ʒt. Ingherter Amzeiger.
Amtliches Organ des königl. Amtsgerichts St. Ingbert.
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da Et. JIugberter Anzeiger“ erscheint wochentlich fünfmal: Am Montag, Dienstag, Donnerotag, Samstag und Sonntag; 2mal wöchentlich mit Unterhaltungs⸗
Jatt und Sonntags mit Sseitiger illustrirter Beilage. Das Blatt koftet vierteljährlich 14 40 — einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 14 60 H, einschließlich
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auf welche die Expedition Auskunft ertheilt, 1I35 , bei Neclamen 30 A. Bei 4maliger EFinrückung wird nur dreimalige berechnet.
8 172.
Samstaa, 2. September 1882.
17. Jahrg
iti es wirklich Leser in Paris, die ihrem Journal
Politische Uebersicht. zlauben, wenn es ihnen vorredet, die von ihren
Deutsches Reich. Angehörigen zum Studium unseres Handels und
München, 80. August. S. M. der König unserer Industrie nach Paris geschickten jungen
von einem Ausflug nach Schloß Berg zurücke Lꝛeute aus Frankfurt, Mainz, Dresden oder Berlin
htt. eien sammt und sonders Emissäre des Herrn v.
Nünberg, 80. August. Die deutsche Kron- Zismarck und bestimmt, unsere Festungspläne zu
aurzessin traf mit der Prinzessin Viktoria heute Vor- Scamotiren und einen neuen Feldzug nach Frank⸗
rinag hier ein. Am Nachmittag nach der Rückehr eich vorzubereiten? Die deutsche Colonie in Pa—
vs Kronprinzen von der Truppenbesichtigung be- is besteht zumeist aus Handiungscommis oder
achten sfie die Ausstellung. Am Abend soll eine Waarencommissionären. Fast alle sind jung und
zerenade der hiesigen Gesangvereine Statt finden. Jaben Geldzuschuß von Hause, damit sie zwei bis
Berlin, 80. August. Die heutige Parade Frei Jahre in Frankreich bleiben und die Sprache
asardekoxr ps hat trotz des anhaltenden Regens rlernen können. So sind sie denn im Siande,
xr dem Kaiser stattgefunden. Der Kaiser, von zilliger zu arbeiten als die französischen Employss
emn zahlreichen Publikum enthufiastisch begrüßt. ind die Chefs französischer Compioirs nehmen sie
i die Front von einer glänzenden Suite begleitet ab, nicht ungern auf. Warum schicken wir nicht lie—⸗
vrauf ein einmaliger Vorbeimarsch in Regiments- jer auch unsere Soöhne nach Deuͤtschland und lassen
lonnen erfolgte. Sümmtliche hier anwesende Prinzen je deutsch lernen, anstatt beständig über die preu—
d Prinzessinnen wohnten der Parade bei. zische Spionage zu lamentiren, die wahrhaftig
Berlin, 30. August. Die Berichte, welche uichts weiter als ein Mythus der Spießbürger
a der deutschen Botschaft aus Paris über das st..Wir haben geftern diesem deutschen Ver⸗
borgehen gegen den deutschen Turnverein eintrafen, in in der Rue St. Marc einen Besuch gemacht,
xetuhigten durch die Versicherung, die französische und was fanden wir? Ein offenes Local, unten
gegierung werde energisch die Wiederholung solcher ꝛin Café, erste Etage einen Saal, der seit 1872
horgͤnge verhindern. nun den Verein vermiethet ist. Seit 1863 in Pa⸗
Berlin, 81. Aug. Graf Brandenburg ist is autorisirt, sehte sich der Turnderein aus Deut-
enern zum Commandeur des Gardecorps, der Com- chen aller Länder zusammen. Sie vereinigen sich
andant General von Winterfeld ist zum Comman- eden Samstag, um über dies und jenes zu plaudern,
eur der Gardecavallerie-Division ernannt worden. edoch sind politische und religidse Fragen durch die
Vach einer Cabinetsordre ist der Commandant Ztatuten streng ausgeschlossen. In einem kleinen
xt Cotvette „Gneisenau“, Capitän zur See Frei⸗ Korzimmer fanden wir eine Bibliothek von etwa
etr von der Goltz, zum Chef der deutschen See 3000 Baͤnden, unter denen Moliere, Musset, Vol-
wreitträfte im Mittelmeer ernannt, und gleichzeitig aire und Victor Hugo in franzöfischer Sprache.
