lautet auf
Lergehen gegen 8 131 und auf verleumderische und
infache Beleidigung des Bundesrathes (88 183,
85, 186). Außer den 3 Obengenannten war der
Drucker des Flugblattes, Herzog von Mainz, ange⸗
lagt. Herzog, der auf Requisition des Landgerichtes
deipzig in Mainz verhaftet worden war, wurde
uus dem Gefängniß vorgeführt. Die drei anderen
Ingeklagten, sämmilich aus Leipzig ausgwiesen, er⸗
hienen mit Erlaubnißkarten der Kreishauptmann⸗
haft versehen. Die Verhandlung dauerte unter
lusschluß der Oeffentlichkeit bis kurz vor 12 Uhr.
die Angeklagten verurtheilten sich selbst. Der Ge—
ichtshof berieth fast drei Stunden lang. Nach dem
urz vor 3 Uhr verkündigten Urtheil wurden Bebel,
dasenclever und Liebknecht in allen Punkten schuldig
»efunden und je zu einer Gefängnißstrafe von 2
Monaten verurtheilt. Herzog wurde in allen Punkten
reigesprochen. (Fr. 3.)
Ausland.
London, 10. August. Beim gestrigen Banket
m Mansionhouse kündigte Childers an, daß ab
Norgen täglich Truppen in Alexandrien landen.
hHladstone sagte: Egypten sei ein unentbehrliches
yandelsthor für beide Hemisphären. Dieses Thor
all offen und das Land friedlich sein. Nicht alle
5taaten haben gleiches Interesse daran. Wir be⸗
riegen nicht das Volk, wollen vielmehr ein freies
zlückliches Egypten. England geht dorthin mit
einen Händen, ohne geheime Absichten; wir fordern
iur was die übrigen Nationen uns gewähren, ihr
hertrauen und die guten Wünsche.
London, 10. August. Berichte aus Larnaka
Insel Cypern) melden, daß in Beyrut heute Nacht
lnruhen ausgebrochen sind. Ein Muselman wurde
rmordet und die That von einigen Fanatikern auf
ie Christen geschoben. Aufgeregte Pöbelhaufen
otteten sich unter dem Ruf: „Tod den Christen“,
usammen. Die Polizei ergriff die Partei der Auf—⸗
ührer. Es herrscht große Panik unter den Christen,
yelche schaarenweise ins Gebirge fliehen; Viele
ourden verhaftet; alle Läden sind geschlossen. Die
S5tadt ist augenblicklich ruhiger, doch befürchtet man
veitere Gewaltthaten der mohamedanischen Be⸗—
oͤlkerung.
Konstantinopel, 8. August. Derwisch
hascha und Gefolge reisen nach der morgen statt⸗
'ndenden Conferenzsitzung nach Alexandrien ab.
Der Sultan erließ einen Irade bezüglich der Aechtung
Arabi's und bezüglich der die türkische Expedition
n Egypten regelnden Militärconvention.
In Egypten stehen die Engländer militärisch
ioch so ziemlich auf demselben Fleck, wie vor dem
ingeblich für sie so siegreichen Recognoscirungsgefecht
om verflossenen Samstag. Daß sie keinen oder
urchschlagenden Erfolg errungen haben, zeigt die
khatsache, daß Arabi sich nach wie vor in seinen
Zositionen vor Alexandrien behauptet. Die Eng⸗
änder drangen wohl vor, waren aber nicht zahl⸗
eich oder geschickt genug, die eroberten Stellungen
estzuhalten, in die dann der Feind von Neuem
inrückte. Kein Wunder, daß jener „Sieg“ Arabi
icht entmuthigt hat, der vielmehr neuerdings einen
reilich mißaglückten Verstoß versuchte.
hier, um mit dem kgl. Bezirksarzte Herrn Dr.
Wittenmeyer, dem kgl. Distriktsschulinspektor
Irn. Dengel, Hrn. Bauschaffner Hauser und dem
Stadtrathe den von letzterem als Baustelle für das
neue Schulhaus vorgeschlagenen Platz hinter dem
neuen Amtsgerichtsgefängniß in der alten Bahn⸗
hofsstraße zu besichtigen. Nachdem dieses geschehen,
purden noch einige andere zu vorbezeichnetem Zwecke
porgeschlagene Plätze in Augenschein genommen.
