st. Jugherter Amzriger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
her St. Ingberter Anzeiger“ erscheint wöchentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
Jatt und Sonntags mit S8seitiger illustrirter Beilage. Das Blatt kostet vierteljährlich 1 A 40 einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 60 4, einschließlich
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M 165.
Dienstag, 22. August 1882.
s7. Jahrg
m
— Für den Monat September
Fnehmen die Postanstalten, die Aus—
rager und die Expedition Bestellungen
i dieses Blatt entgegen.
Politische Uebersicht.
Deutsches Reich.
München, 20. August. Gelegentlich von
yathungen, die kürzlich in dem bayerischen
dinisterium über die Anstellung von Militäran⸗
zättern im Civildienst stattgefunden, waren in süd⸗
eutschen Blättern Besorgnisse laut geworden, daß
Zukunft Civilisten nur sehr schwer eine Anstel-
ing im Staatsdienste (d. h. im Subaltern⸗, bezw.
nierbeamten⸗ Dienste, würden zu erlangen vermögen.
iyxs ist allerdings der Fall; aber es verdient dem⸗
egenüber darauf hingewiesen zu werden, daß das
ht allein in Bayern, sondern auch in allen
drigen deutschen Staaten sich ebenso verhält.
)enn die Grundsätze für die Besetzung der Sub⸗
dern⸗· und Unterbeamienstellen bei den Reichs—
d Staatsbehörden mit Militäranwärtern sind
in Bundesrath in den Sitzungen vom 7. und
J. März d. Is. für das ganze Reich festgestellt
vorden, so daß es sich bei den Münchener Verhand⸗
ungen jetzt nur um Ausführung derselben gehandelt
aben kann. Nach der Schlußbestimmung der
xrundsätze“ treten dieselben in Elsaß⸗Lothringen
am 1. Oktober 1884, in allen übrigen Theilen
es deutschen Reiches aber schon am 1. Oktober
es laufenden Jahres in Kraft. Ariikel 2 dieser
tundsätze lautet nun: „Die Subaltern⸗ und Unter⸗
eamtenstellen bei den Reichs- und Staatsbehörden
ddoch ausschließlich des Forstdienstes) sind, unbe—
ndet der in den einzelnen Bundesstaaten bezüg⸗
ch det Versorgung der Militäranwärter im Cibii-
ienste erlassenen weitergehenden Bestimmungen,
ics Maßgabe der nachstehenden Grundsätze vorzugs-
eese mit Militäranwärtern zu besetzen. Hierdurch
natürlich allen Einzelregierungen bei Besetz⸗
a der in Betracht kommenden Stellen die
inde gebunden.
Muͤnchen, 21. Aug. S. Maj. der Konig
retsandte S. M. dem Kaiser von Oesterreich, wel⸗
er am Freitag in Ischl sein 53. Geburtsfest be⸗
uq. die herzlichsten Glückwunsche.
MNünchen. Der deutsche Kronprinz
nmn am 26. ds. Nachts nach Bamberg und wird
at die ihm von Sr. Maj. vem Konig zur Ver—
mg gestellten Gemächer des kgl. Schlosses be⸗
ohnen. Derselbe wird vom 27. Aug. bis 1. Sept.
uhließlich Uebungen von Truppenlheilen des II.
et. Armeekorps anwohnen.
Berlin, 20. Aug. J. Maj. die Kaiserin
von ihrem letzten Unfall nahezu wieder herge⸗
u und wird waͤhrscheinlich Se. Maj. den Kasser
ꝛen Mandvern in Schlesien begleiten. Die
onprinzessin wird sich nicht nach Schlesien be—
ur deutschen Kolonisationsbewegung
uerlt die Suͤdd. Pr.“: „Die Zeitungen ent—⸗
vm Schilderungen heimgekehrter Auswanderer;
N diesen ist in Amerika das Elend noch größer
bei uns / und bei der dort von jeder noch
en Schtanke befreiten Herrschaft des Großla—
ist das auch lein Wunder Zuruckgedrangt
durch diese Verhältnisse der germanische Wander⸗
ch aber nicht werden. Auch abgesehen von unseren
nischen Verhältnissen: die Deutschen sind eben
ein Wandervolk und sie waren es von je. Mehr
als die Hälfte sogar des jetzigen deutschen Reichs-
gebietes ist Kolonisation, um von verloren gegan⸗
genen Territorien wie den baltischen Probinzen
»der dem halb entfremdeten Deutschösterreich
abzusehen. Dabei sind diese noch besessenen
»der wieder verlorenen Kolonisationen nichts
veniger als Typen der Behagligkeit gewesen.