mächtigt worden, bei seiner Ankunft in Malta Wollen diese hinterlisüggen Germanen eiwa dacaus
en Commodorestander am Vordertop zu hissen. ie Geheimnisse unserer Prosodie rauben? Weiter
Die halbamtliche „Provinzial⸗Correspondenz“ ahen wir fast alle jeht erschienenen Moderomane,
ert den zweiten September, den Tag die ohne Zweifel bestimmt sind, unsere zeitgendssi
on Sedan, mit einem Artikel, in welchem fich her· hen Siten zu enthüllen. Ein zweiter Saal ent—
rhebt, daß, während zum zweiten Male seit der halt einen underdachligen Plohel. Im drinen Saal.
Aiderherstellung des Reiches vom Orient der er als Lesezimmer dunt, lagen deutsche, englische
bafenlärm zu den Sitzen der europaischen Tul- ind frangdsische Revuen und Illustratonsblatter auf
nwoller dringe, Deutschland, dessen Sicherheit sonst em Tisch Lehtere gewiß, um unsere Gravuren
R kriegerische Verwidelung bedrohte, im Genuß sber den Rhein zu vderpflanzen Zwei Büsten zogen
* ungestörten Friedens seine innere Arbeit fort. insere Blide auf sich: Siellen sie Kaifer Wilheim—
sre, die dessen wahren Beruf bilde. Mit den Zismardk, oder gar den jchweigsamen Rollke vor?
hrenden Staaten Europas freundschaftlich verbunden, Ih, nein — die eine repräsentirt Schiller, die
che das Deutsche Reich jüngst erneute Gelegenheit ndere Goethe Wie gesagi hören wir doch
ꝓet die eminent friedliche Bedeutung seiner nit diesem unwürdigen und lächerlichen Geschrei
derherstelung zu bewähren. Der ma hiige Bau iber die preußische Indasion auf und schigen wir
authlands habe dem Organismus Europa's sich duch unsererseits die jungen Leute nach Deutschland.
Aluüduich eingefügt, daß er für den deutschen und Wir sind fest überzeugt.die Deutschen wuͤrden ge⸗
aupeischen Frieden gleich unentbehrlich geworden en uns krine deracligen Anklagen erheben.Ver
N Freude am Vaterlande, die Jahrhunderte Fürst⸗Botschafter hat uͤbrigens gestern mit dem Mi⸗
44 rübt gewesen ist, werde sich auch heute nur iisterpräsidenten uͤber di⸗ Angelegenheit conferirt
enine entziehen, welcher über die Beschäftigung imd beide sind übereingekommen, die von der Preffe
n dem verbitterten Parteihader den fteien Blick innütz aufgebauschte ANfaire nicht zum Gegenstand
und über die Wirklichkeit verloren hat. fficieller Verhandlungen zu machen. Die Agence
davas hat bereits ein sehr weise gehaltenes Com⸗
nuniqué an die Blätter versandt. .Cest un orage
dans un verre d'eau“, sagte mir gestern ein Re—⸗
dacteur der Débats, ‚et tout sera oublié le lende-
main.“ Das wollen wir hoffen und bis auf Wei⸗
jeres nicht mehr davon sprechen.
Aus Paris wird gemeldet: Die Deutschen⸗
hetze des Siecle, der France sowie der Gambet⸗
istischen Blätter findet bis jetzt bei dem großen
Publikum wenig Beifall. Wer von dem egyptischen
Abenteuer nichts wissen wollie, ist noch abgeneigter, in
ein Abenteuer zum Kriege mit dem deutschen Volke
ehetzt zu werden. Die Lage ist infolge der Deroulede⸗
J
Gambettistischen Umtriebe bereits ernst genug ge⸗
worden, da zu befürchten steht, daß die Franzosen,
die aäußerst wankelmüthig sind, sich plötzlich zu
Thaten hinreißen lassen, welche zu dem Konflikt
wischen Frankreich und Deutschland führen könnten,
den die Treiber wollen.