Ob die in dieser Angelegenheit ziemlich weit aus—
einandergehenden Meinungen sich geeinigt haben
und bereits ein definitives Resultat erzielt ist,
tonnten wir nicht erfahren.
* St. Ingbert, 11. Aug. Am Miittwoch
verstarb zu Zweibrücken nach längerem Leiden
im Alter von 56 Jahren der kgl. Bergamtmann
herr Anton Bockhari, Ritter des Verdienst⸗
ordens 1. Klasse vom heil. Michael. Der Ver—
torbene war früher längere Jahre dahier als Mark—
scheider und Bergmeister angestellt und steht von
Aieser Zeit her bei den Angehörigen der hiesigen
Znappschaft, wie bei Allen, die ihn kannten, im
hesten Andenken. Möge ihm die Erde leicht sein!
*St. Ingbert, 11. Aug. Wie wir einer
tatistischen Arbeit im „Pf. K.“ entnehmen, hatte
St. Ingbert im Jahre 1840 (von welchem
Jahre an erst aus der Pfalz spezielle Zählungen
der Gemeinden im statistischen Bureau zu München
horliegen) eine Einwohnerzahl von 4015 Seelen; 1861
betrug dieselbe 6918, 1875 9220 und 1880 8811.
Es ergiebt sich somit für die Periode von 1840/61
eine Zunahme von 72,3 Proz., für die von 1861/75
eine solche von 41,8 Proz., für die von 1875/80
eine solche von 6,4 Proz. und für den ganzen
Zeitraum 1840,80 eine solche von 144,8 Proz.
In Bezug auf die Zunahme der Bevölkerung in
der Zeit von 1840 bis 1880 nimmt St. Ingbert
von den pfälzischen Städten die 3. Stelle ein, nur
Ludwigshafen mit einer Zunahme von 16580,0
Iroz. und Kaiserslautern mit einer solchen von
219,1 Proz. stehen ihm voran. Nach ihm folgen
Frankenthal mit 95,6 Proz., Pirmasens mit 87,8
Proz., Germersheim mit 82,5 Proz., Neustadt a. H.
nit 69,7 Proz., Speyer mit 39,8 Proz., Zwei⸗
brücken mit 37,0 Proz. und Dürkheim mit 20,6
Proz. Bei Landau ergiebt sich durch den Wechsel
der Militärbevölkerung eine Abnahme von 26,0
Proz. — Geburten hatte St. Ingbert 1876
... 509, 1877 ... 514, 1878 ... 463,
1879 ... 523, 1880 ... 473.
* St. Ingbert, 11. Aug. Zum Benefize
sür Herrn A. Nidolfi kommt heute Abend in
unserem Saison⸗⸗Theater das Volksstück von
Rudolf Kneisel „Die Lieder des Musikinten“ zur
Aufführung. Herr Nidolfi hat damit eine recht
zlückliche Wahl getroffen und da die Hauptrollen
auch in guten Händen liegen, so steht dem the⸗
nerliebenden Publikum mit der heutigen Vorstellung
ein angenehmer und genußreicher Abend in Aussicht.
*St. Ingbert, 11. August. Die günstige
Witterung der letzten Tage hat es ermöglicht,
das Getreide zum größten Theile unter Dach zu
zringen. Es war aber auch die höchste Zeit; denn
oielfach wird schon über das Auswachsen der Körner
jeklagt. Uebrigens scheint es, als ob das Wetter
endlich ein anhaltend gutes bleiben wolle. Wenn der
Wetterbericht der „Köln. Ztg.“ Recht behält, so
saben wir sogar Aussicht auf einen warmen. tro⸗
kenen Herbst.
—t. Blieskastel, . Aug. Die am
Bestrigen stattgehabte Schlußfeier der hiesigen
Deutsches Reich.