Beständiger Kampf nach Außen und im Innern,
—V
hre Anfangsgeschichte. An diese Verhältnisse muß
man denken, wenn man es verwunderlich finden
will, daß unbeschadet des über dem Meere ange—
roffenen Elends der Deutsche die heimische Scholle ver⸗
äßt. — Diesen Deutschen im Auslande ein festeres
Band des mit der Heimath gepflogenen Zusammen⸗
janges zu bieten, muß nach wie vor das Bestreben
)er Nation sein. Ihre Erwählten freilich denken
»er Mehrheit nach darüber anders wie das berühmte
Reichstagsvotum in Sachen der Samogvorlage be⸗
veist. Aber der „Kolonienwahnsinn“ um das Worit
eines geistvollen Nürnberger Mannes zu zitiren,
vird deswegen aus der deutschen Nation doch nicht
auszutreiben sein. Wieder einmal wird die Erde
vertheilt und der Deutsche verlangt diesmal dabei
zu sein. Daß nichts mehr zu vertheilen sei ist nicht
richtig; die Geschichte der außereuropäischen Koloni⸗
'ation überhaupt noch viel zu jung, um einen de—
initiven Abschluß zu gestatten und den Glauben
uu rechtfertigen, daß gewisse Fahnen über gewissen
nuße reuropaischen Ländern schon endgiltig wehen.
Mehr aber als ein anderes Volk hat das deutsche
en Beruf zur Kolonisation. Die Franzosen können
zur plündern und demoralisiren wie der Erfolg
ehrt; die Engländer verstehen die Sache schon besser,
aber auch bei ihnen finden sich große Mißstände
uind Bedenken und die Ablöfung von Australien
. B. ist ebenso sicher nur eine Frage der Zeit wie
diejenige von Canada. Wo der Deutsche die Pflug⸗
char über den Boden führte und dabei noiabene
nit dem Heimathlande in politischem Zusammen⸗
jange blieb, hat er sich als Nation behauptet. Die
etzige Auftheilung des Orients geht ja nicht zum
heile des Welttheils als solchem langsam genug;
iachdem das einmal unvermeidlich ist, steht zu hoffen,
daß sie sich hinhalten läßt, bis das junge deutsche
Keich für eine Kolonialpolitik in großem Stile be⸗
ähigt ist. — Der nationalliberalen Partei aber
väre zu rathen, sich mit jener Frage ernstlich zn
veschäftigen und nicht den Konservativen oder gar
dem Zentrum den betreffenden Vorsprung zu lassen.
Nicht unsere Generation, hoffentlich aber eine spätere
wird als Frucht der jetzt für die Wehrkraft des
Reiches geprachten Opfer wohl eines Tages ein
Zolonieenland von der Fahne des deutschen Reiches
beschattet sehen: Neuland, ein Land der wirthschaft⸗
lichen Aufrichtung und der moralischen Erquickung
fur das alte Deutschland, wenn dieses die Folgen
der auf seinem Boden abgespielten Geschichte nun
doch einmal nicht mehr abzuschütteln verurtheilt scheint.
Ausland.
London, 21. August. Port Said wurde
ohne Widderstand von den englischen Truppen oc—⸗
upirt und die egyptische Besatzung entwaffnet. Der
Fommandant jedoch ist mit einer 120 Mann starken
Abtheilung nach Fort Grumil (7) entkommen. Das
inglische Geschwader passirte darauf den Canal und
yombardirte die feindlichen Positionen bei Nefisch.
der Vormarsch ins Innere wird wahrscheinlich von
zs3mailia unternommen werden.