Paris, den 31. Aug. Die Consuln in
Alexandrien verhinderten gestern die Landung von
500 Europäern, welche ohne genügende Existenz-
nittel dorthin zurückkehren wollten. — Nachrichten
uus Cairo zufolge, ist dort alles ruhig. Es halten
ich noch etwa 300 Europäer in Cairo auf. —
Bestern wurde hierselbst der Ehecontract des Frei—
herrn v. Rothschild mit dem Prinzen v. Wagram
unterzeichnet.
London, 31. Aug. Aus Ismailia wird um
1 Uhr Morgens berichtet: Sultan Pascha und der
bisherige Gouverneur von Zagazig kamen in das
englische Lager, um Verhandlungen anzuknüpfen.
London, 31. Aug. Aus Alexandrien wird
zemeldet, daß vier schottische Regimenter nach Is⸗
nailia gesandt werden, da Arabi seine besten Truppen
jon Kafr-el⸗Douwar zurückgezogen hat. Es werden
Marinesoldaten zur Ablösung der Schotten gelandet.
Laut Nachrichten aus Ismailia wirft der Feind
in der linken Flanke der englischen Stellung an
der Gasassin-Schleuse Erdwerke auf. Die Cavallerie—⸗
Brigade wurde zwei Meilen näher an die Position
des Generals Graham herangezogen. Die ganze
Division hat Befehl bekommen, auf gleicher Höhe
mit Graham vorzurücken. In Ismailia selbst blei⸗
den nur zwei Bataillone als Besatzung zurück.
London, 31. August. Das Arsenal zu Wool⸗
vich hat Ordre erhalten, sofort 36 Belagerungsge⸗
chütze verschiedenen Calibers und 1136 Artilleristen
nach Egypten. zu senden. — Einer Depesche der
Daily Chronicle aus Port⸗Said vom heutigen zu⸗
jolge suchte Arabi um einen achttägigen Waffen⸗
tillstand nach. General Wolseley lehnte dies ab
ind bot ihm einen eintägigen Waffenstillstand an.
Petersburg, 31. Aug. Der Regierungs⸗
hote meldet: Während ein politischer Gefangener
m Saratow'schen Gefängnißgarten am 28. August
Abends promenirte, hielt an der Gefängnißmauer
in Wagen mit 4wei Passagieren, worauf der Ge⸗
angene dem ihn begleitenden Aufseher Sand in die
lugen warf und der eine Passagier den Aufseher
nittels Revolverschüssen tödtlich verwundete. Der
hgefangene entkam über die Mauer in den Wagen,
velcher eiligst davonfuhr. Eine Volksmenge ver⸗
olgte denselben und nahm die Verbrecher fest; einer
zerselben ist in Folge von Mißhandlungen der
Volksmenge gestorben, die beiden anderen wurden,
»urch Polizei und Militär geschützt, verhaftet. Die
Antersuchung wurde eingeleitet.
Gerüchtweise verlautet, die englische Regierung
eanspruche von Europa die Genehmigung fuͤr eine
zritische Besetzung des Suezcanals für zwei
Jahre, nachdem die Pacification Egyptens vollbracht
vorden sei.
(Vom egyptischen Kriegsschauplatz.)
Die Stellung des englischen Generals Hamley mit
einer schwachen Division in Alexandrien wird immer
ritischer, denn von allen Seiten werden bedeutende
Zuzüge des Feindes gemeldet. Fortwährend ent⸗
tehen neue immer näher an die englische Position
jerangeschobene Erdwerke. Schon begnügen sich die
kgypter nicht mehr, gegen Ramleh anzudrängen;
nuch auf der Seite von Mex entstehen bedrohliche
S„chanzen. General Hamley soll daher schon den
Vlan in Erwägung ziehen, mittelst Durchstiches der