Muͤnchen, 9. August. Die Gemeindebevoll⸗
achtigten beschlossen, den Magistrat aufzufordern,
gen den Bescheid der Regierung von Oberbayern,
sesffend die Simultanschulen, Beschwerde beim
aliusministerium zu erheben.
In München hatte bekanntlich am 29. Juli
e Zusammenkunft mehrerer sozialdemokratischer
ihrer stattgefunden, an welcher u. a. Liebknecht,
ehel, Rittinghausen, Dietz und Dulk theilnahmen.
je Debatte hat, wie der Schl. Ztg. berichtet wird,
ageblich einen ziemlich gereizten Charakter getra⸗
i; von mehreren Seiten, so namentlich vom Abg.
nghausen, ist ausgesprochen worden, daß gegen⸗
xer der Sozialpolitik des Reichskanzlers die abso⸗
e Negation schwierig zu werden beginne, da
eselbe bei den Wählermassen nicht mehr die
izherige unbedingte Zustimmung finde. Die von
ner Seite in das Treffen geführte Deduction geht
chin, daß zunächst ein entschieden liberal gefärbtes
zegiment bevorstehe, nach dessen angeblich unver⸗
zeidlichem schnellem Fiasco die jetzt so eingeengte
jahn für eine socialreformatorische Staatspolitik
t eigentlich recht frei werden würde. Für diesen
all müsse bei Zeiten Stellung genommen werden,
enn nicht die Massen der Wähler in das Wanken
rathen sollten. Auch über die Emigrantenpresse,
je den in Zürich erscheinenden Sozialdemokrat,
t seinem blinden Wüthen gegen alles Vorhandene
sen sehr bezeichnende Aeußerungen, von der un⸗
angt kanzlerfeindlichen Seite, auf der u. a. Lieb⸗
echt stand, wurden diese Darlegungen heftig
ampft; im Allgemeinen aber scheinen dieselben
x Ansicht der Mehrzahl entsprochen zu haben.
vrhaupt ist bei diesem Anlasse das Vorhanden⸗
verschiedener Richtungen in dem vermeintlich
mpacten Organismus der deutschen Sozial⸗
aotratie constatirt worden. Ueberhaupt dürfte
nunächst zwischen der vor allen radical reichs-
wositionellen und zwischen der mehr sozialpolitisch
inten Richtung der Sozialdemokratie allmälig
Trennung vorbereiten.
Berlin, 9. Aug. In immer weiterer Aus⸗
uung stellt es sich bedauerlicher Weise heraus,
z die lette Erhebung der Berufs und Gewerbe⸗
ristkk im Großen und Ganzen keine allzu ver⸗
wlichen Ergebnisse haben werde. In der That
lmehr als die Hälfte der Zählbogen und
ewerbekarten fehlerhaft sein; man führt dies auf
re allzu weitlaufigen und verwickelten Erläuterungen
tüc, welche die Leute verwirrt hätten. Die falsche
eantwortung der Fragen erscheint merkwürdiger⸗
tise am haufigsten in den gebildetsten Volksklassen,
man derartiges am wenigften erwarten sollte.
die in Kassel stattgehabte Conferenz deutscher
ccistiter, welche sich dielfach mit diesen Dingen
heftigte und allerlei Vorschläge zur Fernhaltung
überflüssigen Arbeiten eröriert hat, dazu bei⸗
gen wird, solche Uebelstände für die Zukunft zu
eitigen, muß abgewartet werden. Beiläufig lag
'er Conferenz auch ein Antrag der preußischen
uerung auf Abänderung des Verfahrens bei
xbereitung und Herstellung der Uebersichten über
werb und Verlust der Reichs- und Staatsange⸗
nheit zur Begutachtung vor.
Leipzig, 8. Augusi. Heute Morgen 9 Uhr
aun dvor der Ferienkammer des hiesigen Landge⸗
is die Hauptverhandlung in dem Prozeß wegen
von Bebel, Hasencleber und Liebknecht, im Namen
Lokale und pfälzische Nachrichten.
*St. Ingbert, 11. August. Heute weilte
er kgl. Bezirksßamtmann Herr Dr. Schlagintweit
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