1
London, 21. August. Eine von der Ad⸗
niralität publicirte Depesche sagt: Edwards besetzte
während der Nacht den Canal und Kantara; Fair⸗
fax besetzte Pori-Said und Fitzrey Ismailia. Alles
zeschah ohne die geringsten Schwierigkeiten. Fitzrey
dertrieb den Feind aus Nefisch durch Bombarde—
ment. Der Commandeur Kane wurde leicht ver⸗
vundet. Die Truppen des Feindes legten die
Waffen nieder. In Port-Said wurde ein neuer,
dem Khedive ergebener Gouverneur eingesetzt. Die
Telegraphenverbindung mit Kantara und Ismailia
st wiederhergestellt. Ueberall herrscht Ruhe. Hos—
int beorderte 340 Seesoldaten auf die Kriegsschiffe
Dee“ und „Ready“ zur Versiärkung Fitzrey's.
Im Canal strandete ein Schiff; die Passage für
andere Schiffe wird dadurch aber nicht gestoört.
Konstantinopel, 20. Aug. Die Haupt⸗
punkte der Modificationsvorschläge Said Paschas,
pelche dem an Earl Granville zur Ratification en—
endeten vermittelnden Conventionsentwurfe zu Grunde
zjelegt worden, sind: Zur Erleichterung des Ver⸗
ehrs zwischen beiden Armeen wird dem türkischen
dauptquartier ein englischer General attachirt und
die Operationen der beiden Armeen werden gegen⸗
eitig so eingerichtet und ausgeführt, daß teine
Armee die Operationen der anderen Armee ver⸗
hindert. Für die Räumung Egyptens seitens der
britischen Armee wird eine bestimmte Zeit festgesetzt
werden.
Alerandrien, 21. Aug. Das Bombarde⸗
nent Abukiers wurde im letzten Moment aufge⸗
jeben, es war überhaupt nur zum Schein ange—
ündigt. Die britische Flotte verließ Abends die
Abukierbei, 83 Schiffe zur Bewachung der Eisen⸗
ahnrosseta zurücklassend. Auf allen Abutkierforts
weht die weiße Fahne. (7) Die Engländer besetzen
jeute früh Port Said, Ismailia Kantaria. die
Truppen Arabis wurden aus Nefisch vertrieben.
Admiral Seymour und Wolseley sind mit 17 Trans⸗
port, 5 Kriegsschiffen in Port Said. Das Bureau
der Suezkanalgesellschaft ist militärisch besetzt. Der
Suezkanal ist für Handels-Baggerschiffe geschlossen.
24 Kilometer Land sind von den Engländern besetzt.
Port-Said, 20. August. Die Englander
besetzten heute früh Port-Said, Kantara und Is—
mailia. Die egyptischen Truppen in Port⸗Said
streckten die Waffen, die Offiziere wurden gefangen
gesetzt. Der Gouverneur Arabi's entfloh, es wurde
ein neuer Gouverneur ernannt, welcher für den
Khedive ist. Aus Nefisch wurden die Truppen
Arabi's durch Bombardement vertrieben. Die
Telegraphenverbindung zwischen Kantara und Is⸗
nailia, welche unterbrochen war ist wieder hergestellt.
dier ist alles ruhig; die Bureaus der Suejkanal⸗
Besellschaft wurden militärisch besetzt. Admiral
Sehmour und General Wolseley sind mit 17 Tran⸗
port und 5 Kriegsschiffen vor Port⸗Said ange⸗
ommen. „Serapis“ und mehrere Kanonenboote
ind in den Kanal eingelaufen. Derselbe ist für
handels- und Baggerschiffe geschlossen, da er auf
eine Strecke von 24 Kilometer militärisch besetzt
vurde. Die Dampfcorvette Tourvialine“ und
das Kanonenboot „Dee“ haben in Ismailia die
Regierung des Khedive wieder eingeseßt. Zwischen
den europäischen Viertel und denjenigen der Ein—
jeborenen werden Schanzen aufgeworfen, doch herrscht
iberall Ruhe. Der französische Aviso Aspic“
sing gestern nach Suez. um den „Forbin“ zu er⸗
ehzen, welcher zum Schutze der französischen Ünter—
hanen nach Massowah beordert ist